VwGH 99/11/0318

VwGH99/11/03184.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. H in S, vertreten durch Hochstaffl & Rupprechter, Rechtsanwalts-Partnerschaft, 6300 Wörgl, Bahnhofstraße 37, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 29. Jänner 1997, Zl. 14-Ges-266/15/96, betreffend Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt, zu Recht erkannt:

Normen

KAO Krnt 1992 §41 Abs1 litc;
KAO Krnt 1992 §5 Abs2;
KAO Krnt 1992 §8 Abs2 lita;
KAO Krnt 1992 §41 Abs1 litc;
KAO Krnt 1992 §5 Abs2;
KAO Krnt 1992 §8 Abs2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. November 1995 auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer privaten Krankenanstalt (Allergieambulatorium) in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums gemäß § 8 Abs. 2 lit. a der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992 (K-KAO) mangels Bedarfes abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach dem Antrag des Beschwerdeführers werde das Leistungsangebot des geplanten Ambulatoriums das gesamte Spektrum der gängigen Allergiediagnostik und Allergietherapie umfassen. Als Einzugsgebiet seien der Bezirk S und die angrenzenden Bezirke anzusehen.

Die belangte Behörde habe im Rahmen der Bedarfsprüfung gemäß § 8 Abs. 2 lit. a K-KAO i.d.F. LGBl. Nr. 86/1995 Stellungnahmen eingeholt. Auf Grund der Stellungnahmen müsse zusammenfassend festgestellt werden, dass zufolge der übereinstimmenden und unbedenklichen Stellungnahmen der medizinischen Direktionen der A.ö. Landeskrankenhäuser Klagenfurt und Villach sowie der Leitung des Krankenhauses Spittal an der Drau, des Landessanitätsrates für Kärnten, der Ärztekammer für Kärnten und der Kärntner Gebietskrankenkasse das Leistungsangebot des geplanten selbstständigen Ambulatoriums durch das bestehende Versorgungsangebot der öffentlichen Krankenanstalten und insbesondere auch der niedergelassenen Kassenvertragsärzte abgedeckt sei und daher kein Bedarf für das Vorhaben des Beschwerdeführers bestehe. Die nicht näher begründete (positive) Stellungnahme der Wirtschaftskammer Kärnten und die nicht näher begründeten (negativen) Stellungnahmen der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (BVA), der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft seien mangels Begründung nicht nachvollziehbar und daher nicht als Entscheidungsgrundlagen herangezogen worden.

Das Argument des Beschwerdeführers, eine vergleichbare Einrichtung sei (in Kärnten) nicht vorhanden, sei nicht zielführend, weil zwar private, erwerbswirtschaftlich geführte Krankenanstalten untereinander keinen Konkurrenzschutz hätten, wohl aber das bestehende Versorgungsangebot öffentlicher Krankenanstalten in die Bedarfsprüfung mit einzubeziehen sei. Aus dem Hinweis des Beschwerdeführers, in anderen Bundesländern seien derartige Institute bewilligt worden, sei für ihn nichts zu gewinnen, weil es bei der Bedarfsprüfung nach § 8 Abs. 2 lit. a K-KAO nur auf das dort beschriebene Versorgungsangebot ankomme. Das Gleiche gelte für die Behauptung des Beschwerdeführers, dass es weltweit zu einer Zunahme von Allergien komme.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 11. Oktober 1999, B 741/97-8, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Beschwerdeführer beantragt im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 2 K-KAO (i.d.F. LGBl. Nr. 86/1995) bedarf die Errichtung einer Krankenanstalt der Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung haben den Anstaltszweck (§ 2) zu bezeichnen und das in Aussicht genommene Leistungsangebot offen zu legen.

§ 8 Abs. 2 lit. a K-KAO (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 86/1995) lautet wie folgt:

"§ 8

Sachliche Voraussetzungen

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt darf nur erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) es muss nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater, gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbstständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag ein Bedarf gegeben sein; ..."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die medizinische Betreuung in Anstaltsambulatorien gegenüber der so genannten extramuralen medizinischen Versorgung der Bevölkerung subsidiären Charakter (siehe dazu u.a. das zum Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz ergangene Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/11/0176, das zum Vorarlberger Spitalgesetz ergangene Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 96/11/0103, Slg. Nr. 14817/A, die zum Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 ergangenen Erkenntnisse vom 24. Februar 1998, Zl. 96/11/0155, und vom 26. März 1998, Zl. 96/11/0090, und das zum NÖ Krankenanstaltengesetz 1974 ergangene Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 99/11/0053). Dieser subsidiäre Charakter der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulatorien (Anstaltsambulanzen) ist insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung des § 41 Abs. 1 lit. c K-KAO auch für den Anwendungsbereich dieses Landesgesetzes gegeben. Nach dieser Gesetzesstelle sind in öffentlichen allgemeinen Krankenhäusern und Sonderkrankenhäusern Personen, die einer Aufnahme in Anstaltspflege nicht bedürfen, ambulant zu untersuchen oder zu behandeln, wenn es zur Anwendung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit solchen Behelfen, die außerhalb der Anstalt in angemessener Entfernung vom Wohnort des Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur in unzureichendem Ausmaß zur Verfügung stehen, notwendig ist.

Aus dem subsidiären Charakter der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulatorien (Anstaltsambulanzen) folgt nach der zitierten Rechtsprechung, von der abzugehen der Beschwerdefall keinen Grund bietet, dass bei der Beurteilung des Bedarfes nach medizinischen Leistungen im nicht stationären Bereich - dazu zählen die vom Beschwerdeführer in Aussicht genommenen Leistungen - privater erwerbswirtschaftlich geführter Ambulatorien die Kapazitäten von Ambulatorien (Ambulanzen) öffentlicher Krankenanstalten nicht herangezogen werden dürfen, um einen Bedarf zu verneinen. In Ansehung nicht stationär zu behandelnder Personen haben bei der Beurteilung des Bedarfs die öffentlichen Krankenanstalten hinter anderen diese Behandlung durchführenden Institutionen zurückzustehen.

Die belangte Behörde hat in Verkennung der Rechtslage ausdrücklich auch das bestehende Versorgungsangebot der öffentlichen Krankenhäuser (in S, V und K) in die Bedarfsprüfung miteinbezogen und damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Verfahren Sachverhaltsfeststellungen darüber zu treffen haben, ob das vom Beschwerdeführer in dem geplanten Ambulatorium in Aussicht genommene Leistungsangebot durch die niedergelassenen Kassenvertragsärzte - kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen dürften nach dem Inhalt der in den Verwaltungsakten erliegenden Stellungnahmen nicht bestehen - ausreichend abgedeckt wird.

Der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren in den Vordergrund gerückte Gesichtspunkt, dass häufig die Beurteilung durch Fachärzte verschiedener Fachrichtungen notwendig sei, was in dem von ihm geplanten Ambulatorium sichergestellt sei, kann für sich allein einen Bedarf nach dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot nicht begründen, wenn die fächerübergreifende Beurteilung auch im Wege der Koordination von Ordinationen möglich ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/11/0328).

Aus dem oben genannten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich- im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Oktober 2000

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