VwGH 98/18/0239

VwGH98/18/023919.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der IV, (geboren am 21. Jänner 1970), vertreten durch Dr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt in 5204 Straßwalchen, Salzburger Straße 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 20. Mai 1998, Zl. Fr-5795/2/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
AVG §37;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 20. Mai 1998 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine (nach Ausweis des vorgelegten Verwaltungsaktes) Staatsangehörige der Tschechischen Republik, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Laut Aktenlage sei die Beschwerdeführerin am 21. September 1997 von Slowenien kommend am Grenzübergang Karawankentunnel in das österreichische Bundesgebiet eingereist.

In ihrer Berufung gegen den Erstbescheid führe die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie keinesfalls als Prostituierte gearbeitet, sondern lediglich ein Kleid anprobiert hätte. Um diese Aussage zu belegen, würde sie auch die Einvernahme mehrerer näher genannter Personen beantragen. Sie hätte keinesfalls gegen das FrG verstoßen, es lägen gegen die Beschwerdeführerin auch keine Verurteilungen inländischer Gerichte vor. Aus diesen Gründen begehre die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Erstbescheides.

Das gegen die Beschwerdeführerin verhängte Aufenthaltsverbot stütze sich auf ihre Mittellosigkeit, da sie bei keiner Einvernahme "vor den Behörden" den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nachzuweisen vermocht habe und auch nicht rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist sei sowie innerhalb des letzten Jahres im Inland nicht mehr als sechs Monate einer erlaubten Beschäftigung nachgegangen sei. Beim gegebenen Sachverhalt habe die Erstbehörde zu Recht vom Vorliegen einer bestimmten, die Annahme des § 36 Abs. 1 FrG rechtfertigenden Tatsache ausgehen können. § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG stelle nur auf die Unfähigkeit zum Nachweis der Mittel zum Unterhalt ab und nicht auch darauf, ob dem Fremden das Fehlen der Mittel zum Unterhalt vorwerfbar sei. Außerdem sei sehr wohl zu befürchten, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich zu einer finanziellen Belastung der Republik führen könnte. Da sich das gegen die Beschwerdeführerin verhängte Aufenthaltsverbot nicht auf die Betretung bei der "eventuellen Ausübung von Prostitution" stütze, sei auf die diesbezüglichen Berufungsausführungen nicht näher einzugehen.

Weiters sei zu prüfen, inwieweit die Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbots in Anbetracht des § 37 FrG zulässig sei. Von der Erstbehörde sei hiezu zutreffend festgestellt worden, dass sich die Beschwerdeführerin erst seit einem kurzen Zeitraum in Österreich aufhalte und sich auf keinerlei Bindungen im Bundesgebiet berufen habe. Es werde daher durch die Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes nicht in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin eingegriffen und es ergäben sich auch keine Gründe, die gemäß § 38 FrG gegen die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes sprechen würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über die Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern auch entsprechend zu belegen, dass ein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl Nr. 838/1992, ergangene, wegen der insoweit nicht geänderten Rechtslage auch hier maßgebliche Erkenntnis vom 19. Februar 1997, Zl. 96/21/0201, mwH).

2.1. Die Beschwerde macht geltend, dass die belangte Behörde nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens "die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Übertretung" nicht als erwiesen hätte annehmen dürfen. Der Beschwerdeführerin werde praktisch unterstellt, dass zu befürchten sei, ihr weiterer Aufenthalt in Österreich könnte zu einer finanziellen Belastung der Republik führen. Bei ihrer Einvernahme am 5. Oktober 1997 vor der Erstbehörde habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass "ihr Geld gerade zu Ende gehe" und sie und ihr Lebensgefährte noch ca. S 2.000,-- besäßen und sie am Tag der Einvernahme oder dem darauf folgenden Tag abreisen würde. Die Beschwerdeführerin sei praktisch als Touristin nach Österreich eingereist und habe ausdrücklich angegeben, dass sie nach Verbrauch des Geldes wieder in ihre Heimat zurückfahren würde. Die Beschwerdeführerin sei im Club "Casanova" gleich verhaftet worden, ohne dass ihr die Möglichkeit geboten worden sei, das "mit ihrem Lebensgefährten gemeinsam verfügbare Barvermögen" vorzuzeigen, vielmehr habe die Behörde lediglich aufgrund des Umstands, dass die Beschwerdeführerin "anlässlich der Razzia" kein Bargeld mit sich geführt habe, angenommen, dass Mittellosigkeit vorliege. Bei entsprechenden Ermittlungen hätte die Behörde feststellen müssen, dass die Beschwerdeführerin vom Geschäftsführer des besagten Clubs eingeladen worden sei und daher zumindest für diesen Abend kein Bargeld benötigt habe. Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin habe sich "zu diesem Zeitpunkt" (gemeint wohl: zum Zeitpunkt der Razzia) bereits in einer näher genannten Unterkunft in Salzburg befunden. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Lebensgefährte hätten sich ordnungsgemäß in dieser Unterkunft angemietet, was dafür spreche, dass sich die Beschwerdeführerin lediglich als Touristin "vorläufig" in Salzburg aufgehalten habe. Im Übrigen widerspreche das verhängte Aufenthaltsverbot gegen einen Touristen öffentlichen Interessen.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Dem Hinweis der Beschwerde auf die am 5. Oktober 1997 bei der Erstbehörde aufgenommene Niederschrift - der sie bezüglich der Darstellung des Sachverhaltes im Wesentlichen folgt - ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin am 6. Oktober 1997 - wie sich der unter Beiziehung einer Dolmetscherin aufgenommenen, auch von der Beschwerdeführerin unterfertigten Niederschrift von diesem Tag entnehmen lässt (vgl. OZ 8 der Verwaltungsakten) - ihre Aussagen vom 5. Oktober 1997 mit Blick auf § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG entscheidend relativiert hat. Ausgehend davon, dass sie am 5. Oktober 1997 "nicht ganz" die Wahrheit gesagt habe, gab die Beschwerdeführerin am 6. Oktober 1997 an, dass sie sich "das Casanova einmal anschauen" habe wollen, ob sie "dort auch arbeiten" könnte. Sie habe schon in ihrer Heimat "über die Arbeit als Prostituierte in Salzburg" gehört, insbesondere, dass man solcherart "viel Geld verdienen" könne. In dem genannten Lokal habe sie "mit den anderen Prostituierten" darüber gesprochen, was man im Casanova verdiene. Der Beschwerdeführerin sei gesagt worden, dass es unterschiedlich sei, und es sei der Beschwerdeführerin noch nicht konkret gesagt worden, was sie "verdienen werde". Die Beschwerdeführerin habe "dort eigentlich auch tanzen" wollen, sie habe aber nicht erfahren, was sie dafür bekommen hätte, da schon die Polizei gekommen sei, bevor sie "einer Arbeit nachgehen konnte".

Wenn die Behörde auf der Grundlage dieser Niederschrift vom 6. Oktober 1997 (erkennbar) zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sich die Beschwerdeführerin weder als Touristin in Österreich aufgehalten noch auch nur kurz vor ihrer beabsichtigten Abreise aus Österreich festgenommen worden sei, begegnet dies im Lichte der dem Verwaltungsgerichtshof bezüglich der Beweiswürdigung zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken; schon von da her geht auch der Einwand, das gegen die Beschwerdeführerin als Touristin verhängte Aufenthaltsverbot widerspreche öffentlichen Interessen, ins Leere.

Ausgehend davon besteht weiters gegen die Auffassung der Behörde, dass im Fall der Beschwerdeführerin der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, kein Einwand, bedarf es doch keiner näheren Begründung, dass der nach den Angaben der Beschwerdeführerin ihr sowie einer weiteren Person für den Unterhalt zur Verfügung stehende Betrag von etwa S 2.000,-- (vgl. die Niederschrift vom 5. Oktober 1997, OZ 6 der Verwaltungsakten) - selbst wenn man die von der Beschwerdeführerin behauptete Einladung für den besagten Abend in Betracht zieht - keineswegs ausreicht, um den Unterhalt der Beschwerdeführerin für einen nicht bloß ganz kurzen Zeitraum als gesichert erscheinen zu lassen. Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierenden Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt hat die belangte Behörde - entgegen der Beschwerde - vorliegend auch zutreffend den Tatbestand des § 36 Abs. 1 FrG als verwirklicht angesehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/18/0117, mwH).

Vor dem Hintergrund des Gesagten ist auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe mit Blick auf die der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Mittel für ihren Unterhalt den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt, nicht zielführend. Mit ihrer Rüge, durch ihre Verhaftung sei der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen worden, durch eine Kontaktaufnahme mit ihrem Begleiter den Besitz der Mittel zum Unterhalt nachweisen zu können, übersieht die Beschwerdeführerin schließlich, dass sie jedenfalls im Berufungsverfahren die Möglichkeit gehabt hätte, den besagten Nachweis (von sich aus) zu erbringen.

3. Die Beschwerde lässt die nach §§ 37 und 38 FrG getroffene Beurteilung der belangten Behörde unbekämpft. Auf der Grundlage der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung aus den im bekämpften Bescheid dargelegten Erwägungen keinem Einwand.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Oktober 1999

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