VwGH 98/05/0170

VwGH98/05/017024.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Georg Aichhorn in Villach, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Kramer, Rechtsanwalt in Villach, Italiener Straße 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 15. Juli 1998, Zl. 8 B - BRM 244/1/1998, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadt Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs2;
ROG Tir 1994 §109 impl;
VwRallg;
BauRallg;
GdPlanungsGNov Krnt 1994 Art2 Abs2;
ROG Tir 1994 §109 impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 10. Februar 1995, eingelangt bei der mitbeteiligten Partei am 21. Februar 1995, beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kleintierunterstandes und eines Hundezwingers sowie die Änderung des in Holzriegelbauweise seinerzeit errichteten und genehmigten Objektes "Viehunterstand und Schuppen" durch Um- und Zubau an Wohn- und Stallteilen sowie Hundewurfboxen bei gleichzeitiger teilweiser Änderung des Verwendungszweckes in Wohnnutzung. Nach Vorhalt eines Sachverständigengutachtens hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 30. Juni 1995 die Raumbezeichnungen geändert, die Kubatur wurde nicht verringert.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 1995 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei diesen Antrag abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die vom Beschwerdeführer in der Absicht einer nachträglichen baurechtlichen Sanierungsbewilligung beantragten Baulichkeiten kämen zur Gänze auf Grundstücken zu liegen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Grünland - für Landwirtschaft bestimmte Flächen" ausgewiesen seien. Eine zusätzliche gesonderte Festlegung als "Hofstelle" sei nicht vorhanden. Der Amtssachverständige sei nach Vornahme eines Augenscheines in seinen gutachterlichen Ausführungen für die Behörde schlüssigerweise zum Ergebnis gelangt, daß die Schafhaltung grundsätzlich als landwirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden könne. Bei der Haltung von zehn Mutterschafen sei der Ertrag mit 13.000 S im Jahr beziffert worden. Die Haltung von vier Zwergziegen und auch eines Esels könne wegen der fehlenden Gewinnabsicht nicht als landwirtschaftliche Tätigkeit, sondern als Liebhaberei betrachtet werden. Es sei kein "originärer landwirtschaftlicher Zusammenhang" zwischen der Gebrauchshundezucht des Beschwerdeführers mit seiner als landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit anzuerkennenden Schafhaltung erkennbar. Der landwirtschaftliche Sachverständige habe zwar im Hinblick auf die notwendige Betreuung der Schafe als Nebenerwerbslandwirt in den frühen Morgen- und Abendstunden die Errichtung eines Aufenthaltsraumes, der eine Schlafstelle inkludiere, sowie einer Sanitäranlage als erforderlich erachtet, eine solche Einschränkung habe der Bauwerber aber durch seine Projektsänderung nicht vorgenommen. Die über den genehmigten Bestand hinausgehende Objektnutzung als Wohnteil sei vom Verwendungszweck her insgesamt nicht erforderlich und stehe im Widerspruch zur Kategorie Grünland-Landwirtschaft.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat der Stadtsenat der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 15. Mai 1996 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Juli 1998 keine Folge gegeben. Nach Ansicht der belangtem Behörde würde die beantragte Baulichkeit dem Flächenwidmungsplan widersprechen, zumal für die Errichtung einer Hofstelle für die Landwirtschaft eine gesonderte Widmung erforderlich sei, die für die gegenständlichen Grundstücksflächen nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid wurde darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer die Baulichkeit als Hofstelle im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a des Gemeindeplanungsgesetzes 1995 projektiert habe. Dies widerspreche jedoch eindeutig dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde, der eine Sonderwidmung als "Hofstelle" für die gegenständlichen Grundflächen nicht aufweise.

Der gegenständliche Flächenwidmungsplan stammt aus dem Jahre 1982. Nach dem Gemeindeplanungsgesetz, LGBl. Nr. 51/1982, war gemäß § 3 Abs. 3 das Grünland für die Errichtung derjenigen Gebäude bestimmt, die insbesondere auch im Hinblick auf ihre Situierung erforderlich und spezifisch sind, und zwar a) für eine Nutzung als Grünland, das für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt ist; b) für eine der gemäß Abs. 2 gesondert festgelegten Nutzungsarten. Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. waren im Grünland alle Flächen gesondert festzulegen, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft sondern für Gärtnereien und landwirtschaftliche Produktionsstätten industrieller Prägung bestimmt waren. Ein Erfordernis der Festsetzung bestimmter Flächen für Hofstellen war nicht vorgesehen. Mit der Novelle LGBl. Nr. 105/1994 wurde § 3 Abs. 2 des Gemeindplanungsgesetzes geändert. Die Bestimmung des § 3 Abs. 2 lit. a leg. cit. lautete wie folgt:

"(2) Im Grünland sind alle Flächen gesondert festzulegen, die - ausgenommen solche nach lit. a und lit. b - nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und die nicht zum Ödland gehören, wie insbesondere Flächen für

a) die Errichtung von Gebäuden samt dazugehörigen baulichen Anlagen für Hofstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe mit zeitgemäßer herkömmlicher Produktions- und Erwerbsform;"

Die Novelle LGBl. Nr. 105/1994 enthält folgende Übergangsbestimmungen:

"Artikel II

(1) Dieses Gesetz tritt am 31. Dezember 1994 in Kraft.

(2) Festlegungen in bestehenden Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprechen, sind, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird, längstens bis zum 31. Dezember 1999 an die durch dieses Gesetz geänderte Rechtslage anzupassen.

(3) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitete Verfahren zur Erlassung oder Änderung von Flächenwidmungsplänen oder Bebauungsplänen sind entsprechend dem jeweiligen Verfahrensstand nach der geänderten Rechtslage weiterzuführen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird.

(4) Verfahren zur Änderung von Flächenwidmungsplänen im vereinfachten Verfahren (§ 9a) dürfen erst mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet werden.

(5) Die Genehmigung von Flächenwidmungsplänen oder Bebauungsplänen, die vom Gemeinderat bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beschlossen worden sind, hat nach der zum Zeitpunkt dieser Beschlußfassung geltenden Rechtslage zu erfolgen.

(6) Gebiete, die in bestehenden Flächenwidmungsplänen als "gemischte Baugebiete" festgelegt sind, dürfen als solche bestehen bleiben, wenn sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes teilweise oder zur Gänze widmungsgemäß bebaut sind. Ist ihre Bebauung bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt, ist für solche Gebiete innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine der durch dieses Gesetz geänderten Rechtslage entsprechende Widmung festzulegen."

Infolge der Wiederverlautbarung des Gemeindeplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 23/1995, ist die Bestimmung des bisherigen § 3 nun im Gemeindeplanungsgesetz 1995 als dessen § 5 enthalten.

Der Regelungsinhalt von Flächenwidmungsplänen richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes (hier: Gemeindeplanungsgesetzes) zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens, nicht nach später abgeänderten Bestimmungen, es sei denn, die Übergangsbestimmungen sähen eine andere Regelung vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1987, Zl. 86/06/0081, u.v.a.). In einem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1996, Zl. 95/06/0134, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 ausgesprochen, daß dessen § 109, wonach die in Flächenwidmungsplänen nach § 10 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 festgelegten Widmungen als Widmungen dieses Gesetzes gelten, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt sei, dahingehend zu verstehen sei, daß die Änderung des Inhaltes von Flächenwidmungsplänen, die vor Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 erlassen wurden, bewirkt wird. Zur oberösterreichischen Raumordnungsgesetznovelle 1996, LGBl. Nr. 78, hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund diesbezüglicher Übergangsbestimmungen ausgeführt, daß auch der Oberösterreichische Landesgesetzgeber das Raumordnungsgesetz 1994 so verstanden wissen wollte, daß eine Änderung des Inhaltes von Flächenwidmungsplänen, die vor Inkrafttreten des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 erlassen wurden, bewirkt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/05/0140). Eine mit dem § 109 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 vergleichbare Übergangsbestimmung kann der Übergangsbestimmung zur Novelle LGBl. für Kärnten Nr. 105/1995 nicht entnommen werden, sodaß grundsätzlich die Zulässigkeit von Bauvorhaben anhand der Bestimmung jenes Gemeindeplanungsgesetzes zu beurteilen ist, das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes durch den Gemeinderat in Geltung stand. Abs. 2 des Art. II LGBl. Nr. 105/1994 enthält die Anordnung an die Gemeinden, Festlegungen in bestehenden Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprechen, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, längstens bis zum 31. Dezember 1999 an die durch dieses Gesetz geänderte Rechtslage anzupassen. Auch aus dieser Bestimmung ist ableitbar, daß, solange bestehende Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne nicht geändert wurden, längstens bis zum 31. Dezember 1999 die bisherigen Festlegungen in bestehenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen verbindlich sind.

Da nach dem Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1982 eine Festsetzung von Hofstellen nicht erforderlich war, findet der von den Baubehörden und der Aufsichtsbehörde herangezogene Versagungsgrund in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadt vom 15. Mai 1996 maßgeblichen Rechtslage keine Deckung.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. November 1998

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