Normen
AufwandersatzV UVS 1995 §1;
AVG §79a Abs1;
AVG §79a Abs7 idF 1995/471;
VwGG §48 Abs2 Z2;
VwGG §49 Abs2;
VwGG §52 Abs1;
AufwandersatzV UVS 1995 §1;
AVG §79a Abs1;
AVG §79a Abs7 idF 1995/471;
VwGG §48 Abs2 Z2;
VwGG §49 Abs2;
VwGG §52 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über den Aufwandersatz insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als das Mehrbegehren des Bundes betreffend den Ersatz des (weiteren) Schriftsatzaufwandes von S 2.800,-- abgewiesen wurde.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Begehrens auf Ersatz eines (weiteren) Vorlageaufwandes von S 565,-- und eines (weiteren) Verhandlungsaufwandes von S 3.500,-- richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
Begründung
Aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:
Am 17. April 1996 versuchten fünf Beamte der Bundespolizeidirektion Wien den Beschluss betreffend die Einziehung des Waffenpasses und die Abnahme einer allfälligen Faustfeuerwaffe gegenüber P. in der Wohnung der erstmitbeteiligten Partei zu vollstrecken. Über Anläuten öffnete die Erstmitbeteiligte die Tür so weit, dass ein Betreten der Wohnung ohne Überwindung eines Widerstandes möglich war. Die Beamten betraten die Wohnung und wurden von der Erstmitbeteiligten daran nicht gehindert. Als einer der Beamten die Erstmitbeteiligte nach ihrem Gatten P. befragte, begann diese zu schreien und zu toben. In diesem Moment stürzte der Zweitmitbeteiligte aus einem anderen Raum kommend mit erhobenen Händen auf die Beamten zu. Zur Sicherung der Amtshandlung und Sicherung der einschreitenden Personen wurde von den uniformierten Beamten die Dienstwaffe in gesichertem Zustand gegen den Zweitmitbeteiligten gerichtet. Der Zweitmitbeteiligte wurde gepackt, an die Wand des Vorraumes gestellt und visitiert. Nach Feststellung der Identität des Zweitmitbeteiligten wurden die Beamten von der Erstmitbeteiligten aufgefordert, die Wohnung zu verlassen, welcher Aufforderung sie nachkamen.
In der an den unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Wien (die belangte Behörde) gerichteten Beschwerde gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 (§ 67c) AVG brachten die Mitbeteiligten vor, dass die Erstmitbeteiligte durch das Betreten ihrer Wohnung und der Zweitmitbeteiligte durch seine Anhaltung, die Personendurchsuchung und die Identitätsfeststellung in ihren Rechten verletzt worden seien. Diese Beschwerde wurde von der belangten Behörde zu den Zlen. UVS-02/12/00083/96 (betreffend die Erstmitbeteiligte) und UVS-02/12/00084/96 (betreffend den Zweitmitbeteiligten) protokolliert.
Die Bundespolizeidirektion Wien legte über Aufforderung der belangten Behörde - unter Hinweis, dass hinsichtlich beider Mitbeteiligter nur ein Akt geführt werde - den Verwaltungsakt vor und erstattete hinsichtlich jedes Mitbeteiligten eine Gegenschrift. Die beiden Gegenschriften sind im Wesentlichen inhaltsgleich und nehmen sowohl zu den die Erstmitbeteiligte als auch zu den den Zweitmitbeteiligten betreffenden Vorwürfen Stellung.
Am 9. Jänner 1997 führte die belangte Behörde über die Beschwerde der beiden Mitbeteiligten eine Verhandlung durch, bei der auch ein Vertreter der Bundespolizeidirektion Wien anwesend war.
Mit dem am 17. Jänner 1997 verkündeten Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerde, soweit sie von der Erstmitbeteiligten erhoben wurde, hinsichtlich des Betretens der Wohnung mangels Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt als unzulässig und hinsichtlich des nachträglich geltend gemachten Beschwerdepunktes "keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterzogen zu werden" als verspätet zurückgewiesen. Soweit sich die Beschwerde gegen die Anhaltung, die Personendurchsuchung und die Identitätsfeststellung des Zweitmitbeteiligten richtete, wurde sie als unbegründet abgewiesen, weil die Anhaltung und Personendurchsuchung zur Abwehr eines von diesem Mitbeteiligten ausgehenden gefährlichen Angriffes erforderlich gewesen und daher auch die Voraussetzungen für die Identitätsfeststellung vorgelegen seien.
Weiters wurde gemäß § 79a AVG ausgesprochen, dass die Mitbeteiligten dem Bund als Rechtsträger der Bundespolizeidirektion Wien Kosten in der Höhe von S 6.865,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen hätten. Das Kostenmehrbegehren wurde abgewiesen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz hat die belangte Behörde wie folgt begründet:
Die Bundespolizeidirektion Wien (der Bund) habe als obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz des Vorlageaufwandes in der Höhe von S 565,--, des Schriftsatzaufwandes in der Höhe von S 2.800,-- und des Verhandlungsaufwandes in der Höhe von S 3.500,--. (Aus der Nennung des Gesamtbetrages von S 6.865,-- im Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt sich im Zusammenhang mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995, dass es sich bei der Anführung des Betrages von S 3.000,-- für den Verhandlungsaufwand in der Begründung des angefochtenen Bescheides um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt.) Das Begehren auf Ersatz eines weiteren Vorlageaufwandes sei abgewiesen worden, weil die Bundespolizeidirektion Wien nur einen Verwaltungsakt vorgelegt habe. Da die hinsichtlich der beiden Mitbeteiligten erstatteten Gegenschriften "ident" seien und nur eine Verhandlung stattgefunden habe, könne weder ein weiterer Schriftsatzaufwand noch ein weiterer Vorlageaufwand zugesprochen werden.
Über die gegen diese Kostenentscheidung gerichtete Beschwerde des Bundes hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 79a Abs. 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen, wozu gemäß Abs. 4 Z. 3 dieser Bestimmung auch ein Pauschbetrag für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand zählt. Nach § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS beträgt im Fall des Obsiegens der belangten Behörde im Verfahren vor dem UVS der Pauschbetrag für den Vorlageaufwand S 565,-- (Z. 3), für den Schriftsatzaufwand S 2.800,-- (Z. 4) und für den Verhandlungsaufwand S 3.500,-- (Z. 5).
Nach § 79a Abs. 7 AVG gelten die §§ 52 bis 54 VwGG auch für den Aufwandersatz im Verfahren über Beschwerden nach § 67c AVG vor dem UVS.
Nach § 52 Abs. 1 VwGG ist im Fall des Anfechtung mehrerer Verwaltungsakte durch einen oder mehrere Beschwerdeführer in einer Beschwerde die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre.
Vorliegend wurde über die an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde nur eine Verhandlung durchgeführt. In einem derartigen Fall gebührt der im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat belangten Behörde jedenfalls nur der einfache Verhandlungsaufwand, ohne dass es auf die Anzahl des bekämpften Verwaltungsakte ankommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/01/0630).
Gleiches gilt für den Vorlageaufwand, weil von der Bundespolizeidirektion Wien im Verfahren vor der belangten Behörde unstrittig für beide Mitbeteiligte nur ein Verwaltungsakt vorgelegt worden ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtshofsbarkeit3, S. 698 unten/ S. 699 oben zitierte hg. Judikatur zu § 49 Abs. 2 VwGG, welche wegen der analogen Ausgangslage auch hier maßgeblich ist).
Hingegen kann aus dem Umstand, dass die von der Bundespolizeidirektion Wien im Verfahren vor der belangten Behörde erstatteten Gegenschriften im Wesentlichen inhaltsgleich sind, nicht darauf geschlossen werden, dass der Ersatz für den Schriftsatzaufwand jedenfalls nur einmal gebührt, gehen diese Gegenschriften doch auf die von den beiden Mitbeteiligten erhobenen Vorwürfe jeweils gesondert ein (vgl. die bei Dolp, a.a.O. Seite 692 wiedergegebene hg. Judikatur). Für die zu lösende Frage, ob dem Bund hinsichtlich jedes Mitbeteiligten ein gesonderter Anspruch auf Schriftsatzaufwand zusteht, kommt es daher gemäß § 79a Abs. 7 AVG iVm § 52 Abs. 1 VwGG darauf an, ob es sich bei den zu Grunde liegenden Amtshandlungen (Betreten der Wohnung der Erstmitbeteiligten und Maßnahmen gegen den Zweitmitbeteiligten) um einen Verwaltungsakt im Sinn der genannten gesetzlichen Bestimmungen handelte oder ob mehrere getrennt zu behandelnde Verwaltungsakte vorlagen.
Besteht eine Amtshandlung aus mehreren selbstständigen Akten, so liegt nicht nur "ein Verwaltungsakt" vor. So hat der Verwaltungsgerichtshof eine Hausdurchsuchung und eine zum Zweck der gefahrlosen Abwicklung dieser Hausdurchsuchung durchgeführte Personendurchsuchung eines der beiden Wohnungsinhaber aufgrund des unterschiedlichen Zweckes (Personendurchsuchung: Sicherung der einschreitenden Beamten; Hausdurchsuchung: Suche nach Suchtgift) als für die Frage des Aufwandersatzes getrennt zu behandelnde Verwaltungsakte qualifiziert (Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 94/01/0714).
Im vorliegenden Fall sollte das Betreten der Wohnung der Erstmitbeteiligten dem Vollzug eines gegen deren Gatten gerichteten waffenrechtlichen Bescheides dienen. Die Maßnahmen gegen den Zweitmitbeteiligten dienten der Abwehr eines von diesem ausgehenden gefährlichen Angriffs. Im Sinn der obigen Judikatur handelt es sich auch hiebei zweifellos um getrennt zu behandelnde Verwaltungsakte.
Die belangte Behörde hat dem Bund daher zwar zu Recht den Verhandlungsaufwand von S 3.500,-- und den Vorlageaufwand von S 565,-- insgesamt nur einmal zugesprochen; insoweit sie jedoch auch den Ersatz für den Schriftsatzaufwand nur in der einfachen Höhe von S 2.800,-- zugesprochen hat, hat sie die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher, insoweit damit das den Ersatz eines (weiteren) Schriftsatzaufwandes in der Höhe von S 2.800,-- betreffende Mehrbegehren an Aufwandersatz abgewiesen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Das Aufwandersatzbegehren der mitbeteiligten Parteien war abzuweisen, weil Mitbeteiligte gemäß § 47 Abs. 3 zweiter Halbsatz VwGG nur im Fall des Obsiegens der belangten Behörde als obsiegende Parteien anzusehen sind. Da jedoch die vorliegende Beschwerde teilweise Erfolg hatte, ist die belangte Behörde - und daher auch die Mitbeteiligten - gemäß § 50 VwGG nicht als obsiegend anzusehen.
Wien, am 22. März 2000
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