Normen
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z7;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
EMRK Art11;
SPG 1991 §2 Abs2;
SPG 1991 §3;
SPG 1991 §88 Abs1;
SPG 1991 §88 Abs4;
SPG 1991 §88 Abs5;
SPG 1991 §91 Abs1 Z1;
SPG 1991 §91 Abs1;
StGG Art12;
VersammlungsG 1953 §2;
VersammlungsG 1953 §6;
VersammlungsG 1953 §9;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42;
WaffG 1986 §39a;
WaffG 1996 §53 impl;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z7;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
EMRK Art11;
SPG 1991 §2 Abs2;
SPG 1991 §3;
SPG 1991 §88 Abs1;
SPG 1991 §88 Abs4;
SPG 1991 §88 Abs5;
SPG 1991 §91 Abs1 Z1;
SPG 1991 §91 Abs1;
StGG Art12;
VersammlungsG 1953 §2;
VersammlungsG 1953 §6;
VersammlungsG 1953 §9;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42;
WaffG 1986 §39a;
WaffG 1996 §53 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat den mitbeteiligten Parteien (mit Ausnahme von O und S) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 14. Juni 1997 erhoben die Mitbeteiligten die auf Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG gestützte Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wegen der ihnen gegenüber von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bezirkshauptmannes von Wels-Land und der Bundespolizeidirektion Wels am 3. Mai 1997 in Offenhausen bzw. in Wels gesetzten Zwangsmaßnahmen.
Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1997 gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den Beschwerden der Mitbeteiligten wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt insofern statt, als die von Sicherheitsorganen des Bezirkshauptmannes von Wels-Land am 3. Mai 1997 in Offenhausen an den Mitbeteiligten durchgeführten Personendurchsuchungen sowie deren Abschirmung und Begleitung im Demonstrationszug als rechtswidrig festgestellt wurde; im übrigen wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellte basierend auf den "glaubhaften, im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Parteien und Zeugen sowie auf den vom Landesgendarmeriekommando für Oö. bzw. von einem der Mitbeteiligten angefertigten Videodokumentationen" folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
"Die Mitbeteiligten fuhren am 03. Mai 1997 gegen 13.50 Uhr in fünf Omnibussen und einem Kleinbus vom Parkplatz des Lokalbahnhofes Wels in Richtung Offenhausen, um am Nachmittag dort und am Abend in Wels an einer der Sicherheitsbehörde jeweils zuvor ordnungsgemäß angezeigten Versammlung teilzunehmen. Die Busse wurden dabei von Sicherheitsorganen auf Motorrädern begleitet.
Der Kleinbus und die ersten beiden Omnibusse fuhren durchgehend nach Offenhausen. Die anderen drei Busse wurden zunächst in der Nähe von Großkrottendorf angehalten. Es stiegen Gendarmen in die Busse und informierten die Mitbeteiligten dahin, daß diese in Offenhausen nach Waffen durchsucht werden würden. Nach einem zirka einstündigen Aufenthalt fuhren die drei Busse, wiederum von Motorrädern begleitet, nach Offenhausen weiter.
Auf dem Parkplatz beim Sportplatz hinter der Ortseinfahrt von Offenhausen wurden die Mitbeteiligten von den Gendarmen aufgefordert, zunächst im Bus sitzenzubleiben und sodann über entsprechende Aufforderung einzeln auszusteigen, damit diese auf Waffen hin durchsucht werden können. Dadurch ergab sich insbesondere für die zuletzt Aussteigenden eine längere, bis zu 1 1/2 Stunden dauernde Wartezeit im witterungsbedingt sowie aufgrund der Tatsache, daß die Motoren und daher auch die Lüftungen abgestellt waren, überhitzten Bus (zirka 39 Grad).
Nach dem Aussteigen wurden die Mitbeteiligten einzeln sowie nach Geschlecht getrennt nach Waffen durchsucht, und zwar männliche Versammlungsteilnehmer von männlichen und weibliche von weiblichen Sicherheitsorganen. Die Mitbeteiligten mußten dabei die Taschen ihrer Kleidungsstücke entleeren; einige von ihnen (E., G., K. und P.) wurden dazu angehalten, auch die Schuhe auszuziehen, das Gesicht einer Videokamera zuzuwenden (P., S. und Schu.) und mitgeführte Gegenstände im Kofferraum der Busse zu verstauen (G.). Einer Mitbeteiligten (S.) wurde im Zuge der Personendurchsuchung das T-Shirt hochgehoben.
Nach erfolgter Durchsuchung formierten sich die Mitbeteiligten zu einem Demonstrationszug in Richtung Hauptplatz von Offenhausen, wobei sie an den Seiten und hinten von den Sicherheitsorganen begleitet wurden.
Nach dieser Kundgebung fuhren die Versammlungsteilnehmer gemeinsam auf den Parkplatz des Lokalbahnhofes gegenüber dem Alten Schlachthof in Wels zurück. Dort formierten sich die Demonstranten zu einem weiteren Kundgebungszug, wobei sie von den Sicherheitsorganen umrundet wurden. Den Teilnehmern war in diesem Zusammenhang zwar gestattet, den Platz zu verlassen, wie es Außenstehenden auch möglich war, ihn zu betreten und solcherart an der Versammlung teilzunehmen, dies jedoch jeweils nur nach vorangehender Zustimmung des Einsatzleiters der BPD Wels. Gegen 19.30 Uhr bewegte sich der Demonstrationszug über den Kaiser-Josef-Platz, die Pfarrgasse und die Ringstraße und gelangte schließlich gegen 21.00 Uhr wieder zurück zum Ausgangspunkt. Dabei wurden die Mitbeteiligten wiederum von Sicherheitsorganen begleitet, welche seitlich und hinter den Mitbeteiligten positioniert waren."
In rechtlicher Beurteilung dieses Sachverhaltes ging die belangte Behörde davon aus, daß es sich um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes, BGBl. Nr. 98/1953, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1996 (VersG) gehandelt habe. Die vorgenommenen Personendurchsuchungen hätten daher schon deswegen nicht auf § 41 SPG gestützt werden können. Sie seien aber auch unter dem Blickwinkel des im Vorfallszeitpunkt noch maßgeblichen § 39a Abs. 1 des Waffengesetzes 1986 (WaffG) nicht zulässig gewesen. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit unterliege nämlich schon von Verfassungs wegen nur solchen Einschränkungen, die im VersG selbst vorgesehen seien. § 9 VersG sehe zwar vor, daß Bewaffnete an Versammlungen nicht teilnehmen dürfen. Unmittelbare Konsequenz der Übertretung dieser Verbotsnorm sei jedoch nur die Verhängung einer Verwaltungsstrafe gemäß § 19 VersG bzw. die Untersagung und/oder Auflösung der Versammlung nach § 13 VersG. Eine Personendurchsuchung stelle demgegenüber eine solche Einschränkung der Versammlungsfreiheit dar, wie sie im VersG nicht einmal dem Grunde nach vorgesehen sei. Davon abgesehen hätten selbst bei Anwendbarkeit des § 39a WaffG die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht vorgelegen.
Die Personendurchsuchung an den Mitbeteiligten mit allen ihren Auswirkungen - wie z.B. Verbleiben im überhitzten Bus, Entleerung der Kleidungstaschen und sonstigen Behältnissen, Verschluß bestimmter Gegenstände im Kofferraum, Ausziehen der Schuhe - sei daher rechtswidrig.
Aus dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsprinzipes sei es des weiteren nicht geboten gewesen, in Offenhausen die Versammlungsteilnehmer zunächst auf dem Parkplatz neben dem Sportplatz abzuschirmen und dann den Demonstrationszug zum Hauptplatz auf allen Seiten zu umringen. Insbesondere in Verbindung mit der Art der Durchführung der Personendurchsuchung habe sich letztlich ein die einzelnen Teilnehmer, aber auch die gesamte Kundgebung als solche "geradezu kriminalisierender Effekt" ergeben; dies sei nicht durch § 12 VersG gedeckt.
Die Mitbeteiligten seien durch diese gesetzlich nicht gedeckten Maßnahmen in ihren verfassungsmäßigen Rechten auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.
Dagegen richtet sich die nunmehr vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres "zur Wahrung objektiven (Verfassungs)Rechts wegen Rechtswidrigkeit gem § 91 Z 1 SPG iVm Art 131 Abs 2 B-VG." Der angefochtene Bescheid werde "insoweit angefochten, als damit die nach dem Waffengesetz vorgenommene Durchsuchung von Personen nach Waffen aus in die Verfassungssphäre reichenden Gründen - Versammlungsfreiheit - für unzulässig erklärt und auf Grund der sohin rechtswidrigen Vorgangsweise eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte konstatiert" werde. Dem Bundesminister für Inneres sei mit § 91 SPG für den gesamten Bereich der Sicherheitsverwaltung die Möglichkeit eröffnet worden, gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate wegen Rechtswidrigkeit eines Bescheides Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Dies gelte ebenso für Fälle, in denen (auch) Verfassungsrecht zur Anwendung gelange und ein Bescheid daran zu messen sei. Sowohl das Waffenwesen als auch die Versammlungsangelegenheiten würden in § 2 Abs. 2 SPG der Sicherheitsverwaltung zugezählt. Es werde die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten mit Ausnahme von O und S eine gemeinsame Stellungnahme. Sie stellten den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die gegenständliche Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres wegen Unzuständigkeit zurückweisen, in eventu das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einstellen, in eventu die Amtsbeschwerde als unbegründet abweisen und den Bund (Bundesminister für Inneres) zum Ersatz der den Mitbeteiligten entstandenen, mit S 12.500,-- (Schriftsatzaufwand) sowie S 360,-- (Stempelgebühren) bezifferten Kosten verpflichten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1) Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
a) Vorweg ist festzuhalten, daß die Beschwerde sich nicht gegen die "Abschirmung und Begleitung im Demonstrationszug" richtet. Da es sich hiebei um eine von der Personendurchsuchung trennbare Ausübung unmittelbarer (sicherheits)behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt, ist die Teilanfechtung zulässig.
b) Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG, welcher Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG in inhaltlich gleicher Weise wiedergibt, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
In § 67c AVG sind die näheren Verfahrensbestimmungen für diese Beschwerden enthalten.
Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG nennt Fälle, in denen der zuständige Bundesminister Amtsbeschwerde erheben kann. Keiner dieser Fälle liegt hier vor, weil alle in Frage kommenden Normen (SPG, VersG, WaffG) Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sind.
Art. 131 Abs. 2 B-VG ist Grundlage für die Normierung weiterer Amtsbeschwerden. Unter welchen Voraussetzungen weitere Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind, wird danach in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt.
Das AVG kennt das Rechtsinstitut der Amtsbeschwerde nicht.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 (SPG), haben folgenden Wortlaut:
"Amtsbeschwerde
§ 91. (1) Der Bundesminister für Inneres kann gegen
1. Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden gemäß den §§ 88 und 89 oder
2. Entscheidungen der Datenschutzkommission über Beschwerden gemäß § 90
sowohl zugunsten als auch zum Nachteil des Betroffenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung an die Behörde.
Beschwerden wegen Verletzung subjektiver Rechte
§ 88. (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG)."
Im vorliegenden Fall wird von der belangte Behörde in der Gegenschrift und von den mitbeteiligten Parteien in ihrer Stellungnahme die Frage aufgeworfen, ob eine durch den Bundesminister für Inneres iH. auf § 91 und § 88 Abs. 1 SPG erhobene Beschwerde zulässig ist.
Nach Fessler/Keller, Österreichisches Versammlungsrecht (1993), S. 79 unten, werde dem § 91 Z 1 iVm § 88 des Sicherheitspolizeigesetzes zufolge seit 1. Mai 1993 gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate, mit denen über Beschwerden gegen faktische Amtshandlungen ua. in Versammlungssachen entschieden worden sei, dem Bundesminister für Inneres das Recht zugestanden, eine Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (nicht auch beim Verfassungsgerichtshof) einzubringen. Im Hinblick auf die bisherige Judikatur sei jedoch fraglich, ob sich der Verwaltungsgerichtshof für zuständig erachten wird, künftig doch in Versammlungsangelegenheiten zu entscheiden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 94/02/0500, ausgesprochen:
"Zu dieser Bestimmung (Anm: § 88 Abs. 1 SPG) führen die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (148 BlgNr. 18. GP) aus, daß ihr im Hinblick auf Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG keine eigenständige normative Bedeutung zukomme; sie gebe 'nur die durch das B-VG getroffene Regelung sicherheitspolizeispezifisch formuliert wieder'.
Der Verwaltungsgerichtshof erblickt daher in der in § 88
Abs. 1 SPG geregelten Beschwerdemöglichkeit kein selbständiges
Rechtsinstitut, sondern nur einen Fall der im allgemeinen im B-VG und
AVG vorgesehenen sogenannten Maßnahmenbeschwerde, die es ohne
ausdrückliche Erwähnung im SPG auch in Ansehung spezifisch
sicherheitspolizeilicher Maßnahmen in gleicher Weise gäbe. In solchen
Maßnahmenbeschwerden ist die ausdrückliche Berufung auf bestimmte
Rechtsgrundlagen, wie sich aus § 67c Abs. 2 AVG und § 88 Abs. 4 und
5 SPG ergibt, nicht erforderlich. Die ausdrückliche Berufung des
Beschwerdeführers auf § 88 SPG änderte somit am Rechtscharakter
seiner Maßnahmenbeschwerde nichts. Es handelte sich bei der
Beschwerde vom ... um eine solche nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG und
§ 67c AVG, über die ungeachtet des Umstandes, daß die behördlichen
Maßnahmen in Vollziehung der StVO 1969 gesetzt wurden, von der
belangte Behörde ... eine Sachentscheidung zu treffen gewesen wäre.
Die Zurückweisung der Beschwerde entspricht daher nicht dem Gesetz."
Es ist daher ohne rechtliche Bedeutung, ob die Mitbeteiligten ihre Beschwerde an die belangte Behörde nur auf § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG stützten und welche Norm die belangte Behörde im angefochtenen Bescheides herangezogen hat, wenn sich die Entscheidung inhaltlich (auch) als solche gemäß § 88 Abs. 1 SPG darstellt.
Das SPG regelt seinem Titel und § 1 zufolge die "Organisation der Sicherheitsverwaltung" - nämlich in den §§ 2 bis 15 - und "die Ausübung der Sicherheitspolizei".
"Sicherheitsverwaltung" wird in § 2 Abs. 2 SPG als bestehend "aus der Sicherheitspolizei, dem Paß- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten" definiert.
§ 3 SPG definiert die Sicherheitspolizei. Diese besteht aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei (Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG), und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht.
§ 88 Abs. 1 SPG verwendet das Wort "sicherheitsbehördlicher" Befehls- und Zwangsgewalt. Dies deutet darauf hin, daß der Vollzug der gesamten Sicherheitsverwaltung gemeint ist.
Die RV 148 BlgNr. 18. GP führt zu § 91 SPG aus:
"Da es sich beim Sicherheitspolizeigesetz insgesamt um eine Materie handelt, bei der es in weiten Teilen an höchstgerichtlicher Judikatur mangelt, ist dem Bundesminister für Inneres eine umfassende Möglichkeit der Erhebung einer Amtsbeschwerde eingeräumt worden."
Den Mitbeteiligten ist zwar zu folgen, daß die Prämisse der mangelnden Judikatur auf die in § 88 Abs. 1 SPG ohne eigenständige normative Bedeutung erwähnten Beschwerden nur eingeschränkt zutrifft. Denn die Neuerung des SPG besteht darin, materiell den Bereich Sicherheitspolizei zu regeln. Dementsprechend mangelt es an Judikatur zum Bereich Sicherheitspolizei, hingegen existierte zum Entstehungszeitpunkt des SPG eine umfangreiche Rechtsprechung hinsichtlich der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Vollziehung der anderen in § 2 SPG als zur Sicherheitsverwaltung zählend genannten Materien. Die Erläuternden Bemerkungen schränken die Prämisse aber auf "weite Teile" der im Sicherheitspolizeigesetz enthaltenen Materie ein, weshalb kein Widerspruch zu der aus den Erläuternden Bemerkungen erschließbaren Absicht des Gesetzgebers zu erkennen ist, daß die "umfassende Möglichkeit der Erhebung einer Amtsbeschwerde" im Hinblick auf § 88 Abs. 1 SPG den gesamten Vollzugsbereich der Sicherheitsbehörden meint.
Art. 131 Abs. 2 B-VG spricht von Gesetzen, die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regeln, also von Materiengesetzen. Diese Bestimmung schließt es aber nicht aus, derartige Regelungen in Gesetze aufzunehmen, die mehrere Gebiete der Verwaltung regeln.
Im vorliegenden Fall kann der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Einräumung einer Amtsbeschwerdebefugnis für den gesamten Bereich der Sicherheitsverwaltung erkennen, weshalb der Anregung der Mitbeteiligten auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nicht gefolgt wird.
c) Die mitbeteiligten Parteien rügen, daß die Amtsbeschwerde keine tauglichen, "mit § 42 VwGG korrespondierenden", Beschwerdepunkte aufweise. Sie übersehen , daß die Amtsbeschwerde nicht die Verletzung subjektiver Rechte zu rügen hat, sondern wegen objektiver Rechtswidrigkeit - sowohl zugunsten als auch zu Lasten der Verfahrensparteien - erhoben werden kann. Anstelle der Beschwerdepunkte tritt daher die Erklärung über den Umfang der Anfechtung. Die Beschwerde gibt klar zu erkennen, daß sie objektive Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Teilspruchpunktes "Personendurchsuchung" rügt.
d) Die Beschwerde ist auch nicht deshalb unzulässig, weil sie sich gegen eine Feststellung einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte auf Grund einer rechtswidrigen Vorgangsweise wendet. Die Beschwerde ist nicht gemäß Art. 133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof erkennt - abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall des Art. 141 Abs. 1 lit. e B-VG - gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht ... verletzt zu sein behauptet. Diese Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof setzt demnach die Möglichkeit der Verletzung in einem subjektiv-öffentlichen Recht voraus, was bei der objektive Rechtswidrigkeit rügenden Amtsbeschwerde nicht gegeben sein kann.
Der Verwaltungsgerichtshof ist demnach zuständig, über Amtsbeschwerden, welche objektive Rechtswidrigkeit (nicht aber Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm) von Bescheiden behaupten, zu erkennen, selbst wenn die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung eines verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes beruhen sollte.
Andernfalls wäre die Amtsbeschwerde gerade im Bereich des § 91 SPG weitgehend ihres Anwendungsbereiches entkleidet, wären dann doch Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate über Akte sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die in Rechte wie Freiheit, Verbot erniedrigender Behandlung etc. eingreifen, nicht durch Amtsbeschwerde überprüfbar.
2) Zum Inhalt der Beschwerde:
Der Beschwerdeführer bringt vor, § 39a Abs 1 Waffengesetz 1986 (nunmehr § 53 Waffengesetz 1996) stelle für sich alleine noch keine Grundlage für entsprechende Durchsuchungen dar. Sie knüpfe vielmehr an nach anderen Bundesgesetzen bestehende Waffenverbote an. Ihre Anwendung setze also sowohl das Bestehen eines einschlägigen Verbotes als auch das Vorliegen der im Waffengesetz normierten Bedingungen voraus. Ein solches Verbot finde sich in § 9 Versammlungsgesetz 1953. Die Anwendung des § 39a Abs 1 Waffengesetz basiere auf dieser Bestimmung und daher sei die damals gewählte Vorgangsweise mit der Rechtsordnung im Einklang.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Versammlungs- und des Waffengesetzes lauten wie folgt:
"§ 9 VersG 1953:
An den in § 2 erwähnten Versammlungen dürfen Bewaffnete nicht
teilnehmen.
§ 39a Waffengesetz, BGBl. 443/1986:
1) Zur Durchsetzung des Verbotes der Einfuhr, der Ausfuhr, des Besitzes und des Führens von Kriegsmaterial sowie von Waffen und Munition, die nicht Kriegsmaterial sind, auf Grund dieses oder anderer Bundesgesetze kann durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine Durchsuchung der Kleidung von Personen und der von diesen mitgeführten Behältnisse (Fahrzeuge, Koffer, Taschen u. dgl.) an Orten vorgenommen werden, an denen auf Grund eines konkreten Hinweises oder sonstiger bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht besteht, daß dem erwähnten Verbot zuwidergehandelt wird und wo diese Durchsuchung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit geboten erscheint (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof).
2) Bei Durchsuchungen nach Abs 1 ist § 142 Abs 1 StPO sinngemäß anzuwenden.
Haus- und Personsdurchsuchungen sind stets mit Vermeidung alles unnötigen Aufsehens, jeder nicht unumgänglich nötigen Belästigung oder Störung der Beteiligten, mit möglichster Schonung ihres Rufes und ihrer mit dem Gegenstande der Untersuchung nicht zusammenhängenden Privatgeheimnisse sowie mit sorgfältiger Wahrung der Schicklichkeit und des Anstandes vorzunehmen."
Art. 12 StGG erteilt der Gesetzgebung den Auftrag, die Ausübung des Versammlungsrechtes durch besondere einfache Gesetze iS. der Versammlungsfreiheit zu regeln. Ausführungsgesetze zu Art. 12 StGG sind alle Gesetze, die die Abhaltung von und die Teilnahme an "Versammlungen" regeln (vgl Groiss/Schantl/Welan, ÖJZ 1976, 287).
Die Formulierung des Art. 12 StGG, der für die Ausübung des Versammlungsrechtes die Regelung durch "besondere Gesetze" vorsieht, schließt es nicht aus, auch in anderen Normen außer dem VersG Regelungen über Versammlungen zu treffen. Es ist dies ein kompetenzrechtliches Problem. Die Regelung des Versammlungsrechts fällt nach Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG in die Zuständigkeit des Bundes, wobei der Versammlungsbegriff, der diesem Kompetenztatbestand zugrundeliegt, nach der Versteinerungstheorie zu klären ist. Der Bundesgesetzgeber hat also im Rahmen dieser Materie die wesentlichen Vorschriften über die Durchführung von Versammlungen zu erlassen. Das schließt aber nicht aus, daß vom Gesichtspunkt anderer Kompetenzen des Bundes oder der Länder aus zusätzliche Modalitäten geregelt werden können. Geht man schließlich davon aus, daß der grundrechtliche Begriff der Versammlung, insbesondere seit der Geltung der EMRK, weiter gezogen ist als der dem VersG zugrundeliegende Begriff, dann kommen auch andere gesetzliche Normen, die Versammlungen regeln, in Betracht. Für alle diese Regelungen gilt, daß sie nicht dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit widersprechen dürfen. Nach Auffassung von Lehre und Judikatur dürfen sie nur den Charakter von Ordnungsvorschriften haben (vgl. Hofer - Zeni in Machacek/Pahr/Stadler, "Grund- und Menschenrechte in Österreich, Band II, S. 359).
Sowohl gemäß Art 11 Abs. 1 MRK als auch Art 12 StGG haben die österreichischen Staatsbürger das Recht, "sich zu versammeln". Nach Art 11 Abs. 2 MRK kann die Ausübung dieses Rechtes solchen gesetzlichen Einschränkungen unterworfen werden, "die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind". Zulässig sind weiters gesetzliche Einschränkungen für Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei und der Staatsverwaltung (vgl. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8 (1996), Rz 1426).
Durch Art. 11 MRK wurde Art. 12 StGG insofern geändert, als das Versammlungsrecht nun nicht nur österreichischen Staatsbürgern, sondern jedem Menschen gewährleistet ist; weiters wurde die durch Art. 12 StGG dem einfachen Gesetzgeber übertragene Kompetenz zur Regelung der "Ausübung dieser Rechte" durch den Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 MRK beschränkt (vgl. Walter/Mayer, a.a.O, Rz 1428). Der "Ausübungsvorbehalt" des Art. 12 Abs. 2 StGG ändert aber nichts am Grundsatz der vollen Versammlungsfreiheit sowie daran, daß es sich verbietet, a) den Geltungsbereich dieses Grundrechtes mit dem des VersG gleichzusetzen und b) nur dieses Gesetz als 'Besonderes Gesetz' iS. des Art. 12 StGG anzusehen (vgl. Groiss/Schantl/Welan, ÖJZ 1976, 289).
Die Unrichtigkeit der Auffassung der belangten Behörde, Beschränkungen der Versammlungsfreiheit ergäben sich mithin auf einfachgesetzlicher Ebene nur aus dem VersG selbst sowie aus verfassungsrechtlich-systemimmanenten Schranken, woraus die Unanwendbarkeit des § 39a Abs. 1 WaffG resultiere, erhellt des weiteren auch aus mehrfachen einfachgesetzlichen Bestimmungen, welche Regelungen Auswirkungen auf das Versammlungsrecht haben (z.B. §§ 175 und 177 StPO, § 35 VStG, § 82 StVO, § 49 SPG, Art. 7 Z. 5 Staatsvertrag von Wien; vgl. Fessler/Keller, österreichisches Versammlungsrecht (1993), 60f). Des weiteren sei auf den Ausschnitt aus der RV, 82 BlgNR 15. GP, 6 zu § 39a WaffG - "Direkte oder indirekte Verbote der Einfuhr, des Besitzes und des Führens von Waffen enthalten neben dem Waffengesetz 1967 u.a. das Vereinsgesetz 1951, das Versammlungsgesetz 1953 ..." - hingewiesen .
Die Mitbeteiligten fuhren in Bussen in Richtung Offenhausen, um am Nachmittag dort und am Abend in Wels an einer der Sicherheitsbehörde zuvor ordnungsgemäß angezeigten Versammlung teilzunehmen. Geht man von der Annahme der belangten Behörde, des Beschwerdeführers und der Mitbeteiligten aus, daß es sich aufgrund des örtlichen und zeitlichen Zusammenhanges zum Zeitpunkt der Durchsuchung um eine Versammlung iSd VersG handelt, kommen das Versammlungsgesetz 1953, aber auch alle weiteren in anderen Gesetzen enthaltenen gesetzlichen Regelungen zur Ausübung des Versammlungsrechtes zur Anwendung.
Die Versammlung kann jeden rechtlich nicht verbotenen Zweck verfolgen. Zweck der Versammlung im objektiven Sinn ist gleichbedeutend mit der Tagesordnung als Bezeichnung derjenigen Gegenstände, die bei der Versammlung tatsächlich verhandelt werden. Der beabsichtigte Zweck muß der Behörde detailliert angegeben werden, damit die Behörde in der Lage ist zu klären, ob sie die Versammlung zu untersagen hat oder nicht (vgl. Fessler/Keller, Österreichisches Versammlungsrecht (1993), S. 30, 4.)
Reagiert eine Behörde auf eine Versammlungsanzeige nicht mit einer Zurückweisung oder Untersagung, so hat sie die Anzeige zur Kenntnis genommen und die Versammlung gilt als (ordnungsgemäß) nach § 2 VersG angezeigt und als nicht untersagt (vgl. Fessler/Keller, Österreichisches Versammlungsrecht (1993), S. 28 letzter Absatz).
Wenn die Behörde aber eine ordnungsgemäß angezeigte Versammlung nicht untersagt hat, dann ist sie unter allen Umständen verpflichtet, mit sämtlichen zumutbaren Mitteln den ungestörten Ablauf der Versammlung zu garantieren (vgl. Fessler/Keller, Österreichisches Versammlungsrecht (1993), S. 53), wozu auch gehört, das Waffenverbot des § 39a WaffG durchzusetzen..
Der Beschwerdeführer ist somit im Recht, wenn er davon ausgeht, daß die Organe der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land grundsätzlich berechtigt waren, zur Durchsetzung des in § 9 VersG verankerten Waffenverbotes § 39a WaffG heranzuziehen.
Dennoch führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn die belangte Behörde hat für den Fall den Anwendbarkeit des § 39a WaffG ausgeführt, daß von einem "dringenden Verdacht" i.S. dieser Bestimmung ohne weitere spezifische behördliche Ermittlungen in diese Richtung allein deshalb, "weil ein Monat vor der Kundgebung von unbekannten Tätern am sog. 'Dichterstein' in Offenhausen eine Sachbeschädigung begangen und in der Folge ein entsprechendes Bekennerschreiben in einer linksgerichteten Zeitschrift veröffentlicht sowie darin gleichzeitig zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen wurde, nicht die Rede sein" könne. Diese rechtliche Beurteilung der belangten Behörde begegnet seitens des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken. Der Beschwerdeführer tritt dem nur durch den pauschalen Hinweis auf die "nach der Aktenlage gegebenen und nach den von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land im Verfahren vor dem UVS dargelegten Umstände" entgegen, ohne auszuführen, auf welchen - konkreten - Umständen und aus welchen Gründen die Ansicht der belangte Behörde unrichtig sein sollte. Der Hinweis des Beschwerdeführers, es seien "schließlich zwei Ketten und zwei Messer sichergestellt" worden, läßt keinen Rückschluß darauf zu, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Durchführung der Personendurchsuchung mit dem Beginn derselben gegeben waren.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 49 Abs. 1 zweiter Satz und § 53) VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Mitbeteiligten tatsächlich nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten waren.
Wien, am 23. September 1998
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