VwGH 96/07/0247

VwGH96/07/024711.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der L in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 21. November 1996, Zl. UVS-9/90/2-1996, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
B-VG Art83 Abs2;
VStG §51 Abs1;
VStG §51c;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §1;
B-VG Art83 Abs2;
VStG §51 Abs1;
VStG §51c;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird - insoweit sich die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gegen die Entscheidung der belangten Behörde in Bezug auf die Übertretung des Wasserrechtsgesetzes richtet - wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 25. April 1996 zugestellten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 22. April 1996 wurde über die Beschwerdeführerin u.a. infolge Übertretung des Wasserrechtsgesetzes (§ 137 Abs. 2 lit. f in Verbindung mit § 31 Abs. 1 WRG 1959) gemäß § 137 Abs. 2 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe neun Tage) verhängt.

Mit Schreiben vom 9. Juli 1996 teilte die Beschwerdeführerin der Bezirkshauptmannschaft Zell am See mit, daß sie gegen diese Strafverfügung am Freitag, den 28. April 1996, per Telefax Berufung eingebracht habe. Sie bringe nochmals zur Kenntnis, daß sie Geschäftsführerin der Firma L Betriebsgesellschaft mbH sei und diese Gesellschaft weder Eigentümerin der im Straferkenntnis bezeichneten Liegenschaft sei noch Ölfässer oder Gasversandbehälter besitze.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1996 wies der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sie ihre Berufung erst am 10. Juli 1996 (Datum des Poststempels) eingebracht habe, die zweiwöchige Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis jedoch bereits am 9. Mai 1996 geendet habe. Im Hinblick auf die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie hätte am 28. April 1996 per Telefax Berufung eingebracht, werde ihr die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben und Beweise dafür vorzulegen.

Mit schriftlicher Eingabe vom 8. November 1996 legte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde das ihr zugestellte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 22. April 1996 mit dem Hinweis vor, aus der letzten Seite dieses Bescheides sei zu ersehen, daß sie dagegen innerhalb von sechs Tagen in der Form Einspruch erhoben habe, "als ich dieses Straferkenntnis auf der letzten Seite mit dem entsprechenden Vermerk versehen und per Fax ur-schriftlich an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See am 28.4.1996 um 11.30 Uhr übermittelt habe".

Auf dem vorerwähnten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See befindet sich nach der Unterschrift des bescheiderlassenden Organes auf Seite 5 folgender maschinschriftlicher Vermerk:

"Urschriftlich retour per Fax 14.30 Uhr

ich erhebe Einspruch in offener Frist,

da ich die mir vorgeworfenen Taten nicht

begangen habe.

(Unleserliche Unterschrift mit Firmenstampiglie)

Freitag, 28. April 1996"

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde durch das Einzelmitglied Dr. G. B. die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück. Von der Beschwerdeführerin seien - führte die belangte Behörde hiezu aus - zum Beweis für die rechtzeitige Einbringung der Berufung keine Beweismittel, etwa das Faxsendeprotokoll vom 28. April 1996, vorgelegt worden. Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See habe mitgeteilt, daß die von der Beschwerdeführerin zitierte Berufung vom 28. April 1996 weder EDV-mäßig noch unprotokolliert bei der Behörde aufscheine. Es sei nicht glaubwürdig, daß die Berufung tatsächlich am 28. April 1996 per Telefax eingebracht worden sei. Hiefür gebe es keinerlei Beweise. Im übrigen liege ein Widerspruch in den Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Übermittlungszeit der gefaxten Berufung. Auf dem Originalbescheid sei die Zeit

14.30 Uhr angegeben worden; in der Rechtfertigung gegenüber der belangten Behörde sei die Übermittlungszeit mit 11.30 Uhr angegeben worden. Außerdem soll die Berufung binnen drei Tagen ab Übernahme des Straferkenntnisses und nicht wie im Rechtfertigungsschreiben innerhalb von sechs Tagen erhoben worden sein. Mangels glaubwürdiger Anhaltspunkte sei daher davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin die Berufung verspätet eingebracht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg.

Zl. 96/07/0247 protokollierte Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in der Zurückweisung ihrer Berufung durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf "ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Gemäß § 51c leg. cit. entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Mit dem der Beschwerde zugrunde liegenden angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 22. April 1996, mit welchem infolge Übertretung gemäß § 137 Abs. 2 lit. f in Verbindung mit § 31 Abs. 1 WRG 1959 gemäß § 137 Abs. 2 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 30.000,-- gegen die Beschwerdeführerin verhängt worden ist, wegen Verspätung zurückgewiesen. Für die Entscheidung der Berufung war somit im Sinne des § 51c VStG die Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg zuständig.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat jedoch über die Berufung der Beschwerdeführerin der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg nicht durch die aus drei Mitgliedern bestehende Kammer, sondern durch ein - im vorliegenden Fall funktionell nicht zuständiges - Mitglied entschieden. Das Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg war für die Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht zuständig (vgl. Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, S. 228). Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 581, referierte hg. Judikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher im ausgesprochenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Über die Beschwerde betreffend die im angefochtenen Bescheid enthaltene Entscheidung bezüglich der Übertretung der Gewerbeordnung ist im Verfahren zu hg. Zl. 96/04/0286 zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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