VwGH 98/09/0164

VwGH98/09/016429.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des R in B, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 8. April 1998, Zl. E 19/05/97.022/4, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §46;
AVG §60;
VStG §24;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51g Abs3 Z1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §46;
AVG §60;
VStG §24;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §51g Abs3 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland (belangte Behörde) vom 8. April 1998 gerichtet, mit welchem der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) für schuldig erkannt wurde, am 20. April 1995 in B zwei namentlich genannte Ausländer beschäftigt zu haben, obwohl ihm für die Beschäftigung der Ausländer keine Beschäftigungsbewilligung erteilt und den Ausländern selbst auch keine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen in der Höhe von pro unerlaubt beschäftigten Ausländer von S 5.000,-- sowie Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einem Tag verhängt und ihm Verfahrenskosten in der Höhe von insgesamt S 1.000,-- auferlegt. Hinsichtlich des Vorwurfes der unerlaubten Beschäftigung von sechs weiteren Ausländern wurde das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Parteiengehör nicht verletzt worden sei, weil seiner Rechtsvertreterin am 15. November 1995 nachweislich Akteneinsicht auch in die niederschriftlichen Einvernahmen der betretenen Ausländer gewährt worden sei. Am 20. April 1995 seien acht unerlaubt arbeitende Ausländer auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle in B im Rahmen einer vom Arbeitsinspektorat durchgeführten Kontrolle angetroffen worden. Hinsichtlich von sechs angetroffenen Arbeitnehmern habe der dem Beschwerdeführer (von der Behörde erster Instanz) zum Vorwurf gemachte Verstoß gegen das AuslBG nicht mit der für eine verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung einzufordernden Gewissheit nachgewiesen werden können. Die verbleibenden beiden Ausländer hätten jedoch in niederschriftlichen Einvernahmen vor der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See am 20. April 1995 übereinstimmend erklärt, sich mit dem Beschwerdeführer auf der Baustelle getroffen zu haben, wobei ihnen dieser die zu verrichtenden Arbeiten (Einmauern einer Badewanne) erläutert habe und man sich zugleich über die dafür gewährte Bezahlung geeinigt habe. Hinsichtlich dieser beiden Arbeitnehmer gehe die belangte Behörde von einem zwischen dem Beschwerdeführer und ihnen bestehenden zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnis aus, zumal die genannten Arbeiten üblicher- und typischerweise in einem Arbeitsverhältnis verrichtet werden und weitere wesentliche Kriterien einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG wie Weisungsrecht, stundenweise Entlohnung etc. erwiesen seien.

Die beantragte abermalige Befragung dieser Ausländer scheine entbehrlich und sei im Übrigen mangels aktenkundiger Anschriften derselben auch gar nicht möglich. Der Beschwerdeführer sei gemeinsam mit der Zeugin F zum Tatzeitpunkt Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gewesen und die Vermarktung des Objektes hätte auf Grund einer mündlichen Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Zeugin durch diese erfolgen sollen.

Die beantragte abermalige Einvernahme der Zeugin F habe unterbleiben können, zumal diese bereits im erstinstanzlichen Verfahren niederschriftlich als Zeugin vernommen erklärt habe, die beiden Ausländer nicht zu kennen. Von der ebenfalls beantragten neuerlichen Einvernahme des Zeugen K sei abzusehen gewesen, weil dieser bereits vor der Bundespolizeidirektion Wien am 24. April 1996 vernommen erklärt habe, er vermute, die Hausverwaltung habe die Aufträge zur Renovierung gegeben, dass er dies aber nicht aus eigenem wisse, sondern lediglich aus Erzählungen. Eine weitere Erhellung des Sachverhaltes durch diesen Zeugen sei daher nicht zu erwarten gewesen. Von der Einvernahme des Zeugen T (einem Wohnungsinteressenten) habe die belangte Behörde Abstand genommen, weil dieser nicht mit den verfahrensgegenständlichen Arbeiten zu tun gehabt habe, im Übrigen auch nicht auf der Baustelle anwesend gewesen sei, und naturgemäß zur Klärung der Frage der Auftragsvergabe der verfahrensgegenständlichen Arbeiten nichts beitragen könne.

In der Beschwerde werden inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil diesem nicht zu entnehmen sei, mit welchen Arbeiten die beiden Ausländer überhaupt beschäftigt worden wären. Der Beschwerdeführer habe geeignete und begründete Beweisanträge gestellt, nämlich die Einvernahme der Zeugen T, F und K, sowie die Einvernahme der beiden Ausländer. Zur Erforschung der materiellen Wahrheit sei es erforderlich gewesen festzustellen, in welchem Bereich des Hauses und in welchem Auftrag die fraglichen Arbeiten gerade durchgeführt worden seien. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer auch nicht die Möglichkeit einer Widerlegung der in § 5 Abs. 1 VStG normierten Vermutung eines Verschuldens gegeben. Auch enthalte der angefochtene Bescheid nicht die Anführung eines Tatzeitraumes und sei Verfolgungsverjährung eingetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 895/1995, haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. ...

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis,
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.
  3. c) in einem Ausbildungsverhältnis,
  4. d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
  5. e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird oder der Veranstalter und

c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1.) wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde, oder

c) entgegen den Bestimmungen der Beschäftigung eines Inhabers einer Arbeitserlaubnis (§ 14g) diesen beschäftigt,

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S;

..."

Soweit der Beschwerdeführer meint, im vorliegenden Fall sei Verfolgungsverjährung eingetreten, trifft dies nicht zu, weil die genaue Art der Tätigkeit des beschäftigten Ausländers in einer Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG nicht präzise umschrieben werden braucht, um die Rechtsfolge der Unterbrechung der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG auszulösen. Auch reicht die Feststellung einer Beschäftigung entgegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG zu einem bestimmten Zeitpunkt aus, das Tatbild der angeführten Bestimmungen zu erfüllen, die Beschäftigung über einen bestimmten Zeitraum hinweg braucht nicht festgestellt zu werden. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht wegen mangelhafter Umschreibung der Art der Beschäftigung rechtswidrig, weil aus seiner Begründung zweifelsfrei hervorgeht, der Beschwerdeführer habe die beiden Ausländer mit der Renovierung von Wohnungen verwendet, er habe ihnen "die zu verrichtenden Arbeiten (Einmauern einer Badewanne)" erläutert und sich mit ihnen über die dafür gewährte Bezahlung geeinigt.

§ 51i VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 620/1995, lautet:

"Unmittelbarkeit des Verfahrens

§ 51i. Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, dann ist bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51c Abs. 3 dritter Satz entfallen ist."

Der belangte unabhängige Verwaltungssenat hat seinem Bescheid die Aussagen der beiden Ausländer vor der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See zu Grunde gelegt, ohne überhaupt den Versuch zu machen, sie zur öffentlichen mündlichen Verhandlung zu laden und dort selbst einzuvernehmen. Hält sich ein Zeuge im Ausland auf, so kann zwar in der Regel sein persönliches Erscheinen wegen entfernten Aufenthaltes im Sinne des § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht verlangt werden und ist die Verlesung einer Niederschrift über seine Vernehmung im Sinne dieser Gesetzesstelle zulässig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 1997, Zl. 95/09/0346). Jedoch kann etwa sogar aus dem Umstand, dass ein Zeuge ausländischer Staatsbürger ist und ihm anlässlich einer niederschriftlichen Einvernahme die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes in Aussicht gestellt wurde, noch nicht geschlossen werden, dass er sich tatsächlich im Ausland befindet und sein persönliches Erscheinen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat im Sinne des § 51g Abs. 3 VStG nicht verlangt werden kann. Die belangte Behörde hätte im vorliegenden Fall daher - etwa durch entsprechende Meldeanfragen - Bemühungen anstellen müssen, um einen allfälligen Aufenthaltsort der Zeugen im Inland festzustellen. Bloß wenn solche Bemühungen erfolglos geblieben wären, wäre sie berechtigt gewesen, deren niederschriftliche Aussagen zu verlesen und derart ihrer Entscheidung zugrundezulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 96/09/0217). Soweit in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde die Aussagen der beiden Ausländer überhaupt verlesen wurden, kam deren Verwertung jedenfalls nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung auch die "neuerliche und ergänzende Einvernahme der Zeugen K und F zum Beweis dafür, dass (er) ... nicht Auftraggeber oder Beschäftiger der im bekämpften Straferkenntnis namentlich genannten Ausländer war", beantragt. Auch der Zeuge T sei bisher zu diesem Beweisthema noch nicht niederschriftlich einvernommen worden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt, oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1997, Zl. 95/09/0211). Dass diese Voraussetzungen bezüglich der angeführten Zeugen gegeben waren, ist jedenfalls in Bezug auf die beiden erstangeführten Zeugen nicht ersichtlich. Aus dem Umstand allein, dass diese Zeugen vor Verwaltungsbehörden bereits Aussagen bestimmten Inhaltes gemacht haben, durfte nämlich nicht der antizipierende Schluss gezogen werden, sie könnten bei der mündlichen Verhandlung vor dem belangten unabhängigen Verwaltungssenat nur neuerlich Aussagen desselben Inhaltes tätigen.

Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei dem Versuch der Ladung der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren beantragten Zeugen zu einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie bei der Einvernahme dieser Zeugen unter Stellung von Fragen an sie auch durch den Beschwerdeführer (§ 51g Abs. 2 VStG), die belangte Behörde zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. November 2000

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