VwGH 96/21/0201

VwGH96/21/020119.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 1. Februar 1996, Zl. St 359/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 sowie den §§ 19, 20 und 21 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit Juni 1992 in Österreich aufhalte. Es komme ihm ein Aufenthaltsrecht als de-facto-Flüchtling zu. Der Beschwerdeführer sei ledig, seine Familie lebe in Bosnien. In Österreich lebe lediglich eine Tante des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Graz am 13. Februar 1995 wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden. Weiters schienen zwei Vormerkungen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 gegen den Beschwerdeführer auf.

Bei seiner Einvernahme am 24. November 1994 habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er fast jede Woche einmal nach Slowenien fahre. Er habe hiezu immer ein Fahrzeug von Freunden benützt. Er bringe Unterstützungsgelder von in Österreich arbeitenden Bosniern nach Slowenien. Für diese Kuriertätigkeit würde er etwa fünf bis zehn Prozent des Geldbetrages bekommen. Monatlich hätte er manchmal bis zu DM 50.000,-- nach Slowenien gebracht.

Der Beschwerdeführer habe bei dieser Einvernahme zugegeben, in Marburg im Gefängnis gewesen zu sein. Er sei bei einer Kontrolle festgenommen worden, weil er zwei Frauen nach Österreich habe schleppen wollen.

Bei der Einvernahme am 13. Juni 1995 habe der Beschwerdeführer zugegeben, von einem Gericht in Marburg wegen Schlepperei zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt worden zu sein. Aus einem Bericht (der belangten Behörde) vom 19. Dezember 1994 sei zu ersehen, daß der Beschwerdeführer im Bereich der Republik Slowenien bereits zwölfmal "einschlägig beamtshandelt" worden sei.

Der Beschwerdeführer sei nach seinen Angaben bis Ende 1994 von der Caritas unterstützt worden. Im Juli 1994 habe er ca. einen Monat lang bei einer Baufirma gearbeitet, sei jedoch dort wegen zu geringer Praxis entlassen worden. Sein Lebensunterhalt würde zur Gänze von seiner Tante bestritten.

Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG sei insoferne erfüllt, als der Beschwerdeführer über kein regelmäßiges Einkommen und über kein sonstiges Vermögen verfüge. Diesbezüglich sei auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Aufgrund des legalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit 1992 werde durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in sein Privatleben eingegriffen.

Aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers in Marburg wegen Schlepperei, seiner Angaben und des erhobenen Berichtes dränge sich der Verdacht auf, daß der Beschwerdeführer regelmäßig dieser Tätigkeit (Schlepperei) nachgehe. Zusätzlich dürfe nicht übersehen werden, daß der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Hehlerei rechtskräftig verurteilt worden sei.

Ansätze einer beruflichen oder sozialen Integration seien nicht vorhanden. Unter Abwägung aller angeführten Tatsachen wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Daran könne auch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer inzwischen in einer Moschee geheiratet habe und seine Frau schwanger sei, nichts ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet sowohl die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 als auch die Erfüllung des § 18 Abs. 1 FrG. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht er geltend, er habe bei seiner Vernehmung ausdrücklich erklärt, daß seine Tante seinen Lebensunterhalt zur Gänze bestreite. Weiters habe er angegeben, daß er regelmäßig Unterstützungsgelder von in Österreich arbeitenden Bosniern nach Slowenien bringe und für diese Kuriertätigkeit etwa fünf bis zehn Prozent des Geldbetrages erhalte. So habe er bei seinen Fahrten immerhin bis zu DM 50.000,-- monatlich nach Slowenien gebracht. Er verfüge durchaus über ausreichende Geldmittel, zumal auch seine berufstätige Ehegattin einen erheblichen Geldunterhalt leiste. Die rechtskräftige Bestrafung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt auf drei Jahre wegen Hehlerei sei unerheblich, weil die verhängte Strafe unter dem in § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erforderlichen Mindestausmaß liege. Gründe, die die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigten, lägen nicht vor.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und sei innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Die Voraussetzungen für die Anwendung der zuletzt genannten Ausnahmebestimmung liegen im Beschwerdefall nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0235, und vom 24. Oktober 1996, Zl. 95/18/1149, mit weiteren Nachweisen) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, daß er nicht nur über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern hat er auch entsprechend zu belegen, daß sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthaltes gesichert erscheint. Einen derartigen Nachweis hat der Beschwerdeführer aber nicht erbracht. Die bloße Behauptung des Beschwerdeführers, seine Tante bestreite seinen Lebensunterhalt zur Gänze, ist nämlich nicht geeignet, den ihm obliegenden Beweis zu erbringen, fehlt es doch nicht nur an der Konkretisierung von Art und Höhe der Zuwendungen, der Angabe der ihnen zugrundeliegenden Rechtstitel, der Individualisierung der sie leistenden Person und der Dartuung deren finanzieller Verhältnisse, sondern auch an jeglicher Untermauerung dieser Umstände durch nachprüfbare Unterlagen. Dies gilt auch für den Hinweis des Beschwerdeführers, er erhalte für seine Kuriertätigkeit ausreichende Geldmittel.

Der Beschwerdeführer behauptet, daß seine berufstätige Ehegattin erheblichen Geldunterhalt leistet. Hiezu hat er in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht, er habe geheiratet (in der Moschee; im November möchte er auch eine "westliche Heirat" vollziehen), seine Frau habe eine Arbeitsbewilligung und arbeite. Angesichts dessen, daß der Beschwerdeführer der belangten Behörde gegenüber durchaus die Möglichkeit hatte, seinen allfälligen Unterhaltsanspruch zu beziffern und die Einkommens- und Vermögenslage der unterhaltsverpflichteten Ehegattin darzulegen, war die Behörde nicht gehalten, ihrerseits an den Beschwerdeführer heranzutreten, um ihn zu einem allfälligen diesbezüglichen Vorbringen zu veranlassen. Bedenken gegen die von der belangten Behörde angenommene Mittellosigkeit des Beschwerdeführers bestehen aber auch deswegen beim Verwaltungsgerichtshof nicht, weil der Beschwerdeführer in der zunächst von ihm selbst verfaßten Beschwerde vom 29. Februar 1996 erklärte, mittellos zu sein und in dem von ihm unterschriebenen Vermögensbekenntnis vom 17. April 1996 wiederum keinerlei Angaben zum Unterhaltsanspruch gegenüber seiner Gattin gemacht hat.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu dem Ergebnis, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei und daß dieser Sachverhalt die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertige. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers mit der daraus resultierenden Gefahr strafbarer Handlungen sowie einer finanziellen Belastung der Republik Österreich läßt das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten erscheinen (vgl. hiezu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 95/18/1149).

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde im Rahmen der Beurteilung, ob die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 leg. cit. zulässig sei, die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen und die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung - auch wenn der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 FrG nicht erfüllt ist - mitberücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG auf die im Verwaltungsverfahren behauptete Heirat in einer Moschee Rücksicht genommen. Sie hat diesen Umstand sowie die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seine mangelnde berufliche und soziale Integration den gegenläufigen maßgeblichen öffentlichen Interessen gegenübergestellt. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die so vorzunehmende Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG zu keinem für den Beschwerdeführer positiven Ergebnis führen kann, ist nicht rechtswidrig.

Konnte die belangte Behörde somit das Aufenthaltsverbot rechtens auf das vom Beschwerdeführer im Inland gesetzte Verhalten stützen, braucht auf sein im Ausland gesetztes Verhalten nicht mehr eingegangen zu werden.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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