Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. August 1993, Zl. Agrar 11-220/4/93, zurück. Begründend legte die belangte Behörde dar, der Bescheid des Landeshauptmannes sei der Beschwerdeführerin am 9. September 1993 durch Hinterlegung zugestellt worden. Die Berufungfrist habe daher am 23. September 1993 geendet. Die Berufung sei am 24. September 1993 und somit verspätet zur Post gegeben worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht unter Vorlage von Bescheinigungsmitteln geltend, sie habe sich vom 4. bis 12. September 1993 auf einem Urlaubsaufenthalt in Krems befunden. Bei ihrer Rückkehr in ihre Wohnung am Sonntag, dem 12. September 1993, habe sie die Hinterlegungsanzeige vorgefunden. Am Montag, dem 13. September 1993 habe sie den beim Postamt hinterlegten Bescheid des Landeshauptmannes vom 23. August 1993 behoben. Die Zustellung sei daher erst am 13. September 1993 wirksam geworden; die am 24. September 1993 zur Post gegebene Berufung sei rechtzeitig erhoben worden. Dies sei der belangten Behörde nicht bekannt geworden, weil sie kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; sie vertritt die Auffassung, die Beschwerdeführerin habe in der Berufung nicht vorgebracht, daß sie den Bescheid erst am 13. September 1993 vom Postamt abgeholt habe. Im übrigen seien auch diesfalls noch zehn Tage der Berufungsfrist übrig gewesen. Das Beschwerdevorbringen, die Berufungsfrist habe erst am 13. September 1993 zu laufen begonnen, unterliege dem Neuerungsverbot.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 21 AVG sind Zustellungen nach den Vorschriften des Zustellgesetzes vorzunehmen.
Nach § 17 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ZustG gelten hinterlegte Sendungen mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Sie gelten nach dem folgenden Satz der zitierten Vorschrift nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
In der Beschwerde wird ein dem soeben wiedergegebenen § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG zu subsumierender Sachverhalt unter Vorlage von Bescheinigungsmitteln behauptet. Davon ausgehend wäre nach der zuletzt zitierten Vorschrift die Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes erst am Montag, dem 13. September 1993, wirksam geworden; die Berufung wäre diesfalls innerhalb der bis zum Montag, dem 27. September 1993 offenstehenden Berufungsfrist (vgl. § 63 Abs. 5 in Verbindung mit § 32 Abs. 2 AVG) eingebracht worden.
Die Rechtsfrage, ob eine Berufung rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, ist auf Grund von Tatsachen zu entscheiden, die die Behörde gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen festzustellen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 1990,
Zlen. 90/18/0058, 0059). Der Berufungswerber ist nicht verpflichtet, von vornherein alle Umstände anzuführen, aus denen er die Rechtzeitigkeit seiner Berufung ableitet (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 25. Juni 1992, Zl. 92/09/0156).
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist der Partei Gelegenheit zu geben, vom Ermittlungsergebnis jene Tatsachen betreffend, auf deren Grundlage die Frage der Rechtzeitigkeit oder Verspätung der Berufung zu beantworten ist, Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 88/07/0089). Unterläßt es die Behörde, das Parteiengehör zu wahren, so kann der Berufungswerber ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot den Zustellmangel in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof dartun (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. März 1988, Zl. 88/18/0048). Geht die Behörde von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Berufungswerber vorgehalten zu haben, so hat sie das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29. Oktober 1991, Zl. 91/11/0053, und vom 13. Oktober 1992, Zl. 92/07/0114).
Der belangten Behörde, die die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist der Beschwerdeführerin vor Erlassung des die Berufung zurückweisenden Bescheides nicht vorgehalten hat, ist somit ein Verfahrensfehler unterlaufen, wobei im Hinblick auf die Darlegungen der Beschwerde und die vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Behörde bei Vermeidung des Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
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