VwGH 98/11/0260

VwGH98/11/026023.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Dr. F in G, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günter Folk, Dr. Werner Stegmüller und Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 15. September 1998, Zl. 11-39-188/98-3, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
KFG 1967 §66 Abs2 liti;
KFG 1967 §73 Abs3;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §38;
KFG 1967 §66 Abs2 liti;
KFG 1967 §73 Abs3;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von

S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 5. Jänner 1998 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 bestraft. Als erwiesen wurde angenommen, der Beschwerdeführer habe am 3. Juli 1996 um 20.10 Uhr auf der A 9 (Pyhrnautobahn) als Lenker eines Kraftfahrzeuges die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 64 km/h überschritten. Diese Feststellung beruhe auf einer Messung mit einem "Verkehrslasergerät".

Mit Bescheid vom 3. Februar 1998 entzog die Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 64 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 3 letzter Satz KFG 1967 dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für die Gruppe B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit vorübergehend auf die Dauer von zwei Wochen, gerechnet vom Tag der Zustellung des Bescheides an. Gleichzeitig wurde gemäß § 73 Abs. 2 KFG verfügt, dass dem Beschwerdeführer vor Ablauf der Entziehungszeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen. Begründend wurde ausgeführt, mit einem technischen Hilfsmittel sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer am 3. Juli 1996 um 20.10 Uhr auf der A 9 (Pyhrnautobahn) die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 64 km/h überschritten habe. Das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren sei mit Strafbescheid vom 5. Jänner 1998 abgeschlossen worden. Dieser Sachverhalt rechtfertige die Annahme, dass der Beschwerdeführer "derzeit" die zur Lenkung von Kraftfahrzeugen geforderte Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 66 KFG 1967 nicht besitze.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich der in Rede stehende Vorfall am 3. Juli 1996, somit bereits eineinhalb Jahre vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides, ereignet habe. Daraus sei abzuleiten, dass nunmehr keinerlei Notwendigkeit bestehe, ihm die Lenkerberechtigung zu entziehen.

Der Landeshauptmann von Steiermark setzte das Berufungsverfahren mit Bescheid vom 9. März 1998 gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens aus.

Nachdem die Bundespolizeidirektion Graz dem Landeshauptmann von Steiermark am 3. September 1998 mitgeteilt hatte, dass das Straferkenntnis vom 5. Jänner 1998 bereits in Rechtskraft erwachsen sei und dagegen keine Berufung eingebracht worden sei, wies der Landeshauptmann von Steiermark die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 3. Februar 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend wurde ausgeführt, die Erstbehörde habe den Mangel der Verkehrszuverlässigkeit in einem Vorfall vom 3. Juli 1996 gesehen, bei dem der Beschwerdeführer um 20.10 Uhr auf der A 9 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 64 km/h überschritten hätte. Das Verwaltungsstrafverfahren sei bei der Bundespolizeidirektion Graz mit Strafbescheid vom 5. Jänner 1998 abgeschlossen worden. Zunächst habe die Berufungsbehörde das Verfahren mit Bescheid vom 9. März 1998 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt. Es sei ihr aber mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Graz vom 3. September 1998 mitgeteilt worden, dass das Straferkenntnis in der Zwischenzeit in Rechtskraft erwachsen sei und keine Berufung eingebracht worden sei. Die Berufungsbehörde folge der Ansicht der Bundespolizeidirektion Graz im Straferkenntnis vom 5. Jänner 1998, aus der sich ergebe, dass der Beschwerdeführer "tatsächlich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 64 km/h überschritten hat, wobei dies im Rahmen einer Lasermessung festgestellt worden ist".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Das Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers war bereits am 1. November 1997, dem Tag des Inkrafttretens des FSG, anhängig. Gemäß § 41 FSG ist für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides daher die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des FSG maßgeblich.

Die in Frage kommenden Bestimmungen des KFG 1967 lauteten (auszugsweise):

"§ 66. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 2) und ihrer Wertung (Abs. 3) angenommen werden muss, dass sie auf Grund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe

a) die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

...

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

i) ... außerhalb des Ortsgebiets die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten hat und die Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

...

§ 73. (1) Besitzern einer Lenkerberechtigung, die nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig ... sind, ..., ist die Lenkerberechtigung entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Gruppen zu entziehen oder durch Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit einzuschränken; ...

...

(3) ... . Bei der erstmaligen Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. i, sofern die Übertretung nicht unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen worden ist, ist die im Abs. 2 angeführte Zeit mit zwei Wochen ... festzusetzen; eine Entziehung der Lenkerberechtigung auf Grund des § 66 Abs. 2 lit. i darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsübertretung in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist.

...

§ 74. (1) Die Lenkerberechtigung ist vorübergehend zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig ... ist, ..., und anzunehmen ist, dass nach Ablauf von nicht mehr als 18 Monaten die Gründe für die Entziehung nicht mehr gegeben sind. Hiebei finden die Bestimmungen des § 73 sinngemäß Anwendung."

Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hauptsächlich darin, dass die belangte Behörde ungeachtet der rechtskräftigen Aussetzung des Entziehungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage im Verwaltungsstrafverfahren mit Aussetzungsbescheid vom 4. März 1998 das Entziehungsverfahren fortgesetzt und mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossen habe. Diesem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, nach der aus einem rechtskräftigen Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG der Partei kein subjektives Recht auf Nichtbeendigung des ausgesetzten Verfahrens zukommt. Durch die Fortsetzung eines ausgesetzten Verfahrens vor Beendigung des die Vorfrage betreffenden Verfahrens wird die Partei in ihren Rechten nicht verletzt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1992, Zl. 92/11/0077). Dies gilt auch dann, wenn der rechtskräftige Aussetzungsbescheid nicht förmlich aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wurde.

Unbestritten bleibt im vorliegenden Fall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsübertretung in erster Instanz durch Strafbescheid bereits abgeschlossen war. Der Voraussetzung des § 73 Abs. 3 letzter Satz KFG 1967 war daher Genüge getan.

Die belangte Behörde begründet den angefochtenen Bescheid - in Anknüpfung an den erstinstanzlichen Bescheid - damit, dass der Beschwerdeführer am 3. Juli 1996 - durch "Lasermessung" festgestellt - auf der A 9 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 64 km/h überschritten habe. Dieser Feststellung der belangten Behörde tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde mit keinem sachverhaltsbezogenen Vorbringen entgegen. Soweit der Beschwerdeführer, ohne dies näher zu präzisieren, der belangten Behörde vorwirft, Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen zu haben, ist ihm zu erwidern, dass er mangels eigenen sachverhaltsbezogenen Vorbringens nicht darlegt, wie die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Der Verwaltungsgerichtshof legt daher die, wenn auch knappen, Feststellungen der belangten Behörde seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde.

Trifft es aber zu, dass der Beschwerdeführer außerhalb des Ortsgebietes die Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um mehr als 50 km/h überschritten hat, so lag eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 vor, weshalb die Behörde von der mangelnden Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers auszugehen hatte. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war bei der erfolgten Entziehung der Lenkerberechtigung nach § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 3 letzter Satz KFG 1967 eine gesonderte Wertung der bestimmten Tatsache nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, Zl. 96/11/0197). Die vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung für zwei Wochen kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der als "Gegenschrift" bezeichnete Schriftsatz keine Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides enthält.

Wien, am 23. Mai 2000

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