Normen
B-VG Art131 Abs2;
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita idF 1995/009;
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita;
KAG Wr 1987 §4 Abs6;
KAG Wr 1987 §42 Abs1 litc;
KAG Wr 1987 §5;
KAG Wr 1987 §7 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs2;
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita idF 1995/009;
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita;
KAG Wr 1987 §4 Abs6;
KAG Wr 1987 §42 Abs1 litc;
KAG Wr 1987 §5;
KAG Wr 1987 §7 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 4 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 - Wr. KAG die Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums für Atemwegs- und Lungenerkrankungen an einem näher bezeichneten Standort im 21. Wiener Gemeindebezirk erteilt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und seine kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt. Sie und die mitbeteiligte Partei haben jeweils eine Gegenschrift erstattet, in denen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit die mitbeteiligte Partei die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Partei verneint, weil diese im Verwaltungsverfahren weder einen Antrag auf Abweisung des Bewilligungsantrages oder auf Aufnahme bestimmter Beweise gestellt noch förmlich Einwendungen erhoben, somit von ihrer Parteistellung keinen Gebrauch gemacht habe, ist sie auf § 4 Abs. 6 Wr. KAG hinzuweisen. Diese Bestimmung räumt der beschwerdeführenden Partei Beschwerdeberechtigung in der Bedarfsfrage unabhängig davon ein, ob im Verwaltungsverfahren entsprechende Anträge gestellt oder förmliche Einwendungen erhoben wurden. Die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Partei kann daher aus dem besagten Grund allein nicht verneint werden. Eine andere Frage ist, inwieweit im Falle der Untätigkeit im Verwaltungsverfahren eine Beschwerde mit Erfolg erhoben werden könnte. Dabei geht es allerdings nicht um die Beschwerdelegitimation, sondern um die - unter dem Gesichtspunkt des Neuerungsverbotes zu beurteilende - Zulässigkeit neuen Vorbringens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt setzt unter anderem voraus, daß ein Bedarf im Sinne des § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG (idF der Novelle LGBl. Nr. 9/1995) gegeben ist. Nach dieser Bestimmung hat die Bedarfsprüfung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Amulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag zu erfolgen.
Ein Bedarf ist dann gegeben, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1962, Slg. Nr. 5823/A). Bei der Prüfung daraufhin sind nach der durch die Novelle LGBl. Nr. 9/1995 geschaffenen Rechtslage andere als die in § 4 Abs. 2 lit. a genannten Ärzte (Dentisten) und Einrichtungen nicht zu berücksichtigen. Ebenso unberücksichtigt zu bleiben haben hiebei grundsätzlich Anstaltsambulatorien öffentlicher Krankenanstalten. Das ergibt sich aus dem der Textierung des § 42 Abs. 1 lit. c Wr. KAG zu entnehmenden "grundsätzlich subsidiären Charakter der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulatorien gegenüber der sogenannten extramuralen medizinischen Versorgung der Bevölkerung" (vgl. die zu den im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes und des Vorarlberger Spitalgesetzes ergangenen hg. Erkenntnisse vom 27. April 1993, Zl. 92/11/0176, und vom 20. Jänner 1998, Zl. 96/11/0103).
Die belangte Behörde hat, gestützt auf die im angefochtenen Bescheid zum Großteil wörtlich wiedergegebenen Ausführungen eines medizinischen Amtssachverständigen, den Bedarf bejaht, weil durch das gegenständliche Ambulatorium die medizinische Versorgung der Patienten im 21. und 22. Wiener Gemeindebezirk wesentlich erleichtert und intensiviert werde. Durch das gleichzeitige Angebot pulmologischer und cardiologischer Diagnostik in einem Institut ergebe sich - insbesondere für Patienten mit pulmologischen und cardiologischen Beschwerden, bei denen körperliche Belastungen vermieden werden sollten - eine wesentliche Erleichterung, weil damit die Notwendigkeit der Mehrfachzuweisung zu verschiedenen Fachärzten oder Spitalseinrichtungen mit den damit verbundenen erhöhten Belastungen (vermehrte Weg-, Fahrt- und Wartezeiten, Mehrkosten) entfalle. Ein diesem Institut vergleichbares umfassendes diagnostisches Leistungsspektrum werde im 21. und 22. Wiener Gemeindebezirk von keinem niedergelassenen Facharzt oder Ambulatorium, einschließlich des "Gesundheitszentrums Nord" der Wiener Gebietskrankenkasse mit seiner internen Ambulanz und seinen physikalischen Behandlungsmöglichkeiten, angeboten. Nicht übersehen werden dürfe auch, daß aufgrund der regen Bautätigkeit in den Stadterweiterungsgebieten des
21. und 22. Wiener Gemeindebezirkes mit einem massiven Anstieg der Bevölkerungsdichte zu rechnen sei, sowie die Lage des Ambulatoriums an einen Verkehrsknotenpunkt.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die pulmologische Versorgung der Bevölkerung des 21. und 22. Wiener Gemeindebezirkes sei durch die dort niedergelassenen Fachärzte ausreichend gegeben. Die Ermittlungen hätten jedenfalls keinen Bedarf an zusätzlicher Versorgung ergeben. Die Vorteile der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen einem Kardiologen und einem Pulmologen allein seien keine ausreichende Grundlage für die Bejahung des Bedarfes. Im übrigen seien die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Ausführungen des Amtssachverständigen zu allgemein gehalten und böten keinen konkreten Anhaltspunkt für die Annahme eines Bedarfes.
Maßgebend für die Bejahung des Bedarfes durch die belangte Behörde war die Tatsache des gleichzeitigen Angebotes pulmologischer und cardiologischer Diagnostik im gegenständlichen Ambulatorium. Dieser Umstand maß zwar wegen der dadurch möglichen Zeitersparnis für die Patienten deren medizinische Versorgung erleichtern. Entgegen der Rechtsauffassung der belangten Behörde bewirkt aber der besagte Umstand für sich allein noch keine die Annahme eines Bedarfes rechtfertigende wesentliche Erleichterung und Intensivierung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung, sofern die im Ambulatorium vorgesehenen Leistungen in zumutbarer Zeit von Ärzten oder Einrichtungen iSd § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG erlangt werden können. Ob dies der Fall ist, wurde von der belangten Behörde - offensichtlich wegen der besagten unrichtigen Rechtsauffassung - nicht geprüft.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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