Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde am 27. Oktober 1994 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad eingebracht und langte am 14. November 1994 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz ein. In weiterer Folge wird dieser Antrag als Antrag "vom 27. Oktober 1994" bezeichnet.
Wie der Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Februar 1995, mit dem der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde, zu entnehmen ist, war dem Beschwerdeführer zuvor ein Touristensichtvermerk ausgestellt worden, auf dessen Grundlage er am 11. September 1994 nach Österreich einreiste. Dieser Touristensichtvermerk war bis zum 9. Oktober 1994 gültig. Die Ausweisung stützte sich darauf, daß der Beschwerdeführer nach Ablauf des Touristensichtvermerkes das Bundesgebiet nicht verlassen habe und sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Nach dem Akteninhalt wurde der Beschwerdeführer am gleichen Tag 3. Februar 1995) in seine Heimat abgeschoben.
Vertreten durch seinen Rechtsfreund brachte der Beschwerdeführer am 16. Mai 1995 einen neuerlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ein.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. August 1995 wurde der Antrag vom 27. Oktober 1994 auf Erteilung einer Bewilligung zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit
§ 1 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit
§ 10 Abs. 1 Z. 2 und Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG)
abgewiesen. Die Behörde ging davon aus, daß der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers auf Dauer nicht gesichert sei und er sich im Zeitpunkt der Antragstellung nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er darauf hinwies, daß die Feststellung der Behörde, wonach der Nettolohn seiner Ehegattin derzeit S 9.612,83 betrage, unzutreffend sei, weil weder Überstunden noch Sonderzahlungen berücksichtigt worden seien. Darüberhinaus liege nunmehr eine Bürgschaftserklärung eines Bekannten vor, die vorgelegt werde. Dieser Bekannte bürge für den Unterhalt des Antragstellers; ein Beleg über die Einkommenshöhe des Bürgen werde beigeschlossen. Darüberhinaus habe der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Aufenthalt gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG, weil seine Ehegattin rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren (nämlich von ihrer Geburt an) ihren ordentlichen Wohnsitz in Österreich habe und über einen unbefristeten Wiedereinreisesichtvermerk verfüge. Schließlich wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß er zur sichtvermerksfreien Einreise nach Österreich und zum daran anschließenden Aufenthalt für die Dauer von drei Monaten berechtigt sei. Als seinen Wohnsitz gab er in der Berufung eine ausländische Adresse an.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Die belangte Behörde stellte nach Darstellung des Sachverhaltes und der wesentlichen Rechtsgrundlagen fest, daß im Fall des Beschwerdeführers das zuständige Arbeitsmarktservice die "Unbedenklichkeit nicht erteilt habe", womit der Beschwerdeführer in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgehen könne. Somit stehe fest, daß er über kein legales Einkommen verfüge und sein Lebensunterhalt in Österreich im Sinne des AufG für die Dauer der Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG nicht gesichert sei. Gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Landes Oberösterreich betrage das monatliche Mindesteinkommen für zwei Personen S 8.952,--. Dazu kämen im Fall des Beschwerdeführers Mietkosten in der Höhe von S 1.800,-- (nicht von S 1.500,-- laut Berufung, weil die Mehrwertsteuer ja auch bezahlt werden müsse) per Monat. Dies wären S 10.752,-- per Monat. Laut Aktenlage betrage der Netto-Monatslohn der Gattin des Beschwerdeführers S 9.612,83. Dies liege somit erheblich unter dem Sozialhilferichtsatz des Landes Oberösterreich. Es sei dem Beschwerdeführer somit gemäß § 5 Abs. 1 AufG keine Bewilligung zu erteilen.
Darüberhinaus stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer seit 8. Oktober 1993 illegal in Österreich aufhältig sei. Am 6. Oktober 1994 habe er einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung in Traun unterschrieben und diesen Antrag am 27. Oktober 1994 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad eingereicht. An der Adresse in Österreich habe er sich bis zum 9. Juni 1994 aufgehalten. Am 11. September 1994 sei der Beschwerdeführer abermals nach Österreich eingereist und habe sich bis zu seiner "Scheinabmeldung" am 30. November 1994 und darüberhinaus, bis zu seiner Festnahme am 2. Februar 1995, unrechtmäßig in Österreich bei seiner Gattin aufgehalten. Weil der Beschwerdeführer vom 8. Oktober 1993 bis 9. Juni 1994 und seit 30. November 1994 bis zu seiner Schubhaft im Februar 1995 unrechtmäßig in Österreich aufhältig gewesen sei und am 27. Oktober 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung einreichte, solle sein Antrag zeitlich nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden. In diesem Fall liege gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ein Sichtvermerksversagungsgrund vor und sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung zu versagen.
Weiters zeige der Beschwerdeführer durch sein Verhalten, daß er nicht bereit sei, die österreichische Rechtsordnung zu beachten und zu respektieren. Der Aufenthalt sei daher geeignet, die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu gefährden, insbesondere wegen der Beispielswirkung gegenüber anderen Fremden. Aufgrund dieser Tatsachen könne auch die Bürgschaftserklärung eines Dritten zugunsten des Beschwerdeführers nicht gewürdigt werden, da diese nur im Fall des nicht gesicherten Lebensunterhaltes greifen würde. Da beim Beschwerdeführer noch andere Versagungsgründe vorlägen, gelte sie in seinem Fall als nicht rechtsrelevant. Ergänzend stellte die Berufungsbehörde fest, der Beschwerdeführer als jugoslawischer Staatsangehöriger bedürfe zur Einreise nach Österreich bzw. zum Aufenthalt in Österreich einer Aufenthaltsbewilligung, gleichgültig "ob er diese Rechtstatsache anerkenne oder nicht". Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde speziell auch im Fall des Beschwerdeführers geprüft und festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK die öffentlichen Interessen überwögen. Dies deshalb, weil die belangte Behörde der Ansicht sei, daß von Antragstellern, die das "Wohl der Republik Österreich" in Anspruch nehmen wollten, ein den fremdenrechtlichen Bestimmungen adäquates Verhalten erwartet werden könne, vor allem wegen der Beispielswirkung auf andere Fremde, weil sonst jegliche fremdenrechtliche Regelung obsolet wäre.
Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welche dieser mit Beschluß vom 17. Juni 1996, B 3940/95-5, ablehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 14. November 1995) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, maßgeblich.
5 Abs. 1 AufG lautete in dieser Fassung:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 FrG lauteten:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Der Beschwerdeführer verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb die Vorschriften des § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 auf den Beschwerdefall nicht anzuwenden waren.
In der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die Aufenthaltsbehörden gingen irrtümlich von seinem Antrag vom 27. Oktober 1994 aus, dabei handle es sich aber um den zurückgezogenen Antrag. Er habe vielmehr mit Antrag vom 16. Mai 1995 eine Aufenthaltsbewilligung beantragt.
Dazu ist zu bemerken, daß sich die Zurückziehung eines Antrages des Beschwerdeführers durch seine Ehegattin, auf welche ein Schriftsatz vom 1. April 1994 Bezug nimmt, auf den ersten vom Beschwerdeführer gestellten Antrag vom 8. Oktober 1993 bezieht. Der Antrag vom 27. Oktober 1994, über den im vorliegenden Verfahren entschieden wurde, wurde nach Ausweis der Verwaltungsakten nicht zurückgezogen. Ebenso aktenkundig ist ein Antrag vom 16. Mai 1995, über den mit dem angefochtenen Bescheid (welcher ausdrücklich eine Berufung gegen einen Bescheid abwies, mit dem über den Antrag vom 27. Oktober 1994 entschieden wurde) keine Entscheidung getroffen wurde. Der Antrag vom 16. Mai 1995 ist somit nach wie vor offen.
Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Antrages vom 27. Oktober 1994 zum einen darauf, daß gemäß § 5 Abs. 1 AufG der Lebensunterhalt für die Dauer des Aufenthaltes nicht gesichert sei, zum anderen auf die Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und auch, zumindest in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, daß auch der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG verwirklicht worden sei. Keiner dieser Versagungsgründe hält allerdings einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand.
Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach seine Ehefrau über ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von S 9.612,83 verfüge und Mietkosten in der Höhe von S 1.800,-- anfielen, nicht. Wie schon in der Berufung wies er auch in der Beschwerde darauf hin, die belangte Behörde habe unberücksichtigt gelassen, daß die Beschwerdeführerin auch Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration erhalte.
Bei der Prüfung der Frage, ob der Unterhalt eines Fremden im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG gesichert sei, steht der Behörde kein Ermessensspielraum zu, sie hat diese Frage vielmehr in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es zulässig, daß die belangte Behörde ihrer Beurteilung, ob die von ihr festzustellenden, dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel ausreichend sind, den Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Oberösterreich zugrundelegte (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 3. April 1998, Zl. 95/19/0512). Bei Heranziehung des Sozialhilferichtsatzes für das Bundesland Oberösterreich nach der oberösterreichischen Sozialhilfeverordnung 1993, LGBl. Nr. 100/1992 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 115/1994, ergibt sich bei einer zweiköpfigen Familie ein erforderliches Einkommen in der Höhe von S 8.950,--. Dem wäre der Nettomonatslohn der Gattin des Beschwerdeführers in der Höhe von S 9.612,83 gegenüberzustellen.
Die belangte Behörde addierte zum monatlichen Mindesteinkommen für zwei Personen nach dem Sozialhilferichtsatz die im vorliegenden Fall aktuell zu bezahlende Miete in der Höhe von S 1.800,-- und gelangte unter Gegenüberstellung des Nettomonatslohnes der Gattin des Beschwerdeführers zum Ergebnis, daß letzterer "erheblich" unter dem Sozialhilferichtsatz des Landes Oberösterreich liege. Zutreffend rügt der Beschwerdeführer jedoch, daß es die belangte Behörde unterließ, bei Berechnung des ihm und seiner Ehegattin monatlich zur Verfügung stehenden Betrages zu berücksichtigen, daß - wie er schon in der Berufung ausdrücklich vorbrachte - das bekanntgegebene Nettomonatsgehalt 14mal jährlich ausbezahlt wird. Da auch Sonderzahlungen zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes verfügbare eigene Mittel darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1998, Zlen. 97/19/0709, 0710), errechnete sich unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen - unter Außerachtlassung ihrer steuerlichen Begünstigung - ein der Familie monatlich zur Verfügung stehender Nettogehaltsbetrag von S 11.214,--. Dieser überstiege den von der belangten Behörde angenommenen Mindestbedarf von S 10.752,--.
Darüberhinaus hat die belangte Behörde übersehen, daß der Lebensunterhalt eines Fremden im Sinn des § 5 Abs. 1 AufG nicht nur durch hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen oder durch das Bestehen eines Unterhaltsanspruches gegen eine Person, die diesen infolge ausreichenden eigenen Einkommens oder Vermögens in zureichenden Umfang erfüllen kann, gesichert erscheinen kann; auch die freiwillige Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt kann geeignet sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG als gesichert erscheinen zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf eine vom Beschwerdeführer vorgelegte "Bürgschaftserklärung" Bezug genommen und (insoweit zutreffend) gemeint, diese könne nur im Falle des (ansonsten) nicht gesicherten Lebensunterhaltes von Bedeutung sein. Da beim Beschwerdeführer jedoch noch andere Versagungsgründe vorlägen, "gelte sie als nicht rechtsrelevant". Die belangte Behörde hat sich im Fall des Beschwerdeführers aber gerade darauf gestützt, daß der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert sei. Prüft die belangte Behörde aber die Frage, ob der Lebensunterhalt des Antragstellers gesichert ist, so hat sie - unabhängig vom Vorliegen anderer Versagungsgründe - eine vom Antragsteller vorgelegte Bürgschaftserklärung eines Dritten in ihre Beurteilung einzubeziehen. Die belangte Behörde hat somit auch durch dieses Versäumnis ihren Bescheid im Hinblick auf den von ihr herangezogenen Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG mit Rechtswidrigkeit belastet.
Hinsichtlich der Reisebewegungen und des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus den Feststellungen der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht im Inland, sondern in Serbien aufhielt. Damit erweist sich aber die zumindest aus der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbare Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG durch die belangte Behörde als rechtswidrig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nur dann verwirklicht, wenn sich der Beschwerdeführer im für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit einem Touristensichtvermerk erfolgte Einreise oder nach sichtvermerksfreier Einreise weiterhin im Bundesgebiet aufhält (vgl. zur Maßgeblichkeit des Entscheidungszeitpunktes das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500). Die belangte Behörde geht allerdings selbst davon aus, daß der Beschwerdeführer nach seiner im Februar 1995 erfolgten Abschiebung nicht wieder in das Bundesgebiet eingereist ist. Damit ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht verwirklicht.
Aber auch die Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erweist sich angesichts der im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltsgestaltung als verfehlt. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, am 8. Oktober 1993 ins Bundesgebiet eingereist zu sein, ohne über den für serbische Staatsbürger zu diesem Zeitpunkt bereits erforderlichen Sichtvermerk zu verfügen (vgl. die Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, gegenüber der "Bundesrepublik Jugoslawien" mit
BGBl. Nr. 386a/1992, sowie BGBl. Nr. 407/1992). Nach den Feststellungen der belangten Behörde hielt sich der Beschwerdeführer bis 9. Juni 1994 im Bundesgebiet auf. In diesem (ersten) Zeitraum war der Beschwerdeführer acht Monate unrechtmäßig im Inland aufhältig.
Die belangte Behörde stellte weiters fest, der Beschwerdeführer sei sodann am 11. September 1994 abermals nach Österreich eingereist und habe sich bis zu seiner "Scheinabmeldung" am 30. November 1994 und darüberhinaus bis zu seiner Abschiebung am 2. Februar 1995 unrechtmäßig im Inland aufgehalten. Dazu ist zu bemerken, daß nach den Feststellungen im Bescheid betreffend die Ausweisung des Beschwerdeführers (vgl. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. Februar 1995, OZl. 22 des vorliegenden Verwaltungsaktes), der Beschwerdeführer über einen Touristensichtvermerk mit Gültigkeit vom 11. September 1994 bis 9. Oktober 1994 verfügte. Dies würde bedeuten, daß der Beschwerdeführer weder sichtvermerksfrei noch ohne Einreisetitel ins Bundesgebiet einreiste. Erst nach Ablauf des Touristensichtvermerkes wurde der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland zu einem unrechtmäßigen. Dieser (zweite) unrechtmäßige Aufenthalt dauerte bis zum 3. Februar 1995 an und umfaßte somit 4 Monate; der Beschwerdeführer war - unbestritten von der belangten Behörde - seit diesem Zeitpunkt bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 14. November 1995 nicht mehr im Bundesgebiet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt ausgesprochen, daß jedenfalls ein nicht bloß kurzfristiger unrechtmäßiger Aufenthalt im Anschluß an den Ablauf eines Touristensichtvermerkes die Annahme rechtfertigt, der weitere Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/1337). Auch bei der Qualifizierung einer unrechtmäßigen Einreise und eines daran anschließenden unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet als Ordnungsgefährdung wurde die Gefährdungsprognose des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG deshalb als gegeben erachtet, weil im Regelfall auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung der unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet andauerte. Im vorliegenden Fall reiste der Beschwerdeführer zweimal ins Bundesgebiet ein, lediglich beim ersten Mal war die Einreise unrechtmäßig und es schloß ein acht Monate dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt an diese Einreise an. Die zweite Einreise des Beschwerdeführers erfolgte aufgrund eines aufrechten Einreisetitels, der unrechtmäßige Aufenthalt nach Ablauf des Touristensichtvermerks umfaßte einen Zeitraum von vier Monaten. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides befand sich der Beschwerdeführer bereits wieder neun Monate im Ausland.
Es besteht zwar kein Zweifel, daß die unrechtmäßige Einreise im Jahr 1993 und der unrechtmäßige Aufenthalt für die jeweils dargestellten kurzen Zeitspannen die öffentliche Ordnung gestört hat; bei dem hier vorliegenden Sachverhalt bestehen angesichts der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes in einem bereits neun Monate vor Bescheiderlassung liegenden Zeitpunkt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, um davon auszugehen, daß die Anwesenheit des Beschwerdeführers aufgrund der beantragten Bewilligung die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit in Zukunft (während der Dauer der Bewilligung) gefährden würde. Besondere, in der Person des Beschwerdeführers liegende Umstände, die die Gefährdungsprognose des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG trotzdem als verwirklicht erschienen ließen, wurden von der belangten Behörde nicht festgestellt.
Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem, den der Verwaltungsgerichtshof am 19. Dezember 1997 zu hg. Zl. 96/19/0574 entschieden hat. In diesem Fall war der Beschwerdeführer trotz wiederholter Bestrafungen wegen Übertretung des Fremdengesetzes über drei Jahre lang unrechtmäßig im Inland aufhältig und war erst zwei Wochen vor Bescheiderlassung aus dem Bundesgebiet ausgereist. Im vorliegenden Fall war der Beschwerdeführer insgesamt 12 Monate unrechtmäßig im Inland, befand sich aber im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits 9 Monate im Ausland. Angesichts dessen konnte die belangte Behörde somit nicht davon ausgehen, der Beschwerdeführer verwirkliche allein aufgrund seiner unrechtmäßigen Einreise im Jahr 1993 und seiner beiden unrechtmäßigen Aufenthalte im Inland den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG. Im Fall der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG gebührt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte. Es war daher weder der Stempelgebührenersatz für die Vorlage des bekämpften Bescheides noch für die Vorlage der bereits im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof verfaßten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zuzusprechen.
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