VwGH 97/10/0045

VwGH97/10/004530.6.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des W in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 15. Jänner 1997, Zl. UVS-18/220/2-1997, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

LMG 1975 §74 Abs5 Z2;
LMKV 1993 §4 Z7 litc;
VStG §2 Abs2;
VStG §27 Abs1;
VStG §44a Z1;
LMG 1975 §74 Abs5 Z2;
LMKV 1993 §4 Z7 litc;
VStG §2 Abs2;
VStG §27 Abs1;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG der E.-GesmbH in R., G.-Straße 16, die Ware "Knacker" vakuumverpackt mit Aufdruck, Länge ca. 10 bis 11 cm, Durchmesser ca. 4,5 cm, durch Auslieferung an die A.-Zentrale in T. am 8. August 1995 in Verkehr gebracht, obwohl die Ware als vorverpacktes Lebensmittel einzustufen sei und bei der Auflistung der Zutaten die Zutat "Phosphat" nicht durch ihren spezifischen Namen gekennzeichnet gewesen sei, obwohl es sich bei dieser Bezeichnung auch nicht um einen im Anhang II der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) angeführten Klassennamen handle.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 4 Z. 7 lit. c LMKV 1993 in Verbindung mit § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) begangen. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG 1975 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.

In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer sei zwar nicht - wie die Erstbehörde angenommen habe - ein zur Vertretung nach außen bestelltes Organ, jedoch auf Grund der Zustimmungserklärung vom 1. Juli 1989, welche von der belangten Behörde eingeholt worden sei, verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 1 VStG. In dieser Zustimmungserklärung sei ausgeführt, daß der Beschwerdeführer bei der Firma E. GesmbH im Betrieb R. als Betriebsleiter beschäftigt sei. Sein Verantwortungsbereich umfasse die Produktions- und Betriebsleitung. In diesem Verantwortungsbereich sei ihm eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen. Der Beschwerdeführer habe mit eigenhändiger Unterschrift sich damit einverstanden erklärt, daß er ab 1. Juli 1989 für den genannten Betrieb als Verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG bestellt worden sei.

Der Einwand, daß der Tatort T. nicht im Zuständigkeitsbereich der Erstbehörde gelegen sei, gehe ins Leere. Als Tatort, welcher auch im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannt sei, sei der Sitz des Zweigbetriebes der E.-GesmbH in R., G.-Straße 16, anzusehen. Der Beschwerdeführer sei am Tatort in R. tätig geworden, als er durch Auslieferung der Ware "Knacker" von dort an die A.-Zentrale in T. am 8. August 1995 diese in Verkehr gebracht habe. Dies sei auch durch den Lieferschein Nr. 126410 vom 8. August 1995 dokumentiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, der Tatort sei nicht dem § 44a VStG entsprechend umschrieben. Das erstinstanzliche Straferkenntnis enthalte zwar als Ortsangabe R., G.-Straße 16, allerdings im Zusammenhang mit der E.-GesmbH, sohin nur und ausschließlich als Ortsangabe jenes Unternehmens, für das der Beschwerdeführer tätig sei, nicht jedoch als Angabe des Ortes, an dem angeblich der Beschwerdeführer die vorgeworfene Tat gesetzt haben solle. Es fehle die ausreichende Konkretisierung der Tat durch Angabe des Tatortes.

Dem Beschwerdeführer wird die - von ihm in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Beauftragter zu verantwortende - Lieferung einer mangelhaft gekennzeichneten Ware zur Last gelegt.

Ein Zuwiderhandeln gegen die Kennzeichnungspflichten der LMKV stellt ein Unterlassungsdelikt dar. Ein solches Delikt wird zu der Zeit und an dem Ort begangen, zu der und an dem der Täter hätte handeln sollen. Im Falle der Lieferung eines nicht entsprechend der LMKV gekennzeichneten Lebensmittels durch einen Erzeugungs- oder Handelsbetrieb wird die Verwaltungsübertretung am Sitz des Erzeugungs- oder Handelsbetriebes in dem Augenblick begangen, in dem die Ware expediert wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1981, 81/10/0111, u.v.a.).

Im Beschwerdefall hat die E.-GesmbH das mangelhaft gekennzeichnete Lebensmittel geliefert. Tatort war damit der Sitz dieses Unternehmens. Dieser ist in dem mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnis genannt. Ein Mangel der Tatortumschreibung liegt nicht vor.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, erst durch ein Ermittlungsverfahren im Rahmen des Berufungsverfahrens sei der Sachverhalt dahin ergänzt worden, daß der Beschwerdeführer für die E.-GesmbH als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher bestellt sei. Zu diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei ihm keine Gelegenheit gegeben worden, Stellung zu nehmen. Dies sei ein wesentlicher Verfahrensmangel, weil er vorbringen hätte können, daß er für den Produktionsbereich als verantwortlicher Beauftragter bestellt sei, wogegen die Auslieferung dem Verkauf und Vertrieb zuzuordnen sei.

Nach der im Akt erliegenden Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers vom 1. Juli 1989 zu seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten im Zweigbetrieb R. der E.-GesmbH trifft es nicht zu, daß der Beschwerdeführer - wie er in der Beschwerde behauptet - nur für den Produktionsbereich zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde. Sein Verantwortungsbereich umfaßt vielmehr die Produktions- und Betriebsleitung. Damit wurde ihm eine umfassende Verantwortung für den gesamten Betrieb in R. übertragen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich jedoch aus einem anderen Grund als inhaltlich rechtswidrig.

Als übertretene Norm wird im erstinstanzlichen Straferkenntnis § 4 Z. 7 lit. c LMKV in Verbindung mit § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG angeführt. Auch die verhängte Strafe wurde auf 74 Abs. 5 Z. 1 LMG gestützt. Aus der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ergibt sich, daß die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz von der Anwendbarkeit des § 74 Abs. 5 Z. 1 des LMG ausging. Die belangte Behörde hat das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich der Übertretungs- und der Strafnorm unverändert bestätigt.

Nach § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Bestimmungen der im § 77 Abs. 1 Z. 1, 3, 4 bis 16 oder 18 bis 21 angeführten Rechtsvorschriften zuwiderhandelt.

Zu den in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Vorschriften gehört auch die LMKV 1973.

Im Beschwerdefall war aber nicht mehr die LMKV 1973 anzuwenden - und wurde auch nicht angewandt -, sondern die LMKV 1993. Zuwiderhandlungen gegen diese Norm aber sind nicht durch § 74 Abs. 5 Z. 1, sondern durch § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG unter Strafe gestellt.

Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie den Sachverhalt einer Verwaltungsvorschrift (§ 74 Abs. 5 Z. 1 LMG) unterstellt hat, die durch die Tat nicht verletzt worden ist, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Der angefochtene Bescheid war lediglich in einer Ausfertigung vorzulegen, weshalb auch nur für eine Ausfertigung Stempelgebühren zuerkannt werden konnten. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

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