VwGH 2000/05/0066

VwGH2000/05/006629.8.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Ing. Ernst Klemm in Baden, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien IV, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Februar 2000, Zl. RU1-B-9812/01, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Aral Austria Gesellschaft m.b.H., Wien IV, Favoritenstraße 36), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2 impl;
BauO NÖ 1996 §21;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs2;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs3;
BauPolZuständigkeitsübertragung NÖ 1997;
BauRallg;
B-VG Art140 Abs7;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z3;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2 impl;
BauO NÖ 1996 §21;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs2;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs3;
BauPolZuständigkeitsübertragung NÖ 1997;
BauRallg;
B-VG Art140 Abs7;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 5. Februar 1998, eingelangt bei der Behörde am 6. Februar 1998, beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau einer Tankstelle an der B 212 - Wiener Straße, KG Leesdorf, Grundstück Nr. 306/10, EZ 1745. Das zu bebauende Grundstück liegt im Bauland-Betriebsgebiet.

Über dieses Ansuchen wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt, zu der der Beschwerdeführer als Anrainer nachweislich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde. In der Verhandlung vom 30. März 1998 hat der Verhandlungsleiter zufolge der Niederschrift über diese Verhandlung darauf hingewiesen, dass ein Ansuchen um Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung anhängig sei, was für das Baubewilligungsverfahren bedeute, dass die Baubehörde nur jene Bestimmungen der Bauordnung zu prüfen habe, deren Regelungsinhalt nicht durch die Gewerbeordnung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren erfasst sei. Daraus resultiere, dass gemäß § 6 Abs. 2 und 3 der NÖ Bauordnung subjektiv-öffentliche Rechte nur begründet und Einwendungen von Nachbarn nur über die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe erhoben werden könnten, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der Gebäude der Nachbarn dienten. Einwendungen wegen befürchteter Lärm- oder Geruchsbelästigungen, Betriebszeiten, Behinderungen des öffentlichen Verkehrs, Entfall von Parkplätzen seien daher, wie auch Einwendungen, die keine subjektiv-öffentlichen Rechte darstellten (z.B. Ortsbildfrage), unzulässig.

In dieser Verhandlung erklärte der Vertreter des Beschwerdeführers, das gegenständliche Bauprojekt sei widmungs- und raumordnungswidrig. Insbesondere befinde sich die gegenständliche Baufläche neben "Bauland-Sondergebiet". Weiters werde darauf hingewiesen, dass durch das gegenständliche Bauvorhaben 10 bis 12 Parkplätze in der Wiener Straße verloren gingen; ferner erfolgten durch die Beleuchtung der Tankstelle unmittelbare Lichtimmissionen auf die Liegenschaften des Beschwerdeführers. Wohn- und Schlafräume seien mit Fenstern direkt auf die Wiener Straße ausgerichtet, sodass es auf Grund der zu errichtenden Licht- und Beleuchtungsanlagen zu ortsunüblichen Lichtimmissionen und Blendungen kommen werde. Darüber hinaus werde seitens der Anrainer begehrt, dass die Waschstraße Richtung Wiener Straße verlegt werde, hingegen die Pflegeplätze mit Staubsaugern hinter die Waschstraße verlegt würden. Allfällige weitere Einwendungen blieben im Hinblick auf die derzeit noch nicht erfolgte Auspflockung vorbehalten.

Mit Bescheid vom 24. April 1998 hat die Bezirkshauptmannschaft Baden der Mitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Im Spruch ist ausgeführt, dass die Bezirkshauptmannschaft Baden der Antragstellerin auf Grund ihres Ansuchens vom 5. Februar 1998 die Baubewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Treibstofftankstelle samt Waschhalle, Verkaufsraum und Nebenräumen erteile. Unterfertigt ist dieser Bescheid "Für den Landeshauptmann" Mag. Straub.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer seine in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen. Er kritisierte auch, dass die Erstbehörde die Bestimmung des § 6 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 der NÖ Bauordnung restriktiv ausgelegt habe. Überhaupt werde die Verfassungskonformität des § 6 Abs. 3 NÖ BO angezweifelt.

Mit Bescheid vom 25. Juni 1998 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau als unzulässig zurückgewiesen. Dadurch, dass die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" für die Zurechnung des Bescheides zu einer bestimmten Behörde maßgeblich sei, stelle sich zunächst die Frage, ob eine Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften gegeben sei. Es sei dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides aber klar zu entnehmen, dass die Bezirkshauptmannschaft entschieden habe, es sei diese Behörde auf Grund der zur Anwendung kommenden Niederösterreichischen Bau-Übertragungsverordnung zuständig, zu entscheiden. Es sei daher der Bescheid als von der zuständigen Behörde als erlassen anzusehen, möge auch am Schluss des Bescheides in der Fertigungsklausel eine damit nicht im Einklang stehende Bezeichnung einer anderen Behörde, konkret "Für den Landeshauptmann", aufscheinen. Ungeachtet der Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" sei der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft zuzuordnen.

Es sei zwar davon auszugehen, dass die Berufungswerber im Zuge der Bauverhandlung Einwendungen erhoben hätten, diese stellten jedoch keine Einwendungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, und sohin unzulässige Einwendungen dar. Aus diesem Grunde hätten aber die Berufungswerber im Baubewilligungsverfahren die Parteistellung nicht erlangt, sie könnten auf Grund ihrer mangelnden Parteistellung durch die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft nicht nur nicht in ihren Rechten verletzt werden, es fehle ihnen darüber hinaus auch die Rechtsmittellegitimation.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 23. Februar 1999, G 231/98-6, die Bestimmung des § 6 Abs. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, als verfassungswidrig aufgehoben hat. Mit Erkenntnis vom selben Tag, B 1494/98, wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24. April 1998 entschieden und die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Frage der Zuständigkeit wurde auf den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1998 verwiesen. Die Berufungswerber seien zur Bauverhandlung unter Hinweis auf den Verlust ihrer Parteistellung ordnungsgemäß geladen worden und hätten an dieser Verhandlung, vertreten durch ihren Rechtsanwalt, teilgenommen. Die Einwendung betreffend den Verlust von Parkplätzen stelle keine zulässige Einwendung gemäß § 6 Abs. 2 der NÖ BO 1996 dar, die Anrainer besäßen auch keinen Anspruch darauf, dass das eingereichte Projekt entsprechend ihren Wünschen durch Verlegung von Projektsteilen abgeändert werden müsste. Das Grundstück der Bauwerberin sei als Bauland-Betriebsgebiet gewidmet. Die Errichtung einer Tankstelle, die entsprechend der ÖNORM O 1050 "Straßenbeleuchtung" zu beleuchten sei, widerspreche dieser Widmung grundsätzlich nicht. Die von einer Tankstelle typischerweise ausgehenden Immissionen seien daher in einem "Bauland-Betriebsgebiet" grundsätzlich als ortsüblich anzusehen, sofern nicht besondere Umstände vorlägen, die eine andere Beurteilung als geboten erscheinen ließen. Die belangte Behörde vermöge nicht zu erkennen, dass im gegenständlichen Fall derartige besondere Umstände vorlägen, zumal die Anrainer nicht konkret dargetan hätten, welche über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Belästigung oder welche Gefährdung aus der Realisierung des in Rede stehenden Bauvorhabens für sie entstehen könnte. Das gegenständliche Bauprojekt sei auch nicht, wie in der Berufung ausgeführt werde, deshalb widmungs- und raumordnungswidrig, weil sich die zu bebauende Fläche insbesondere neben "Bauland-Sondergebiet" befinde. Die Liegenschaft der Bauwerberin sei als "Bauland-Betriebsgebiet" gewidmet, jene der Berufungswerber als "Bauland-Wohngebiet". Im "Bauland-Sondergebiet" befinde sich lediglich die Liegenschaft des Landespensionistenheimes. Zur Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte sei jedoch nur der Nachbar legitimiert, in dessen Rechtsbereich die Verletzung eingetreten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Mitbeteiligte hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich eindeutig, dass die Bezirkshauptmannschaft Baden die beantragte Bewilligung erteilt hat. Diese Behörde ist nach der Bau-Delegierungsverordnung für Niederösterreich auch zur Entscheidung zuständig, da es sich um eine Betriebsanlage handelt, für die auch eine gewerbebehördliche Genehmigung erforderlich ist. Wenn auch der erstinstanzliche Bescheid mit einer unrichtigen Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" versehen ist, hat diese unrichtige Unterfertigung nicht die Zurechenbarkeit des Bescheides an jene Behörde, die den Bescheid tatsächlich erlassen hat und für dessen Erlassung auch zuständig war, ausgeschlossen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1980, Slg. Nr. 10.192/A sowie die weiteren Erkenntnisse vom 25. Feber 1981, Zl. 377/80, und vom 27. April 1995, Zl. 93/17/0174). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zur Begründung, weshalb keine Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz vorliegt, auf die Begründung des vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides verwiesen. Nun trifft es zwar zu, dass dieser Bescheid infolge seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, der Bescheid ist dem Beschwerdeführer aber nachweislich infolge seiner Zustellung zur Kenntnis gebracht worden. Der Beschwerdeführer ist daher in die Lage versetzt, die Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides auch in Bezug auf die anzunehmende Zuständigkeit der Behörde erster Instanz nachzuvollziehen.

Abgesehen davon, dass der erstinstanzliche Bescheid weder von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, noch infolge Unzuordenbarkeit zu einer bestimmten Behörde als Nichtbescheid anzusehen ist, ist auch der Verfassungsgerichtshof offenbar davon ausgegangen, dass ein von der zuständigen Behörde erlassener Bescheid vorliegt, weil er die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1998 zum Anlass für die Aufhebung des § 6 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1996 genommen hat; wäre er vom Vorliegen eines erstinstanzlichen Nichtbescheides oder vom Einschreiten einer unzuständigen Behörde ausgegangen, hätte er, da die Unzuständigkeit nicht nur von der Behörde, sondern auch von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts von Amts wegen aufzugreifen ist, den Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1998 wohl schon aus diesem Grund aufgehoben, und nicht das Normenprüfungsverfahren eingeleitet.

In der Beschwerde wird weiters gerügt, im erstinstanzlichen Bescheid fehle der Bescheidadressat. Der erstinstanzliche Bescheid weist in seinem Betreff Folgendes auf: "Aral Austria GesmbH., Baden, gewerbliche Betriebsanlage (Treibstofftankstelle), Baubewilligung". Anschließend ist im Spruch des Bescheides angeführt, "Sie haben bei der Bezirkshauptmannschaft Baden um Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung und den Betrieb

einer Treibstofftankstellenanlage ... angesucht". Der Bescheid ist

unter 1. an die Aral Austria GmbH sowie unter 2. bis 8. an die Anrainer, darunter den Beschwerdeführer, gerichtet. Mit der Anführung der erstmitbeteiligten Partei im Betreff und die Bezugnahme auf das Baugesuch der Bauwerberin im ersten Satz des Spruches ist aber eindeutig klargestellt, wem die Baubewilligung erteilt wurde.

In der Beschwerde wird weiters ausgeführt, nach Aufhebung des § 6 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1996 durch den Verfassungsgerichtshof hätte der Beschwerdeführer zur Einbringung neuer Einwendungen aufgefordert werden müssen. Diese Rechtsansicht ist im Ergebnis zutreffend:

Durch die Aufhebung des § 6 Abs. 3 NÖ BO 1996 durch den Verfassungsgerichtshof ist eine Änderung der Rechtslage eingetreten. Dem Beschwerdeführer, dessen Beschwerde hinsichtlich der Aufhebung der genannten Bestimmung ein "Anlassfall" war, ist im fortgesetzten Verfahren ein größerer Kreis an subjektiv-öffentlichen Rechten zur Verfügung gestanden. Hatte nämlich § 6 Abs. 3 NÖ BO 1996 normiert, dass bei gewerblichen Betriebsanlagen im baubehördlichen Verfahren subjektiv-öffentliche Rechte nur nach Abs. 2 Z. 3 begründet werden, so standen dem Beschwerdeführer nach Aufhebung des Abs. 3 alle im § 6 Abs. 2 Z. 1 bis 3 leg. cit. genannten subjektiv-öffentlichen Rechte zur Geltendmachung offen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass es dann, wenn sich das für die Beurteilung eines Sachverhaltes maßgebende Gesetz ändert, das Gebot des Parteiengehörs verlangt, dass die Partei nach der Gesetzesänderung gehört werde (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, auf Seite 236 zu 49a und auf Seite 237 zu 53 aufgezeigte hg. Judikatur). Es könne aus der Änderung der Rechtslage nicht abgeleitet werden, dass die Baubehörde verpflichtet sei, eine neue Bauverhandlung durchzuführen. Allerdings bestehe eine Verpflichtung der Behörde, eine zwischenweilig eingetretene Änderung der Rechtslage den Nachbarn zur Kenntnis zu bringen und eine neue Frist zur Stellungnahme einzuräumen.

Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Gerade im Beschwerdefall, in dem der Beschwerdeführer zufolge der Niederschrift über die Verhandlung vom 30. März 1998 ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass er im Bauverfahren nur die in § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO 1996 normierten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen könne, hätte es die Einhaltung des Grundsatzes des Parteiengehörs geboten, dem Beschwerdeführer auf Grund der Änderung der Gesetzeslage die Möglichkeit zur Präzisierung seiner Einwendungen bzw. zur Erhebung weiterer Einwendungen zu geben.

Da die belangte Behörde dies unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel. Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensgrundsätze aus folgenden Gründen zu einem anderen Bescheidergebnis gelangt wäre:

Das zu bebauende Grundstück liegt im Bauland-Betriebsgebiet. Betriebsgebiete sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 3 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 für Bauwerke solcher Betriebe bestimmt, die keine übermäßige Lärm- oder Geruchsbelästigung und keine schädliche, störende oder gefährliche Einwirkung auf die Umgebung verursachen und sich - soweit innerhalb des Ortsbereiches gelegen - in das Ortsbild und die bauliche Struktur des Ortsbereiches einfügen.

Die Widmung "Betriebsgebiet" enthält somit einen Immissionsschutz hinsichtlich übermäßiger Lärm- oder Geruchsbelästigung und schädlicher, störender oder gefährlicher Einwirkungen auf die Umgebung.

Zur Geltendmachung dieser Rechtsverletzungen wäre der Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 im Zusammenhang mit § 48 der NÖ Bauordnung 1996 berechtigt gewesen.

Zu § 48 NÖ BO 1996 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0238, auf dessen eingehende Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt, dass dann, wenn Immissionen das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährden oder Menschen örtlich unzumutbar belästigt werden, mit einer Versagung der Baubewilligung vorzugehen sei. Weiters gehe aus der Bestimmung des § 48 Abs. 2 leg. cit. hervor, dass die bestehende Immissionsbelastung der (bewilligten) Bauwerke oder deren Benützung zu berücksichtigen sei und es darauf ankomme, wie sich die projektgemäßen Veränderungen auf die vorhandenen tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auswirkten.

Bei dieser Rechtslage kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer, hätte ihm die belangte Behörde das ihm gebührende Parteiengehör wegen Veränderung der Rechtslage eingeräumt, ein ergänzendes Vorbringen erstattet hätte, das die Behörde zum Anlass für eine konkrete Überprüfung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und die durch das eingereichte Projekt zu erwartenden Veränderungen hätte nehmen müssen, und sodann allenfalls zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 29. August 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte