VwGH 97/05/0110

VwGH97/05/011016.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. Friedebert Kunz in Innsbruck, vertreten durch

Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 40, gegen die Tiroler Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend einen Antrag nach dem Tiroler Elektrizitätsgesetz bezüglich allgemeiner Tarifpreise für Rücklieferungen, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
ElektrizitätsG Tir 1982 §17;
ElektrizitätsG Tir 1982 §43d idF 1993/120;
VwGG §27;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
ElektrizitätsG Tir 1982 §17;
ElektrizitätsG Tir 1982 §43d idF 1993/120;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 9. Oktober 1989 hat der Beschwerdeführer der belangten Behörde mitgeteilt, daß er Miteigentümer der Liegenschaft in EZ 425, KG Absam, ist, wobei er am Amtsbach ein Kraftwerk betreibe. Den aus diesem Kraftwerk erzeugten Strom verwende er einerseits für den Eigenverbrauch und liefere andererseits den Überschuß an die Stadtwerke Hall. Trotz mehrfacher Urgenzen des Beschwerdeführers seien die Stadtwerke Hall bisher nicht bereit gewesen, mit ihm ein entsprechendes Stromlieferungsabkommen mit angemessenen Strompreisen für die Rücklieferung abzuschließen. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes stellte der Beschwerdeführer den Antrag, den Stadtwerken Hall unter Fristsetzung aufzutragen, allgemeine Tarifpreise für Rücklieferungen in das Netz in geeigneter Form und dem Gesetz entsprechender Art und Weise zu verlautbaren und diese dem Beschwerdeführer bekanntzugeben.

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. November 1989 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 8 AVG in Verbindung mit den Bestimmungen des Tiroler Elektrizitätsgesetzes, LGBl. Nr. 40/1982, als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer am 2. Jänner 1990 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben; in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1990, Zl. 90/05/0005, hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Novembr 1989 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben und ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, daß er Inhaber einer Eigenanlage ist, Parteistellung zukommt. Mit einem weiteren Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Dezember 1990 wurden alle Anträge des Beschwerdeführers abgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer neuerdings Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, dieser hat mit Erkenntnis vom 15. Oktober 1991, Zl. 91/05/0054, den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Dezember 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Juni 1993 wurde den Anträgen des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

Dagegen hat der Beschwerdeführer abermals eine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde erhoben, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1994, Zl. 93/05/0193, wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit Eingabe vom 8. Juli 1994 hat der Beschwerdeführer seine Anträge modifiziert, mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. November 1994 wurde den Anträgen des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben. Da dieser innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung fällte, erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof hat der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol mit Bescheid vom 25. Jänner 1995 der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Tiroler Landesregierung verwiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es sei im fortgesetzten Verfahren zu klären, welche Preise für die Rücklieferung den Stadtwerken Hall in Tirol unter Berücksichtigung der Wertigkeit der abgegebenen elektrischen Energie wirtschaftlich zumutbar seien. Überdies werde es sich empfehlen, den Antragsteller im fortgesetzten Verfahren anzuleiten, seine unter Punkt 1 und 2 gestellten Anträge, die vom Wortlaut her nicht eindeutig seien, entsprechend zu präzisieren.

Mit Eingabe vom 21. Februar 1996 hat der Beschwerdeführer seine Anträge dahingehend modifiziert, daß er beantragte, die Tiroler Landesregierung möge die Stadtwerke Hall in Tirol verpflichten,

  1. "1. elektrische Energie aus der Eigenanlage des Antragstellers zu Bedingungen, die unter Berücksichtigung der Wertigkeit der abgegebenen elektrischen Energie wirtschaftlich zumutbar sind, abzunehmen;
  2. 2. diese Tarifpreise für Rücklieferungen in das Netz, wie sie unter Pkt. 1. ermittelt wurden, in geeigneter Form und dem Gesetz entsprechender Art und Weise zu verlautbaren und dem Antragsteller bekanntzugeben;
  3. 3. diese auf Basis des Pkt. 1 ermittelten Rücklieferpreises dem Antragsteller zu leisten".

Die Tiroler Landesregierung hat hierauf am 28. März 1996 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher der Beschwerdeführer seine Anträge eingeschränkt hat.

Mit der am 4. April 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde machte der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Amt der Tiroler Landesregierung geltend, weil sie über seine Anträge nicht abgesprochen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit Verfügung vom 15. April 1997, welche den Parteien am 23. April 1997 zugestellt worden ist, das Vorverfahren ein.

Mit Bescheid vom 22. April 1997, der dem Beschwerdeführer und den Stadtwerken Hall am 30. April 1997 zugestellt wurde, verpflichtete die Tiroler Landesregierung die Stadtwerke Hall in Tirol, die aus der Eigenanlage des Beschwerdeführers zwangsläufig anfallende elektrische Überschußenergie zu bestimmten Bedingungen abzunehmen.

Betreffend die Säumnisbeschwerde legte die belangte Behörde die Akten mit einer Gegenschrift vor und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung der Säumnisbeschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

In der mündlichen Verhandlung vom 28. März 1996 hat der Beschwerdeführer seine Anträge dahingehend eingeschränkt, die Landesregierung möge die Stadtwerke Hall in Tirol gemäß § 17 Abs. 1 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes verpflichten, die Überschußenergie aus seiner Eigenanlage zu Bedingungen, die unter Berücksichtigung der Wertigkeit der abgegebenen elektrischen Energie wirtschaftlich zumutbar seien, abzunehmen. Bezüglich der Anträge 2 und 3, die der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 21. Februar 1996 nochmals formuliert hat, lag somit zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde keine Säumnis der belangten Behörde vor, weil der Beschwerdeführer seine Anträge ausdrücklich in der Verhandlung vom 28. März 1996 eingeschränkt hat. Über den offenen Antrag hat die Tiroler Landesregierung nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof mit Bescheid vom 22. April 1997 entschieden, sodaß die diesbezüglich anhängige Säumnisbeschwerde als gegenstandslos zu erklären wäre.

Aus folgenden Überlegungen ist die Säumnisbeschwerde aber zurückzuweisen:

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht im Falle der Verletzung der Entscheidungspflicht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Nach den Bestimmungen des Tiroler Elektrizitätsgesetzes ist für erstinstanzliche Entscheidungen, insbesondere auch für solche nach § 17, die Landesregierung zuständig. Nach § 43 d des Tiroler Elektrizitätsgesetzes, LGBl. Nr. 40/1982 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 120/1993, ist unter anderem gegen Bescheide der Landesregierung in Angelegenheiten des § 17 die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig. Gemäß § 73 Abs. 2 AVG hätte der Beschwerdeführer demnach einen Devolutionsantrag an den unabhängigen Verwaltungssenat stellen müssen. Da er dies nicht getan hat, war seine Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde, die diese in ihrer Gegenschrift geäußert hat, führte jedoch der Umstand, daß der Beschwerdeführer das "Amt der Tiroler Landesregierung" und nicht die Tiroler Landesregierung als belangte Behörde bezeichnet hat, nicht zur Zurückweisung der Beschwerde:

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Slg. Nr. 12.088/A, ausgesprochen hat, sei die Beschwerde nicht deshalb zurückzuweisen gewesen, weil als belangte Behörde deren Hilfsapparat (Amt der Landesregierung) bezeichnet worden ist, es bedürfe diesbezüglich auch keines Mängelbehebungsauftrages gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Herbeiführung der richtigen Bezeichnung der belangten Behörde. Es sei jene Behörde Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, die bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation als belangte Behörde zu erkennen sei. Dies gelte auch für Säumnisbeschwerden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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