VwGH 96/21/0919

VwGH96/21/091924.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des S in Hallein, geboren am 1. Jänner 1956, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 9. September 1996, Zl. UVS-5/694/2-1996, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VStG §44a Z1;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 5. Juli 1996 wurde der Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) belegt, wobei als übertretene Verwaltungsvorschrift § 82 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, zitiert wurde. Die dem Beschwerdeführer angelastete Tat wurde in der Weise umschrieben, dass er sich zumindest am 10. November 1994 in Hallein als Fremder nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe (§ 15 FrG), weil er weder eine Aufenthaltsbewilligung besitze noch einen Sichtvermerk.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. September 1996 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe, dass die Worte "weder eine Aufenthaltsbewilligung besitzen noch einen Sichtvermerk" durch die Worte "keinen Sichtvermerk besitzen" zu ersetzen seien.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer bestreite nicht, dass er zum Tatzeitpunkt weder über eine Aufenthaltsbewilligung noch über einen Sichtvermerk verfügt habe. Sein Hinweis auf den Assoziationsratsbeschluss zwischen der Türkei und dem "EWR" betreffe lediglich die Anwendbarkeit des Aufenthaltsgesetzes in der Form, dass die in Frage kommenden Staatsbürger nicht dem Aufenthaltsgesetz unterlägen. Demnach bedürfte es bezüglich des legalen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich zwar möglicherweise keiner Aufenthaltsbewilligung, jedenfalls aber eines Sichtvermerks. Da unbestrittenermaßen kein Sichtvermerk bezüglich der Tatzeit vorliege, sei der Schuldspruch der Erstinstanz "mit der gebotenen Präzisierung" zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG begeht, wer sich nicht rechtmäßig

im Bundesgebiet aufhält (§ 15), eine Verwaltungsübertretung und ist

mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen.

§ 15 FrG lautet:

"Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder

2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder

3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zukommt."

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese muss also im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Dabei ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11.466/A).

Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der in § 15 Abs. 1 (Z. 1 bis 3) leg. cit. angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist. Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthalts aus der Verneinung bloß eines Teils der in § 15 Abs. 1 FrG genannten drei alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts steht mit dem Gesetz nicht im Einklang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 94/18/0396, mwN).

Nach der von der belangten Behörde vorgenommenen Maßgabebestätigung lautet die umschriebene Tat, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, weil er keinen Sichtvermerk besitze. Damit werden die oben genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts von Fremden im Inland nur zum Teil verneint, weshalb aus dieser Tatumschreibung eine Subsumtion unter den zur Last gelegten Tatbestand nicht zulässig ist und der Spruch gegen § 44a Z. 1 VStG verstößt (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis vom 18. Jänner 2000).

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Beilage einer Bescheidausfertigung zur dreifach eingebrachten Beschwerde (insgesamt somit S 390,-- Stempelgebühren) gereicht hätte.

Wien, am 24. März 2000

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