VwGH 97/05/0140

VwGH97/05/014028.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Josef Landschützer in Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. September 1995, Zl. BauR-011535/1-1995 Gr/Lan, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Wilhering, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
ROG OÖ 1994 §39 Abs1;
ROGNov OÖ 1996 Art1;
VwRallg;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §39 Abs1;
ROGNov OÖ 1996 Art1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 84/05/0171, verwiesen. Mit diesem wurde eine Beschwerde des Beschwerdeführers gegen einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag betreffend ein konsenslos errichtetes Gartenhaus auf dem Grundstück Nr. 204/2, KG Dörnbach, abgewiesen.

Mit Ansuchen vom 5. März 1992 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der (nachträglichen) Baubewilligung für eine "Betriebshütte für Kleinlandwirtschaft" auf dem Grundstück Nr. 204/2. In dem Ansuchen wurde darauf hingewiesen, daß die Kleinlandwirtschaft aus den im Eigentum des Beschwerdeführers bestehenden Grundstücken Nr. 204/2, Nr. 214/4 (Fischteich) und aus den langfristig gepachteten Grundstücken Nr. 204/1 (Teilfläche), Nr. 204/3 und Nr. 203/1 (Teilfläche) für Dam- und Rotwild-Gehege bestehe. Das Baugesuch sieht die Errichtung einer 53 m2 großen Hütte, beinhaltend einen Vorraum, einen 1,70 m2 großen Abstellraum, einen Sanitärraum mit 3,68 m2, eine Kochnische von 5,5 m2, einen Lagerraum von 8,12 m2, sowie ein Zimmer von 19,25 m2, vor. Das Grundstück liegt nach dem maßgeblichen Flächenwidmungsplan im Grünland. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde holte ein Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom 11. Jänner 1993 ein, wonach die fischereiwirtschaftliche Tätigkeit und die Haltung von ca. 5 Stück Damwild zwar grundsätzlich als landwirtschaftliche Tätigkeiten anzuerkennen seien, das auf dem Grundstück bereits befindliche Wochenendhaus jedoch zu diesen Tätigkeiten keinerlei Beziehung aufweise. Vielmehr weise dieses bereits vor einiger Zeit errichtete Objekt alle Merkmale eines typischen Wochenendhauses auf, dessen Errichtung keinesfalls durch die Ausnahmebestimmung des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes begründet werden könne. Im Gutachten vom 14. Dezember 1992 zur Fischerei wird ausgeführt, daß auf dem Grundstück, auf dem sich die Teichanlage befinde, eine kleine, pavillonartige Hütte mit einer Grundfläche von 3 bis 4 m2 errichtet worden sei, die aus fischereifachlicher Sicht alle den Teich betreffenden Belange (Teichbewirtschaftung, Teichpflege und Vermarktung der produzierten Fische) abdecke. Zur Bewirtschaftung des Teiches sei es nicht notwendig, die beantragte Hütte zu errichten, da die pavillonartige Hütte völlig ausreiche.

In einem weiteren Gutachten vom 29. März 1994 führte der agrartechnische Amtssachverständige aus, daß auf den errichteten, verzinkten Maschendrahtzaun mit einer Länge von 530 m Errichtungskosten von ca. S 150.000,--, davon ca. S 60.000,-- auf Material und S 90.000,-- auf Montage, entfielen. Bei der geplanten extensiven Haltung von vier bis fünf Damtieren pro Jahr ergebe dies einen Deckungsbeitrag von etwa S 5.000,-- bis S 8.000,--; das bedeute, daß der Deckungsbeitrag bereits von den fixen Zaunkosten verbraucht werde. Es sei daher festzustellen, daß die Haltung von Damwild in diesem Umfang nicht eine landwirtschaftliche Betriebsführung darstelle, sondern dem Hobby zuzuordnen sei. Es könne daher auch das errichtete und im Vorgutachten beschriebene Wochenendhaus nicht als zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörig und schon gar nicht als für die Haltung dieser Damtiere notwendig angesehen werden.

Der Beschwerdeführer äußerte sich am 18. Mai 1994 zu diesen Gutachten ablehnend, insbesondere führte er aus, daß er derzeit acht Tiere besitze, wovon vier Tiere trächtig seien, angestrebt seien ca. maximal 15 Tiere (inklusive Jungtiere). Futtermittel würden von ihm selbst produziert, dazu stünden ihm nicht nur die angeführten Grundstücke, sondern drei weitere, ihm bzw. seiner Frau gehörige Grundstücke außerhalb des Gemeindegebietes (teilweise mit Obstbaumbestand) zur Heu- und Äpfelgewinnung zur Verfügung. In der dieser Stellungnahme vom 18. Mai 1994 angeschlossenen Parie des Einreichplanes ist zur Raumverwendung bezüglich des 19,25 m2 großen Zimmers angeführt: "Umkleide- und Aufenthaltsraum".

In einem daraufhin eingeholten weiteren Gutachten vom 21. Juli 1994 erklärte der agrartechnische Sachverständige, bei einer Haltung von maximal 15 Damtieren und dem daraus resultierenden Deckungsbetrag von etwa S 15.000,-- bis S 24.000,-- könne nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb gesprochen werden. Zum Zwecke der Beweidung der Grundfläche durch das Damwild könne agrarfachlich lediglich eine einfache Wildunterstandsmöglichkeit als Witterungsschutz mit einer kleinen Futterlagermöglichkeit zur allfälligen notwendigen Zufütterung als angemessen zugestanden werden. Gerade die Haltung von Damwild in einem Gatter benötige keinesfalls die ständige Anwesenheit von Betreuungspersonal und damit auch keine Wohnmöglichkeit.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 7. Oktober 1994 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Betriebshütte abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der vom Beschwerdeführer angestrebte Betrieb könne nicht als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 bezeichnet werden. Daher könne auch die Hütte nicht als zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörig und schon gar nicht als für die Haltung der Damtiere und zur Teichbewirtschaftung notwendig angesehen werden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, daß der Zaun wesentlich billiger gewesen sei, da er ihn selbst errichtet habe. Die Materialkosten hätten sich auf S 80.000,-- belaufen. Der erzielbare Deckungsbeitrag aus der Fischzucht betrage jährlich mindestens S 20.000,--

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 15. Mai 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 7. Oktober 1994 als unbegründet abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. September 1995 abgewiesen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. Februar 1997, B 3254/95-6, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das zu bebauende Grundstück liegt nach dem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde im Grünland. Im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des Gemeinderates vom 6. April 1995, nämlich am 15. Mai 1995 gehörte das bereits mit 1. Jänner 1994 in Kraft getretene oberösterreichische Raumordnungsgesetz 1994 dem Rechtsbestand an; dieses hat der Gemeinderat seiner Entscheidung zugrundegelegt. Mit der Novelle LGBl. Nr. 78/1996 vom 4. Juli 1996 wurde unter Art. I festgesetzt, daß § 39 Abs. 1 des o.ö. Raumordnungsgesetzes 1994 wie folgt lautet:

"(1) Am 31. Dezember 1993 rechtswirksam bestehende Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne, Bebauungspläne und Teilbebauungspläne gelten als Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne oder Bebauungspläne im Sinne des o. ö. Raumordnungsgesetzes 1994. Für die in solchen Flächenwidmungsplänen festgelegten Widmungen gelten die entsprechenden Umschreibungen und Bestimmungen des

o. ö. Raumordnungsgesetzes 1994 sowie der gemäß § 21 Abs. 3 erlassenen Verordnungen."

Der Regelungsinhalt von Flächenwidmungsplänen richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes zum Zeitpunkt der Beschlußfassung durch den Gemeinderat, nicht nach später abgeänderten Bestimmungen, es sei denn, die Übergangsbestimmungen sähen eine andere Regelung vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1987, Zl. 86/06/0081, BauSlg. 911, sowie vom 16. September 1997, Zl. 97/05/0185). Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. März 1996, Zl. 95/06/0134, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 ausgesprochen, daß dessen § 109, wonach die in Flächenwidmungsplänen nach § 10 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 festgelegten Widmungen als Widmungen dieses Gesetzes gelten, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt sei, dahingehend zu verstehen sei, daß die Änderung des Inhaltes von Flächenwidmungsplänen, die vor Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 erlassen wurden, bewirkt wird. Die O.ö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1996, LGBl. Nr. 78, stellt klar, daß auch der oberösterreichische Landesgesetzgeber das Raumordnungsgesetz 1994 so verstanden wissen will, daß eine Änderung des Inhaltes von Flächenwidmungsplänen, die vor Inkrafttreten des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 erlassen wurden, bewirkt wird.

Gemäß § 30 Abs. 1 des oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 sind alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen als Grünland zu widmen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen.

Abs. 5 dieser Bestimmung lautet wie folgt:

"(5) Im Grünland dürfen nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs. 2 bis 4). Auszugshäuser dürfen, soweit die Wohnbedürfnisse im Rahmen des Ausgedinges nicht im land- und forstwirtschaftlichen Hauptgebäude sichergestellt werden können oder ein Zubau nicht möglich ist, nur im unmittelbaren Nahbereich der land- und forstwirtschaftlichen Wohn- oder Wirtschaftsgebäude errichtet werden; die Ver- und Entsorgung muß sichergestellt sein. Die Eröffnung einer eigenen Einlagezahl für das Auszugshaus im Grundbuch ist unzulässig; § 7 Abs. 6 O.ö. Bauordnung gilt sinngemäß."

Im Beschwerdefall ist daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zu prüfen, ob die Bauten und Anlagen nötig sind, um das Grünland bestimmungsgemäß zu nutzen. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer als Nebenerwerbsbauer anzusehen ist, da selbst im Falle der Bejahung dieser Frage, wie aus den eingeholten agrartechnischen und fischereifachlichen Gutachten eindeutig hervorgeht, zur Bewirtschaftung der Flächen, nämlich zur Aufrechterhaltung des Fischereibetriebes und der Betreuung und Aufzucht des Damwildes, die geplante Hütte im Ausmaß von 53 m2 nicht im Sinne des § 30 Abs. 5 O.ö. ROG 1994 nötig ist. Für den Fischereibetrieb wurde von den Sachverständigen eine Hütte von 3 m2 bis 4 m2 als ausreichend erachtet, für die Pflege des Damwildes ist nach diesen Gutachten bei der Annahme eines Bestandes von 15 Damtieren lediglich eine einfache Wildunterstandsmöglichkeit als Witterungsschutz mit einer kleinen Futterlagermöglichkeit als erforderlich anzusehen. Diesen gutächtlichen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Da diese Ausführungen auf einem eingehenden Befund beruhen und schlüssig sind, kann die daraus gezogene Schlußfolgerung der Baubehörden und auch der Aufsichtsbehörde, wonach die Errichtung einer 53 m2 großen Hütte nicht nötig ist, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Mit den Beschwerdeausführungen, der 19,25 m2 große Aufenthaltsraum sei für die Zubereitung des Frischfleisches und der Fische erforderlich, verstößt der Beschwerdeführer gegen das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot, sodaß darauf nicht einzugehen war. Der Beschwerdeführer hat vielmehr im Verwaltungsverfahren, zuletzt mit seiner Stellungnahme vom 18. Mai 1994, darauf hingewiesen, daß das 19,25 m2 große Zimmer als Umkleide- und Aufenthaltsraum diene.

Da das geplante Gebäude im Sinne des § 30 Abs. 5 ROG 1994 für eine bestimmungsgemäße Nutzung des Grünlandes nicht nötig ist, ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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