Normen
AVG §37;
AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z3;
AVG §8;
AVG §37;
AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z3;
AVG §8;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 22. Mai 1992 beantragte die mittlerweile verstorbene Frida Pokorn, deren Erben die Beschwerdeführer sind, die "Überprüfung des Teiles der alten Stadtmauer, die sich auf meiner Liegenschaft als abgrenzendes Bauwerk befindet ... zwecks Feststellung bzw. Bereinigung der permanenten Gefährdung, die von diesem Bauwerk, insbesondere für uns (mich und meinen Sohn ...) ausgeht".
Bei der in diesem Antrag erwähnten "Liegenschaft" handelt es sich um das damals der Antragstellerin und nunmehr den Beschwerdeführern gehörige Grundstück Nr. 25/3, Grundbuch Neunkirchen, welches an das Grundstück Nr. 18 desselben Grundbuchs des G. und der T.K. grenzt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Neunkirchen vom 22. März 1993 wurde Frida Pokorn, gestützt auf § 112 der NÖ Bauordnung 1976, aufgetragen, in diesem Bescheid näher umschriebene Sanierungsmaßnahmen an "ihrer desolaten Mauer" auf dem vorerwähnten Grundstück durchzuführen. Der dagegen erhobenen Berufung der Frida Pokorn wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom 5. Juli 1993 keine Folge gegeben. Mit hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0128, wurde die Beschwerde der Frida Pokorn gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 21. März 1995, mit welchem ihrer Vorstellung gegen den vorerwähnten Berufungsbescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen keine Folge gegeben worden ist, als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis ging der Verwaltungsgerichtshof von dem im Verfahren vor den Baubehörden als unstrittig angenommenen und festgestellten Sachverhalt aus, daß an der Grenze der Grundstücke Nr. 25/3 und Nr. 18 des Grundbuches Neunkirchen eine aus dem 15. Jahrhundert stammende Wehrmauer steht, welche sich zur Hälfte ihrer Stärke (0,50 m) im Eigentum der Beschwerdeführerin und zur anderen Hälfte im Eigentum des Ehepaares K. befindet. (Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im übrigen auf das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0128, verwiesen.)
Mit Eingabe vom 6. Mai 1996, bei der mitbeteiligten Partei eingelangt am 7. Mai 1996, beantragte die am 21. Oktober 1904 geborene Frida Pokorn, vertreten durch ihren mit Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 22. März 1996 bestellten Sachwalter (nunmehriger Erstbeschwerdeführer), die Wiederaufnahme des dem hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0128, zugrunde gelegenen, vor den Gemeindebehörden der mitbeteiligten Partei abgeführten baupolizeilichen Verfahrens, gestützt auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG mit dem Hinweis, der Erstbeschwerdeführer sei deshalb zum Sachwalter bestellt worden, weil Frida Pokorn an einer geistigen Behinderung, "nämlich dem appalischen Syndrom infolge Schlagaderverkalkung mit nahezu völliger Funktionslosigkeit von Gehirnpartien" leide, wodurch sie außerstande sei, ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteiles für sich selbst zu besorgen. Zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages wurde ausgeführt, der Erstbeschwerdeführer habe als Sachwalter der Frida Pokorn am 25. April 1996 im Zuge der Feststellungen der Eigentumsverhältnisse beim Grundbuch des Bezirksgerichtes Neunkirchen einen Schenkungsvertrag vom 12. Dezember 1925, abgeschlossen zwischen G. und T.K. als Geschenkgeber einerseits und Frida Pokorn als Geschenknehmerin andererseits, aufgefunden, in welchem u.a. festgehalten ist:
"Es wird einverständlich bemerkt, daß die Mauer, welche zur Gerichtsgasse steht und im Plane mit dem Buchstaben a bis f bezeichnet ist, mitübergehen wird, während die sogenannte alte Stadtmauer, welche auf der Linie d bis e steht und die Schenkungsliegenschaft vom übrigen Besitz der Geschenkgeber abgrenzt, Eigentum der Geschenkgeber bleibt."
Gegenstand des Schenkungsvertrages war das Grundstück Nr. 25/1, Grundbuch Neunkirchen, welches u.a. geteilt und eine Teilfläche hievon dem Grundstück Nr. 25/3 zugeschrieben wurde.
Ausgehend von diesem Sachverhalt führte der Erstbeschwerdeführer als Sachwalter der Frida Pokorn im vorerwähnten Wiederaufnahmeantrag aus, durch den Schenkungsvertrag vom 12. Dezember 1925 sei eindeutig bewiesen, daß Frida Pokorn nicht Eigentümerin bzw. Miteigentümerin der gegenständlichen Stadtmauer (gewesen) sei. Der Umstand, daß Frida Pokorn es im Bauauftragsverfahren unterlassen habe, darauf hinzuweisen, daß sie nicht Eigentümerin dieser Stadtmauer sei und den vorerwähnten Schenkungsvertrag nicht vorgelegt habe, könne ihr nicht als Verschulden angelastet werden. Aufgrund ihrer altersbedingten geistigen Beeinträchtigung habe sie sich nämlich nicht erinnern können, daß im Schenkungsvertrag eine Regelung über die Eigentumsverhältnisse enthalten sei; außerdem sei sie nicht im Besitz des Vertrages gewesen, der erst aus der Urkundensammlung des zuständigen Bezirksgerichtes beschafft habe werden müssen.
In dem von der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingeholten Gutachten des Zivilgeometers Dipl.Ing. Hans Polly und Partner vom 17. Mai 1996 wird u.a. ausgeführt, daß aufgrund des dem Schenkungsvertrag vom 17. Dezember 1925 zugrunde liegenden Teilungsplanes "jener Grundstückstreifen, auf dem sich die alte Stadtmauer befindet, außerhalb der Grundstücke 25/3 bzw. 25/2 verblieb". Aus einem Operat der Neuvermessung Neunkirchen durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen aus dem Jahre 1931 sei jedoch sowohl in der zeichnerischen Darstellung als auch mit Meßzahlen eindeutig und nachvollziehbar dokumentiert, daß die gegenständliche alte Mauer in diesem Bereich jeweils zur Hälfte den angrenzenden Grundstücken zugehörig sei. Diese Darstellung sei selbstverständlich auch in der amtlichen Katastralmappe übernommen. Die diesbezügliche Grenzfestlegung habe am 22. September 1931 stattgefunden, worüber ein Grenzprotokoll verfaßt worden sei, in dem der gegenständliche Grenzverlauf als in der Mitte der alten Stadtmauer verlaufend einvernehmlich festgestellt worden sei. Aufgrund der fehlenden Unterschrift von Frida Pokorn auf dem zugehörigen Grenzprotokoll sei nicht mit völliger Gewißheit sichergestellt, daß diese Grenzfestlegung den Willen beider Parteien wiedergebe.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Neunkirchen vom 17. Oktober 1996 wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich - der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, das Vorbringen bezüglich der altersbedingt fortschreitenden Hirnleistungsschwäche der Frida Pokorn mit der Folge, daß sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteiles für sich selbst zu besorgen, sei deshalb nicht beachtlich, da Frida Pokorn seinerzeit durch ihren Sohn Gerhart Pokorn und Rechtsanwalt Dr. Walter Pfliegler vertreten gewesen sei. Beide hätten die Möglichkeit gehabt, die nunmehr behaupteten Tatsachen bereits im durchgeführten Verfahren einzubringen. Von einem Rechtsanwalt sei aufgrund seiner Ausbildung anzunehmen, daß er Frida Pokorn in sachlicher und fachlicher Hinsicht professionell vertreten habe. Im gesamten Verfahren hätte sich kein Anhaltspunkt für das Auseinanderfallen des Eigentums am Grundstück und der darauf befindlichen Baulichkeiten ergeben; die Behörde habe keinen Zweifel daran, daß ein Teil der Stadtmauer im Eigentum von Frida Pokorn stehe. Die Stadtgemeinde Neunkirchen könne daher annehmen, daß nach dem Stand der amtlichen Katastermappe die Stadtmauer je zur Hälfte den Grundstücken Nr. 18 und Nr. 25/3 zugehörig anzusehen sei. Zum Beweis des Gegenteils wäre ein rechtskräftiger Gerichtsbeschluß notwendig.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 12. Jänner 1998 wurde die Vorstellung der am 6. Juni 1997 verstorbenen Frida Pokorn als unbegründet abgewiesen. Dem Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde könne nicht entgegengetreten werden, wenn er bei Prüfung der Frage, ob neue Tatsachen hervorgekommen seien, aufgrund der Ausführungen des Zivilgeometers - diesen sei die Vorstellungswerberin auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten - neuerlich zum Ergebnis gekommen sei, daß ein Teil der gegenständlichen Stadtmauer im Eigentum der Vorstellungswerberin stehe. Neue Beweismittel könnten nur geltend gemacht werden, wenn die zu beweisende Tatsache im abgeschlossenen Verfahren geltend gemacht worden sei, das in Rede stehende Beweismittel aber erst nach Abschluß des Verfahrens hervorgekommen sei. Dies liege nicht vor, da die Vorstellungswerberin im abgeschlossenen Verfahren ihre Eigentümerstellung nicht bestritten habe. Tatsachen und Beweismittel stellten nur dann einen Wiederaufnahmegrund dar, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen seien, deren Verwertung aber der Partei ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden sei. Dadurch, daß der Rechtsvertreter der Vorstellungswerberin im abgeschlossenen Verfahren einen Schenkungsvertrag nicht vorgelegt habe, habe die Vorstellungswerberin die Nichtberücksichtigung dieses Beweismittels selbst verschuldet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Wiederaufnahme eines Verfahrens verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Dem Rechtsnachfolger stehen grundsätzlich die Wiederaufnahmegründe seines Rechtsvorgängers zu Gebote (vgl. hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., E. 5 zu § 69 AVG, S. 652).
Tatsachen oder Beweismittel können nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist, nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandende Tatsachen oder Beweismittel handelt. Mit Tatsachen sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit Beweismitteln Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint. Schließlich kann es sich bei neuen Tatsachen oder Beweismitteln nur um solche den Sachverhalt betreffende handeln, die im durchgeführten Verfahren, wenn sie schon damals hätten berücksichtigt werden können, zu einer anderen Feststellung des Sachverhaltes und voraussichtlich zu einem anderslautenden Bescheid geführt hätten (vgl. hiezu die bei Hauer/Leukauf, a.a.O., 5. Aufl., S. 654 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Gemäß § 112 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) hat der Eigentümer eines Bauwerkes dafür zu sorgen, daß dieses in einem der Baubewilligung entsprechenden Zustand erhalten wird.
Die gesetzliche Instandhaltungspflicht nach § 112 BO trifft somit den (Mit-)Eigentümer des Bauwerkes. Wer Eigentümer des Bauwerkes ist, hat die Baubehörde als zivilrechtliche Vorfrage (§ 38 AVG) zu prüfen. Die Klärung der Vorfrage bedarf neben ihrer rechtlichen Würdigung ebenso einer Ermittlung des Sachverhaltes wie die Entscheidung der Hauptfrage (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1956, Slg. Nr. 3.974/A). Hat eine Verwaltungsbehörde die in ihrem Verfahren auftauchende Vorfrage selbst beurteilt, und kommen neue Tatsachen oder Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG hervor, die voraussichtlich eine andere rechtliche Beurteilung der Vorfrage und als notwendige Grundlage für die Hauptfrage einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten, so stellt dies ebenfalls einen Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar, weil der Wiederaufnahmegrund der abweichenden Vorfragenentscheidung nach § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG nur in Betracht kommt, wenn nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptfrage eine abweichende Entscheidung der Vorfrage als Hauptfrage durch die zuständige Behörde in wesentlichen Punkten ergangen ist. In ihrem auf § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Antrag vom 6. Mai 1996 hat Frida Pokorn eine solche neue Tatsache, verbunden mit einem neuen Beweismittel, vorgebracht.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde hat in seinem Bescheid vom 17. Oktober 1996 das Vorliegen der Voraussetzungen einer Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG deshalb verneint, weil Frida Pokorn durch ihren Sohn Gerhart Pokorn und durch den Rechtsanwalt Dr. Walter Pfliegler im Bauauftragsverfahren vertreten gewesen sei und die nunmehr behaupteten neuen Tatsachen bereits im durchgeführten Verfahren vorgebracht hätten werden können.
Den vorliegenden Akten kann jedoch nicht entnommen werden, daß Frida Pokorn ihrem Sohn Gerhart Pokorn eine Vollmacht gemäß § 10 AVG im Bauauftragsverfahren erteilt hätte. Auch für Dr. Walter Pfliegler ist eine Vollmacht nicht ausgewiesen. Die Vorstellungsentscheidung der NÖ Landesregierung vom 21. März 1995 wurde zwar auch an Dr. Walter Pfliegler zugestellt, ob er für das Vorstellungsverfahren eine Vollmacht von Frida Pokorn hatte, kann jedoch nicht nachvollzogen werden, weil die Vorstellung von Frida Pokorn selbst unterschrieben war. Im übrigen ist für den Beschwerdefall nicht erheblich, ob Dr. Pfliegler im Vorstellungsverfahren bevollmächtigt war, weil die Vorstellungsbehörde in ihrer Entscheidung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des bei ihr angefochtenen Gemeindebescheides zu beurteilen hat.
Ob Frida Pokorn die von ihr behaupteten neuen Tatsachen und Beweismittel im Bauauftragsverfahren ohne ihr Verschulden nicht geltend machen konnte, ist unter Berücksichtigung des Vorbringens im Wiederaufnahmeantrag von der Behörde zu klären. Ein Verschulden der hier zu beurteilenden Art (siehe hiezu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., S. 655, wiedergegebene hg. Rechtsprechung) setzt Vorwerfbarkeit voraus. Das Verschulden stellt demnach auf die persönliche Eigenart der das zu beurteilende Verhalten setzenden Person ab; dieser kann nur dann ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie nach ihren subjektiven Fähigkeiten in der Lage war, die Tragweite ihres Verhaltens zu erkennen und sich dementsprechend zu verhalten (vgl. hiezu Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, 10. Auflage, S. 455).
Im angefochtenen Bescheid wird das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG deshalb verneint, weil das Verfahren vor der Baubehörde aufgrund der Ausführungen des Zivilgeometers ergeben hätte, daß jedenfalls ein Teil der gegenständlichen Stadtmauer im Eigentum der Frida Pokorn (nunmehr deren Rechtsnachfolger) stehe. Die Frage, ob Frida Pokorn Eigentümerin der beschwerdegegenständlichen Stadtmauer war, wurde durch das Gutachten des Zivilgeometers jedoch nicht beantwortet. Für die Klärung der Eigentumsfrage bedarf es vielmehr ergänzender Sachverhaltsermittlungen unter besonderer Berücksichtigung der von Frida Pokorn vorgelegten Schenkungsurkunde vom 17. Dezember 1925 und des im Gutachten des Zivilgeometers Dipl.Ing. Hans Polly und Partner vom 17. Mai 1996 erwähnten Operates der Neuvermessung Neunkirchen aus dem Jahre 1931 unter Beiziehung des angeblichen Alleineigentümers der Mauer, Dr. Georg Kallinger.
Aufgrund der aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervorleuchtenden Ermittlungsergebnisse kann derzeit entgegen den Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid auch nicht abschließend beurteilt werden, ob das von Frida Pokorn im Wiederaufnahmeverfahren vorgelegte "Beweismittel ... erst nach Abschluß des Verfahrens" hervorgekommen ist. Daß Frida Pokorn im abgeschlossenen Bauauftragsverfahren ihre Eigentümerstellung nie bestritten hatte, ist im fortgesetzten Verfahren nämlich unter dem Gesichtspunkt des Tatbestandsmerkmales "ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten" gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG zu klären. Demnach bedarf es einer Prüfung der im Wiederaufnahmeantrag enthaltenen Behauptung, Frida Pokorn sei aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten im Bauauftragsverfahren nicht in der Lage gewesen, die nunmehr im Wiederaufnahmeantrag behaupteten neuen Tatsachen und Beweismittel der Behörde an die Hand zu geben.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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