Normen
BAO §311 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
FAG 1993 §15 Abs3 Z5;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996 §3;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996 §6 Abs1 lita;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996 §6 Abs3;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996;
F-VG §7 Abs5;
GdO Bgld 1965 §86 Abs3;
LAO Bgld 1963 §232 Abs1;
LAO Bgld 1963 §48;
LeichenbestattungsG Bgld §36 Abs1 Z1;
BAO §311 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
FAG 1993 §15 Abs3 Z5;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996 §3;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996 §6 Abs1 lita;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996 §6 Abs3;
FriedhofsgebührenO Schandorf 1996;
F-VG §7 Abs5;
GdO Bgld 1965 §86 Abs3;
LAO Bgld 1963 §232 Abs1;
LAO Bgld 1963 §48;
LeichenbestattungsG Bgld §36 Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 2. Jänner 1990 begehrte die Beschwerdeführerin die "Verleihung des Benützungsrechtes an einer Grabstelle", die räumlich näher bestimmt beschrieben wurde. Mit Bescheid vom 9. Jänner 1990 wurde diesem Ansuchen stattgegeben und der Beschwerdeführerin das begehrte Benützungsrecht für den Zeitraum von zehn Jahren, beginnend mit 9. Jänner 1990, verliehen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Schachendorf vom 11. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den vorerwähnten Bescheid vom 9. Jänner 1990 eine Grabstellengebühr in der Höhe von S 800,-- vorgeschrieben. Nach dem Akteninhalt wurde diese Gebühr bezahlt.
Mit Antrag, eingelangt beim Gemeindeamt Schachendorf am 22. November 1995 begehrte die Beschwerdeführerin "die Erneuerung des Benützungsrechtes bis 9.1.2020".
Mit Bescheid des für die mitbeteiligte Partei bestellten Regierungskommissärs vom 18. März 1996 wurde diesem Ansuchen gemäß Spruchpunkt a) stattgegeben und das Benützungsrecht an der näher umschriebenen Grabstelle "für den Zeitraum von 20 Jahren, beginnend mit 9. Jänner 2000, erneuert". Mit Spruchpunkt b) des erwähnten Bescheides wurde der Beschwerdeführerin für die Erneuerung des Grabstellenbenützungsrechtes für 20 Jahre die Grabstellenerneuerungsgebühr von S 1.600,-- mit dem Hinweis vorgeschrieben, dass für 10 Jahre die Grabstellenerneuerungsgebühr S 800,-- betrage; die Grabstellenerneuerungsgebühr werde einen Monat nach Zustellung dieses Bescheides fällig.
Die Vorschreibung der Grabstellenerneuerungsgebühr gründe sich auf die Verordnung des mit der Fortführung der Verwaltung der mitbeteiligten Gemeinde bestellten Regierungskommissärs vom 30. Jänner 1996.
Mit Schreiben vom 26. März 1996 erklärte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den erwähnten Bescheid vom 18. März 1996 auf die Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Spruchpunkt a) zu verzichten, jedoch hinsichtlich des Spruchpunktes b) Berufung zu erheben. Die Vorschreibung der Grabstellenerneurungsgebühr sei verordnungswidrig, da die in Rede stehende Grabstelle "ohne Belag" sei.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. September 1996 gab die belangte Behörde der als Vorstellung gewerteten Eingabe der Beschwerdeführerin keine Folge.
Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sie sich durch die Vorschreibung der Grabstellenerneuerungsgebühr wie auch durch die Fälligstellung der vorgeschriebenen Gebühr einen Monat nach Zustellung des Bescheides in ihren Rechten verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Hinblick auf den Umstand, dass den vor der belangten Behörde bekämpften Bescheid ein Regierungskommissär erlassen hat, war zunächst dessen Befugnis hiezu zu überprüfen. § 86 Abs. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung, Landesgesetzblatt Nr. 37/1965, in der hier anzuwendenden Fassung der Gemeindeordnungs-Novelle 1992, Landesgesetzblatt Nr. 55, lautet auszugsweise wie folgt:
"(3) Die Aufsichtsbehörde hat zur Fortführung der Verwaltung der Gemeinde bis zur Angelobung des neu gewählten Bürgermeisters einen Regierungskommissär einzusetzen... Die Tätigkeit des Regierungskommissärs hat sich auf die laufenden oder unaufschiebbaren Angelegenheiten zu beschränken."
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der insoweit inhaltsgleichen Bestimmung der Burgenländischen Gemeindeordnung in der Fassung vor der zitierten Novelle ausgeführt hat (vgl. das Erkenntnis vom 23. April 1993, Zl. 90/17/0229 = VwSlg. 6767/F/1993), zählt etwa die Entscheidung über eine Berufung gegen einen erstinstanzlichen Abgabenbescheid zu den regelmäßig wiederkehrenden, vom Gemeinderat zu behandelnden Angelegenheiten und damit zu den "laufenden Geschäften" im Sinne des § 86 Abs. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung, wenn der Entscheidung keine weit tragende, insbesondere finanzielle Bedeutung für die Gemeinde zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem bezogenen Erkenntnis darüber hinaus ausgeführt, dass der Regierungskommissär die Gemeindegeschäfte unabhängig davon, welchem Gemeindeorgan die Angelegenheit dann in der Regel zusteht, zu besorgen hat und somit gewissermaßen die Kompetenzen aller Gemeindeorgane in sich vereinigt.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher auch im Beschwerdefall davon aus, dass der Regierungskommissär - der in seiner Funktion alle Gemeindeorgane ersetzt und daher gleichsam als Bürgermeister und Gemeinderat entscheidet - zur Erlassung des hier vorliegenden erstinstanzlichen Bescheides zuständig war; gleichzeitig ist mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass die von der Beschwerdeführerin als Berufung bezeichnete Eingabe als Vorstellung zu werten ist. Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über das gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Rechtsmittel im Rahmen der Gemeindeaufsicht zuständig.
Im gegebenen Zusammenhang ist aber noch zu prüfen, ob der Regierungskommissär auch die Verordnung vom 30. Jänner 1996 über die Einhebung der Friedhofsgebühren erlassen durfte, auf die sich der erstinstanzliche Bescheid stützt.
Der Verwaltungsgerichtshof bejaht dies im Beschwerdefall. Bei der durch Beschluss des Gemeinderates erfolgenden Festsetzung von Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Gemeindeanlagen, die - wie etwa ein Friedhof - für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, handelt es sich um die Schaffung materiellen, den Gemeinden zuzurechnenden, Steuerrechts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1992, Zl. 90/17/0415, mwN aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Es liegt nun auf der Hand, dass die Erlassung von Verordnungen in diesem Zusammenhang, wie etwa einer Friedhofsgebührenordnung, zwar in der Regel nicht unter die "laufenden Geschäfte" fallen, wohl aber meist unter den Begriff des "unaufschiebbaren Geschäftes" zu subsumieren sein wird. Ein Untätigbleiben des Regierungskommissärs würde nämlich einen Schaden infolge des Gebührenausfalls für die Gemeinde bedeuten. Auch eine Präjudizierung der künftigen Gemeindeorgane läge zumindest insoweit nicht vor, als es diesen jederzeit möglich ist, eine derartige Verordnung in dem von ihnen gewünschten Sinne abzuändern.
Die Beschwerdeführerin beruft sich vor dem Gerichtshof auf den Wortlaut der eben erwähnten Verordnung vom 30. Jänner 1996, wonach die Grabstellenerneuerungsgebühr für die Dauer von zehn Jahren "für Erdgräber mit einfachem Belag" S 800,-- betrage. Sie leitet daraus ab, dass eine Grabstellenerneuerungsgebühr nur dann eingehoben werden dürfe, wenn die Grabstelle belegt sei; dies sei jedoch im Beschwerdefall nicht gegeben.
§ 1 der zitierten Verordnung zählt die Arten der Friedhofsgebühr und darunter unter lit. b die Grabstellenerneuerungsgebühr auf. Die Höhe der Grabstellenerneuerungsgebühr regelt § 3:
"Für die Erneuerung der Benützungsrechte an Grabstellen in der Dauer von weiteren 10 (zehn) Jahren beträgt die (Erneuerungs-)Gebühr
a) für Erdgräber mit einfachem Belag S 800,--
b) für Erdgräber mit mehrfachem Belag oder
Doppelgräber S 1.600,--
c) für gemauerte Grabstellen (Grüfte) mit einfachem
Belag S 3.000,--
d) für gemauerte Grabstellen (Grüfte) mit mehrfachem
Belag S 6.000,--
e) für Aschengrabstellen mit einfachem Belag S 800,--
f) für Aschengrabstellen mit mehrfachem Belag S 1.600,--"
Nach § 6 Abs. 1 lit. a der Verordnung entsteht die Gebührenschuld bei der Grabstellenerneuerungsgebühr mit der Erneuerung des Benützungsrechtes. Nach Abs. 2 leg. cit. wird die Grabstellenerneuerungsgebühr jeweils pro Jahr zum 30. September eines jeden Jahres mit einem Zehntel des vorgeschriebenen Betrages fällig.
Abs. 3 verpflichtet denjenigen zur "Errichtung" (richtig wohl: Entrichtung) der Grabstellenerneuerungsgebühr, "dem das Benützungsrecht an der Grabstelle, in der die Leiche bestattet oder die Urne beigesetzt wird oder ist, zukommt".
Schon aus der zuletzt erwähnten Bestimmung folgt, dass der Verordnungsgeber auch den Fall bedacht hat, dass eine Bestattung oder Beisetzung noch nicht erfolgt ist, sondern diese erst erfolgen wird. Auch in diesem Fall hat er zur Entrichtung der Grabstellenerneuerungsgebühr denjenigen verpflichtet, dem das Benützungsrecht an der Grabstelle zukommt. Die Wendung "Erdgräber mit einfachem Belag" in § 3 leg. cit., auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, ist daher so zu verstehen, dass damit nicht nur die erfolgte, sondern auch die beabsichtige Verwendung der Grabstelle beschrieben werden soll.
Für die hier vorgenommene Interpretation spricht auch das Burgenländische Leichen- und Bestattungswesengesetz, Landesgesetzblatt Nr. 16/1970, dessen § 36 die Arten der Grabstellen aufzählt. Nach Abs. 1 Z. 1 leg. cit. sind Grabstellen, an denen Benützungsrechte verliehen werden, unter anderem (sprachlich präziser) Erdgräber für einfachen oder mehrfachen Belag. Im Zweifel kann nun nicht davon ausgegangen werden, dass die vorhin bezogene Verordnung vom 30. Jänner 1996 hier eine vom Gesetz abweichende Unterscheidung treffen wollte.
Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Mit dem Bescheid vom 18. März 1996 wurde - wie erwähnt - in dessen Spruchpunkt I das Benützungsrecht für den Zeitraum von 20 Jahren erneuert und im Spruchpunkt 2 für diese Erneuerung für 20 Jahre eine Grabstellenerneuerungsgebühr von S 1.600,-- vorgeschrieben. In der Folge hat sich die Beschwerdeführerin nicht gegen die antragsgemäße Erneuerung um den Zeitraum von 20 Jahren (Spruchpunkt a), sondern nur gegen die Gebührenvorschreibung des Spruchpunktes b) gewandt. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher zunächst einmal davon aus, dass hinsichtlich der Erneuerung infolge Teilbarkeit des Entscheidungsgegenstandes und Bescheidspruches im nichtangefochtenen Umfang Rechtskraft eingetreten ist.
Nach der bereits erwähnten Verordnung vom 30. Jänner 1996 ist jedoch eine Verlängerung der Grabstelle für die Dauer von höchstens 10 Jahren vorgesehen; auch die in der Verordnung geregelte Vorschreibung einer Grabstellenerneuerungsgebühr umfasst ausschließlich diesen Zeitraum von 10 Jahren. Die im Bescheid vom 18. März 1996 vorgenommene Gebührenbemessung für einen Zeitraum von 20 Jahren entbehrt daher einer rechtlichen Grundlage.
Zutreffend wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Bestimmung der Fälligkeit der Gebühr mit einem Monat nach Zustellung des Bescheides vom 18. März 1996. Aus der mehrfach erwähnten Verordnung vom 30. Jänner 1996 folgt nämlich (§ 6 Abs. 2), dass die Grabstellenerneuerungsgebühr jeweils pro Jahr zum 30. September eines jeden Jahres mit einem Zehntel des vorgeschriebenen Betrages fällig wird. Auch insoweit entspricht der Bescheid vom 18. März 1996 nicht der ihm als Grundlage dienenden Verordnung.
Dadurch, dass die belangte Behörde die hier dargelegten Rechtswidrigkeiten im bekämpften Bescheid nicht aufgegriffen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Aus den dargestellten Erwägungen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, dass als Barauslagenersatz (Stempelgebührenaufwand) der Betrag von S 420,-- zusteht und Schriftsatzaufwand nicht gebührt, weil die Beschwerde zwar von einem Rechtsanwalt gefertigt wurde, dieser aber die Beschwerdeführerin vor dem Gerichtshof nicht vertritt (§ 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997).
Wien, am 17. Mai 1999
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