VwGH 98/02/0031

VwGH98/02/003111.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. Walter Simma, Rechtsanwalt in Bregenz, Deuringstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 19. November 1997, Zl. 1-0696/96/K2, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StGB §34 Z2;
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
VStG §19;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
StGB §34 Z2;
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
VStG §19;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem ein im ersten Rechtsgang erlassener Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 1996 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1997, B 160/97, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben worden war, wurde der Beschwerdeführer mit dem nunmehr im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. November 1997 (neuerlich) für schuldig befunden, er habe am 22. Juni 1996 um

18.38 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw an einem näher beschriebenen Ort gelenkt und trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung und Aufforderung durch ein geschultes und ermächtigtes Organ die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt am 22. Juni 1996 um 19.02 Uhr auf dem Gendarmerieposten G. dadurch verweigert, dass er nach dem Nichtzustandekommen von zwei gültigen Messergebnissen (bei den ersten zwei Blasversuchen) keine weiteren zwei Versuche durchgeführt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 288 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, "dass er nicht entgegen den Bestimmungen des VStG, insbesondere nicht entgegen den Bestimmungen des § 44a VStG und der §§ 19 und 20 VStG, bestraft wird" (Beschwerdepunkte gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).

Der vom Beschwerdeführer behauptete Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG liegt nicht vor:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12. Februar 1997, Zl. 96/03/0305, zur Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO (in der Fassung der 19. Novelle, BGBl. Nr. 518/1994) im Zusammenhang mit der Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG - dies ist hier auch auf § 44a Z. 1 VStG übertragbar - die Rechtsansicht vertreten, es bilde kein wesentliches Tatbestandsmerkmal, dass das "ermächtigte Straßenaufsichtsorgan" auch "besonders geschult" gewesen sei; weiters handle es sich bei der "entsprechenden Ermächtigung" des einschreitenden Straßenaufsichtsorgans (Gendarmeriebeamten) um kein wesentliches Tatbestandselement.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof unter dem Blickwinkel des § 44a Z. 1 VStG auch keine Bedenken gegen den durch den angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses etwa deshalb, weil darin nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, es habe sich durch das ermächtigte "Organ" um ein solches der "Straßenaufsicht" gehandelt; diese Eigenschaft ergibt sich nämlich schon daraus, dass die Verweigerung auf dem "Gendarmerieposten" stattgefunden hat (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1989, Zl. 88/02/0043). Der Beschwerdeführer übersieht mit seinem Vorbringen, dass die Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A) lediglich fordert, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und auch nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu werden. Solches ist im Beschwerdefall nicht erkennbar.

Aber auch die Strafbemessung ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht als rechtswidrig zu erkennen:

Zunächst unterliegt der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum, wenn er vorbringt, die Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO könne nur in der Verschuldensform des Vorsatzes begangen werden, sodass ihm der Vorsatz nicht als erschwerend vorgeworfen werden könne. Zu Recht verweist nämlich die belangte Behörde in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 2. September 1992, Zl. 92/02/0162, wonach diese Verwaltungsübertretung nicht nur vorsätzlich, sondern auch fahrlässig begangen werden kann. Dass aber dem Beschwerdeführer vorsätzliches Verhalten vorwerfbar ist, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise festgestellt, wonach der Beschwerdeführer dezidiert erklärt habe, dass er "in dieses Gerät" nicht mehr blase, weil die bisherigen Messergebnisse seiner Ansicht nach unrichtig seien. Von daher gesehen kann von einem geringen Verschulden des Beschwerdeführers nicht die Rede sein und musste ihm auch der besondere Milderungsgrund der "Unbesonnenheit" (§ 34 Z. 7 StGB) nicht zugute gehalten werden.

Aber auch der besondere Milderungsgrund des § 34 Z. 2 StGB (wenn der Täter bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht) kam beim Beschwerdeführer nicht zum Tragen:

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. Juli 1983, Zl. 82/02/0288, zu diesem Milderungsgrund die Rechtsansicht vertreten, dass dieser auch bei Vorliegen "einer geringfügigen Vorstrafe" gegeben sein könne. Allerdings wies der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mehrere rechtskräftige, nicht getilgte (nicht einschlägige) Verwaltungsvorstrafen auf, sodass der erwähnte Milderungsgrund nicht zu berücksichtigen war. Soweit der Beschwerdeführer aber ins Treffen führt, die Übertretung sei "vor längerer Zeit" begangen worden, er habe sich seither "wohlverhalten" und daher offenbar den besonderen Milderungsgrund des § 34 Z. 18 StGB für sich ins Treffen führt, so genügt der Hinweis, dass der in Frage kommende Zeitraum im Beschwerdefall viel zu kurz ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2001, Zl. 97/02/0219, wo unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur sogar ein Zeitraum von fast drei Jahren seit Begehung der Tat nicht als ausreichend erachtet wurde).

Zusammenfassend hat der Gerichtshof keine Bedenken dahingehend, dass die belangte Behörde den ihr zustehenden Ermessensspielraum im Zusammenhang mit der Strafbemessung überschritten hätte. Dass aber die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) nicht in Betracht kommt, liegt aufgrund des oben Gesagten auf der Hand.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Juni 2001

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