VwGH 95/03/0145

VwGH95/03/014526.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des J K in G, vertreten durch Dr. Hanspeter Pausch, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 13/3, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 17. September 1993, Zl. 244.503/1-II/4/93, betreffend Konzession nach dem Kraftfahrliniengesetz (mitbeteiligte Partei: G-Gesellschaft m.b.H., Graz, K-Gasse 41), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §8;
GewO 1994 §40 impl;
KflG 1952 §10 Abs2;
KflG 1952 §10 Abs3;
KflG 1952 §4 Abs1 Z5 litb;
KflG 1952 §6 Abs1;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §8;
GewO 1994 §40 impl;
KflG 1952 §10 Abs2;
KflG 1952 §10 Abs3;
KflG 1952 §4 Abs1 Z5 litb;
KflG 1952 §6 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Ansuchen vom 28. Mai 1991 habe der Beschwerdeführer die Erweiterung der von ihm betriebenen Kraftfahrlinie Gleinstätten - St.Martin i.S., Ort - Bahnhof Bergla, um die Strecke: Sulzhof, Abzweigung (Einmündung der Gemeindestraße aus Pistorf bzw. Großöden in die L 637) - Sulzhof, Abzweigung Otternitz - L 637 - Dornach, Abzweigung - L 637 - Gleinstätten, Sulmtalerhof - Gleinstätten, Volksschule, beantragt. Diesem Ansuchen sei vom Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 3. Jänner 1992 stattgegeben worden. Auf Grund der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung der mitbeteiligten Partei habe der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr den genannten Bescheid behoben und die Angelegenheit nach § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuerlichen Bescheides an den Landeshauptmann von Steiermark zurückverwiesen. Auf Grund der neuerlichen Ermittlungen habe der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 26. Februar 1993 den genannten Antrag gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b und c des Kraftfahrliniengesetzes 1952, BGBl. Nr. 84 (im Folgenden: KflG), abgewiesen.

Die gegen den zuletzt genannten Bescheid vom 26. Februar 1993 gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wies der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b KflG ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Eine Gefährdung der Erfüllung von Verkehrsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b leg. cit. liege dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmer in der Führung seiner Linie einschneidend beeinträchtigt wäre, im Allgemeinen also dann, wenn er einen, die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmeausfall erleide. Im Beschwerdefall habe die mitbeteiligte Partei einen derartigen Einnahmeausfall hinsichtlich ihrer Kraftfahrlinie "Gleinstätten - St. Florian (Fplb. Nr. 8845)" wie folgt geltend gemacht:

"Da das einnahmerelevante Fahrgastaufkommen fast ausschließlich im gegenständlichen Streckenabschnitt stattfindet, beziffern wir den im Falle der Erteilung der von Herrn K beantragten Konzession zu erwartenden Einnahmeausfall auf unserer Kraftfahrlinie 8845 mit ca. S 40.000,-- bei Gesamteinnahmen von S 60.000,--, wie wir ihn schon zu GZ: 11-65 K 4-91/1 bekannt gegeben haben. Bei einem Wegfall von Einnahmen in der Größenordnung von 60 bis 70 % der Gesamteinnahmen dieser Linie ist die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch unser Unternehmen auf dieser Linie ernsthaft gefährdet, wenn nicht überhaupt in Frage gestellt."

Bei einer im Jahr 1992 (nach Ausweis des Aktes bei der Erstbehörde) abgehaltenen "Bürobesprechung" sei "kein Konsens" zu erzielen gewesen; die mitbeteiligte Partei habe die besagten Angaben bestätigt, der Beschwerdeführer habe die Offenlegung von im Zusammenhang mit der Linie der mitbeteiligten Partei getroffenen privatwirtschaftlichen Vereinbarungen mit Dritten verlangt. Sowohl diese Vereinbarungen mit einem "Auftragsunternehmen" wie auch allfällige staatliche Subventionen seien jedoch nicht Gegenstand einer kraftfahrlinienrechtlichen Entscheidung, vielmehr wäre seitens des Beschwerdeführers die Behauptung der mitbeteiligten Partei, dass auf der Strecke "Gleinstätten - Sulzhof Abzw." durch Hinzutreten einer weiteren Linie für die bereits bestehenden Linien ein Einnahmeverlust von 60 bis 70 % zu befürchten wäre, zu entkräften gewesen. Dies sei dem Beschwerdeführer in seiner "Gegenäußerung" vom 1. September 1992 nicht gelungen, in seiner Berufung gegen den Erstbescheid sei er auf diese Frage überhaupt nicht mehr eingegangen. Weiters könne die belangte Behörde - aus im angefochtenen Bescheid näher ausgeführten Überlegungen - der Meinung des Beschwerdeführers, die beantragte Erweiterung sei mit einem Teil der Linie 8845 der mitbeteiligten Partei nicht ident, nicht folgen, vielmehr falle die gesamte beantragte Erweiterung in den Verkehrsbereich der genannten Linie.

Hinsichtlich des Fahrplanes sei anzumerken, dass weder das erste noch das ergänzende Ermittlungsverfahren Hinweise dafür ergeben hätten, dass auf dieser Strecke ein unbefriedigtes, d.h. zusätzliches Verkehrsbedürfnis bestehen würde, welches die Errichtung einer weiteren Linie angezeigt erscheinen lassen würde. Vielmehr sei der Fahrplan - wie im angefochtenen Bescheid näher ausgeführt - den tatsächlichen Bedürfnissen und den existenten Verkehrsverhältnissen angepasst, zumal auch der Konzessionsbehörde keinerlei Beschwerden bekannt geworden seien.

Die Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen oder Nicht-Vorliegen des Ausschließungsgrundes nach § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b KflG ergäben sich aus den Ermittlungen und Feststellungen über den Fahrgastausfall, der im Bereich einer konzessionierten Linie durch die Erteilung einer neuen Kraftfahrlinienkonzession zu erwarten sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der diese - nach Ablehnung ihrer Behandlung - dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 6. März 1995, B 1845/93). Vor dem Verwaltungsgerichtshof machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragten.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 4 Abs. 1 KflG lautet auszugsweise:

"§ 4. (1) Die Konzession kann erteilt werden, wenn:

...

5. das Unternehmen auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschlussgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

...

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist".

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, liegt eine Gefährdung der Erfüllung von Verkehrsaufgaben im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b KflG nur dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seiner Linien einschneidend beeinträchtigt wird, im Allgemeinen also dann, wenn er einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmeausfall erleidet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 95/03/0228, mwH). Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Ausschließungsgrundes gemäß der genannten Regelung ergeben sich nach der hg. Rechtsprechung aus Ermittlungen und Feststellungen über den Fahrgastausfall, der im Bereich einer konzessionierten Linie durch die Erteilung einer neuen Kraftfahrlinienkonzession zu erwarten ist (vgl. das Erkenntnis vom 15. Juni 1994, Zl. 92/03/0082, mwH).

2. Die belangte Behörde hat ihrer diesbezüglichen Beurteilung die oben unter Pkt. I.1. wiedergegebene Stellungnahme der mitbeteiligten Partei zugrunde gelegt. In dieser Stellungnahme wird wohl ein bei Bewilligung des Antrages des Beschwerdeführers von der mitbeteiligten Partei erwarteter Einnahmenausfall beziffert und in Relation zu den ebenfalls dort bezifferten Gesamteinnahmen gestellt, in dieser Stellungnahme werden jedoch irgendwelche konkrete Zahlen, wie viele Fahrgäste von dem Vorhaben betroffen seien und wie viele Fahrgäste durch die Genehmigung der vom Beschwerdeführer beantragten Erweiterung der von ihm betriebenen Kraftfahrlinie verloren gingen, nicht genannt. Weiters handelt es sich bei der aus der besagten Stellungnahme ersichtlichen Annahme, die Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Konzession zöge einen "Wegfall von Einnahmen in der Größenordnung von 60 bis 70 % der Gesamteinnahmen" auf der von der mitbeteiligten Partei betriebenen Linie nach sich, um eine bloße Behauptung, lässt sich doch dieser Stellungnahme in keiner Weise entnehmen, weswegen der Einnahmeentfall gerade in der Höhe des angegebenen Prozentsatzes anzunehmen sei. Damit fehlt im angefochtenen Bescheid aber eine objektive Grundlage, die die von der Behörde angenommene Betriebseinbuße der mitbeteiligten Partei nachvollziehbar machen würde. Um eine solche Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, wäre es erforderlich gewesen, die von der mitbeteiligten Partei stammenden besagten Angaben betreffend die Höhe der Gesamteinnahmen bzw. den befürchteten Einnahmenausfall - wie aufgezeigt - auf die vom vorliegenden Antrag berührte Anzahl von Fahrgästen zurückführbar darzustellen und die Umstände aufzuzeigen, auf die sich die Annahme des genannten Prozentsatzes betreffend den Einnahmenentfall stützt. Die Behörde hat es unterlassen, die mitbeteiligte Partei aufzufordern, ihre in Rede stehende Stellungnahme in dem eben genannten Sinn zu ergänzen.

Nach dem Gesagten ist somit die Begründung des angefochtenen Bescheides im relevanten Ausmaß mangelhaft und der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben ist.

3. Der Vollständigkeit halber ist Folgendes auszuführen: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 1976, Zlen. 1550/75 und 1581/75, festgehalten, dass nach der - mit der hier in Rede stehenden Wendung in § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b KflG im Wesentlichen wortgleichen - Formulierung "die Kraftfahrlinienunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Kraftfahrlinie ganz oder teilweise fällt" in § 5 Abs. 1 lit. c (seit der Kraftfahrliniengesetz-Novelle 1992: § 5 Abs. 1 lit. a) KflG als Kraftfahrlinienunternehmer nur derjenige in Betracht kommt, dem eine Kraftfahrlinienkonzession rechtskräftig verliehen wurde (vgl. auch § 13 Z. 4 KflG). Das bedeutet für § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b KflG, dass als "Verkehrsunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt" nur Inhaber einer Kraftfahrlinienkonzession gelten können, nicht aber Personen, denen vom Konzessionsinhaber lediglich die Führung des Betriebs einer Kraftfahrlinie übertragen ist (vgl. § 10 Abs. 2 leg. cit.) oder die vom Konzessionsinhaber mit der Durchführung von Fahrten beauftragt werden (§ 10 Abs. 3 leg. cit.), zumal das KflG eine Regelung für die Übertragung der Ausübung der Konzession selbst - anders als dies etwa in § 40 GewO 1994 vorgesehen ist - nicht kennt; in diesem Sinne äußerte sich auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift. Die belangte Behörde hat daher zu Recht eine Parteistellung der mitbeteiligte Partei, nicht aber eine solche der von dieser zur Führung des Betriebes ihrer hier in Rede stehenden Kraftfahrlinie herangezogenen Person angenommen.

4. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 1 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil einerseits neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist, und andererseits dem Beschwerdeführer Stempelgebühren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - mangels Eingabe an den Verwaltungsgerichtshof - nicht erwachsen sind.

Wien, am 26. Jänner 2000

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