VwGH 98/05/0046

VwGH98/05/004622.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Josef und der Christine Ganhör in Schenkenfelden, beide vertreten durch Dr. Winfried Sattlegger, Dr. Klaus Dorninger, Dr. Klaus Steiner, Mag. Marcus Bumberger, Mag. Klaus Renner und Mag. Felix Kraupa, Rechtsanwälte in Linz, Figulystraße 27, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. November 1996, Zl. BauR-011750/1-1996 Gr/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Bruno und Erna Freunschlag in Schenkenfelden 28, 2. Marktgemeinde Schenkenfelden, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §39 Abs2;
AVG §42;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs1;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauO OÖ 1994 §31 Abs5;
BauRallg;
GewO 1994 §376 Abs2 Z11;
VwRallg;
AVG §13a;
AVG §39 Abs2;
AVG §42;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs1;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauO OÖ 1994 §31 Abs5;
BauRallg;
GewO 1994 §376 Abs2 Z11;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 5. Juli 1995 beantragten die Erstmitbeteiligten die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung der "Reihenhausanlage Schenkenfelden" auf den Grundstücken Nr. 1010/1-2, 1012/2-5 und 1013/3-13, je KG Schenkenfelden. Das Bauvorhaben umfaßt 17 Wohnhäuser mit insgesamt 19 Wohneinheiten in fünf Baukörpern.

Über dieses Ansuchen wurde mit Kundmachung und Ladung vom 5. Juli 1995 eine Bauverhandlung für den 19. Juli 1995 anberaumt, zu der die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurden. Mit Eingabe vom 13. Juli 1995 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, er spreche sich als Betreiber eines Sägewerkes gegen die Erteilung der Baubewilligung aus. Seine Betriebsanlage sei vor ca. 100 Jahren errichtet worden, es habe im gesamten Umkreis keine Nachbarn gegeben, die durch den Betrieb der Anlage beeinträchtigt gewesen wären. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gewerbeordnung 1973 sei damit die Betriebsanlage nicht genehmigungspflichtig gewesen. Infolge der Übergangsbestimmungen gemäß § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO sei die Betriebsanlage auch aufgrund der nunmehrigen Gewerbeordnung nicht genehmigungspflichtig. Es handle sich daher bei dem Sägewerk um einen rechtmäßig geführten Betrieb. Von diesem Sägewerk gingen selbstredend Emissionen aus, die die gegenständliche Reihenhausanlage Schenkenfelden beeinträchtigen könnten. Der Erstbeschwerdeführer stütze sich bei seinen Einwendungen vor allem auf den § 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994. Er ersuche die Baubehörde, aus den erwähnten Gründen von dieser rechtswidrigen Baubewilligung Abstand zu nehmen.

In der Verhandlung vom 19. Juli 1995 wies der Erstbeschwerdeführer auf seine Stellungnahme vom 13. Juli 1995, die als Beilage zum Akt genommen wurde, und wendete überdies ein, die Bauhöhen an der Ostseite seien zu hoch. Es müsse pro Haus ein zweiter Abstellplatz vorhanden sein. Das Bauvorhaben wurde in der Verhandlung erörtert, zur schriftlichen Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers gab der Bausachverständige an, daß die vorhandenen Baufluchtlinien in Richtung Betriebsbaugebiet durch die gegenständliche Bebauung nicht überschritten würden und demnach von einer heranrückenden Bebauung nicht gesprochen werden könne.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. Dezember 1995 wurde den Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer und andere Anrainer Berufung ein, wobei sie durch die nunmehrigen Rechtsvertreter vertreten waren. In bezug auf die Beschwerdeführer enthielt die Berufung dieselben Ausführungen wie der Schriftsatz vom 13. Juli 1995 und die Einwendungen in der Bauverhandlung, zusätzlich wurde noch ausgeführt, daß sich die Beschwerdeführer den Ausführungen anderer Nachbarn hinsichtlich einer unzureichenden Zufahrt der Feuerwehr bei Löscharbeiten anschlössen.

In der Folge holte die mitbeteiligte Marktgemeinde eine ergänzende Stellungnahme des der Verhandlung beigezogenen Bausachverständigen zur Frage Übermauerung - ausgebautes Dachgeschoss ein, der mit Schreiben vom 12. März 1996 ausführte, der Bebauungsplan Nr. 9 "Freundschlag" beinhalte in der Legende in P. 5 die Auflage der maximalen Übermauerung von 1,00 m. Es könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr nachvollzogen werden, ob es sich im Zuge des Diktates um einen Hörfehler der Schriftführerin gehandelt habe oder ob der Sachverständige tatsächlich die Zahl 1,50 m diktiert habe. Es werde jedoch festgestellt, daß der Bebauungsplan einerseits die Übermauerung von maximal 1,00 m vorschreibe, andererseits das vorliegende Projekt diese Auflage berücksichtige und in den Schnitten auch die Übermauerung mit 1,00 m kotiert aufweise. Um die Auflage im P. 14 des Gutachtens konkret vollziehbar erscheinen zu lassen, wäre der Text so abzuändern, daß die Übermauerungen bei sämtlichen Gauben entgegen der Plandarstellung um 20 cm zu reduzieren seien.

Mit Bescheid des Gemeinderates vom 13. Juni 1996 wurde aufgrund der Berufung der Beschwerdeführer und anderer Anrainer der erstinstanzliche Bescheid hinsichtlich seiner Auflage P. 14 dahingehend abgeändert, daß die Übermauerung bei sämtlichen Gauben entgegen der Plandarstellung um 20 cm zu reduzieren sei. Im übrigen wurden die Berufungen abgewiesen. In bezug auf die Beschwerdeführer wurde ausgeführt, daß die Gebäudehöhen dem Bebauungsplan entsprächen, eine heranrückende Bebauung gemäß § 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994 nicht vorliege, da zwischen der geplanten Reihenhausanlage und dem Sägewerk das Wohnhaus des Beschwerdeführers liege und Vorschriften hinsichtlich der Zahl von PKW-Stellplätzen keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte begründeten.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. November 1996 abgewiesen. In bezug auf die Beschwerdeführer wurde neben Ausführungen zur Gebäudehöhe und der Stellplatzverpflichtung sowie der Präklusion hinsichtlich des Brandschutzes ausgesprochen, ungeachtet der Frage, ob im gegebenen Fall überhaupt von einer "heranrückenden Bebauung" gesprochen werden könne, habe die Vorstellung schon deshalb erfolglos bleiben müssen, weil Immissionseinwände im Sinne des § 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994 nur für aufgrund rechtskräftiger Bescheide zulässige Immissionen zu berücksichtigen seien; in diesem Fall habe aber der Nachbar - und nicht etwa die Baubehörde - die entsprechenden Nachweise zu erbringen. Da jedoch die Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren keinerlei Immissionsnachweise vorgelegt hätten, seien sie der ihnen vom Gesetz auferlegten Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 2. März 1998, B 5071/96-13, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Zur Begründung hat der Verfassungsgerichtshof nach Beischaffung der entsprechenden Verordnungsakten (Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und Bebauungsplanänderung der mitbeteiligten Marktgemeinde) ausgeführt, daß die Beschwerde die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Diese Aussichtslosigkeit nehme der Verfassungsgerichtshof

1.) vor dem Hintergrund an, daß die belangte Behörde im bekämpften Bescheid (S. 9) der Bestimmung des § 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994 keinen gleichheitswidrigen Inhalt (im Sinne der Unzulässigkeit der Einwendung von Immissionen aus Betriebsanlagen im Sinne des § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1994) unterstellt habe, sondern den Immissionseinwand der Beschwerdeführer deshalb als nicht berechtigt angesehen habe, weil sie "keinerlei Immissionsnachweise" gemäß § 31 Abs. 5 letzer Satz O.ö.BauO 1994 vorgelegt hätten und damit der "vom Gesetz auferlegten Mitwirkungsverpflichtung" nicht nachgekommen seien. Die fehlende Aussicht auf Erfolg ergebe sich aber auch

2.) unter Bedachtnahme auf die beigeschafften Flächenwidmungsplanakten und die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Aufeinandertreffen konfligierender Widmungen, die bei gewachsenen Raumstrukturen nie gänzlich vermieden werden könnten, sowie unter Bedachtnahme auf die beigeschafften Akten zum Bebauungsplan und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum zulässigen Inhalt von Bebauungsplänen.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 der O.ö.BauO 1994, LGBl. Nr. 66 (O.ö.BauO 1994), sind Nachbarn die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundstücke, die unmittelbar an jene Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, und darüber hinaus jene Grundeigentümer, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

§ 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994 lautet:

"(5) Bei Neubauten auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Anlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die aufgrund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen."

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baurecht ist in zweierlei Hinsicht beschränkt: Zum einen muß die Einwendung ein dem Nachbarn nach den maßgeblichen baurechtlichen Vorschriften eingeräumtes subjektives öffentliches Recht betreffen, und zum anderen muß er die Einwendung rechtzeitig und wirksam erhoben haben (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A).

Die Beschwerdeführer wurden - von ihnen unbestritten - unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG zur mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 1995 geladen. Die in dieser Verhandlung vom Erstbeschwerdeführer deponierte Einwendung, "es muß pro Haus ein zweiter Abstellplatz vorhanden sein", läßt nun keine Deutung dahingehend zu, daß sich die Beschwerdeführer durch eine Brandbelastung aufgrund einer allfälligen Erschwernis der Zufahrt von Löschfahrzeugen gefährdet fühlen. Mit Recht hat daher die belangte Behörde hinsichtlich der allfälligen Brandbelastung Präklusion angenommen. Was das geltend gemachte Fehlen von Stellplätzen betrifft, haben die Verwaltungsbehörden richtig ausgeführt, daß die Vorschriften über die Schaffung von Stellplätzen nicht im Interesse der Nachbarschaft ins Gesetz aufgenommen wurden, mag der Nachbar von Auswirkungen bei Fehlen ausreichender Anlagen auch betroffen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 90/05/0038, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Zur behaupteten Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe ist festzustellen, daß das Bauvorhaben den Vorgaben des rechtswirksamen Bebauungsplanes Nr. 9 einschließlich der Änderung "9.1 Freundschlag" hinsichtlich der Übermauerung (1.00 m), der Geschoßanzahl (1,5 Geschoße) und der festgesetzten Gebäudehöhe entspricht. Im genannten Bebauungsplan ist die zulässige Traufenhöhe mit 445 cm angegeben; diese wird eingehalten. Gemäß § 2 Z. 25 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 5/1995 (O.ö.BauTG), ist ein Dachgeschoß - sofern der Bebauungsplan nichts anderes festlegt - in die Gesamtgeschoßzahl einzurechnen. Der gegeständliche Bebauungsplan legt fest, daß Dachausbauten bei Einhaltung der vorgeschriebenen Dachneigung und Übermauerung durchgeführt werden können, wobei aus einer Skizze, die im Bebauungsplan enthalten ist, hervorgeht, daß Übermauerungen von einem Meter zulässig sind. Da der Bebauungsplan hier eine gesonderte Regelung trifft, ist diese anzuwenden und nicht die generelle Bestimmung des § 2 Z. 25 O.ö.BauTG. Daß das Bauvorhaben dem Bebauungsplan entspricht, hat die belangte Behörde zutreffend erkannt. Gegen die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplanes hegt der Verwaltungsgerichtshof ebensowenig Bedenken wie der Verfassungsgerichtshof.

Hinsichtlich der in der Beschwerde geltend gemachten mangelhaften verkehrsmäßigen Erschließung der Reihenhausanlage liegt nicht nur Präklusion der Beschwerdeführer vor, da sie diesbezüglich keine Einwendungen vor bzw. in der Verhandlung vom 19. Juli 1995 erhoben haben, sondern es steht auch in dieser Hinsicht den Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/06/0027).

Zur geltend gemachten Rechtsverletzung gemäß § 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994 (heranrückende Bebauung) ist grundsätzlich folgendes festzustellen:

Nach § 31 Abs. 1 leg. cit. sind, wie schon erwähnt, die Nachbarn nicht nur die Eigentümer jener Grundstücke, die unmittelbar an jene Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, sondern darüber hinaus jene Grundeigentümer, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeiträchtigt werden können. Da § 31 Abs. 5 leg. cit. ebenfalls den Begriff "Nachbar" in bezug auf benachbarte Anlagen verwendet, ist davon auszugehen, daß der Grundeigentümer, der die Verletzung von Rechten im Sinne des § 31 Abs. 5 leg. cit. geltend macht, nicht nur dann als Nachbar zu betrachten ist, wenn sein Grundstück unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenzt, sondern auch dann, wenn er im Sinne des § 31 Abs. 1 leg. cit. durch das Bauvorhaben voraussichtlich in seinen Rechten beeinträchtigt werden kann. Die Nachbareigenschaft gemäß § 31 Abs. 5 O.ö.BauO 1994 ist somit nicht mit dem unmittelbaren Angrenzen an das zu bebauende Grundstück verknüpft.

Im Beschwerdefall liegen zwischen den zu bebauenden Grundstücken und dem Grundstück, auf dem das Sägewerk der Beschwerdeführer errichtet ist, mehrere Grundstücke. Die Entfernung zwischen der dem Sägewerk nächstgelegenen Grenze der zu bebauenden Grundstücke und der dieser zunächst gelegenen Gebäudekante des Sägewerkes beträgt 56,16 m, dazwischen liegt ein ca. 30 m breiter Streifen mit der Widmung "Grünland" und ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück (Nr. 1023), das die Widmung "Wohngebiet" aufweist. Das Sägewerk selbst ist im Betriebsbaugebiet errichtet.

Ausgehend von der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes, die dieser in seinem Beschluß vom 2. März 1998 zur Bestimmung des § 31 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 dargelegt hat, wonach grundsätzlich auch Einwendungen betreffend Emissionen aus Betriebsanlagen, die gemäß § 376 Z. 11 Abs. 2 GewO 1994 keiner Betriebsanlagengenehmigung bedürfen, geltend gemacht werden können, geht im Beschwerdefall auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß die Beschwerdeführer grundsätzlich die Einwendungen betreffend Emissionen aus ihrer Betriebsanlage - für die keine Betriebsanlagengenehmigung vorliegt - geltend machen können. Der Verwaltungsgerichtshof schließt weiters nicht aus, daß auch bei Vorhandensein eines ca. 30 m breiten Grünlandstreifens zwischen den zu bebauenden Grundstücken und einer bestehenden Betriebsanlage von einer "heranrückenden Bebauung" gesprochen werden kann, wenn sachverhaltsbezogen Immissionen, die für den entsprechenden Betrieb in Betracht kommen, über diese Entfernung hinaus ausstrahlen können.

Die Bestimmung des § 31 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 knüpft daran an, daß Neubauten auf bisher unbebauten Grundstücke errichtet werden. Selbst wenn nun zwischen den bisher unbebauten Grundstücken, die jetzt für die Bebauung vorgesehen sind, und der Betriebsanlage schon ein bebautes Grundstück liegt, so kann dennoch von einer "heranrückenden Bebauung" ausgegangen werden, wenn sich die Emissionen aus dem Betrieb über das bebaute Grundstück hinaus auf die nunmehr zu bebauenden Grundstücke auswirken können.

Der Erstbeschwerdeführer hat bereits in der Verhandlung vom 19. Juli 1995 auf seine Stellungnahme vom 13. Juli 1995 hingewiesen, in der er ausführte, daß von seinem Sägewerk selbstredend Emissionen ausgingen, die die gegenständliche Reihenhausanlage Schenkenfelden beeinträchtigen könnten. Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 31 Abs. 5 O.ö. BauO 1994 haben die Beschwerdeführer aber nicht erbracht. Dies bestreiten sie auch in der Beschwerde nicht, behaupten aber, in Verwaltungsverfahren, für die eine Nachweispflicht (Beweislast) einer Partei statuiert sei, rechtfertige die Unterlassung eines Nachweises nicht ohne weiteres die Annahme des Nichtvorliegens des zu Erweisenden. Vielmehr obliege es auch in solchen Verfahren der Behörde, unter gewissen Einschränkungen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nachzukommen.

Dieses Beschwerdevorbringen ist insofern berechtigt, als der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 1996, Zl. 96/05/0149, ausgesprochen hat, daß die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 5 BauO 1994 auferlegte Verpflichtung, bestimmte Beweise zu erbringen, nicht nur auf den für Einwendungen vorgesehenen Zeitraum begrenzt ist, sondern die Behörde auf die Verpflichtung zur Beibringung der entsprechenden Nachweise hinzuweisen habe. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Die Baubehörden hatten zwar nicht von sich aus zu ermitteln, welche Emissionen zulässigerweise von der Betriebsanlage ausgehen dürfen, sie hätten aber die Beschwerdeführer auf deren Nachweispflicht hinweisen müssen. Auf die Verpflichtung zur Beibringung der entsprechenden Nachweise im Sinne des § 31 Abs. 5 BauO 1994 haben nun die Baubehörden die Beschwerdeführer nicht hingewiesen. Damit ist aber das Verfahren schon auf Gemeindeebene ergänzungsbedürftig geblieben, wobei der Verfahrensmangel auch wesentlich ist, weil nicht auszuschließen ist, daß die Gemeindebehörden nach Durchführung der erforderlichen Verfahrensergänzung zu einem anderen Bescheidergebnis gelangt wären. Da die belangte Behörde nicht erkannt hat, daß das Verfahren auf Gemeindeebene insofern mangelhaft war, als die Gemeindebehörden die Beschwerdeführer nicht auf die Verpflichtung zur Beibringung der entsprechenden Nachweise hingewiesen haben, belastete sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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