Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs4;
AVG §16;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
BauO OÖ 1976 §57 Abs7;
BauO OÖ 1976 §62 Abs2;
BauO OÖ 1994 §42 Abs3;
BauO OÖ 1994 §44 Abs1;
BauO OÖ 1994 §49;
BauO OÖ 1994 §58 Abs1;
BauO OÖ 1994 §60 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §13 Abs4;
AVG §16;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
BauO OÖ 1976 §57 Abs7;
BauO OÖ 1976 §62 Abs2;
BauO OÖ 1994 §42 Abs3;
BauO OÖ 1994 §44 Abs1;
BauO OÖ 1994 §49;
BauO OÖ 1994 §58 Abs1;
BauO OÖ 1994 §60 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. März 1990 wurde der Beschwerdeführerin die "Baubewilligung für den Um- und Zubau, Neubau und Abbruch von landwirtschaftlichen Nutzobjekten sowie Stützmauer-Neubau auf dem Grundstück Nr. 534 und 535/2, EZ 286 der KG Pichl bei Wels entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan" unter Nebenbestimmungen erteilt.
Mit Eingabe vom 13. Mai 1994 beantragte die Beschwerdeführerin die "Vornahme der baupolizeilichen Überprüfung (Kollaudierung)" und die Erteilung der Benützungsbewilligung.
In dem von der Baubehörde eingeholten agrartechnischen Gutachten vom 29. August 1994 wurde u.a. ausgeführt, daß es sich bei dem mit Bescheid vom 30. März 1990 bewilligten Bauvorhaben um den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes mit Schaf- und Kleintierstall sowie um einen Umbau des ehemaligen Gärtnereigebäudes zu einem Landwirtschaftsgebäude für gärtnerische Tätigkeit mit Wirtschafts- und Aufenthaltsraum gehandelt habe. Das damals geplante neue Wirtschaftsgebäude (Schaf- und Kleintierstall) sei bisher nicht errichtet worden. Vielmehr sei anstelle dieses Wirtschaftsgebäudes die Errichtung eines Pferdestalles mit Traktorgarage und Sattel- und Gerätekammer in etwas vergrößerter Form und anderer Situierung durchgeführt worden. Das geplante Stall- und Wirtschaftsgebäude, welches fachlich begründet sei und ca. 37 m2 größer als das 1990 bewilligte ausgeführt werden soll, erscheine analog der rechtskräftigen Baubewilligung als zulässiger Zweckbau im Grünland, jedoch unter der Bedingung einer mindestens 10-jährigen Sicherstellung der Pachtgründe. Der bewilligte Um- bzw. Zubau zu dem ehemaligen massiven Gärtnereigebäude weise keine der 1989 vorgegebenen wirtschaftlichen Merkmale auf. Das Haus sei eindeutig und zu 100 % als Wohnhaus zu bezeichnen. Es könne nur Wohnzwecken dienen, die aber gemäß Punkt 42. des Baubescheides ausdrücklich untersagt seien. Mit dieser seit 1990 erfolgten Bauausführung sei offensichtlich das Ziel angestrebt, ein Wohnhaus (Zweitwohnsitz) zu errichten, zumal landwirtschaftliche Aktivitäten seit der Baubewilligung nicht erfolgt seien.
In der über den "Ortsaugenschein betreffend die baupolizeiliche Überprüfung" vom 5. Dezember 1994 aufgenommenen Niederschrift wurde festgehalten, daß das Beweisthema die Prüfung ist, "ob die Bauführung hinsichtlich der Innenraumeinteilungen und Raumnutzung dem bewilligten Projekt bzw. Baubewilligungsbescheid vom 30.3.1990 entspricht". Als Ergebnis des Ortsaugenscheines wurde festgehalten, "daß die Gebäude-Nutzung nicht der Darstellung im bewilligten Einreichplan entspricht und das Gebäude derzeit mit Sicherheit für Wohnzwecke genutzt wird". Dies widerspreche dem Auflagenpunkt 42. im Baubewilligungsbescheid, in welchem ausdrücklich eine Benutzung der Bauvorhaben für Wohnzwecke als unzulässig beurteilt worden ist.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. September 1995 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 44 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, "jede Art der Benützung" der "Wirtschaftsgebäude auf den Grundstücken Nr. 534 und 535/2, EZ 286 der KG 51225 Pichl bei Wels zur Gänze untersagt". Für die Benützung der gegenständlichen baulichen Anlage liege - führte die Baubehörde erster Instanz in der Begründung aus - keine rechtskräftige Benützungsbewilligung vor.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 2. Juli 1996 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin im Grunde der §§ 42 Abs. 3 und 44 Abs. 1 OÖ Bauordnung 1994 und § 2 Z. 30 und Z. 31 des OÖ Bautechnikgesetzes abgewiesen (Spruchpunkt 1.), der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides jedoch insofern abgeändert, "als das dort angeordnete gänzliche Benützungsverbot in zeitlicher Hinsicht bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Benützungsbewilligung ausgesprochen wird" (Spruchpunkt 2.).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der OÖ Landesregierung vom 30. September 1996 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wird. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, daß aufgrund der Größe und Ausführung des gegenständlichen Wirtschaftsobjektes sowie der Tatsache, daß eine Wohnnutzung gar nicht bewilligt worden sei, diese vielmehr auflagenmäßig ausdrücklich ausgeschlossen worden sei, offenkundig sei, daß das Bauwerk nicht als Kleinhausbau und auch nicht als Nebengebäude angesehen werden könne. Die Benützung des Gebäudes setze eine rechtskräftige Benützungsbewilligung voraus (§ 42 Abs. 3 OÖ Bauordnung 1994). Eine solche habe die Beschwerdeführerin zwar beantragt, die Baubehörde habe hierüber aber noch nicht entschieden. Es stehe aufgrund der Aktenlage eindeutig fest, daß die Beschwerdeführerin das verfahrensgegenständliche Bauwerk schon mehrere Jahre benütze; demnach sei der Tatbestand des § 44 Abs. 1 erster Satz OÖ Bauordnung 1994 erfüllt. Selbst wenn das gegenständliche Objekt als Nebengebäude im Sinne des § 29 Abs. 1
OÖ Bauordnung 1976 bzw. § 2 Z. 31 OÖ Bautechnikgesetz qualifiziert würde, wäre eine Benützung desselben nach § 42 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 OÖ Bauordnung 1994 an eine Fertigstellungsanzeige, der die im Abs. 2 dieser Bestimmung näher bezeichneten Befunde anzuschließen seien, geknüpft. Die Beschwerdeführerin habe eine derartige Anzeige weder erstattet noch die erforderlichen Befunde beigebracht; in diesem Fall sei für eine Untersagung § 44 Abs. 2 Z. 1 OÖ Bauordnung 1994 eine Rechtsgrundlage. Eine rechtswidrige Benützung eines Bauwerkes werde angesichts der Regelung des § 44 OÖ Bauordnung 1994 nicht dadurch rechtmäßig, daß eine Sanierung bewilligungspflichtiger Planabweichungen beabsichtigt sei.
Die Behandlung der dagegen an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1997, B 4233/96-6, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor diesem Gerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin ihrem Vorbringen in der Ergänzung zufolge in dem Recht, "entgegen § 44 und insbesondere in Verbindung mit § 49 OÖ Bauordnung 1994 bzw. § 62 OÖ Bauordnung 1976 von der Benützung des Wirtschaftsgebäudes auf dem Grundstück Nr. 534 und 535/2 ... nicht ausgeschlossen zu sein", verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdeverfahren liegt ein auf § 44 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1994 (BO) gestützter, im baubehördlichen Instanzenzug ergangener Bescheid zugrunde, mit welchem die Benützung einer baulichen Anlage untersagt worden ist.
Gemäß § 60 Abs. 1 BO trat dieses Landesgesetz mit 1. Jänner 1995 in Kraft. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren sind jedoch nach den bisherigen Rechtsvorschriften weiterzuführen (§ 58 Abs. 1 leg. cit.).
Die Beschwerdeführerin vertritt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes den Standpunkt, die Baubehörden seien von einer falschen gesetzlichen Grundlage ausgegangen; sie hätten die OÖ Bauordnung 1976 anwenden müssen.
Ob im vorliegenden Fall die OÖ Bauordnung 1994 anzuwenden ist, ist daher unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob am 1. Jänner 1995 bereits ein auf Untersagung der Benützung nach § 44 BO gerichtetes Verfahren im Sinne des § 58 Abs. 1 BO anhängig war.
Ein Verfahren kann durch Parteiantrag oder von Amts wegen eingeleitet werden. Das AVG enthält diesbezüglich keine abschließende Regelung. Vielmehr ergibt sich aus § 39 Abs. 2 AVG, daß die Behörden, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnung enthalten, von Amts wegen vorzugehen haben. Für das nach dem AVG abzuführende Einleitungsverfahren ist somit subsidiär der Grundsatz der Offizialmaxime normiert (vgl. hiezu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 108, Rz 261). Aus dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1 B-VG) ist abzuleiten, daß die Behörde zur Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verpflichtet ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht bestimmen, daß ein Verfahren nur auf Antrag durchzuführen ist (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Slg. Nr. 13.427/A).
Gemäß § 44 Abs. 1 BO, mit welchem inhaltlich keine Bestimmung der gemäß § 60 Abs. 2 leg. cit. außer Kraft gesetzten OÖ Bauordnung 1976 vergleichbar ist, hat die Baubehörde, sobald sie Kenntnis erlangt, daß eine bauliche Anlage, für die gemäß § 42 Abs. 3 eine Benützungsbewilligung erforderlich ist, ohne Bewilligung benützt wird, dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid die Benützung zu untersagen.
Die Benützung einer baulichen Anlage ohne die erforderliche Bewilligung ist demnach von Amts wegen wahrzunehmen. Die Untersagung der Benützung ist ein baupolizeilicher Auftrag, auf dessen Erlassung kein Rechtsanspruch besteht (vgl. hiezu Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht, 4. Auflage, Seite 198, Anmerkung 1 zu § 44 BO). Das Tatbestandsmerkmal "Kenntnis erlangt" bewirkt jedoch für sich allein noch nicht, daß ein Verfahren im Sinne des § 44 Abs. 1 BO auch anhängig im Sinne des § 58 Abs. 1 BO ist. Vielmehr ist hiezu erforderlich, daß die Behörde aufgrund der ihr zugekommenen Kenntnis Verfahrensschritte setzt, aus denen zweifelsfrei erkennbar ist, daß von Amts wegen ein bestimmtes Verwaltungsverfahren eingeleitet worden ist. Da hiefür kein bestimmter Verfahrensakt vorgeschrieben ist - von dem in einzelnen Gesetzen vorgesehenen Akt der Einleitung eines Verfahrens in Bescheidform abgesehen (vgl. hiezu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 94/17/0278), bedarf es, sofern die Tatsache der amtswegigen Einleitung eines Verwaltungsverfahrens nicht nach außen bekannt gegeben worden ist, jedenfalls eines von der Behörde intern eindeutig gesetzten Verwaltungshandelns, aus dem sich klar die Einleitung eines bestimmten Verfahrens ergibt (siehe die beispielsweise Aufzählung bei Walter-Mayer, a. a.O., 6. Auflage, Rz 261 f, S. 108 f).
Im vorliegenden Fall hat die Baubehörde erster Instanz aktenkundig zwar am 5. Dezember 1994 im Rahmen der baupolizeilichen Überprüfung der baulichen Anlage von deren tatsächlicher Ausgestaltung Kenntnis erlangt, ein Verfahren nach § 44 Abs. 1 BO 1994 aber erst mit ihrem Aktenvermerk vom 24. Juli 1995 im Sinne der obigen Ausführungen eingeleitet. Darin ist erstmals festgehalten, daß die Baubehörde gegen die Beschwerdeführerin geeignete Schritte im Sinne des § 44 Abs. 1 BO zu setzen beabsichtigt. Mit Inkrafttreten der OÖ Bauordnung 1994 am 1. Jänner 1995 war somit kein dem § 44 Abs. 1 BO vergleichbares individuelles Verwaltungsverfahren (siehe in diesem Zusammenhang §§ 57 Abs. 7 und 62 Abs. 2 OÖ Bauordnung 1976) anhängig im Sinne des § 58 Abs. 1 BO, weshalb die Baubehörden zu Recht die Bestimmungen der Bauordnung 1994 angewendet haben.
Auch die weiteren Beschwerdeausführungen zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. § 44 Abs. 1 letzter Satz BO normiert, daß die Verfahrensregeln des § 48 Abs. 6 und 7 sinngemäß zu gelten haben, § 49 BO durch eine Untersagung der Benützung nach § 44 Abs. 1 BO jedoch unberührt bleibt. Bei Durchführung eines Verfahrens nach § 44 Abs. 1 BO sind daher die Anordnungen des § 49 leg. cit. über bewilligungslose bauliche Anlagen nicht mitzubedenken, vielmehr handelt es sich hiebei um verschiedene Verfahrensarten unterschiedlicher Zielsetzungen. Im übrigen wird von der Beschwerdeführerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 BO nicht angezweifelt. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend die Erforderlichkeit einer Benützungsbewilligung für die vom Auftrag betroffene bauliche Anlage bejaht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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