VwGH 98/06/0149

VwGH98/06/014927.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der V Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. R und Dr. M, Rechtsanwälte in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. August 1996, Zl. 870.095/64-VI/12a-96, betreffend Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Tirol), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §62 Abs4;
BStG 1971 §18 Abs1;
BStG 1971 §20 Abs1;
VVG;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
AVG §62 Abs4;
BStG 1971 §18 Abs1;
BStG 1971 §20 Abs1;
VVG;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird - soweit er nicht bereits Gegenstand der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof war - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13. 010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Oktober 1994, LGBl. Nr. 811/1994, wurde auf Grund des § 4 Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 der Straßenverlauf eines Abschnittes der B 170 Brixentalstraße im Bereich der Gemeinde K wie folgt bestimmt:

"Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 22,56, führt zur Halbanschlussstelle K, verläuft in der Folge nördlich des Ortskernes von K, unterfährt die Bahnlinie der ÖBB Salzburg-Wörgl bei Bahnkilometer 165,265, überbrückt sodann die Aschauer Ache und bindet bei km 25,35 (alt)/km 25,285 (neu) wieder in den Bestand ein.

Im Einzelnen ist der Verlauf der neu herzustellenden Straßentrasse einschließlich der Rampen der Halbanschlussstelle K aus den beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, beim Amt der Tiroler Landesregierung sowie bei der Gemeinde K in Tirol aufliegenden Planunterlagen (Plannummer B 170.52-93/VO im Maßstab 1:1000 zu ersehen."

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. März 1996 wurde entschieden, dass für die Ausführung des der obzitierten Verordnung zu Grunde liegenden Projektes der Bundesstraßenverwaltung die Notwendigkeit der Enteignung der im Grundeinlösungsplan dargestellten, unter II dieses Bescheides angeführten Grundflächen gegeben sei. Diese Grundflächen würden zu Gunsten des öffentlichen Gutes, Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, für dauernd lastenfrei enteignet erklärt. Die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei gegen Notwendigkeit, Gegenstand und Umfang der Enteignung würden abgewiesen. Unter Punkt II dieses Bescheides "Entscheidung über die zu leistenden Entschädigungen - Beurkundung der Parteienerklärungen und Vereinbarungen", wurde die Entschädigung für die enteigneten Grundflächen der beschwerdeführenden Partei wie folgt festgesetzt:

"EZl. 207

GSt.Nr. 319/3 781 m2

GSt.Nr. 318/4 4815 m2 Freiland Entschädigung je m2 175,--

GSt.Nr. 187/1 4420 m2 davon

2085 m2 zu S 1.150,-- je Quadratmeter

Die Entschädigung für vorübergehende Beanspruchung werde nach Abschluss der Maßnahme festgesetzt.

Entschädigung für Betriebs-Werkstättengebäude-Zeitwert S 137.000,--."

Dabei ging die Behörde erster Instanz bei der Grundbewertung davon aus, nach dem derzeit gültigen Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Gemeinde seien sämtliche Beanspruchungsflächen der Beschwerdeführerin im Freiland gelegen. Teile der Beanspruchungsflächen seien höherwertig einzustufen. Die projektierte und nunmehr verordnete Straßentrasse verhindere eine bauliche Entwicklung entlang der derzeit vorhandenen Brixentalstraße B 170. Unter Einbeziehung der nunmehr unter Denkmalschutz gestellten "Eichenhalle" und ohne Berücksichtigung des verordneten Straßenbauprojektes sei ein Grundstreifen (Tiefe ca. 40 m) entlang der B 170 als hochwertige Freilandfläche einzustufen, ihr Wert solle vom örtlichen Baugrundwert abgeleitet werden. Dieser Wert könne maximal 50 % des Baugrundwertes betragen, das seien S 1.150,--/m2. Entsprechend dieser Abgrenzung ergäben sich bei dem Grundstück Nr. 187/1 Teilflächen von 1.400 m2 und 685 m2, sohin insgesamt 2085 m2 a S 1.150 m2 das ergäbe eine Entschädigung von S 2,397.750,--. Wertminderung: Im Bereich des Gasthauses J.T. sei eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 187/1 im Ausmaß von ca. 410 m2 von der Stammparzelle geländebedingt abgetrennt und sohin als Arrondierungsfläche (70 % der BG-Basis) einzustufen. Die verbleibende Restfläche zwischen Böschungsfuß und Beanspruchungsgrundgrenze im Ausmaß von 272 m2 sei "wie oben" zu bewerten:

"Wert VOR der Bauführung: 272 m2 a S 1.150,--/m2 S 312.800,--

410 m2 a S 805,--/m2 S 330.050,--

Gesamtwert I: S 642.850,--

Wert NACH der Bauführung: (max. Arrondierungswert 50 % der

BG-Basis)

272 m2 a S 575,--/m2 S 156.400,--

410 m2 a S 575,--/m2 S 235.750,--

Gesamtwert II: S 392.150,--

Wertminderung (Differenz von I und II): S 250.700,--

insgesamt (Grundbewertung und Wertminderung) S 2.784.450,--".

Eine Wertminderung hinsichtlich der Erhaltung der "Eichenhalle" sei aus Sicht des Sachverständigen nicht gegeben. Die Halle sei durch den überdachten Anbau für die allfälligen Instandsetzungsarbeiten (Zimmerer, Maler) rundum zugänglich; das heiße es sei kein messbarer Mehraufwand erkennbar. Weiters sei eine Erweiterung der Halle durch den Denkmalschutz unterbunden.

Nach Festsetzung der Leistungsfristen sowie der Nebenbestimmungen, Festsetzung der Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung und Rechtsmittelbelehrung führte die Bundesstraßenbehörde erster Instanz - soweit im Beschwerdefall von Bedeutung - begründend aus, die an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlungen hätten ergeben, dass zur Durchführung des der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zu Grunde liegenden Projektes der Bundesstraßenverwaltung die im Grundeinlösungsplan dargestellten Grundflächen benötigt würden. Die Voraussetzungen zur Enteignung seien daher gegeben. Die Festsetzung der auf Grund der Enteignung zu leistenden Entschädigungen sei nach Anhörung der zur Schätzung berufenen Sachverständigen, des Vertreters der Bundesstraßenverwaltung und der betroffenen Grundeigentümer erfolgt. Wie von der beschwerdeführenden Partei in ihren Einwendungen ausgeführt, sei sie mit der Grundbeanspruchung für das gegenständliche Projekt nicht einverstanden und spreche sich gegen die Enteignung aus, da die Voraussetzungen hiefür nicht gegeben seien, weil das Projekt in keiner Weise dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, der Umweltverträglichkeit und des Denkmalschutzes entspreche. Das Projekt sei widersinnig, weshalb dem Enteignungsantrag nicht stattgegeben werden dürfe. Damit habe die beschwerdeführende Partei im Einlöseverfahren jedoch nur Einwendungen vorgebracht, die in den Bereich der Verordnungsprüfung gehörten und dort abzuhandeln seien. Diese Einwendungen könnten daher nur als "Vorbereitung für eine Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof" gewertet werden. Es sei ständige Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes, dass Einwendungen wegen Notwendigkeit, Umfang und Wirtschaftlichkeit der Enteignung bei Vorliegen einer Verordnung keine Aussicht auf Erfolg hätten. Ein gegenteiliges Erkenntnis sei bislang nicht ergangen. Was die Festsetzung der Entschädigung betreffe, so sei diese auf Grund ausführlicher und auf Grund der angezogenen Unterlagen in allen Punkten nachvollziebarer Gutachten der Sachverständigen erfolgt. Was den Einwand bezüglich des Denkmalschutzes anlange, so sei die Behauptung, dass dem Projekt öffentliche Interessen des Denkmalschutzes entgegenstünden, akten- und tatsachenwidrig. Der Vertreter des Denkmalamtes, der über den Stand des Verfahrens informiert gewesen sei, habe klar zum Ausdruck gebracht, dass solche öffentlichen Interessen dem Projekt nicht entgegenstünden. Was den Antrag auf ein zusätzliches Gutachten des Amtssachverständigen betreffe, so sei dies abzulehnen gewesen, weil die dem Gutachten zu Grunde liegenden Fakten und Erhebungen das Ergebnis der Bewertung rechtfertigten. Auf Basis dieser Gutachten sei die Entschädigung festzusetzen gewesen.

Festzuhalten ist, dass die im Verwaltungsakt einliegende Urschrift (Konzept) dieses Bescheides ein Vordruck ist, der in dem hier interessierenden Punkt II lediglich die handschriftliche Ergänzung durch Angabe der Katastralgemeinde, in welcher die zu enteignenden Grundstücke liegen, und des Namens der beschwerdeführenden Partei enthält, und dessen Begründung lediglich in einem Inklusum "Gutachten OZl." ohne Nummerierung besteht.

Mit Bescheid vom 15. April 1996 "berichtigte" der Landeshauptmann von Tirol diesen Bescheid "gemäß § 62 Abs. 4 AVG" wie folgt:

"Im Abschnitt II auf Seite 2 bei Einlagezahl 207 hat der Bescheid zu lauten:

GSt.Nr. 319/3 781 m2

GSt.Nr. 318/4 4590 m2 Freiland Entschädigung je m2 175,--

GSt.Nr. 187/1 2245 m2

7616 m2 a S 175,-- ..................S 1,332,800

zusätzlich:

Entschädigung für Wertminderung der Restfläche

GSt.Nr. 187/1 S 126.875,--

Entschädigung für Wertminderung der Restfläche

GSt.Nr. 318/4 S 199.500,--.

Weiters haben die Entschädigungssummen auf Seite 2 und 3 wie

folgt zu lauten:

GSt.Nr. 187/1 1045 m2 x S 1150,--/m2 S 1.201.750,--

1130 m2 x S 1610,--/m2 S 1.819.300,--

Wertminderung der Restfläche

S 352.210,--

GSt.Nr. 318/4 35 m2 Abstandsfläche

zu S 1610,--/m2 S 56.350,--

190 m2 Werkstättenfläche zu S 1150,--/m2 S 218.500,--

Gebäudezeitwert Werkstättengebäude S 196.000,--

Wertminderung Restfläche Werkstättengebäude S 312.975,--

Räumung Werkstätte Pauschal S 10.000,--

Zeitwert Kranbahn Pauschal S 20.000,--

insgesamt S 5.846.260,--."

Begründet wurde dieser Berichtigungsbescheid damit, dass gemäß § 62 Abs. 4 AVG Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten von der Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigt werden könnten. Nachdem bei der Ausfertigung des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. März 1996 offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten unterlaufen seien, sei im vorliegenden Fall daher die Berichtigung "dem Ergebnis der Sachverständigengutachten entsprechend" vorzunehmen gewesen.

Dieser Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei zweimal, nämlich einmal am 17. April 1996 und ein weiteres Mal am 23. April 1996 - offensichtlich irrtümlich -, zugestellt. Eine weitere Berichtigung ist nicht erfolgt.

Gegen den Bescheid vom 11. März 1996 und "die beiden" Berichtigungsbescheide vom 15. April 1996 erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Die Berufungsbehörde führte am 1. August 1996 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in deren Verlauf die beschwerdeführende Partei u.a. den Antrag auf Restgrundeinlösung und Gebäudeablöse stellte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. März 1996 und vom 15. April 1996 gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit den §§ 17 ff BStG 1971 ab und - insoweit sich die Berufung gegen die Höhe der zuerkannten Entschädigung richte - gemäß § 20 Abs. 3 BStG 1971 zurück, den in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 1. August 1996 gestellten Antrag auf Restgrundeinlöse gemäß § 18 Abs. 1 BStG ab und den ebenfalls dort gestellten Antrag auf Gebäudeablöse zurück. Weiters wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung in der geltend gemachten Höhe gemäß § 7 Abs. 3 EEG abgewiesen. (In diesem Umfange wurde der angefochtene Bescheid bereits durch das oben genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998 aufgehoben).

Nach Darlegung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde begründend zunächst zur Frage der Zulässigkeit des bekämpften Berichtigungsbescheides aus, gemäß § 62 Abs. 4 AVG könne die Behörde die Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern oder anderen offenbar auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen vornehmen. Nachdem bei der Ausfertigung des Bescheides vom 11. März 1996 offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten unterlaufen seien, sei im vorliegenden Fall die Berichtigung dem Ergebnis der Sachverständigengutachten entsprechend vorzunehmen gewesen. Somit sei das Rechtsinstrument des § 62 Abs. 4 AVG "zweifelsohne zulässig" gewesen.

Insoweit sich die beschwerdeführende Partei gegen die Höhe der zuerkannten Entschädigung wende, werde auf § 20 Abs. 3 BStG 1971 verwiesen, wonach eine Berufung bezüglich der Höhe der im Verwaltungswege zuerkannten Entschädigung unzulässig sei. Der Beschwerdeführerin stehe es nach dieser Gesetzesbestimmung frei, binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht zu begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befinde. Somit wäre die Beschwerdeführerin im Hinblick auf Fragen der Enteignungsentschädigung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Hinsichtlich der Ausführungen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, dem Gegenstand und Umfang der Enteignung werde auf die dem Rechtsbestand angehörende Verordnung BGBl. Nr. 811/1994 sowie auf die Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 1. August 1996 verwiesen. (Diese hatte die belangte Behörde zuvor schon wörtlich wiedergegeben.) Die Trassenverordnung beinhalte eindeutig - sogar wörtlich - die von der beschwerdeführenden Partei bekämpften Zu- und Abfahrtsrampen für die Halbanschlussstelle K im Bereich der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften. Bemerkt werde, dass die Bundesstraßenbehörde - wie jede andere Behörde - an die dem Rechtsbestand angehörenden Verordnungen gebunden sei.

Zu den weiteren in der Berufungsverhandlung gestellten Anträgen auf Restgrund- bzw. Gebäudeinlöse wurde von der belangten Behörde unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 BStG 1971 ausgeführt, der am 1. August 1996 durchgeführte Augenschein habe ergeben, dass die antragsgegenständlichen Flächen "derzeit" überhaupt nicht genutzt würden, irgendwelche in der Zukunft beabsichtigte Nutzungsmöglichkeiten seien aber nicht zu berücksichtigen. Der Antrag auf Gebäudeablöse sei zurückzuweisen gewesen, da diesem Entschädigungsfragen zu Grunde lägen, die nach § 20 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren nicht zu beurteilen seien. (Der Rest der Begründung bezieht sich auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr relevante Frage einer Pauschalvergütung für rechtsfreundliche Vertretung.)

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihn im Umfange der Abweisung der Berufung gegen die zuerkannte Pauschalvergütung zur Abgeltung von Aufwendungen gemäß § 7 Abs. 3 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71 idF des Strukturanpassungsgesetzes BGBl. Nr. 297/1995, mit Erkenntnis vom 24. Juni 1998, B 3114/96, V 107/96-19, aufhob, im Übrigen aber die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In ihrer Beschwerdeergänzung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, insbesondere in Hinblick auf die erfolgte "Berichtigung" sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Begründungsmängeln.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Zutreffend rügt die Beschwerdeführerin zunächst, dass sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde es unterlassen hätten, die Zulässigkeit einer Berichtigung im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG entsprechend zu begründen.

§ 62 Abs. 4 AVG lautet:

"Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden kann die Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigen."

Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist.

Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können. Mithin sind insbesondere solche Unrichtigkeiten einer Berichtigung zugänglich, die darin bestehen, dass der tatsächliche Inhalt des Spruches des Bescheides von dem in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt abweicht und den von der Behörde ihrem Bescheid offensichtlich zugrundegelegten Gedanken unrichtig wiedergibt, also Fehler, die erkennbar nicht der behördlichen Willensbildung selbst, sondern alleine ihrer Mitteilung anhaften. Eine Berichtigung im Sinne des § 62 Abs 4 AVG ist hingegen überall dort ausgeschlossen, wo sie eine nachträgliche Änderung des Spruchinhalts des berichtigten Bescheides oder die Sanierung eines unterlaufenen Begründungsmangels bewirkt. Fehler der Beweiswürdigung, der rechtlichen Beurteilung oder der Begründung eines Bescheides (Behebung eines Begründungsmangels ) sind somit einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG nicht zugänglich (siehe dazu beispielsweise die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, in E 2 und 3 zu § 62 Abs. 4 AVG wiedergegebene Judikatur, sowie das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/06/0160). § 62 Abs 4 AVG hat daher in jenen Fällen keine Anwendung zu finden, in denen die erkennende Behörde einem inhaltlichen Fehler unterlegen ist. Im Beschwerdefall kann aber nicht gesagt werden, ob überhaupt eine "einem Schreib- oder Rechenfehler gleichzuhaltende", offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit und nicht etwa ein nicht berichtigungsfähiger inhaltlicher Irrtum vorgelegen ist. Dass eine solche Unrichtigkeit dennoch vorgelegen sei, hätte die belangte Behörde aber zu begründen gehabt. Worin diese Unrichtigkeit gelegen sein soll, ergibt sich aus der Begründung des Berichtigungsbescheides vom 15. April 1996 jedenfalls nicht.

Ferner übernimmt die belangte Behörde zwar in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Behauptung der Behörde erster Instanz, dass die von dieser Behörde angenommene fehlerhafte Entscheidung auf einem "offenkundigen Irrtum" beruhe, beide Behörden haben es aber weiters unterlassen zu begründen, weshalb der angenommene Irrtum - falls ein solcher im Sinne des Gesetzes überhaupt vorgelegen sein sollte - ein "offenkundiger" sei, weil die Begründung der Verwaltungsbescheide in Bezug auf die vorgenommene Berichtigung sich im Wesentlichen im Wortlaut der bezogenen Gesetzesbestimmung erschöpfen.

Der beschwerdeführenden Partei ist auch darin zuzustimmen, dass die belangte Behörde zu Unrecht den von ihr bereits in der Berufung gerügten Mangel einer ausreichenden und nachvollziehbaren inhaltlichen Begründung der bekämpften erstinstanzlichen Bescheide nicht aufgegriffen hat. Insoweit leidet der angefochtene Bescheid noch an weiteren Begründungsmängeln:

§ 20 BStG 1971, in der Fassung BGBl. Nr. 159/1990, bestimmt:

"(1) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung entscheidet der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde (§ 32) unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, in der geltenden Fassung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Kommen hiebei Eisenbahngrundstücke in Betracht, so ist im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr als Eisenbahnbehörde vorzugehen.

(2) Der Enteignungsbescheid hat zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten. Diese ist auf Grund der Schätzung beeideter unparteiischer Sachverständiger unter Beobachtung der in den §§ 4 bis 8 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, aufgestellten Grundsätze zu ermitteln.

(3) Gegen die Entscheidung des Landeshauptmannes über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung ist die Berufung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zulässig. Eine Berufung bezüglich der Höhe der im Verwaltungswege zuerkannten Entschädigung ist unzulässig. Doch steht es jedem der beiden Teile frei, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht zu begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Mit Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung kann ohne Zustimmung des Antragsgegners nicht zurückgenommen werden. Bei Zurücknahme des Antrages gilt der im Enteignungsbescheid bestimmte Entschädigungsbetrag als vereinbart."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1984, Zl. 82/06/0014, sowie vom 13. Juni 1985, Zlen. 85/06/0032, 0033) muss sich der Umfang der Enteignung aus dem Spruch des Enteignungsbescheides klar entnehmen lassen; handelt es sich nur um Grundstücksteile, dann muss dies durch den Bezug auf einen angeschlossenen oder zumindest dem Enteignungsverfahren zu Grunde liegenden, näher bezeichneten Plan geschehen. Dies haben die Verwaltungsbehörden unter Bezugnahme auf den vorliegenden Grundeinlöseplan getan. Dennoch geht aus dem Bescheid der Behörde erster Instanz nicht hervor, ob bzw. welche der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Teilflächen Gegenstand der Restgrundeinlösung sein sollten, weil nach der insoweit auch nach der erfolgten "Berichtigung" gleich gebliebenen Begründung eine Stattgebung der diesbezüglichen Anträge der Beschwerdeführerin mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn begründet wurde und auch die belangte Behörde in ihrem Bescheid noch vom Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Restgrundeinlöse der verbleibenden Liegenschaftsteile ausgeht.

Auch die Berechnungsgrundlagen der Bewertungen differieren in beiden Bescheidversionen, ohne dass der Grund hierfür erkennbar wäre.

Zwar liegt ein Begründungsmangel eines Bescheides nicht bereits dann vor, wenn die Behörde lediglich ausführt, dass das Gutachten, das ihr als Entscheidungsgrundlage gedient hat, schlüssig, widerspruchsfrei und den Denkgesetzen entsprechend sei, ohne selbst näher darzutun, woraus sich diese Schlüssigkeit ergebe, doch muss das entscheidungswesentliche Gutachten tatsächlich schlüssig und nachvollziehbar sein. Nur in diesem Falle kann der Hinweis in der Begründung des bekämpften Bescheides darauf im Einzelfall ausreichen. Die Begründung des von der belangten Behörde bestätigten "berichtigten" Bescheides bezieht sich nur auf ein von mehreren voneinander abweichenden Gutachten, enthält aber keinerlei Auseinandersetzung mit den - nicht einmal nach Datum, Name des Gutachters oder Ordnungszahl spezifizierten - Gutachten der Sachverständigen und lässt daher jede wertende Beurteilung dieser Gutachten vermissen; auch der angefochtene Bescheid enthält keine Ausführungen dahingehend, dass sich die Berufungsbehörde hinsichtlich der Wertung der Sachverständigengutachten den Ausführungen der Behörde erster Instanz anschließt.

Zur Frage der Einbeziehung der begehrten Restgrundeinlöse in das Verfahren über die Enteignung ist auf § 18 Abs. 1 BStG 1971 zu verweisen, wonach dem Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile Schadloshaltung (§ 1323 ABGB) gebührt. Bei Bemessung der Entschädigung hat jedoch der Wert der besonderen Vorliebe und die Werterhöhung außer Betracht zu bleiben, den die Liegenschaft durch die straßenbauliche Maßnahme erfährt. Hingegen ist auf die Verminderung des Wertes eines etwa verbleibenden Grundstücksrestes Rücksicht zu nehmen. Ist dieser Grundstücksrest unter Berücksichtigung seiner bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so ist auf Verlangen des Eigentümers das Ganze Grundstück einzulösen. Bei Beurteilung dieser Voraussetzungen für eine Restgrundeinlösung genügt es keinesfalls, die Frage der Nutzung gerade in Hinblick auf die lange Dauer des Verfahrens auf den Zeitpunkt eines im Laufe des Berufungsverfahrens abgehaltenen Lokalaugenscheins abzustellen. Als ein nicht mehr zweckmäßig nutzbarer Grundstücksrest iSd § 18 Abs 1 BStG 1971 ist eine nach einer Teilenteignung verbleibende Grundfläche anzusehen, die durch die Zwangsabtretung in ihrer Gestalt und Größe so verändert wurde, dass sie ihrem ursprünglichen Zweck, sei es infolge des geringen Ausmaßes oder einer die bisherige Nutzung erheblich beeinträchtigenden ungünstigen Konfiguration des Restgrundes, aber auch durch dessen Abschneidung von einer ausreichenden Verkehrsverbindung, nicht mehr zu dienen geeignet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1990, Zl. 87/17/0176, VwSlg 13273 A/1990). Damit erweist sich aber auch die in diesem Zusammenhang gegebene Begründung der belangten Behörde als nicht ausreichend.

Daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid an Begründungsmängeln leidet, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Bereits aus diesem Grund war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil vom Verwaltungsgerichtshof lediglich die Pauschalgebühr für Schriftsatzaufwand betreffend die an ihn gerichtete Beschwerde sowie den Ersatz der zu entrichtenden Bundesstempelmarken im gesetzlich erforderlichen Ausmaß zuerkannt werden kann.

Wien, am 27. April 2000

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