VwGH 96/12/0203

VwGH96/12/020324.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des B in K, vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer, Mag. Martin Machold und Mag. Axel Bauer, Rechtsanwälte in Wien IV, Favoritenstraße 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. April 1996, Zl. 6221/2619-II/4/96, betreffend die Feststellung der Unwirksamkeit einer dienstbehördlichen Maßnahme, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §6 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §70 Abs3;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §41a Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §6 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §70 Abs3;
BDG 1979 §38;
BDG 1979 §41a Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich (in der Folge kurz: LGK) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Der Beschwerdeführer wurde, soweit vorliegendenfalls erheblich, zunächst bei der "Netzleitstelle-Ost" verwendet und sodann mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1995 dem Referat 302 des LGK zugeteilt (im LGK-Befehl vom 26. April 1995, Zl. 6222/284-20/95, heißt es "bis zur Entscheidung über seine beabsichtigte Versetzung"). Unter dem Datum 12. Juni 1995 brachte der - bereits damals anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Anfrage nach dem Auskunftpflichtgesetz bezüglich dieser Personalmaßnaßnahme ein, die von der belangten Behörde dem LGK weitergeleitet und von diesem mit Erledigung vom 7. Juli 1995 beantwortet wurde. In dieser Erledigung heißt es, daß die Zuteilung des Beschwerdeführers zum Referat 302 gemäß § 39 Abs. 2 (zu ergänzen: BDG 1979) aus dienstlichen Gründen verfügt worden sei. In der Verfügung vom 26. April 1995 sei irrtümlich die Wendung "bis zur Entscheidung über seine beabsichtigte Verwendung" gebraucht worden. Es sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer von seiner bisherigen Verwendung abzuberufen und ihm eine neue Verwendung beim Referat 302 zuzuweisen (wurde näher ausgeführt).

Mit Erledigung vom 11. Juli 1995 eröffnete das LGK der Netzleitstelle Ost, daß der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1. August 1995 im Sachbereich 3022 des Referates 302 der Abteilung 30 des LGK in Verwendung genommen werde. Durch diese Maßnahme ende die mit Befehl vom 26. April 1995 verfügte Zuteilung zum Referat 302. In einem "Zusatz für Referat 302" heißt es, der Beschwerdeführer sei von dieser Verwendungsänderung nachweislich in Kenntnis zu setzen.

Mit Schriftsatz vom 21. August 1995 - es ist dies die dem nunmehrigen Verfahren zugrundeliegende Eingabe - brachte der Beschwerdeführer vor, er sei bis Monatsende April 1995 der Dienststelle Netzleitstelle Ost zur dauernden Dienstleistung zugewiesen worden. Mit Verfügung vom 26. April 1995 sei er mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1995 einer anderen Dienststelle zur Dienstleistung zugewiesen worden, nämlich dem Referat 302 der Abteilung 30 des LGK. Auch nach Ansicht des LGK handle es sich hiebei um eine Dienstzuteilung gemäß § 39 BDG 1979, also um eine Zuweisung des Beamten an eine andere Dienststelle. Gemäß § 39 Abs. 2 leg. cit. dürfe eine Dienstzuteilung ohne schriftliche Zustimmung des Beamten höchstens für die Dauer von 90 Tagen in einem Kalenderjahr ausgesprochen werden. Eine solche Zustimmung habe der Beschwerdeführer niemals erteilt. Hervorzuheben sei, daß diese Dienstzuteilung nicht zum Zwecke seiner Ausbildung erfolgt sei und es auch nicht zutreffe, daß der Dienstbetrieb auf andere Weise nicht aufrecht erhalten werden könne (wird näher ausgeführt). Der Umstand, daß er über die Dauer von 90 Tagen hinaus nach wie vor einer anderen Dienststelle zur Dienstleistung zugewiesen sei, stelle rechtlich entweder eine gemäß § 39 Abs. 2 BDG 1979 unzulässige Dienstzuteilung dar, oder sei rechtlich als Versetzung gemäß § 38 BDG 1979 zu qualifizieren. Er beantrage daher die Erlassung des Feststellungsbescheides des Inhaltes (Anmerkung: dieser Punkt ist mit I. überschrieben), es werde festgestellt, daß seine Dienstzuteilung zum Referat 302 der Abteilung 30 des LGK "ab 01.08.1995 unwirksam ist". Hilfsweise (Anmerkung: dieser Punkt ist mit II. überschrieben) begehre er für den Fall der Abweisung des zu Punkt I. begehrten Feststellungsbescheides, seine Versetzung zu jenem Referat mit Bescheid zu verfügen.

Hierauf hat das LGK (als Dienstbehörde I. Instanz) mit Bescheid vom 6. Februar 1996 den "Antrag vom 21. August 1995 um bescheidmäßige Feststellung der Dienstzuteilung" gemäß den §§ 56 und 59 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die "Zulässigkeit" (gemeint wohl: die Erlassung) von Feststellungsbescheiden sei unzulässig, wenn es sich um eine Vorfrage handle, die im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu entscheiden sei. Ein solches Verfahren sei die Frage, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten gehöre. Eine bescheidmäßige Feststellung, daß eine Dienstzuteilung unwirksam sei, sei im Gesetz nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer sei, so heißt es im Bescheid weiter, mit Befehl vom 26. April 1995 mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1995 dem Referat 302 des LGK zugeteilt und als eingeteilter Beamter in Verwendung genommen worden. Es sei zwar zunächst die "Zuweisung der vorübergehenden Verwendung" des Beschwerdeführers in jenem Referat beabsichtigt gewesen. Die getroffene Verfügung (Weisung) sei jedoch irrtümlich als Zuteilung bezeichnet worden. In der Folge sei mit Befehl vom 11. Juli 1995 die "Verwendungsänderung" des Beschwerdeführers als eingeteilter Beamter des Sachbereiches 3022 des Referates 302 verfügt worden. Das Referat 302 habe den Beschwerdeführer von dieser Weisung in Kenntnis gesetzt. Diesen Dienstauftrag (Weisung) habe der Beschwerdeführer gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 zu befolgen gehabt. Das LGK, zu welchem auch die Netzleitstelle-Ost gehöre, stelle eine Einheit dar. Entgegen der Mitteilung vom 7. Juli 1995 könne es sich daher bei der irrtümlich als Zuteilung bezeichneten Personalmaßnahme in der Verfügung vom 26. April 1995 nicht um eine Maßnahme nach § 39 BDG 1979 handeln. Es handle sich daher nicht um eine Dienstzuteilung, sondern um eine "normale Verwendungsänderung" nach § 40 Abs. 1 BDG 1979, die nicht mit Bescheid, sondern mit Weisung zu verfügen gewesen sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er seine Auffassung bekräftigte, daß die Netzleitstelle-Ost und das Referat 302 unterschiedliche Dienststellen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach zusammengefaßter Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe bis zum Ablauf des 30. April 1995 als eingeteilter Gendarmeriebeamter der Netzleitstelle-Ost des LGK angehört. Mit Verfügung (Weisung) vom 26. April 1995 sei er mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1995 dem Referat 302 des LGK zugewiesen worden. In weiterer Folge sei mit Befehl vom 11. Juli 1995 seine Verwendungsänderung als eingeteilter Beamter des Sachbereiches 3022 des Referates 302 mit Wirksamkeit vom 1. August 1995 verfügt worden. Hiezu habe er im Sinne des § 44 Abs. 3 BDG 1979 weder vor Befolgung der ersten Weisung vom 26. April 1995 noch vor Befolgung der zweiten Weisung vom 11. Juli 1995 dem Vorgesetzten allfällige Bedenken mitgeteilt. Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 273 Abs. 1 BDG 1979 führte die belangte Behörde weiter aus, nach der Organisations- und Geschäftsordnung für den zentralen EDV-Betrieb der Bundegendarmerie sei eine Einteilung in Fachbereiche vorgesehen, wobei auch die Netzleitstelle-Ost einen solchen Fachbereich darstelle. Diese Fachbereiche seien dem örtlich zuständigen Landesgendarmeriekommando angegliedert. Demzufolge obliege die Dienst- und Fachaufsicht auch Organen des jeweiligen Landesgendarmeriekommandos. Da die Netzleitstelle-Ost im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich angesiedelt sei, sei es auch diesem angegliedert. Die jeweilige Angliederung habe zur Folge, daß die Netzleitstelle-Ost keine verwaltungs- und betriebstechnische Selbständigkeit (Einheit) habe, sondern als eine von mehreren Organisationseinheiten des LGK anzusehen sei. Daraus folge, daß diese Netzleitstelle keine eigene Dienststelle im Sinne des § 273 Abs. 1 BDG 1979 sei. Daß einzelne Organisationseinheiten des Landesgendarmeriekommandos keine eigenen Dienststellen seien, ergebe sich auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1995, Zl. 95/12/0122 (es folgt ein Zitat). Sei aber diese Netzleitstelle als Teil der Dienststelle Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich anzusehen, so liege bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes von der Netzleitstelle zu einem Arbeitsplatz einer anderen Organisationseinheit dieser Dienststelle lediglich eine Verwendungsänderung, nicht jedoch eine Zuteilung oder Versetzung vor, weil kein vorübergehender oder dauernder Wechsel der Dienststelle erfolge.

Nach Wiedergabe des § 40 BDG 1979 führte die belangte Behörde weiter aus, dem Beschwerdeführer sei ein Arbeitsplatz derselben Verwendungsgruppe zugewiesen worden. Demnach sei die neue Verwendung der bisherigen zumindest gleichwertig, es sei keine Verschlechterung hinsichtlich der Beförderung in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten und der Beschwerdeführer habe eine neue Verwendung zugewiesen erhalten. Demnach lägen die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 BDG 1979 nicht vor.

Sodann führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Wortlautes des § 44 Abs. 3 BDG 1979 und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1990, Zl. 89/12/0069) aus, der Beschwerdeführer habe weder vor Befolgung der ersten Weisung vom 26. April 1995 noch vor Befolgung der zweiten Weisung vom 11. Juli 1995 seinem Vorgesetzten allfällige Bedenken mitgeteilt. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides sei vorliegendenfalls deshalb nicht zulässig, weil die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage, nämlich ob die Befolgung der erteilten Weisungen zu seinen Dienstpflichten zähle, vorerst im Rahmen des Verfahrens im Sinne des § 44 Abs. 3 BDG 1979 zu klären gewesen wäre. Erst danach wäre die Erlassung eines Feststellungsbescheides zulässig gewesen, weil ja zuvor der endgültige Inhalt der Weisung gar nicht feststehe. Ergänzend sei festzuhalten, daß eine bescheidmäßige Feststellung, daß eine Dienstzuteilung unwirksam sei, im Gesetz nicht vorgesehen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unter Abstandnahme von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht, gemäß § 38 Abs. 7 BDG 1979 nur mit Bescheid versetzt zu werden, und in seinem Recht, gemäß § 39 BDG 1979 höchstens für die Dauer von insgesamt 90 Tagen in einem Kalenderjahr einer anderen Dienststelle zur Dienstleistung zugewiesen zu werden, verletzt. Er bringt diesbezüglich mit näheren Ausführungen vor, bei richtiger rechtlicher Würdigung hätte die belangte Behörde entweder den beantragten Feststellungsbescheid erlassen oder aber das gesetzmäßige Verfahren gemäß § 38 Abs. 5, 6 und 7 BDG 1979 einleiten müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht von folgenden Überlegungen

aus:

Wenngleich der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 21. August 1995 die Personalmaßnahme vom 11. Juli 1995 (die ihm nach den insofern unbestrittenen Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde zur Kenntnis gebracht wurde) nicht eigens nennt, ist sein Begehren dessen ungeachtet dahin zu verstehen, daß er die Unwirksamkeit dieser Personalmaßnahme, und nicht jener vom 26. April 1995 geltend macht. Dies schon deshalb, weil die Personalmaßnahme vom 26. April 1995 durch jene vom 11. Juli 1995 außer Kraft trat (arg: "endet die mit LGK-Befehl vom 26. April 1995 ... verfügte Zuteilung") und sich der Beschwerdeführer auch auf den in der Weisung vom 11. Juli 1995 genannten Termin 1. August 1995 bezieht, zu welchem die 90-tägige Frist, gerechnet ab dem 1. Mai 1995 (Wirksamkeit der Maßnahme vom 26. April), bereits verstrichen war.

Mit der Maßnahme vom 11. Juli 1995 sollte der Beschwerdeführer aber nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer in der Abteilung 30 des LGK in Verwendung genommen werden. Trifft die Annahme des Beschwerdeführers zu, daß es sich bei der Netzleitstelle-Ost und beim LGK um verschiedene Dienststellen handelt, wäre diese Maßnahme nicht als Dienstzuteilung, sondern als eine - rechtswidrig - mit Weisung angeordnete Versetzung anzusehen. Sein Begehren vom 21. August 1995 ist daher richtigerweise - ungeachtet des Umstandes, daß er darin wiederholt von einer (allfälligen, möglichen) "Dienstzuteilung" sprach - dahin zu verstehen, daß er damit einen Abspruch i.A. einer Versetzung nach § 38 BDG 1979 begehrte. Da die Behörde I. Instanz nur verfahrensrechtlich mit Zurückweisung abgesprochen hat, unterliegt der Instanzenzug in einem solchen Fall grundsätzlich den Regeln, die für die materiell-rechtliche Angelegeneheit gelten (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 513, mit Rechtsprechung). Die materiell-rechtliche Angelegenheit ist wie vorher ausgeführt - ausgehend von der Auslegung des Antrages des Beschwerdeführers - das Begehren auf Abspruch in einer Versetzungsangelegenheit. Über Berufungen gegen erstinstanzliche Bescheide i.A. der §§ 38, 40 und 41 Abs. 2 BDG 1979 ist nach § 41a Abs. 6 BDG 1979 die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt zur Entscheidung zuständig. Die belangte Behörde war daher zu der von ihr getroffenen Entscheidung nicht zuständig; sie hätte vielmehr gemäß § 6 Abs. 1 AVG vorzugehen gehabt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte