Normen
AVG §56;
BAO §4 Abs1;
BAO §78 Abs3;
BAO §92 Abs1;
MOG 1985 §78 Abs1;
MOG 1985 §79 Abs2 idF 1993/969;
MOG 1985 §79;
MOG 1985 §91c Abs1 Z4 idF 1993/969;
MOG/ViehWGNov 1993;
VwRallg;
AVG §56;
BAO §4 Abs1;
BAO §78 Abs3;
BAO §92 Abs1;
MOG 1985 §78 Abs1;
MOG 1985 §79 Abs2 idF 1993/969;
MOG 1985 §79;
MOG 1985 §91c Abs1 Z4 idF 1993/969;
MOG/ViehWGNov 1993;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.340,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer stand als Verfügungsberechtigten über einen landwirtschaftlichen Betrieb eine Einzelrichtmenge zu. In den Wirtschaftsjahren 1986 und 1987 bis einschließlich 1991/92 lieferte der Beschwerdeführer nicht nur an den für ihn zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb Milch, sondern lieferte an den Betrieb L auch Magermilch für die Graukäseerzeugung.
Nach Bekanntwerden dieser Vorgangsweise leitete der Milchwirtschaftsfonds ein (später von der Agrarmarkt Austria fortgeführtes) Verfahren betreffend die allfällige Vorschreibung von allgemeinem Absatzförderungsbeitrag, zusätzlichem Absatzförderungsbeitrag und Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien ein. In diesem Verfahren nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. Jänner 1994 zu den ihm mitgeteilten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung. Der Beschwerdeführer führte in diesem Schreiben unter anderem aus, dass er bei der Lieferung von Magermilch an den Betrieb L geglaubt habe, "im Rahmen der Direktvermarktung zu agieren". Er vertrete die Auffassung, dass Magermilch nicht unter "Kuhmilch, frisch, weder eingedickt noch gezuckert" subsumiert werden könne. Sei die Abgabe von Magermilch als "Milchlieferung" zu werten, bzw. würden Absatzförderungsbeiträge und die Refundierung von Lieferrücknahmeprämien vorzuschreiben sein, hätte die vorhandene Richtmenge zunächst ("gewichtet" Magermilch zu Vollmilch) "aufgefüllt zu werden". Nur die über die Richtmenge hinausgehenden Milchmengen hätten eventuell belastet zu werden. Die Inrechnungstellung von zusätzlichen und allgemeinen Absatzförderungsbeiträgen sowie die Abrechnung von Lieferrücknahmeprämien sei nur auf die taxativ angeführten Milchprodukte anzuwenden. Der Beschwerdeführer beantragte in diesem Zusammenhang, "eventuell durchzuführende Nachverrechnungen (bzw.
Rückverrechnungen) auf meine gesamte Richtmenge abzurechnen".
Auf Grund dieser Stellungnahme stellte die belangte Behörde
mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides fest:
"Die im Zeitraum 'Juli 1986 bis einschließlich Mai 1992' vom
LWB des M von der Graukäserei Eduard L ... übernommene
Magermilchmenge von insgesamt rund 21.394 Liter darf nicht auf die dem M zustehende o.a. ERM verrechnet werden."
Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde der Betrag von S 24.316,50 an vom zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb an den Beschwerdeführer gezahlten Lieferrücknahmeprämien in den Jahren 1988/89, 1989/90 und 1991/92 vom Beschwerdeführer zurückgefordert.
Begründend verweist die belangte Behörde zunächst auf eine Reihe von Bestimmungen des MOG. So stellt sie unter anderem fest, dass gemäß § 69 Z 1 und 2 MOG im Sinne des Abschnittes D "Absatzförderung im Bereich der Milchwirtschaft"
- Milch: Kuhmilch, frisch weder eingedickt noch gezuckert und
- Erzeugnisse aus Milch: Rahm, Butter und Käse (einschließlich Topfen)
seien.
Gemäß § 72 MOG bemäßen sich die Beiträge nach dem Kilogramm Eigengewicht der übernommenen Milch und Erzeugnisse aus Milch; Rahm sei hiebei mit 1 : 7, Topfen mit 1 : 8, Butter mit 1 : 23 und Käse (ausgenommen Topfen) mit 1 : 13 auf Kilogramm Milch umzurechnen. Hingewiesen wird auch auf § 78 Abs. 3 MOG, dem zufolge die Veräußerung von Milch und Erzeugnissen aus Milch an eine andere Person als den zuständigen Be- und Verarbeiter der Milchlieferung an diesen und der Übernahme durch diesen gleichzuhalten sei. Gemäß Art. II Z 45 der ersten MOG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 380/1991, sei § 78 Abs. 3 MOG entfallen, dieses Bundesgesetz sei gemäß Art. IV dieser Novelle mit Wirkung vom 1. Juli 1991 in Kraft getreten. Gemäß § 73 Abs. 13 MOG seien bereits geleistete freiwillige Lieferrücknahmeprämien zurückzufordern, wenn durch unrichtige oder unvollständige Angaben bewirkt werde, dass die freiwilligen Lieferrücknahmeprämien geleistet oder in zu hohem Ausmaß geleistet worden seien. Abschließend wird auch noch auf die Zuständigkeit (insbesondere auf den Zuständigkeitsübergang von den Organen des Milchwirtschaftsfonds auf die Organe der Agrarmarkt Austria) eingegangen.
Hinsichtlich der Rechtsgrundlage für die Rückforderung wird auf § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993 verwiesen, dem zufolge bei einer Nachforderung des allgemeinen Absatzförderungsbeitrages oder des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages oder bei einer Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien der Milcherzeuger oder sein Rechtsnachfolger Schuldner des Nachforderungs- oder Rückforderungsbetrages (sofern die Nachforderung oder Rückforderung nicht zumindest teilweise auch auf eine Mitbeteiligung des Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes zurückzuführen ist) sei.
Nach Wiedergabe der von der belangten Behörde festgestellten konkreten gelieferten Milchmengen und der ausbezahlten freiwilligen Lieferrücknahmeprämien durch den zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb sowie Ausführungen zum allgemeinen und zum zusätzlichen Absatzförderungsbeitrag und dessen Überwälzung durch den Be- und Verarbeitungsbetrieb auf den Milcherzeuger wird ausgeführt, dass die Einzelrichtmenge nur beim zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb zur Anwendung komme und die Verrechnung der vom unzuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb übernommenen Milch auf die beim zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb zustehende Einzelrichtmenge unzulässig sei, weil der zusätzliche Absatzförderungsbeitrag auch alle jene Milchmengen erfasse, die ein anderer als der zuständige Be- und Verarbeitungsbetrieb vom Milcherzeuger übernehme. Der Betrieb L besitze kein Einzugsgebiet. Da der unzuständige Be- und Verarbeitungsbetrieb L Magermilchmengen vom Beschwerdeführer übernommen habe, seien für die im Bescheid angegebenen Milchmengen in noch festzulegender Höhe allgemeiner und zusätzlicher Absatzförderungsbeitrag zu entrichten, die mit gesondertem Bescheid vorgeschrieben würden.
Zur Rücknahme der freiwilligen Lieferrücknahmeprämien wird zunächst auf § 78 Abs. 3 MOG verwiesen. Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenansprüchen sei § 78 Abs. 3 MOG für die Wirtschaftsjahre bis 1990/91 anzuwenden. Für das Wirtschaftsjahr 1991/92 wird auf Grund einer Sinninterpretation abgeleitet, dass die an den Betrieb L gelieferten Mengen an Magermilch bei der Berechnung der zurückzufordernden Rücknahmeprämien zu berücksichtigen seien. Unter der Überschrift "Erwägungen der AMA" wird sodann resümiert, dass die Einzelrichtmenge nur im Rahmen der Milchübernahme beim zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb zur Anwendung gelange und die vom unzuständigen Betrieb L vom Beschwerdeführer übernommene Magermilchmenge nicht auf die dem Beschwerdeführer "beim zuständigen Be- und Verarbeitungsbetrieb zustehende Einzelrichtmenge" verrechnet werden könne. Im Hinblick auf § 78 Abs. 3 MOG bzw. die von der Behörde näher dargestellte Auslegung der Rechtlsage auf Grund des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 380/1991 seien die freiwilligen Lieferrücknahmeprämien vom Beschwerdeführer zurückzufordern gewesen. Auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 24. Jänner 1994 sei daher "das gegenständliche Rechtsverhältnis spruchgemäß festzustellen" gewesen.
Die im Wirtschaftsjahr 1988/89 und in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren entstandenen Ansprüche der AMA auf Rückforderung von freiwilliger Lieferrücknahmeprämie seien noch nicht verjährt. Anhaltspunkte, dass die Rückforderung auf eine Mitbeteiligung des zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes zurückzuführen sei, hätten nicht gefunden werden können. Gemäß § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993 sei daher spruchgemäß vorzugehen gewesen (der Anspruch auf die Rückforderung der freiwilligen Lieferrücknahmeprämie für das Wirtschaftsjahr 1987/88 sei verjährt).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 14. Juni 1994, B 808/94, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im Recht, entrahmte Milch bzw. Magermilch unabhängig und frei von den Bestimmungen des Abschnittes D, Absatzförderung im Bereiche der Milchwirtschaft, §§ 69 bis 86 MOG, an wen immer zu liefern, ohne durch diese Magermilchlieferungen im Anspruch auf Einbehalt der Lieferrücknahmeprämie verletzt zu werden. Durch die Rückforderung der Lieferrücknahmeprämien werde der Beschwerdeführer auch in seinem Eigentumsrecht auf diesen Geldbetrag verletzt. Soweit Magermilchlieferungen tatsächlich den Bestimmungen des Abschnittes D über die Absatzförderung im Bereich der Milchwirtschaft zuzurechnen seien, werde der Beschwerdeführer in seinem Recht, die gelieferte Magermilchmenge auf die ihm gegen den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zustehende Einzelrichtmenge anzurechnen, geschmälert.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Der Beschwerdeführer hat auf die Gegenschrift repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides:
Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde "hinsichtlich" des Beschwerdeführers "auf Grund seines Antrags vom 24. Jänner 1994 (auf Anrechnung der eventuell durchzuführenden Nach- bzw. Rückverrechnungen auf alle ihm zur Verfügung stehenden ERM bzw. ERM-Teile)" die oben wörtlich wiedergegebene Feststellung getroffen.
Die belangte Behörde hat damit die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 24. Jänner 1994 im Rahmen des Parteiengehörs als Anträge auf Erlassung eines Feststellungsbescheids verstanden.
Abgesehen davon, ob die Formulierungen in der genannten Stellungnahme des Beschwerdeführers tatsächlich dahingehend gedeutet werden konnten, dass er die Erlassung eines eigenen Feststellungsbescheides begehre, ist zur Frage der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides Folgendes festzuhalten:
Nach Lehre und Rechtsprechung kann mangels besonderer gesetzlicher Anordnung ein Feststellungsbescheid nur dann über Rechte oder Rechtsverhältnisse ergehen, wenn dies von einer Partei beantragt wird, diese ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und es sich um ein notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt oder wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 18. April 1986, Zl. 86/17/0069, oder vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0008). Wie der Verwaltungsgerichtshof auch im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden hinsichtlich von Rechten und Rechtsverhältnissen auf dem Gebiet der Marktordnung ausgesprochen hat, ist eine Feststellung in dem oben dargestellten Sinn dann nicht ein notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung, wenn über die im Feststellungsbescheid behandelte Rechtsfrage in einem eigenen Verfahren abzusprechen ist (vgl. das bereits genannte Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0008, im Zusammenhang mit der Rückforderung von Hartkäsetauglichkeitszuschlag vom Be- und Verarbeitungsbetrieb, oder das hg. Erkenntnis vom 22. November 1996, Zl. 92/17/0207).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in den oben genannten Erkenntnissen ausgeführt hat, kommt dem Milcherzeuger auch im Verfahren über die Entrichtung von Absatzförderungsbeiträgen, die dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb vorgeschrieben werden sollen, gemäß § 78 Abs. 3 BAO Parteistellung zu. Gleichermaßen hätte der Beschwerdeführer Parteistellung in einem Verfahren zur Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb. Gleichgültig, ob die Rückforderung von Lieferrücknahmeprämien gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu erfolgen gehabt hätte (siehe unten, 2.) oder ob die Rückforderung tatsächlich dem Beschwerdeführer gegenüber ausgesprochen werden konnte, stand jedenfalls ein Verfahren zur Verfügung, in dem über die Frage, die die Behörde zum Gegenstand einer bescheidmäßigen Feststellung genommen hat, abzusprechen war.
Auch der Umstand, dass die belangte Behörde die Rückforderung an Lieferrücknahmeprämie dem Beschwerdeführer gegenüber ausgesprochen hat, vermag daher an dem Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer im Sinne der dargestellten Rechtsprechung kein Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides hatte.
Aus diesen Gründen war Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
2. Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides:
Mit Spruchpunkt 2. wurden vom Beschwerdeführer die für die Jahre 1988/89, 1989/90 und 1991/92 geleisteten Lieferrücknahmeprämien in der Höhe von S 24.316,50 zurückgefordert.
Diese Rückforderung wurde auf § 79 Abs. 2 MOG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 969/1993 gestützt.
§ 79 Abs. 2 MOG trat nach § 91c Abs. 1 Z 4 MOG 1985 in der Fassung BGBl. Nr. 969/1993 mit 1. Jänner 1994 in Kraft. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Mai 1997, Zl. 96/17/0459, ausgesprochen hat, enthält diese Novelle keine Bestimmung, der zufolge die Vorschrift auf frühere Zeiträume anzuwenden wäre. Demnach war § 79 Abs. 2 MOG nur auf Abgabenzeiträume ab dem 1. Jänner 1994 anzuwenden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis ausgeführt hat, hat die Rückforderung im Falle des Entstehens des Abgabenanspruches vor dem 1. Jänner 1994 gegenüber dem Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu erfolgen.
Der angefochtene Bescheid war daher auch hinsichtlich seines Spruchpunktes 2. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelgebührenaufwand für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sowie die eigens angesprochene Umsatzsteuer, die in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung bereits enthalten ist.
Wien, am 18. Oktober 1999
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