VwGH 96/19/2015

VwGH96/19/201528.1.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des 1963 geborenen AN, vertreten durch Dr. W und Dr. P, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Mai 1996, Zl. 101.381/6-III/11/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Aufenthaltsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der über eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit vom 31. Oktober 1993 bis 30. Juni 1995 verfügte, beantragte am 2. Juni 1995 die Verlängerung dieser Bewilligung. Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 4. Oktober 1995 mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde dieser Bescheid dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt; der erste Tag der Abholfrist war der 11. Oktober 1995. Nach ungenütztem Ablauf der Abholfrist wurde die zur Abholung bereitgehaltene Sendung an die Behörde erster Instanz rückgemittelt. Wie aus einer vom Beschwerdeführer unterschriebenen Bestätigung der Magistratsabteilung 62 vom 19. Dezember 1995, hervorgeht, wurde der "Original-Ablehnungsbescheid" vom Beschwerdeführer persönlich an diesem Tag übernommen (vgl. Aktenseite 32a verso).

Der Beschwerdeführer erstattete einen mit 2. Jänner 1996 datierten und als Berufung gewerteten Schriftsatz, welchen er am 4. Jänner 1996 persönlich bei der Behörde erster Instanz einbrachte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 1996 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies damit, die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides sei rechtswirksam am 19. Dezember 1995 erfolgt, die Berufung sei erst am 4. Jänner 1996 und daher verspätet eingebracht worden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß es sich beim angefochtenen Bescheid nicht um einen solchen handelt, mit dem die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, sondern um die Zurückweisung einer verspäteten Berufung. Deshalb liegt kein Anwendungsfall des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 vor (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. August 1998, Zl. 96/19/3194).

Vor Zurückweisung einer Berufung als verspätet hat die Behörde entweder von Amts wegen zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, oder dem Berufungswerber die offenbare Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterläßt sie dies, so kann der Berufungswerber ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot den Zustellmangel in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof dartun. Geht die Behörde von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Berufungswerber vorgehalten zu haben, so hat sie das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 1994, Zl. 94/10/0010, m.w.N.).

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt jedoch nicht auf jeden Fall zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern nur dann, wenn der Verfahrensmangel im zu prüfenden Fall von Einfluß auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sein konnte. Es obliegt der beschwerdeführenden Partei, in der Beschwerde (gegebenenfalls unter Anführung von Beweisen) darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften (im besonderen des Rechtes auf Parteiengehör) zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde zur Feststellung der belangten Behörde, ihm sei der Bescheid am 19. Dezember 1995 zugestellt worden, aus, dies sei nicht zutreffend. Obwohl er an diesem Tag zu Hause anwesend gewesen sei, habe er keinesfalls einen derartigen Bescheid erhalten. Er habe auch keinerlei Benachrichtigung erhalten, daß ein Bescheid für ihn hinterlegt worden wäre. Da er auch seine sonstige Post immer ordnungsgemäß erhalten habe, könne er nicht verstehen und auch nicht nachvollziehen, wieso ihm der für ihn so wesentliche Bescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Sobald er von der nicht ordnungsgemäßen Zustellung bzw. von der Erlassung des Bescheides in Kenntnis gewesen sei, habe er sofort eine Berufung dagegen erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 15. September 1998 vor, daß dieser - entgegen seiner Darstellung in der Beschwerde, wonach er an diesem Tag das Haus nicht verlassen habe - den Bescheid der Behörde erster Instanz am 19. Dezember 1995 persönlich übernommen habe. Der Beschwerdeführer äußerte sich zu diesem Vorhalt nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher keinen Zweifel daran, daß der Beschwerdeführer tatsächlich am 19. Dezember 1995 bei der Behörde erster Instanz den erstinstanzlichen Bescheid übernommen hat. Daß der Beschwerdeführer - entgegen seiner Beschwerdeausführungen - auch tatsächlich im Besitz des Bescheides war, geht im übrigen aus der Formulierung des Berufungsschriftsatzes hervor, in dem er sowohl die Bescheidzahl des in Berufung gezogenen Bescheides korrekt zitiert als auch von dem "mir zugegangenen Bescheid" spricht.

Angesichts dessen erweist sich die gegenständliche Berufung jedenfalls als verspätet. Entweder erfolgte die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 17 Abs. 3 ZustG bereits durch die am 11. Oktober 1995 erfolgte Hinterlegung dieses Bescheides oder es wäre - im Falle des Vorliegens eines Zustellmangels, für den allerdings Hinweise in den vorgelegten Akten fehlen - gemäß § 7 des ZustellG durch das Zukommen des Schriftstückes an die Person, für die es bestimmt war (am 19. Dezember 1995 durch persönliche Übergabe durch den Beschwerdeführer) die Heilung eines allfälligen Zustellmangels bewirkt worden. Diesfalls wäre der 19. Dezember 1995 als Tag der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides anzusehen. In beiden Fällen erweist sich aber die erst am 4. Jänner 1996 persönlich eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers als verspätet.

Die Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde konnten somit nicht dartun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die - geradezu mutwillig erhobene - Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Jänner 1999

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