Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1 idF 1995/351;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1 idF 1995/351;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Der Beschwerdeführer stellte am 17. August 1994 einen als "Erstantrag" bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der am 24. August 1994 bei der österreichischen Botschaft in Budapest und am 30. August 1994 beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung einlangte. Als Aufenthaltszweck gab der Beschwerdeführer "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft", und zwar mit seiner Ehefrau, an.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1995 wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich den Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab, weil der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert sei. Das monatliche Nettoeinkommen seiner Ehefrau betrage S 7.972,--, die monatlichen Mietkosten S 5.000,--. Damit werde der nach dem Sozialhilferichtsatz für das Land Oberösterreich erforderliche Mindestbetrag nicht erreicht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Der Berufung beigelegt wurde eine Verpflichtungserklärung eines österreichischen Ehepaares sowie eine Gehaltsbestätigung für den Ehemann dieses Ehepaares, demzufolge dieser über ein Nettoeinkommen von monatlich S 16.500,-- verfüge.
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juni 1995 wurde die Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, die Ehefrau des Beschwerdeführers verfüge über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von S 8.000,--. Abzüglich der monatlichen Mietkosten von S 5.000,-- verblieben dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau zur Bestreitung des Lebensunterhaltes lediglich S 3.000,--. Der Sozialhilferichtsatz für eine zweiköpfige Familie für das Bundesland Oberösterreich 1995 betrage jedoch S 8.950,--. Dieser Sozialhilferichtsatz könne durch das Einkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers in keiner Weise erreicht werden. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gesichert sei. In seiner Berufung habe er eine Verpflichtungserklärung vorgelegt. Zu seinen Bürgen bestehe jedoch keinerlei Naheverhältnis, und der Beschwerdeführer habe auch nicht belegen können, daß seine Bürgen tatsächlich in der Lage seien, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Sache des Fremden, "von sich aus zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel" verfüge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt und rügt, daß die belangte Behörde zu Unrecht auf die von ihm in der Berufung vorgelegte Verpflichtungserklärung sowie "Lohnzettel" nicht eingegangen sei. Bei entsprechendem Eingehen auf diese Verpflichtungserklärung hätte die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gelangen können.
2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte zunächst, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Mit Note vom 9. Februar 1998 übermittelte die belangte Behörde als Nachreichung zu ihrer Aktenvorlage eine Kopie eines Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an die belangte Behörde, derzufolge der Beschwerdeführer seit dem 28. Jänner 1998 österreichischer Staatsbürger sei. In Kopie wurde weiters eine Kopie des Staatsbürgerschaftsnachweises, ausgestellt am 28. Jänner 1998, vorgelegt. Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes bestätigte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, daß dieser österreichischer Staatsbürger sei.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im folgenden davon aus, daß der Beschwerdeführer mittlerweile österreichischer Staatsbürger geworden ist.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil es sich bei dem hier maßgeblichen Antrag des Beschwerdeführers, der noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AufG verfügte, um einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelt. Im Falle seines Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hätte der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung nur mit Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt der Erteilung dieser Aufenthaltsbewilligung erlangen können. Da er nunmehr als österreichischer Staatsbürger gemäß § 1 Abs. 1 AufG keiner Aufenthaltsbewilligung bedarf, hat der Beschwerdeführer auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
3. Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand nicht erfordert, waren die Kosten jener Partei zuzusprechen, die bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegt hätte. Dies ist aus folgenden Überlegungen der Beschwerdeführer:
Im Hinblick auf das Datum der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 12. Juli 1995) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 maßgebend.
Die §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 AufG lauteten in der Fassung dieser Novelle (auszugsweise):
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
...
§ 6. (1) ... In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. ..."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, daß seine Ehefrau über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von S 8.000,-- verfüge und Mietkosten in der Höhe von S 5.000,-- anfallen.
Bei der Prüfung der Frage, ob der Unterhalt eines Fremden im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG gesichert ist, steht der Behörde kein Ermessensspielraum zu, sie hat diese Frage vielmehr in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war es zulässig, daß die belangte Behörde ihrer Beurteilung, ob die von ihr festzustellenden, dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel ausreichend sind, den Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Oberösterreich zugrundelegte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zlen. 96/19/0764, 0765). Es ist der belangten Behörde auch beizupflichten, daß bei Heranziehung des Sozialhilferichtsatzes für das Bundesland Oberösterreich nach der Oberösterreichischen Sozialhilfeverordnung 1993, LGBl. Nr. 100/1992 in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 115/1994, bei einer zweiköpfigen Familie von einem erforderlichen Einkommen von S 8.950,-- auszugehen war. Ausgehend von ihrer Feststellung, daß dem Beschwerdeführer angesichts des Monatseinkommens seiner Ehefrau in Höhe von S 8.000,-- und Mietkosten in der Höhe von S 5.000,-- zur Bestreitung seines und seiner Ehefrau Lebensunterhalt nur S 3.000,-- verbleiben, erwiese sich der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig, wenn dem Beschwerdeführer keine zusätzlichen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden.
Der Lebensunterhalt eines Fremden im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG kann durch hinreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen für die Aufenthaltsdauer gesichert erscheinen; ebenso sichert das Bestehen eines Unterhaltsanspruches gegen eine Person, die diesen infolge ausreichenden eigenen Einkommens oder Vermögens in zureichendem Umfang erfüllen kann, den Lebensunterhalt für die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung. Aber auch die freiwillig übernommene Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt kann geeignet sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG als gesichert erscheinen zu lassen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612, und vom 28. Februar 1997, Zl. 95/19/1544).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf eine vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgelegte "Verpflichtungserklärung" Bezug genommen. Nach deren Inhalt hat sich ein Ehepaar (beide Ehegatten sind österreichische Staatsbürger) "unwiderruflich" verpflichtet, für den gesamten Lebensunterhalt des Beschwerdeführers so lange uneingeschränkt aufzukommen, bis er dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde. Das Ehepaar hat sich weiters verpflichtet, der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Aufenthalt und der Ausreise entstehen werden, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen und insbesondere auch Kosten für Sozialleistungen und Anforderungen für medizinische Betreuung (zu tragen). Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um eine Beweisurkunde über eine zwischen den Dritten und dem Beschwerdeführer abgeschlossenen (Unterhalts)Vertrag handelt, ergibt sich doch jedenfalls aus der notariell beglaubigt unterfertigten Urkunde nach ihrem Text der Wille der dritten Personen, den Unterhalt des Beschwerdeführers zu sichern.
Die belangte Behörde ist auf diese Verpflichtungserklärung, die sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnte, inhaltlich nicht eingegangen. Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, daß es Sache des Fremden sei, von sich aus zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge und hat darauf hingewiesen, daß kein Naheverhältnis des Beschwerdeführers zu seinen "Bürgen" bestünde und er auch nicht belegen habe können, daß diese Bürgen tatsächlich in der Lage seien, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen.
Gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Satz AufG hat der Antragsteller in seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt". Die belangte Behörde verkennt, daß es nicht Sache des Beschwerdeführers war, von sich aus zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Zu einer im Gesetz verlangten Glaubhaftmachung genügt es jedoch, die Behörde davon zu überzeugen, daß der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 1998, Seite 640, Anm. 1 zu § 45 AVG). Verwendet der Gesetzgeber den Begriff "Glaubhaftmachung", so ist davon auszugehen, daß schon die Herbeiführung eines behördlichen Urteils über die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache genügt (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, 1995, Rz 315). Eine Beweispflicht des Antragstellers liegt nach § 6 Abs. 1 AufG hingegen nicht vor. Auch das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0163, ist nicht zu § 6 Abs. 1 AufG, sondern zu § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG ergangen.
Ebensowenig findet jedoch die Auffassung der belangten Behörde im Gesetz eine Deckung, daß eine Verpflichtungserklärung einer dritten Person nur dann zu beachten wäre, wenn zu dieser Person ein "Naheverhältnis" besteht. Zwar reicht die Vorlage einer Verpflichtungserklärung eines Dritten für sich alleine nicht aus, um bereits den Lebensunterhalt des Antragstellers als gesichert erscheinen zu lassen, doch ist es Sache der Behörde, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, weshalb sie im konkreten Fall davon ausgeht, daß eine solche Verpflichtungserklärung nicht glaubwürdig ist oder die sich verpflichtende Person ihrerseits nicht in der Lage ist, aufgrund der für sie selbst zur Verfügung stehenden Mittel auch für den Lebensunterhalt des Antragstellers aufzukommen.
Die belangte Behörde hat jedoch, ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht, jegliche Auseinandersetzung mit der vom Beschwerdeführer in der Berufung vorgelegten Verpflichtungserklärung sowie der ebenfalls vorgelegten Gehaltsbestätigung, die ein Nettoeinkommen in der Höhe von S 16.500,-- angibt, unterlassen. Der angefochtene Bescheid entbehrt diesbezüglich einer nachvollziehbaren Begründung. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß angesichts der vorgelegten Gehaltsbestätigung auch unter Zugrundelegung des Oberösterreichischen Sozialhilferichtsatzes eine Sicherung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers durch die sich verpflichtenden Personen nicht ausgeschlossen wäre.
Da die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht wesentliche Sachverhaltsfeststellungen sowie eine nachvollziehbare Begründung unterlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Aufgrund dieser Erwägungen wäre der angefochtene Bescheid bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben gewesen, sodaß dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 2 VwGG die Verfahrenskosten zuzusprechen waren.
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