VwGH 98/12/0093

VwGH98/12/00934.7.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 25. Februar 1998, Zl. 55 5110/42-II/15/98, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201;
BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Bemessung des Ruhegenusses für die Zeit ab 1. Jänner 1998 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1945 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Zuletzt war er bis zu seiner mit Ablauf des 31. August 1997 gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) erfolgten Ruhestandsversetzung (Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1997) als Fachinspektor bei der Bundespolizeidirektion L. (im Folgenden BPD) tätig.

Am 13. Februar 1996 erhielt der Beschwerdeführer von der BPD

folgendes Schreiben (Namen wurden anonymisiert):

"Betr.: Dienstverhinderung infolge Erkrankung

Sie befinden sich seit 5.1.1996 im Krankenstand und haben zuletzt eine Bescheinigung gemäß § 51 Abs. 2 BDG 1979 Ihrer Hausärztin vom 9.2.1996 vorgelegt, wonach Sie voraussichtlich bis 17.3.1996 verhindert sein werden, Ihren Dienst zu versehen.

Im Zusammenhang mit Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit vom Dienst sind personelle Maßnahmen im Bereich des Personalreferates zu erwägen, die allerdings eine Prognose hinsichtlich Ihres Krankheitsverlaufes erfordern.

Sie werden daher eingeladen, dem hs. Chefarzt Dr.K.P.X. eine hausärztliche Stellungnahme zu Ihrem Gesundheitszustand zur Verfügung zu stellen. Damit wäre auch eine persönliche Vorstellung beim Polizeiamtsarzt zu verbinden, weshalb Sie ersucht werden - sofern Sie reisefähig sind - mit dem Personalreferat bzw. Polizeiamtsarzt in den nächsten Tagen eine Terminvereinbarung zu treffen."

Die Sendung samt Rückschein wurde der BPD mit dem Vermerk, der Beschwerdeführer befinde sich im Spital, zurückgestellt. Sie wurde dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben am 21. Februar 1996 zugestellt. Mit gleichem Datum stellte er einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand. In der Folge ersuchte die BPD als "Vertreter des Bundesministeriums für Inneres, Abteilung II/2" die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (PVAng) um Erstellung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers. Das Ruhestandsversetzungsverfahren wurde mit dem obgenannten Bescheid des Bundesministers für Inneres abgeschlossen.

Mit Bescheid vom 26. September 1997 stellte das Bundespensionsamt den dem Beschwerdeführer ab 1. September 1997 gebührenden Ruhegenuss fest. Der Ruhegenuss wurde in Anwendung der Abschlagsregelung nach § 4 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 (PG) in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 ermittelt.

In seiner Berufung beantragte der Beschwerdeführer eine Neubemessung seines Ruhegenusses ohne Anwendung der Kürzungsbestimmung. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass in seinem Fall die Übergangsbestimmung des § 62c Abs. 1 PG (Anwendung des bisherigen Rechts) anzuwenden sei. Er habe sich seit 5. Jänner 1996 ununterbrochen im Krankenstand befunden. Sein Ruhestandsversetzungsverfahren sei bereits zu diesem Zeitpunkt eingeleitet worden. Dafür spreche auch das Schreiben der BPD vom 13. Februar 1996. Auf Grund seines Inhaltes (Benötigung einer Prognose über seinen Krankheitszustand) sei damit das Ruhestandsversetzungsverfahren nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 von Amts wegen eingeleitet worden. Eine diesbezügliche Auskunft sei auch dem Bundespensionsamt seitens der Dienstbehörde schriftlich erteilt worden. Außerdem könnte ihm der misslungene Zustellversuch des Schreibens der BPD vom 13. Februar 1996 nicht zum Nachteil gereichen.

Während des anhängigen Berufungsverfahrens rechnete die oberste Aktiv-Dienstbehörde (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 gemäß § 9 Abs. 1 PG einen Zeitraum von 1 Jahr und 8 Tagen zu seiner ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit hinzu.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 1998 gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und setzte den Ruhegenuss neu fest. Die Neubemessung des Ruhegenusses, die gleichfalls in Anwendung der Kürzungsbestimmungen nach § 4 Abs. 3 PG vorgenommen wurde, wurde mit dem in der Zwischenzeit ergangenen Hinzurechnungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Oktober 1997 begründet. Die belangte Behörde lehnte aber die Anwendung des § 62c Abs. 1 PG ab. Diese Bestimmung mache die Anwendung des Altrechts ausschließlich (Hervorhebung im Original) davon abhängig, dass das Ruhestandsversetzungsverfahren bereits vor dem 16. Februar 1996 tatsächlich eingeleitet worden sei. Eingeleitet werde ein Ruhestandsversetzungsverfahren durch einen entsprechenden Antrag des Beamten auf Ruhestandsversetzung oder bei der Ruhestandsversetzung von Amts wegen durch die erste einschlägige Amtshandlung der Dienstbehörde. Ohne rechtliche Bedeutung sei daher der ab 5. Jänner 1996 gegebene Krankenstand des Beschwerdeführers. Der eindeutige Wortlaut des Schreibens der BPD vom 13. Februar 1996 spreche dagegen, dass damit ein Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet worden sei. Darin werde nämlich nach der Feststellung seines Krankenstandes ab 5. Jänner 1996 und der Erwähnung seiner voraussichtlichen Verhinderung lediglich ausgesprochen, dass "im Zusammenhang mit Ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit vom Dienst personelle Maßnahmen im Bereich des Personalreferates zu erwägen seien, die allerdings eine Prognose hinsichtlich Ihres Krankheitsverlaufes erforderten". Zur Erstellung einer solchen Prognose sei der Beschwerdeführer zur persönlichen Vorstellung beim Polizeiamtsarzt aufgefordert worden. Das Schreiben enthalte keinen Hinweis auf die Absicht, schon damals ein Ruhestandsversetzungsverfahren einzuleiten. Gegen eine solche Einleitung spreche auch die Verweisung des Beschwerdeführers an den Polizeiamtsarzt, da für die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens auf Grund eines Ministerratsbeschlusses vom 1. August 1995 die Einschaltung der PVAng vorgesehen gewesen sei. Das Verfahren, das zur Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers geführt habe, sei zweifellos erst nach dem 16. Februar 1996 (Stichtag) - nämlich durch seinen Antrag vom 21. Februar 1996 (eingelangt bei der BPD am 23. Februar 1996) - eingeleitet worden. Erst auf Grund dieses Antrages sei die PVAng eingeschaltet worden. Den Gründen, weshalb der Beschwerdeführer erst am 21. Februar 1996 seinen Antrag gestellt habe, komme mangels einer entsprechenden Regelung keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Es wäre ihm freigestanden, jederzeit - also auch schon wesentlich früher - einen solchen Antrag zu stellen. Es liege daher kein Anwendungsfall nach § 62c Abs. 1 PG vor. In der Folge legte die belangte Behörde die Berechnung der (unter Anwendung der Kürzungsbestimmung erfolgten) Neubemessung des Ruhegenusses des Beschwerdeführers näher dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

I. Rechtslage

1. Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Beamte dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monates, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam (§ 14 Abs. 5 BDG 1979 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201).

2. Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (Stammfassung), wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bilden 80 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, der am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist, lautet:

"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden."

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG in der am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fassung des Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, findet eine Kürzung nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. in der obgenannten Fassung gilt ein Beamter nur dann als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Gemäß § 41 Abs. 1 PG gelten künftige Änderungen dieses Bundesgesetzes auch für Personen, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben.

§ 62c PG in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 lautet auszugsweise:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Der § 4 PG in der in § 62c Abs. 1 genannten Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kennt im Fall der "Frühpensionierung" (vor Vollendung des 60. Lebensjahres) keine derartige Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage.

II. Beschwerdeausführungen

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ruhestandsbezüge in gesetzlicher Höhe nach dem Pensionsgesetz 1965 durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes (insbesondere seines § 62c Abs. 1 und in eventu seines § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7) sowie durch unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.

2.1. Auf das Wesentlichste zusammengefasst, vertritt der Beschwerdeführer - wie im Verwaltungsverfahren - die Auffassung, das Ruhestandsversetzungsverfahren sei bereits vor dem im § 62c Abs. 1 PG festgesetzten Stichtag (16. Februar 1996), nämlich durch das Schreiben der BPD vom 13. Februar 1996 eingeleitet worden. Die dort angesprochene Prognose bezüglich seines Krankheitsverlaufes werfe die Frage nach seiner dauernden oder nur vorübergehenden Dienstunfähigkeit, und damit der Klärung eines wesentlichen Elementes für eine Entscheidung nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 auf. Auch die oberste Aktiv-Dienstbehörde (Bundesminister für Inneres) gehe davon aus, wie ein in Kopie vorgelegter Aktenvermerk eines Organwalters der BPD vom 13. August 1997 beweise, in dem der Inhalt eines Telefonates mit einem Beamten der belangten Behörde zu diesem Thema festgehalten sei.

2.2. Dem ist Folgendes zu erwidern:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 62c Abs. 1 PG zum Ausdruck gebracht, dass die amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens jedenfalls einen entsprechenden Willensakt der Behörde voraussetzt, der der zuständigen Dienstbehörde - das ist für die Ruhestandsversetzung seit der Änderung der DVV 1981 durch die Novelle

BGBl. Nr. 540/1995, mit der die diesbezügliche Delegation an die nachgeordneten Dienstbehörden aufgehoben wurde, wiederum die jeweilige oberste Dienstbehörde - zuzurechnen sein muss. Für das Vorliegen eines solchen Willensaktes ist maßgeblich, ob die zuständige Aktivdienstbehörde eine Amtshandlung gesetzt hat, die - objektiv betrachtet - darauf abzielte, den Sachverhalt der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten im Sinn des § 14 BDG 1979 zu klären (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1999, 97/12/0315, und vom 28. April 2000, 99/12/0196 uva). Ein solcher Willensakt kann auch bereits in der Befassung eines Amtsarztes durch die zuständige Dienstbehörde gelegen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 1999, 99/12/0061) oder - wie hier im Beschwerdefall - im Auftrag an den Beamten, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens muss sich jedoch - bei objektiver Betrachtung - aus dem Inhalt des der zuständigen Dienstbehörde zurechenbaren Auftrages zur Erstellung eines Gutachtens (insbesondere aus den Fragestellungen, die der Sachverständige aus medizinischer Sicht klären soll) hinreichend klar ergeben. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Durchführung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens im Gutachtens-Auftrag ist nicht erforderlich. Für die Qualifikation eines solchen Auftrages als amtswegige Einleitung ist im Allgemeinen ausreichend, dass darin gezielt um die Klärung von Tatsachen aus medizinischer Sicht ersucht wird, die - im Lichte des § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 rechtserheblich sind und eine eindeutige Zuordnung unter diesen Tatbestand zulassen, d.h. die ausdrücklich und zweifelsfrei darauf abzielen, die Frage zu klären, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten aus medizinischer Sicht gegeben ist oder nicht. Ein bloß allgemein gehaltener Auftrag, das Vorhandensein der Dienstfähigkeit zu klären, enthält diese erforderliche Klarstellung nicht, um ihn als amtswegige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens zu werten. Ein derartiger Auftrag zielt in der Regel bloß auf die Klärung sonstiger aus der Sicht des Dienst- und Besoldungsrechtes rechtserheblicher Umstände (wie z.B. das Vorliegen einer unbefugten Abwesenheit vom Dienst als Dienstpflichtverletzung bzw. als Voraussetzung besoldungsrechtlicher Rechtsfolgen wie z.B. nach § 13 Abs. 3 GG) ab (vgl. dazu das zum LDG 1984 ergangene hg. Erkenntnis vom 22. Juli 1999, 98/12/0160)

Beurteilt man das Schreiben der BPD (= Dienstbehörde erster Instanz) vom 13. Februar 1996 (Aufforderung an den Beschwerdeführer, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen) nach diesen Grundsätzen, so ist schon fraglich, ob es überhaupt der für die Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens zuständigen obersten Dienstbehörde zugerechnet werden kann, enthält es doch - anders als das am 3. März 1996 an die PVAng gerichtete Ersuchschreiben - keinerlei Hinweis auf ein Einschreiten dieser Behörde für die oder im Auftrag der oberste(n) (Aktiv)Dienstbehörde. Aber auch nach seinem Inhalt geht das Schreiben vom 13. Februar 1996 nicht über einen allgemein gehaltenen Auftrag hinaus. Der Hinweis auf das Erfordernis, wegen der krankheitsbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst Personalmaßnahmen "zu erwägen", die eine Prognose über den Krankheitsverlauf erforderten, enthält nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine hinreichende Klarstellung in Richtung Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens. Vielmehr ist bei objektiver Betrachtung davon auszugehen, dass es zu diesem Zeitpunkt völlig offen war, welche Personalmaßnahmen in Zukunft zu ergreifen sein werden, und die angeordnete polizeiamtsärztliche Untersuchung primär dazu beitragen sollte, die theoretisch möglichen Alternativen einzugrenzen. Dies deckt sich im Übrigen auch damit, dass die Dienstbehörde erster Instanz für die meisten der in dieser Situation (längere Erkrankung eines Mitarbeiters mit ungewisser Entwicklung dieses Zustandes) in Betracht kommenden Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes erforderlich werden können, zuständig ist. Hätte eine solche im Auftrag der nachgeordneten Dienstbehörde durchgeführte Untersuchung dazu geführt, dass ihrer Auffassung nach nur eine Maßnahme Abhilfe schaffen könne, für die die oberste Dienstbehörde zuständig ist (z.B. Ruhestandsversetzung), hätte sie an diese herantreten müssen.

Was den Aktenvermerk der BPD vom 13. August 1997 betrifft, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass es bei der Beurteilung des Schreibens der BPD vom 13. Februar 1996 auf eine objektive Betrachtung ankommt. Mangels eines objektivierbaren hinreichenden Anhaltspunktes in Richtung Klärung der dauernden Dienstunfähigkeit in diesem Schreiben vom 13. Februar 1996 ist es daher nicht entscheidend, wie es nach Auffassung eines Organwalters der obersten (Aktiv)Dienstbehörde subjektiv zu verstehen ist. Einer solchen "Erklärung" kommt auch keine Bindungswirkung zu, weil die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Ruhestandsversetzungsverfahren nach § 62c Abs. 1 PG eingeleitet wurde, nur der Pensions-Dienstbehörde, nicht aber der Aktiv-Dienstbehörde zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1997, 97/12/0381 uva, zuletzt vom 16. Dezember 1998, 97/12/0287).

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausgegangen ist, dass das mit dem Ruhestandsversetzungsbescheid vom 31. Juli 1997 abgeschlossene Verfahren erst nach dem im § 62c Abs. 1 PG genannten Stichtag (hier: auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 21. Februar 1996) eingeleitet wurde. Die Anwendung der Abschlagsregelung für den Zeitraum ab Beginn der Ruhestandsversetzung (1. September 1997) bis zur Änderung der Rechtslage ab 1. Jänner 1998 (Einfügung des § 4 Abs. 4 Z. 3 und Abs. 7 PG) entsprach daher dem Gesetz.

3. Was die Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 4 Abs. 3 und 62c Abs. 1 PG betrifft, ist der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1998, B 4939/96 u.a., zu verweisen, in dem die Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 3 bis 5 und § 62c PG insbesondere in Bezug auf den Gleichheitssatz bejaht wurde. Unter dem Blickwinkel des Beschwerdefalles, in dem keine neuen Argumente vorgebracht wurden, die nicht ohnehin vom Verfassungsgerichtshof bereits behandelt worden wären, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu keiner (vom Beschwerdeführer angeregten) Anfechtung der genannten Bestimmungen nach Art. 140 Abs. 1 B-VG veranlasst.

4. Hingegen ist der in Form eines Eventualantrages erhobene Einwand des Beschwerdeführers berechtigt, dass die belangte Behörde auf die während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens durch Einfügung der Z. 3 in § 4 Abs. 4 PG erfolgte Rechtsänderung Bedacht zu nehmen gehabt hätte.

Diese Bestimmung gilt - wie aus § 41 Abs. 1 PG abzuleiten ist - ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auch für die von der Kürzungsregelung nach § 4 Abs. 3 PG betroffenen Beamten, die vor dem 1. Jänner 1998 in den Ruhestand versetzt wurden (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1999, 98/12/0500 uva). Sind seine Anwendungsvoraussetzungen erfüllt, hat dies bei dieser Gruppe von Ruhestandsbeamten zu einer Neufestsetzung des Ruhegenusses ohne Kürzung ab 1. Jänner 1998 zu führen.

Die Entscheidung über die Feststellung der Gebührlichkeit des monatlich wiederkehrenden Ruhebezuges ist - wie dies für Dauerschuldverhältnisse allgemein gilt - ein zeitraumbezogener Anspruch. Ein derartiger Anspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und (oder) tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides. Ein im Verwaltungsverfahren ergangener Berufungsbescheid hat die aus § 66 Abs. 4 AVG resultierende Wirkung, dass der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgegangen und diese Berufungsentscheidung, sobald sie erlassen und solange sie aufrecht ist, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist. Ein in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG ergangener Bescheid bedeutet daher eine endgültige Erledigung der betreffenden Verwaltungssache bis zu dem Zeitpunkt seiner Erlassung (vgl. dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1999, 98/12/0500, sowie vom 29. September 1999, 98/12/0117 uva).

Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die während des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens ab 1. Jänner 1998 eingetretene Änderung der Rechtslage (§ 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 7 PG), die für die Bemessung des Ruhebezuges des Beschwerdeführers ab dem 1. Jänner 1998 von Bedeutung sein kann, im Zuge ihres Verfahrens zu prüfen und gegebenenfalls eine ab diesem Zeitpunkt eintretende Änderung des Ruhebezuges in ihren Bescheid aufzunehmen.

Die belangte Behörde hat daher dadurch, dass sie über den Ruhegenuss des Beschwerdeführers auch für die Zeit ab 1. Jänner 1998 abgesprochen und dabei die möglichen Auswirkungen des ab 1. Jänner 1998 eingefügten § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 PG (Entfall der Kürzung im Fall der dauernden Erwerbsunfähigkeit ab diesem Zeitpunkt), dessen Anwendung auch im Beschwerdefall in Betracht kommt, außer acht gelassen hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in diesem Umfang aufzuheben war; im Übrigen (das heißt, soweit der angefochtene Bescheid über den Zeitraum bis 31. Dezember 1997 abgesprochen hat) war die Beschwerde hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Juli 2000

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