Normen
AVG §13;
BAO §215 Abs4;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §85;
B-VG Art7;
KO §46 Abs1 Z2;
KO §51;
UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12 Abs14;
UStG 1994 §6 Z9 lita;
AVG §13;
BAO §215 Abs4;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §85;
B-VG Art7;
KO §46 Abs1 Z2;
KO §51;
UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12 Abs14;
UStG 1994 §6 Z9 lita;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über das Vermögen der im Spruch genannten Gemeinschuldnerin wurde am 28. Juli 1994 das Konkursverfahren eröffnet. Der Beschwerdeführer wurde zum Masseverwalter bestellt und hat in dieser Funktion Baurechtseinlagen an die P-GmbH verkauft.
Im Rahmen einer Prüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen wurde eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 in der Höhe von S 2,500.000,-- vorgenommen. Aufgrund weiterer Rechnungsberichtigungen wurde mit Bescheid vom 22. Mai 1997 für den Voranmeldungszeitraum Dezember 1996 Umsatzsteuer in der Höhe von S 3,625.768,-- vorgeschrieben; in diesem Betrag ist die Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 enthalten.
Die Erwerberin der Baurechtseinlagen beantragte am 12. Februar 1997 die Überrechnung eines Guthabens von ihrem Abgabenkonto auf das Abgabenkonto der Gemeinschuldnerin zur Abdeckung der Umsatzsteuernachforderung für Dezember 1996. Diesem Antrag kam das Finanzamt nach.
Der Beschwerdeführer forderte mit einem als "Rückzahlungsantrag" bezeichneten Schreiben vom 27. März 1998 den Betrag von S 2,500.000,-- zurück und verwies in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 27. November 1997, 8 Ob 2244/96z, aus dem sich ergebe, dass die nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 zu berichtigende Vorsteuer eine Konkursforderung sei. Demnach sei eine Aufrechnung mit den nach Konkurseröffnung entstandenen Gutschriften nach den Bestimmungen der §§ 19 und 20 KO nicht zulässig gewesen.
Das Finanzamt wies den Rückzahlungsantrag mit Bescheid vom 30. Juni 1998 ab, weil auf dem Abgabenkonto kein rückzahlbares Guthaben bestanden habe.
In der Berufung verwies der Beschwerdeführer neuerlich auf den zitierten Beschluss des Obersten Gerichtshofes und führte aus, die Aufrechnung einer Konkursforderung mit einer an die Gemeinschuldnerin nach Konkurseröffnung bezahlten Forderung der Gemeinschuldnerin sei nach den Bestimmungen der §§ 19 und 20 KO unzulässig.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Nur wenn ein rückzahlbares Guthaben bestehe, könne einem Rückzahlungsantrag stattgegeben werden. Ein Guthaben entstehe erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige, wobei die durchgeführten Buchungen maßgebend seien und nicht diejenigen, die nach Ansicht des Beschwerdeführers hätten durchgeführt werden müssen. Die Rechtmäßigkeit von Buchungen sei nicht im Rückzahlungsverfahren zu klären. Außerdem liege keine im Sinne des § 20 Abs. 1 KO unzulässige Aufrechnung mit Forderungen der Konkursmasse vor. Im Kaufvertrag habe sich die Erwerberin der Baurechtseinlagen (die P-GmbH) gegenüber dem Beschwerdeführer verpflichtet, sämtliche mit der Errichtung und Durchführung des Vertrages verbundenen Steuern und Gebühren zu tragen. Falls die nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 zu berichtigende Vorsteuer eine Konkursforderung und daher nur im Ausmaß der anfallenden Quote zu berichtigen sei, stelle die Überrechnung des Guthabens durch die Erwerberin allenfalls eine gegenüber der Konkursmasse nicht schuldbefreiende Zahlung im Sinne des § 3 Abs. 2 KO dar. Meinungsverschiedenheiten darüber hätte der Beschwerdeführer allein mit der P-GmbH auszutragen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der belangten Behörde ist einzuräumen, dass ein Rückzahlungsbegehren ein auf dem Abgabenkonto nach den tatsächlich durchgeführten Buchungen bestehendes Guthaben voraussetzt. Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216 BAO) zu klären (siehe Ritz, BAO-Kommentar2, § 239 Rz 1, mwN).
Da ein Guthaben im Sinne des zuvor Gesagten im Falle des Beschwerdeführers nicht bestanden hat, wäre ein Rückzahlungsantrag von vornherein aussichtslos gewesen. Bei der Beurteilung von Anbringen kommt es nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen, sondern auf den Inhalt, somit das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischritts an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. August 1991, 89/17/0174, mwN). Der Beschwerdeführer hat in seinem als Rückzahlungsantrag bezeichneten Antrag deutlich dargelegt, dass er die Qualifikation der aus der Vorsteuerberichtigung sich ergebenden Abgabenforderung als Masseforderung und damit die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto bekämpft. Es handelt sich somit inhaltlich um einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides.
Durch die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers mit der von der belangten Behörde gegebenen Begründung wurden allerdings Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt, weil die seinem Antrag zugrunde liegende Auffassung, bei der auf die Berichtigung des Vorsteuerabzuges zurückzuführenden Abgabenforderung handle es sich um eine Konkursforderung, vom Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Erwägungen nicht geteilt wird:
Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, so ist nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen. Bei Grundstücken im Sinne des § 2 GrEStG 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.
Für den Vorsteuerabzug sind grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistung maßgebend. Sind die Voraussetzungen in diesem Zeitpunkt erfüllt, kann der Vorsteuerabzug in voller Höhe vorgenommen werden. Fallen nachträglich die Voraussetzungen weg, berührt das grundsätzlich nicht den bereits vorgenommenen Vorsteuerabzug. § 12 Abs. 10 UStG 1994 regelt die Vorgangsweise, wenn nach Ablauf des Jahres der Leistung eine Änderung der Verhältnisse eintritt, die für den Vorsteuerabzug maßgeblich waren (vgl. Ruppe, UStG-Kommentar2, § 12 Tz 198).
Bei der Berichtigung der Vorsteuer wird zwar formal der seinerzeit geltend gemachte Vorsteuerabzug reduziert, belastet wird aber wirtschaftlich die unecht befreite Verwendung des Gegenstandes. Dient das Grundstück bis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Erzielung von steuerpflichtigen Umsätzen, tritt durch die Verwendung für einen steuerfreien Umsatz eine Änderung des Verwendungszwecks ein (vgl. Achatz in Achatz (Hrsg), Umsatzsteuer in der Insolvenz, 151).
Maßgeblich für die Entscheidung des Beschwerdefalles ist, ob die aus der Berichtigung des Vorsteuerabzuges resultierende Forderung des Abgabengläubigers als Masse- oder als Konkursforderung zu qualifizieren ist. Handelte es sich um eine Masseforderung, dann war sie zur Gänze (und nicht nur mit der Konkursquote) durch das überrechnete Guthaben zu tilgen. In diesem Fall wäre der als Abrechnungsantrag zu wertende Antrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen worden. Handelte es sich hingegen um eine Konkursforderung, konnte nur im Ausmaß der Konkursquote das überrechnete Guthaben zur Tilgung herangezogen werden.
Nach § 46 Abs. 1 Z. 2 KO sind Masseforderungen u.a. alle die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird.
Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass es sich bei der aus der Berichtigung der Vorsteuer resultierenden Forderung um eine Konkursforderung handelt. Er bezieht sich dabei auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 27. November 1997, 8 Ob 2244/96z, nach dem derartige Abgabenforderungen als Konkursforderungen zu qualifizieren sind. Der Oberste Gerichtshof ist mit dieser - nicht von einem verstärkten Senat (§ 8 OGH-Gesetz) gefassten - Entscheidung von seiner früheren Rechtsprechung (OGH vom 3. Februar 1993, 3 Ob 103/92) abgegangen, nach der solche Abgabenforderungen als Masseforderungen behandelt wurden. Der Oberste Gerichtshof begründete seinen Beschluss vom 27. November 1997 damit, dass die Grundlage für die Vorsteuerberichtigung nicht die "Änderung der Verhältnisse", die für den Vorsteuerabzug maßgebend gewesen seien (also die Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Liegenschaften des Gemeinschuldners), sei, sondern der vor der Eröffnung des Konkursverfahrens getätigte Vorsteuerabzug des nunmehrigen Gemeinschuldners. Bei der Vorsteuer handle es sich nicht um etwas Endgültiges, sondern bis zum Ablauf der Frist des § 12 Abs. 10 UStG 1994 um einen bedingten Anspruch des Abgabengläubigers. Die Forderung aus der Vorsteuerberichtigung bestehe daher schon bedingt im Zeitpunkt der Konkurseröffnung und sei daher als Konkursforderung zu qualifizieren.
Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Die Vorsteuerberichtigung ist nicht dem Gemeinschuldner zuzurechnen, denn dieser hat alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt. Erst die Veräußerung durch den Masseverwalter hat die Berichtigungspflicht begründet. Dies ergibt sich auch aus der Berechnung des Berichtigungsanspruches, weil der Vorsteuerabzug gerade insoweit nicht zurückzuzahlen ist, als der Gemeinschuldner das Grundstück während eines bestimmten Zeitraumes bestimmungsgemäß verwendet hat. Nur soweit ein Grundstück nicht bestimmungsgemäß verwendet wird, ist die Vorsteuer zurückzuzahlen (siehe Ruppe, a. a.O., Einf Tz 140, der die Deutung der aus § 12 Abs. 10 folgenden Verpflichtung als bedingten Rückforderungsanspruch des Fiskus als "gekünstelt" bezeichnet; weiters Kristen, Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Insolvenzverfahren - Masseforderung oder Konkursforderung?, ZIK 1998, 46 ff). Der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 2 KO liegt - entgegen der Auffassung des Obersten Gerichtshofes - nicht in der seinerzeitigen Anschaffung des Grundstückes. Die Pflicht zur Berichtigung der Vorsteuer und die daraus resultierende Forderung des Abgabengläubigers beruht vielmehr darauf, dass sich die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, geändert haben. Erst mit der steuerfreien Veräußerung des Grundstückes und nicht schon mit der seinerzeitigen Lieferung wird die Abgabepflicht ausgelöst (vgl. Gaigg, Die Vorsteuer in der Insolvenz, in Achatz (Hrsg), Umsatzsteuer in der Insolvenz, 35 ff, insbesondere 43).
Würde die Veräußerung von Liegenschaften vom Gesetzgeber als steuerpflichtiger Umsatz angesehen, wäre die Umsatzsteuerforderung bei Veräußerung durch den Masseverwalter ohne Zweifel als Masseforderung anzusehen. Eine konkursrechtlich unterschiedliche Behandlung je nachdem, ob es sich bei der Forderung nach der steuerrechtlichen Ausformung um die Berichtigung der Vorsteuer oder um die Umsatzsteuer von einer Leistung handelt, wäre sachwidrig (vgl. Achatz, a.a.O., sowie Kristen, a.a.O.), weil der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt in beiden Fällen in der vom Masseverwalter vorgenommenen Veräußerung des Grundstückes gelegen ist.
Die Qualifizierung der Vorsteuerberichtigung als Konkursforderung kann außerdem zu dem unsachlichen Ergebnis führen, dass die Masse durch Vereinnahmung des vollen Betrages und Entrichtung lediglich der Quote an das Finanzamt auf Kosten des Abgabengläubigers bereichert wäre (siehe auch dazu Kristen, a. a.O.). Ein derartiges Ergebnis kann aber mit dem vom Obersten Gerichtshof genannten Ziel der Bekämpfung der so genannten Massearmut nicht gerechtfertigt werden. § 12 Abs. 14 UStG 1994 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 1998, BGBl. I Nr. 79/1998) kann daher bei der Beurteilung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtsfrage nicht außer Bedacht gelassen werden.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. Oktober 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)