VwGH 99/15/0014

VwGH99/15/001427.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, in der Beschwerdesache der P in E, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG hinsichtlich der Berufungen vom 8. Oktober 1995 (protokolliert unter der hg. Zl. 99/15/0015) und 18. Dezember 1996 (protokolliert unter der hg. Zl. 99/15/0014), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art132;
UmgrStG 1991 §18 Abs1;
VwGG §27 Abs1;
B-VG Art132;
UmgrStG 1991 §18 Abs1;
VwGG §27 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Mit der unter den hg. Zlen. 98/15/0109 und 0139 protokollierten Säumnisbeschwerde machte die P GmbH & Co KG die Verletzung der verwaltungsbehördlichen Entscheidungspflicht betreffend die von ihr eingebrachten Berufungen vom 9. Oktober 1995 als auch vom 18. Dezember 1996 geltend. Der Säumnisbeschwerde waren die beiden Berufungsschriftsätze in Ablichtung angeschlossen (die Berufung vom 9. Oktober 1995 richtete sich gegen die Bescheide über die Verfahrenswiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer und Einkünftefeststellung für 1990 bzw. 1990 und 1991, den Umsatzsteuerbescheid für 1990, die Einkünftefeststellungsbescheide für 1990 und 1991, den Bescheid über die Gewerbesteuer 1992 sowie einen Bescheid über die Festsetzung von Säumniszuschlägen; die Berufungsschrift vom 18. Dezember 1996 bekämpfte den Bescheid über die Wiederaufnahme der Einkünftefeststellung für das Jahr 1992 sowie den Bescheid über die Feststellung der Einkünfte für 1992).

Über diese Säumnisbeschwerde leitete der Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 2. September 1998 das Vorverfahren nach § 35 Abs. 3 VwGG ein.

Die belangte Behörde entschied sodann über die Berufungen vom 9. Oktober 1995 und 18. Dezember 1996 mit einer an die P GmbH & Co KG gerichteten Berufungsentscheidung vom 12. November 1998. Mit diesem zu Handen einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft am 20. November 1998 zugestellten Bescheid wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsätzen jeweils vom 25. Jänner 1998 brachte nunmehr die Beschwerdeführerin (eine GmbH) Säumnisbeschwerden betreffend die oben erwähnten Berufungen vom 9. Oktober 1995 und 18. Dezember 1996 ein. In der Sachverhaltsschilderung der Beschwerden wird ausgeführt, zwar habe die belangte Behörde eine mit 12. November 1998 datierende Berufungsentscheidung an die P GmbH & Co KG erlassen (zugestellt am 20. November 1998), diese sei jedoch nach Ansicht der Beschwerdeführerin "ins Leere" gegangen. Die Kommanditgesellschaft sei mittlerweile gelöscht und somit rechtlich nicht mehr existent. Auf Grund der unrichtigen Adressierung des Bescheides sei die Berufungsentscheidung nicht gültig erlassen worden. Es liege daher nach wie vor Säumnis der belangten Behörde vor.

Mit Verfügung vom 24. März 1999 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin zum Nachweis ihrer Beschwerdelegitimation und zum Vorbringen, die bisher an die P GmbH & Co KG ergangene Berufungsentscheidung sei ins Leere gegangen, auf, den Zeitpunkt und die rechtliche Grundlage für eine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 19 Abs. 1 BAO bekannt zu geben.

In Beantwortung dieser Verfügung legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12. April 1999 Urkunden über einen Sacheinlage- und Einbringungsvertrag vom 19. September 1996 zwischen der P GmbH & Co KG und der Beschwerdeführerin (Einbringung des Betriebes der genannten KG in die Beschwerdeführerin als Sacheinlage) sowie weiters einen Gesellschafterbeschluss der P GmbH & Co KG vom 19. September 1996 betreffend die Genehmigung des Einbringungs- und Sacheinlagevertrages bzw. Auflösung der P GmbH & Co KG vor. Nach einem ebenfalls angeschlossenen Firmenbuchauszug der P GmbH & Co KG wurde diese auf Grund eines am 17. März 1998 eingebrachten Antrages am 16. April 1998 infolge beendeter Liquidation im Firmenbuch gelöscht. Als rechtliche Grundlage für die Gesamtrechtsnachfolge verwies die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 12. April 1999 auf Art. III des Umgründungssteuergesetzes.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beeinträchtigt die Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und ihre Löschung im Firmenbuch jedenfalls so lange ihre Parteifähigkeit nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 1983, 82/15/0177, und den Beschluss vom 23. Oktober 1997, 93/15/0055, m.w.N.).

Die Parteifähigkeit der P GmbH & Co KG war daher im Hinblick auf die noch offenen Besteuerungsverfahren auch nach der Auflösung der Gesellschaft und der Löschung ihrer Firma im Firmenbuch weiter gegeben. Damit wurde auch die Berufungsentscheidung vom 12. November 1998 zu Recht an die P GmbH & Co KG erlassen (die von ihr mittlerweile gegen diese Berufungsentscheidung eingebrachte Bescheidbeschwerde ist unter der hg. Zl. 98/15/0215 protokolliert). Der Beschwerdeführerin käme nur dann eine Beschwerdelegitimation zu, wenn ein Fall der Gesamtrechtsnachfolge nach § 19 Abs. 1 BAO vorläge. Soweit die Beschwerdeführerin betreffend Gesamtrechtsnachfolge auf Art. III des Umgründungssteuergesetzes hinweist, ist festzuhalten, dass § 18 Abs. 1 leg. cit. lediglich die Fiktion einer steuerlichen Gesamtrechtsnachfolge im Falle einer Buchwerteinbringung enthält. Diese Fiktion gilt nur für Zwecke des materiellen (Ertrags)Steuerrechts. Ansonsten bleibt es aber - so auch verfahrensrechtlich - bei der Einzelrechtsnachfolge (vgl. Helbich/Wiesner, Umgründungen5, S. 149, sowie - zur Vorgängerbestimmung des Art. III Strukturverbesserungsgesetz - etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1984, 83/14/0257). Damit fehlte es aber im Ergebnis der Beschwerdeführerin an einer Legitimation zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG. Die gegenständlichen Säumnisbeschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 27. Mai 1999

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