VwGH 2000/09/0121

VwGH2000/09/012129.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der K in D, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Bergmannstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 1. März 2000, Zl. 1-0478/99/E5, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs1;
VStG §24;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §59 Abs1;
VStG §24;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 6. April 1999 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe als Arbeitgeberin zumindest am 18. und 19. Mai 1997 in D die jugoslawische Staatsangehörige V beschäftigt, obwohl hiefür weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung, Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG - wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von ATS 10.000,-- (zehn Tage) verhängt.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung führte die belangte Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser Verhandlung vom 20. Oktober 1999 verlas die belangte Behörde mit Zustimmung der anwesenden Parteien die Angaben der Ausländerin V anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 25. Mai 1997.

Deren hier wesentlicher Inhalt lautet:

"Noch am 10 Mai 1997 wurde ich von Gen. Beamten ins Flüchtlingsheim G, das von der Caritas geführt wird gebracht. In der G knüpfte ich Kontakt mit einer Frau aus Moldavien, obwohl ich mich in Sprache auch nicht mit ihr verständigen konnte. Zu dieser Zeit hatte ich großes Vertrauen und ich hielt mich immer in ihrer Umgebung auf. Wir schliefen auch im selben Zimmer. Am 14 Mai 1997 kam eine mir unbekannte rotblonde Jugoslawin in die G und wollte mich mitnehmen. Dies scheitere auch daran, weil ein Mitarbeiter der Caritas dieser unbekannten Frau erklärte, dass dies gesetzlich nicht erlaubt sei.

Am Donnerstag den 15 Mai 97 hat diese rotblonde Frau mich und die Frau aus Moldavien am Abend in der G abgeholt. Wir wurden in einem beigefarbigen 2 türigen Auto weggebracht, dass von einem Mann namens Ahmed gelenkt wurde. Mit dem Fahrzeug Lenker habe ich keinerlei Kontakt aufgenommen. Wir beide wurden zu einer türkischen Familie gebracht, ich weiß jedoch nicht in welchem Ort. Die Fahrzeit von der G bis zu dieser Familie betrug etwa ca. 2 - 3 Stunden. Noch am selben Abend wurden wir an ein unbekanntes Restaurant gebracht, wo wir arbeiten mussten, Geschirr abwaschen, putzen. Die Nacht verbrachten wir in einem Zimmer oberhalb mir unbekannten Restaurantes. Die folgenden 2 Tage (Freitag und Samstag) arbeitete ich wieder im selben Lokal und verrichtete die gleichen Arbeiten. Die Frau aus Moldavien arbeitete an diesen beiden Tagen nicht im Lokal, sondern wurde in ein anderes gebracht. Sie kehrte erst am Abend wieder in dieses Lokal zurück und schlief im selben Zimmer wie ich. Vom dritten Tag an wurde die Frau aus Moldavien weggebracht, ich wusste nicht wohin. Die folgenden Tage verbrachte ich im Zimmer jener unbekannten Frau aus Jugoslawien, die mich in der G abgeholt hat. Ich musste zu dem einjährigen Kind schauen, das einen Hautausschlag am linken Arm hat. An welchem Ort ich mich befand, weiß ich nicht. Diese mir unbekannte Frau bewohnt nur ein Zimmer, das gemeinsame Bad befindet sich im unteren Stock und wird von mehreren anderen Hausbewohnern benutzt. Das Zimmer das wir bewohnten hat die Nummer 10 - jenes des vorhin angeführten Ahmed Nummer 8.

Zwei Tage nachdem die Frau aus Moldavien weggebracht worden war, erfuhr ich von der rotblonden Frau, deren Namen, auch Vornamen ich nicht kenne, dass ich polizeilich gesucht werde. Bei dieser Frau dürfte es sich um die Ehefrau des Hrn. B handeln. B dürfte der Chef jenes Lokals sein, in dem ich gearbeitet habe.

Darauf hin wurde ich bei einer anderen Frau namens H versteckt, wo ich auch eine Nacht verbracht habe. Ich schlief auf einer Couch in der Küche. In der Wohnung war noch der türkische Mann der H, Kinder waren keine vorhanden.

Am letzten Tag kam ein unbekannter Albaner dessen Name ich nicht kenne in diese Wohnung und holte mich ab. Mit diesem Mann konnte ich mich auf Albanisch unterhalten. Dieser Albaner wirkte auf mich ein, ich möge mich bei der Gen./Polizei melden. Weil ich mich nicht getraute allein dort hin zu gehen, begleitete er mich zur Gen. in Hohenems."

V bestätigte als Zeugin einvernommen die Richtigkeit der dort enthaltenen Angaben mit konkret genannten Ausnahmen. Sie könne sich nicht mehr erinnern, ob das Kind einen Hautausschlag gehabt habe, wisse die Nummern der von der Beschwerdeführerin bewohnten Zimmer nicht mehr, ebenso nicht mehr den Gendarmerieposten, zu dem sie der Albaner gebracht habe. Sie habe von B auch nicht S 1.600,--

erhalten. Damals habe sie die österreichische Währung nicht gekannt, nunmehr könne sie präzisieren, dass es sich um S 200,-- gehandelt habe. Auch Sportschuhe habe sie von B nicht erhalten, die Farbe der Bluse sei nicht gelb, sondern hellgrün gewesen. Über Befragen des Verwaltungssenates gab die Zeugin weiters an:

"Es ist richtig, dass ich an den ersten zwei Tagen, nachdem ich von der G abgeholt worden war, zunächst in dem Lokal Arbeiten verrichtete und an den folgenden zwei Tagen Babysitterdienste für das einjährige Kind durchführte. Das Kind, auf welches ich aufpasste, gehörte der rotblonden Frau.

Das Entgelt sowie die Kleidung habe ich von B glaublich - soweit ich mich erinnern kann - am zweiten Tag meiner Tätigkeit in dem genannten Lokal bekommen. Für die Babysitterdienste habe ich von dieser rotblonden Frau nichts bekommen. Ich kann nicht angeben, ob irgend ein Entgelt für diese Babysitterdienste vereinbart worden ist, da ich diese rotblonde Frau nicht verstehen konnte. Ich kann auch nicht angeben, ob ich ein Entgelt erwartete."

Die Beschwerdeführerin bestritt die von der Zeugin gemachten Angaben. Mit den Angaben der Beschwerdeführerin konfrontiert gab die Zeugin in der auf 2. Februar 2000 erstreckten Verhandlung an:

"Wenn ich heute Frau K vor mir sehe, so gebe ich an, dass es sich bei Frau K um jene Person gehandelt hat, bei der ich damals die Babysitterdienste ausgeübt habe. Ich bin mir dessen ganz sicher.

Wenn mir die Aussage von Frau K vorgehalten wird, wonach ich lediglich ein bis zwei Stunden in ihrer Wohnung mich aufgehalten habe und zwar nach dem ich sie am Dornbirner Bahnhof getroffen hätte, so gebe ich an: Dies stimmt nicht.

Über Frage des Verwaltungssenates:

Als ich damals die Babysitterdienste ausgeübt habe, habe ich

bei Frau K übernachtet.

Auch Essen und Trinken habe ich von Frau K bekommen."

Daraufhin erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem sie der Berufung insoweit Folge gab, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Tatbildumschreibung das Wort "zumindest" zu entfallen habe und der in der Übertretungsnorm genannte § 3 AuslBG mit "Abs. 1" präzisiert werde. Es stehe fest, dass die jugoslawische Staatsangehörige V von der Beschwerdeführerin am 18. und 19. Mai 1997 am genannten Tatort mit der Betreuung des Kindes der Beschwerdeführerin beschäftigt worden sei, obwohl weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung, Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Insbesondere stützte sich die belangte Behörde auf die als glaubwürdig erachtete Zeugenaussage von V.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt in der Beschwerde zunächst mangelhafte Konkretisierung der Tat. Es sei im Spruch nicht dargelegt worden, in welcher Weise die Beschäftigung erfolgt sein solle, weil weder Art noch Ort der Beschäftigung in den Spruch aufgenommen worden sei noch die angeblich verrichtete Tätigkeit umschrieben worden sei. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass der Ort der Übertretung im Spruch genannt ist, sowie dass es auf die Nennung der Art der Beschäftigung nicht ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 93/09/0173).

Des Weiteren rügt die Beschwerdeführerin, das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz habe gegen Frau Br gelautet, während sich die belangte Behörde in weiterer Folge "nunmehr mit Frau K" auseinander gesetzt habe. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass es bei der Bezeichnung der Beschuldigten ausschließlich auf deren Identifizierbarkeit ankommt. Sie bestreitet nicht, vor ihrer Verehelichung (laut ihren Angaben ca. Mitte 1998) mit WK den Namen Br getragen zu haben. Es kann sohin kein Zweifel daran bestehen, dass Personenidentität besteht, zumal der Bescheid der Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin offensichtlich zugekommen ist, weil sie umgehend dagegen Berufung eingelegt hat.

Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde wäre "verpflichtet gewesen, sich mit der Person der Zeugin V auseinander zu setzen und in den Bescheid die Rechtsgrundlage ihres Aufenthaltes in Österreich aufzunehmen". Es stelle einen "wesentlichen Unterschied dar, ob sich jemand illegal in Österreich" aufhalte oder "ob er auf Grund des geltenden Asyl- bzw. Fremdengesetzes in Österreich" verweile. Mit dieser Ausführung versucht die Beschwerdeführerin anscheinend die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern. Es ist jedoch nicht nachzuvollziehen, in welcher Weise die aufenthaltsrechtliche Stellung die persönliche Glaubwürdigkeit einer Zeugin zu Fragen, die sich nicht mit ihrer persönlichen aufenthaltsrechtlichen Stellung befassen, haben sollte. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde kann somit nicht als unschlüssig erkannt werden.

Die Beschwerdeführerin rügt auch, im gegenständlichen Fall sei ein "Gefälligkeitsdienst" geleistet worden, weil "offensichtlich für allenfalls geleistete Dienste kein Entgelt bezahlt" worden sei.

Als Gefälligkeitsdienste, die nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG fallen, können nur die vom Leistenden auf Grund bestehender spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbrachten kurzfristigen, freiwilligen, unentgeltlichen Dienste anerkannt werden.

Im vorliegenden Fall gibt es zwischen der Beschwerdeführerin und V keine spezifische Bindung, sondern die Ausländerin wurde von der Beschwerdeführerin in der von der Zeugin geschilderten Weise im Flüchtlingsheim "angeworben", indem die Beschwerdeführerin die Ausländerin einfach mitnahm. In der Folge wurde die Ausländerin zur Arbeitsverrichtung verschiedener Art eingeteilt. Aus diesen Umständen ist auch klar zu erkennen, dass es sich bei den von V erbrachten Leistungen um keine freiwillig erbrachten Tätigkeiten handelt. Auch hinsichtlich der Entgeltlichkeit ist der Beschwerdeführerin zu widersprechen. Denn grundsätzlich kommen auch Naturalleistungen (hier: Kost und Quartier, siehe die Angaben der Zeugin vom 2. Februar 2000) in Frage. Zur Bewertung, ob Naturalleistungen zu vernachlässigen sind oder Entgeltcharakter aufweisen, kommt es regelmäßig auf die Situation der tätigen Ausländerin an. Angesichts der Umstände bei der "Anwerbung" und der auch von der Beschwerdeführerin selbst dargetanen schwierigen Situation der Ausländerin ("... hat damals geweint. Dies deshalb, weil sie insbesondere nicht wusste, wohin sie sollte.") kann der belangten Behörde nicht der Vorwurf der Rechtswidrigkeit gemacht werden, dass sie Kost und Quartier im konkreten Fall als Entgelt gewertet hat.

Die belangte Behörde kam sohin zu Recht zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin V über den Tatzeitraum zur Betreuung des Kindes der Beschwerdeführerin beschäftigt hat.

Des Weiteren rügt die Beschwerdeführerin die Nichtanwendung des § 21 VStG. Auf Grund der gesamten Umstände des Falles von der "Anwerbung" beginnend bis zum "Verstecken" bei Kenntnis des Umstandes, dass V gesucht werde, kann keineswegs auf geringfügiges Verschulden erkannt werden.

Letztendlich rügt die Beschwerdeführerin unrichtige Handhabung "des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß § 19 VStG". Diesbezüglich übersieht sie, dass die belangte Behörde ohnehin die Mindeststrafe verhängt hat und sohin die geforderte "weiter gehende Reduktion der verhängten Geldstrafe" nicht vorgenommen werden durfte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. November 2000

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