Normen
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Februar 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. Mai 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zuletzt einen Sichtvermerk mit Geltungsdauer bis 15. Mai 1993 besessen. Seit Ablauf dieses Sichtvermerkes halte sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dies stelle einen schweren Verstoß gegen das österreichische Fremdenrecht dar. Die Beschwerdeführerin habe damit gezeigt, daß sie nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze einzuhalten und zu respektieren. Die Tatsache ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes stelle bereits für sich allein eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, weil das Verhalten der Beschwerdeführerin auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könnte. Die Billigung ihres Verhaltens ließe jegliche fremdenrechtliche Bestimmung obsolet erscheinen. Von Antragstellern, die das "Wohl der Republik Österreich in Anspruch nehmen" wollten, könne ein der österreichischen Rechtsordnung adäquates Verhalten erwartet werden. Die öffentlichen Interessen an der Versagung einer Bewilligung überwögen die durch die Anwesenheit ihrer Mutter im Bundesgebiet begründeten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragte, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautet:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht klar hervor, daß die Versagung der Bewilligung - nur - darauf gestützt wurde, daß die Beschwerdeführerin Österreich nicht bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Sichtvermerkes (daß es sich dabei bloß um einen Touristensichtvermerk gehandelt hätte, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt) verlassen habe. Dieser Umstand rechtfertigt aber für sich alleine noch nicht die Annahme, daß ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0348, vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0263, und vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/0907), zumal auch nach dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte für eine subjektive, darauf gerichtete Verhaltensweise der Beschwerdeführerin erkennbar sind.
Demgegenüber ist der belangten Behörde zuzustimmen, daß ein unrechtmäßiger Aufenthalt auch im Anschluß an einen Sichtvermerk, der nicht bloß zu touristischen oder Besuchszwecken erteilt wurde, einen Verstoß gegen das österreichische Fremdenrecht darstellt, der die öffentliche Ordnung gestört hat und nicht zu billigen ist. § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG sieht für ein solches Verhalten auch eine adäquate verwaltungsstrafrechtliche Sanktion vor. Davon zu unterscheiden ist aber die hier maßgebliche Gefährdungsprognose, ob ein solches Verhalten eines Fremden so gravierend ist, daß die Annahme gerechtfertigt erscheint, sein weiterer Aufenthalt aufgrund der ihm zu erteilenden Bewilligung werde in Hinkunft die öffentliche Ordnung gefährden. Diese Frage ist jedoch im Hinblick auf die zitierte Vorjudikatur zu verneinen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. An Stempelgebührenaufwand sind lediglich S 240,-- für die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung sowie S 60,-- für die Vorlage zweier Beilagen in einfacher Ausfertigung entstanden.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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