VwGH 99/21/0027

VwGH99/21/002718.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des SG (geboren am 13. Oktober 1975) in Amstetten, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Preinsbacherstraße 9, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 7. Dezember 1998, Zl. 11-F/98, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 1991;
AsylG 1997 §8;
AsylG 1997;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AsylG 1997 1991;
AsylG 1997 §8;
AsylG 1997;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1997 §56 Abs2;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs5;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. März 1998 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines Staatsbürgers der Bundesrepublik Jugoslawien, gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76, abgewiesen und zugleich gemäß § 8 leg. cit. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer am 8. März 1998 illegal nach Österreich eingereist sei. Der Beschwerdeführer habe vor dem Bundesasylamt zur Begründung seines Asylantrages im Wesentlichen Folgendes angegeben:

Er wäre 1995 illegal nach Deutschland ausgereist, wo er um Asyl angesucht, jedoch niemals einen Bescheid erhalten hätte. Im Jahr 1998 wäre er im Hinblick auf einen Brief deutscher Behörden, er hätte das Land zu verlassen, über Frankreich mit einem gefälschten slowenischen Reisepass nach Belgrad ausgereist, von wo er mit dem Auto in den Kosovo gefahren wäre. Seinen Fluchtentschluss hätte er dort im Februar 1998 deswegen gefasst, weil seine Eltern von der Polizei, die nach ihm gefragt hätte, festgenommen worden wären. Er hätte sich für etwa zwei Wochen in den Bergen, in einer Höhle versteckt, aufgehalten und hätte von seinem kleinen, elf-jährigen Bruder erfahren, dass die Polizei nach Waffen gesucht hätte und dass er der Mitgliedschaft bei der UCK beschuldigt worden wäre. Auch der elf-jährige Bruder wäre von der Polizei mitgenommen und befragt worden. Nach seiner Freilassung hätte der kleine Bruder dem Beschwerdeführer den Betrag von 2.000 DM für seine Flucht gebracht. Die Flucht des Beschwerdeführers wäre von einem Freund, seinem Cousin, organisiert worden. Das Geld dafür hätte der Vater des Beschwerdeführers mit seinem Cousin im Dorf gesammelt.

Die Abweisung des Asylantrages begründete das Bundesasylamt im Wesentlichen wie folgt:

Der Beschwerdeführer habe zu seiner Flucht aus seinem Heimatdorf keinerlei konkrete und detaillierte Angaben machen können, die einem tatsächlich erlebten Sachverhalt annähernd gleichkämen. Er habe sich vielmehr in seinen Schilderungen auf Allgemeinplätze beschränkt und seine Vorbringensweise sei zudem sehr vage gewesen, was auch die geforderte persönliche Glaubwürdigkeit weitestgehend ausschließe. Insbesondere habe der Beschwerdeführer weder den Zeitpunkt der Verhaftung seiner Eltern nennen können noch den Zeitpunkt seiner Flucht aus dem Elternhaus, sondern er habe dieses Datum bloß mit irgendwann im Februar 1998 angegeben. Zu den finanziellen Mitteln für die Organisation seiner Flucht befragt, hätte der Beschwerdeführer angegeben, dass sein Vater und sein Cousin für seine Flucht 2.000 DM im Dorf gesammelt hätten. Später habe er jedoch angegeben, dass er seinen Fluchtentschluss erst aufgrund der Verhaftung seiner Eltern gefasst hätte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei auch deswegen unglaubwürdig, weil er zunächst angegeben habe, seine Flucht wäre von einem Freund organisiert worden, sich jedoch in der Folge herausgestellt hätte, dass es sich dabei um einen Cousin des Beschwerdeführers gehandelt hätte. Es sei daher nicht glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung drohe. Er habe zum einen keine Verfolgungsgründe aus staatlicher Sicht glaubhaft machen können, zum anderen sei sein Vorbringen nicht schlüssig gewesen. Daher sei der Asylantrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen.

Seine Feststellung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien sei im Sinn des § 57 Fremdengesetz 1997 zulässig, begründete das Bundesasylamt hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 leg. cit. mit der bereits erfolgten Abweisung des Asylantrages. Hinsichtlich einer Gefährdung gemäß § 57 Abs. 1 leg. cit. führte das Bundesasylamt nach Zitierung einzelner Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass im Fall des Beschwerdeführers von einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe nicht gesprochen werden könne, weshalb auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinn des § 57 leg. cit. ausgegangen werden könne. Daher lägen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung Gefahr liefe, in der Bundesrepublik Jugoslawien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Diesen Bescheid ließ der Beschwerdeführer nach der Aktenlage unbekämpft, er wurde daher rechtskräftig.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 30. März 1998 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen. Auch dieser Bescheid erwuchs nach der Aktenlage in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 22. Mai 1998 stellte der Beschwerdeführer den bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (der belangten Behörde) am 26. Mai 1998 eingelangten Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 FrG. Diesen Antrag begründete der Beschwerdeführer damit, dass er gegen die Abweisung seines Asylantrages deswegen keine Berufung habe erheben können, weil er sich in Schubhaft befunden habe, dass aber in der Bundesrepublik Jugoslawien Abschiebungshindernisse gemäß § 57 Abs. 1 FrG vorlägen. Informationen des UNHCR zeigten deutlich, dass generell abgelehnte Asylsuchende aus dem Kosovo einem erheblichen Risiko ausgesetzt seien, bei einer Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien zumindest unmenschliche und erniedrigende Behandlung zu erleiden. Seit dem März 1998 habe sich die Situation im Kosovo dramatisch zugespitzt. Sowohl UNHCR als auch amnesty international hätten dringende Appelle an die europäischen Regierungen gerichtet, derzeit keine ethnischen Albaner in die Bundesrepublik Jugoslawien abzuschieben. Nach Informationen von amnesty international würden Rückkehrer nach ihrer Ankunft auf dem Flughafen in Prishtina oder Belgrad von den zuständigen Behörden festgehalten und umfangreich befragt. Nach der Befragung würden die Rückkehrer häufig mit der Aufforderung entlassen, sich bei der Polizei ihres Heimatortes zu melden. Dort komme es dann erneut zu Befragungen. Nach amnesty international vorliegenden Informationen seien die Befragungen kurz nach der Ankunft und später am Heimatort oftmals willkürlich von intensiven Misshandlungen begleitet. Es sei inzwischen bekannt geworden, dass in den ersten Monaten des Jahre 1998 zumindest zwei namentlich genannte Asylwerber von der serbischen Polizei getötet worden seien. Nach Auskunft des serbischen Innenministeriums an die deutsche Botschaft habe es sich hiebei um "mutmaßliche Terroristen" gehandelt, einer der beiden sei jedoch ein 70-jähriger kranker Mann gewesen. In der Bundesrepublik Jugoslawien bestehe für ethnische Albaner auch außerhalb des Kosovo keine inländische Fluchtalternative; dies ergebe sich aus einem Bericht des Schweizer Flüchtlingshilfswerkes. Gerade jetzt, wo auch serbische Soldaten und Polizisten von der UCK getötet würden, müssten ethnische Albaner, die versuchten, in anderen Teilen der Bundesrepublik Jugoslawien Zuflucht zu suchen, mit Übergriffen von Seiten der Bevölkerung und der Behörden rechnen.

Diesem Antrag hatte der Beschwerdeführer eine "Hintergrundinformation zur Rückführung von Kosovo-Albanern in die Bundesrepublik Jugoslawien" des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge, Regionalbüro in Wien, vom Mai 1998 angeschlossen, in der im Hinblick auf "die sich verschlechternde Sicherheitslage im Kosovo, die geografische Ausweitung der betroffenen Gebiete und die wachsenden Spannungen, die leicht in eine bewaffnete Konfrontation umschlagen könnten", an die europäischen Staaten appelliert wird, die Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden aus dem Kosovo in die Bundesrepublik Jugoslawien vorläufig auszusetzen. Dort werden auch insbesondere Einsätze von serbischen Sicherheitskräften in einzelnen Dörfern des Kosovo dargestellt, die 80 Todesopfer, unter ihnen zahlreiche Frauen und Kinder, zur Folge gehabt hätten, sowie ausgeführt, "dass die Sicherheitsvorfälle, die sich fast täglich in den letzten Wochen ereignet haben, nicht mehr auf die Region Drenica beschränkt sind". Weiters hatte der Beschwerdeführer seinem Antrag ein mit 12. März 1998 datiertes Papier "Massive Menschenrechtsverletzungen im Kosovo, Abschiebungen derzeit unverantwortlich" von amnesty international, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., Referat für politische Flüchtlinge, angeschlossen, in dem unter anderem ausgeführt wird, dass sich seit Mitte 1996 im Kosovo die Menschenrechtssituation stetig verschärfe. Zahlreiche Personen, die verdächtigt worden seien, aktiv das parallele Gesellschaftssystem der Kosovo-Albaner zu unterstützen, seien Zielscheibe von diskriminierenden Maßnahmen, Menschenrechtsverletzungen und Anklagen wegen angeblicher Unterstützung separatistischer Umtriebe. Zahlreiche Angeklagte hätten angegeben, dass sie in der Haft gefoltert worden und "Geständnisse" auf Grundlage von Folterungen erpresst worden wären. Die Ereignisse von Ende Februar/Anfang März 1998 stellten eine völlig neue Qualität der Menschenrechtsverstöße im Kosovo dar. Mindestens 50 Menschen seien durch Einsätze der Sicherheitskräfte getötet worden. Wahrscheinlich liege die Zahl der Opfer noch weit höher. Die Polizei sei gezielt gegen Mitglieder einzelner Großfamilien vorgegangen; so habe sie etwa zehn Angehörige einer namentlich genannten Familie in Polizeigewahrsam erschossen.

Die belangte Behörde stellte Ermittlungen hinsichtlich des Aufenthalts- bzw. Wohnortes des Beschwerdeführers an und teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. November 1998 mit, dass angesichts des Bescheides des Bundesasylamtes vom 24. März 1998 fest stehe, dass seine Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei, ihm jedoch gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit eingeräumt werde, zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 26. November 1998 verwies der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde auf seine Eingabe vom 22. Mai 1998, woraus ersichtlich sei, dass seine Abschiebung gemäß § 57 Abs. 1 FrG absolut unzulässig sei. Die Behörde gehe auf seine Eingabe und die dargelegte Begründung, warum seine Abschiebung unzulässig sei, gar nicht ein. Gerade dieser Sachverhalt erfordere eine äußerst sorgfältige Überprüfung und Hinterfragung, weil er tatsächlich für den Fall seiner Abschiebung an Leib und Leben bedroht sei. Er stelle den Antrag, von einer "Abweisung meines Abschiebungsaufschubes Abstand zu nehmen und mir diesen vielmehr antragsgemäß zu gewähren".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Dezember 1998 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 FrG ab. Dieser Bescheid wird damit begründet, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. März 1998 gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 abgewiesen und gleichzeitig festgestellt worden sei, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien gemäß § 8 des Asylgesetzes 1997 zulässig sei. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Nach Wiedergabe von Textpassagen aus dem Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Mai 1998 und aus seiner Stellungnahme vom 26. November 1998 sowie einer Darstellung des Inhaltes der maßgeblichen Rechtsvorschriften führt die belangte Behörde aus, dass die "Non-refoulement-Prüfung nunmehr bereits durchgeführt (§ 57 FrG) und mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 24. März 1998 ... festgestellt (wurde), dass Ihre Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig ist". Der Argumentation des Beschwerdeführers, dass es ihm aufgrund der zum Zeitpunkt des Asylverfahrens über ihn verhängten Schubhaft nicht möglich gewesen sei, gegen den zitierten Bescheid des Bundesasylamtes Berufung einzulegen, könne die belangte Behörde nicht folgen. Zur Feststellung des Beschwerdeführers, seine Abschiebung sei auch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, da die Bundesrepublik Jugoslawien derzeit keine Heimreisezertifikate für ethnische Albaner ausstelle, sei anzumerken, dass es sehr wohl auch in seiner Verantwortung liege, die Ausstellung eines jugoslawischen Reisedokumentes zu beantragen. So könne es nicht im Sinn der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sein, dass alleine die Weigerung eines Fremden, bei seiner Vertretungsbehörde zumindest die Ausstellung eines Reisedokumentes zu beantragen, ausreiche, ihn durch die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes aus seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu entlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 und des Asylgesetzes 1997 lauten:

FremdenG 1997

"§ 56. ...

(2) Die Abschiebung eines Fremden ist auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 57) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Für die Festsetzung von Auflagen und für den Widerruf gelten die §§ 42 und 43 Abs. 1.

...

§ 57. (1) Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

...

§ 75. (1) Auf Antrag eines Fremden hat die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht.

(2) Der Antrag kann nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden; hierüber ist der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

(3) Die Behörde kann in Fällen, in denen die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt, eine Äußerung des Bundesasylamtes zum Vorliegen einer Bedrohung einholen. Über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wurde, ist binnen Wochenfrist zu entscheiden, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.

(4) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Feststellungsverfahren als gegenstandslos einzustellen.

(5) Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs. 1 rechtskräftig entschieden wurde, ist auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, sodass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hat. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen von dem Fremden eingebrachten Antrag darf dieser in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag offensichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist."

Asylgesetz 1997

"§ 8. Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden."

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die Situation in Jugoslawien derart sei, dass Angehörige Jugoslawiens ethnisch albanischer Abstammung nahezu Freiwild seien. In den letzten Monaten habe sich die Situation derart dramatisch verschlechtert, dass er tatsächlich Gefahr laufe, für den Fall seiner Zurückschiebung oder Abschiebung nach Jugoslawien zu Tode zu kommen.

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 36 Abs. 2 des Fremdengesetzes aus 1992, dass es der zur Entscheidung über einen Abschiebungsaufschub zuständigen Behörde aufgrund des im § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt ist, die Ergebnisse eines denselben Fremden betreffenden Asylverfahrens zu berücksichtigen. Eine derartige Verwertung der Ergebnisse des Asylverfahrens entbinde die Behörde aber nicht von ihrer Verpflichtung, im Fall der Abweisung eines Antrages gemäß § 36 Abs. 2 FrG zu begründen, aus welchen Erwägungen in Bezug auf den Antragsteller die in § 37 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz aus 1992 (nunmehr § 57 Abs. 1 und 2 FrG) genannten Gefahren nicht vorliegen. Sie sei vielmehr gehalten, in der Begründung ihres Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechende Bescheidbegründungen würden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hinderten im Falle seiner Anrufung auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. April 1998, Zl. 98/21/0123.) Diese Aussage trifft auch auf das Rechtsinstitut des Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 FrG zu.

Die verbindliche Wirkung eines Bescheides gemäß § 8 des Asylgesetzes 1997 ist - ebenso wie eines Bescheides gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 oder gemäß § 75 Abs. 1 FrG - nur so weit gegeben, als sich die für die Erlassung eines solchen Bescheides maßgebliche Sach- oder Rechtslage nicht geändert hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 1997, Zl. 96/21/0375, und das bereits genannte Erkenntnis vom 24. April 1998). Dies gilt ungeachtet des § 75 Abs. 5 FrG. Die belangte Behörde hat in Verkennung der Grenzen der Rechtskraft (vgl. dazu Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, 1999, Rz. 480 ff) des Bescheides des Bundesasylamtes vom 24. März 1998 verabsäumt, sich mit dem Inhalt der vom Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 22. Mai 1998 gemachten Ausführungen betreffend die Situation der albanischen Volksgruppe in der Bundesrepublik Jugoslawien sowie mit den diesbezüglich vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen des UNHCR vom Mai 1998 sowie von amnesty international vom 12. März 1998 auseinander zu setzen und hiebei zu prüfen, ob zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung tatsächlich das Vorliegen von Abschiebungshindernissen im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien für den Beschwerdeführer verneint werden konnte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Mai 1999

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