VwGH 96/05/0162

VwGH96/05/016227.5.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Dezember 1995, Zl. MD-VfR - B VI - 11/95, betreffend Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 und Baubewilligung gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (mitbeteiligte Partei: L Bauges.m.b.H., B), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
BauO Wr §69 Abs1 litm;
BauO Wr §69;
BauO Wr §81 Abs4;
AVG §56;
AVG §8;
BauO Wr §69 Abs1 litm;
BauO Wr §69;
BauO Wr §81 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 4. Oktober 1991 wurde der mitbeteiligten Partei unter Bezugnahme auf den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvorstehung für den

6. Bezirk vom 19. September 1991 gemäß § 70 i.V.m. § 69 Abs. 6 Bauordnung für Wien die baurechtliche Bewilligung zum Ausbau des gesamten Dachgeschoßes für die Schaffung von drei Wohnungen sowie den Einbau eines Aufzugsschachtes in der Stiegenspindel für das Gebäude G-Gasse 7 in Wien VI mit Auflagen erteilt. Diese Bewilligung wurde rechtskräftig.

Mit Ansuchen vom 14. Mai 1992 (eingelangt beim Magistrat am 27. August 1992) wurde die Baugenehmigung für Auswechslungspläne zu der angeführten Baugenehmigung beantragt. Aufgrund des Planwechsels soll die Dachneigung auf 39,5 Grad (bisher 28 Grad) erhöht und die Anzahl der Gaupen zur Straßenfront hin von vier auf fünf erhöht werden. Außerdem soll ein Zwischengeschoß (zweites Dachgeschoß) eingezogen werden.

Die Beschwerdeführerin, Miteigentümerin des Gebäudes G-Gasse 14, das dem verfahrensgegenständlichen Gebäude einer Verkehrsfläche in einer Breite von 11,38 m gegenüberliegt, hat im erstinstanzlichen Verfahren betreffend den Planwechsel mit Schreiben vom 21. März 1994 folgende Einwendungen erhoben:

"Durch die Aufklappung des Daches wird der Lichteinfall auf der Liegenschaft G-Gasse 14 beeinträchtigt.

Durch die Anhebung des Firstes um ca. 2,5 Meter tritt eine wesentliche Wertminderung des Hauses G-Gasse 14, bedingt durch Beeinträchtigung des Lichteinfalles, ein.

Der Dachgeschoßausbau soll unter Herstellung einer komplett neuen Dachkonstruktion erfolgen, der Fußboden der Aufenthaltsräume soll über der zulässigen Gebäudehöhe liegen. Durch diese beiden Tatsachen wird von den Bebauungsbestimmungen wesentlich abgewichen, es liegt kein Anwendungsfall des § 69 BO für Wien vor.

Durch die geänderte Anordnung der Gaupen wird das örtliche Bild gröblich verunziert."

Mit Aktenvermerk vom 5. Oktober 1994 nahm die Magistratsabteilung 37 zur Frage der Genehmigung von Abweichungen für das vorliegende Bauvorhaben gemäß § 69 Abs. 1 lit. f i.V.m. § 5 Abs. 4 lit. k, l und m Bauordnung für Wien in der Weise Stellung, daß unter der Voraussetzung, daß die vorhandene Gebäudehöhe beibehalten werde, trotz Einwendungen der Anrainer dagegen keine Bedenken bestünden.

Mit Bescheid des Bauausschußes der Bezirksvertretung für den 6. Bezirk vom 22. Juni 1995 wurden der mitbeteiligten Partei gemäß § 69 Abs. 1 lit. f, l und m Bauordnung für Wien folgende Abweichungen von den Bebauungsvorschriften genehmigt:

  1. "1) Die nach § 5 Abs. 4 lit. k BO festgesetzte Beschränkung, daß der höchste Punkt des Daches der errichteten Gebäude nicht höher als 4,5m über der oberen Deckenoberkante des obersten Hauptgeschoßes liegen darf, darf um 1,68m überschritten werden.
  2. 2) Der Fußboden der neuen Aufenthaltsräume darf 2,22m über der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene liegen.
  3. 3) Die bauklassenmäßige Gebäudehöhe darf durch den Dachgeschoßausbau (Umbau) den Bestand entsprechend straßenseitig um 4,90m und hofseitig um 2,90m überschritten werden."

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 26. Juni 1995 wurde der erstmitbeteiligten Partei gemäß den §§ 70 und 73 i.V.m. § 69 Abs. 6 Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die nachträgliche Bewilligung erteilt, nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen unter Bezugnahme auf die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9. Oktober 1992, bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen, abweichend von dem mit Bescheid vom 4. Oktober 1991 bewilligten Bauvorhaben, nachstehende Änderungen vorzunehmen:

"Abändern der Raumeinteilung im Dachgeschoß, wobei statt der vorgesehenen drei Wohnungen nur zwei geschaffen wurden.

Die straßenseitige Dachneigung wurde unter Beibehaltung der bestehenden Gebäudehöhe von 28 Grad auf 39,5 Grad abgeändert, die Schaufläche wurde durch den Einbau einer zusätzlichen Gaube geringfügig umgestaltet, die wohnungsinternen Stiegen bzw. Zugänge zu den Terrassen wurden verlegt und der Rauchfangkehrersteg wurde statt straßenseitig nunmehr an der Hofseite hergestellt.

Unter einem wird die Bauführung in öffentlich-rechtlicher

Beziehung für zulässig erklärt.

...

Die Einwendungen der Anrainer G-Gasse 14, vertreten durch ..., hinsichtlich Beeinträchtigung des Lichteinfalles durch

Aufklappung des Daches bzw. durch die Anhebung des Firstes werden als im Gesetz nicht begründet abgewiesen und hinsichtlich der behaupteten damit verbundenen Wertminderung ihres Hauses privatrechtlich beurteilt und die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die Einwendungen derselben Anrainer gegen die geänderte Anordnung der Gaupen und der daraus folgenden gröblichen Verunzierung des "örtlichen Stadtbildes sowie gegen die Lage des Fußbodens der Aufenthaltsräume über der zulässigen Gebäudehöhe" werden als unzulässig zurückgewiesen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß sich die Berufung offensichtlich auch gegen die Bewilligung gemäß § 69 Bauordnung für Wien richte. Es werde lediglich allgemein behauptet, daß kein berücksichtigungswürdiger Ausnahmefall im Sinne des § 69 leg. cit. vorliegen könne, da die zulässige Gebäudehöhe bereits durch den Altbestand wesentlich überschritten werde und der Dachfirst um 2,50 m höher als bisher angeordnet werden solle. Der Bauordnung für Wien sei jedoch nicht zu entnehmen, daß § 69 auf einen Altbestand bzw. auf einen Zubau bei einem Altbestand nicht anzuwenden wäre. Die Ausführungen gingen daher ins Leere. Insbesondere könne der Auffassung nicht gefolgt werden, daß die Abweichungen das Ausmaß der Geringfügigkeit überschritten, da nach dem Gutachten des Amtssachverständigen die Geringfügigkeit gegeben erscheine. Diesem Gutachten sei die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten. Was die Behauptung des verschlechterten Lichteinfalles betreffe, so sei sowohl den Plänen als auch der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen, daß die Dachneigung von 28 Grad auf 39,5 Grad angehoben worden sei. Sie liege daher noch immer unter der gemäß § 78 Abs. 4 Bauordnung für Wien zulässigen Neigung von 45 Grad. Die Baubewilligung entspreche daher den gesetzlichen Bestimmungen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, ihrem Antrag auf Versagung der Baugenehmigung betreffend das vorliegende Bauvorhaben mit Bescheid stattzugeben, wenn nachgewiesen sei, daß das Bauvorhaben die zulässige Gebäudehöhe wesentlich überschreite und sohin kein berücksichtigungswürdiger Ausnahmefall im Sinne des § 69 Bauordnung für Wien vorliege.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 4 lit. k Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 (im folgenden: WBO) in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. Nr. 48/1992, haben die Bebauungspläne "Bestimmungen über die Ausbildung der Schauseiten und Dächer der Gebäude, insbesondere über die Begrünung der Dächer, sowie über die Dachneigungen, die auch mit mehr als 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet auch mit mehr als 25 Grad festgesetzt werden können" festzulegen. Gemäß § 69 Abs. 1 lit. f WBO in der angeführten Fassung sind Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes u.a. nach § 5 Abs. 4 lit. k für jede Art von Baulichkeiten, gemäß lit. k jedoch nur bis zu einer Dachneigung von 45 Grad zulässig. Weiters ermöglicht § 69 Abs. 1 lit. l und m WBO folgende Abweichungen von den Bebauungsvorschriften:

  1. "l) Ausnahmen vom Verbot der Anordnung des Fußbodens von Aufenthaltsräumen oberhalb der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene (§ 87 Abs. 7);
  2. m) das Überschreiten der gemäß § 5 Abs. 4 lit. h und gemäß § 77 Abs. 4 lit. a bestimmten sowie der bauklassenmäßigen Gebäudehöhe in allen Bauklassen, wenn das Interesse an der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes überwiegt; hiebei darf das vom Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild weder gestört noch beeinträchtigt werden;"

Gemäß § 69 Abs. 2 WBO darf durch Abweichungen nach Abs. 1 die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 lit. a bis o näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflußt und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, daß die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

Gemäß § 73 WBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 sind beabsichtigte Abweichungen von rechtskräftigen, noch wirksamen Baubewilligungen nach den Bestimmungen der §§ 60 und 62 wie Änderungen an bereits bestehenden Baulichkeiten zu behandeln. Durch derartige Ansuchen und durch deren Erledigung wird die Gültigkeitsdauer der ursprünglichen Baubewilligung nicht verlängert. Baubewilligungen gemäß § 70 werden entsprechend der Anordnung des § 74 Abs. 1 WBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 unwirksam, wenn binnen vier Jahren, vom Tage ihrer Rechtskraft gerechnet, mit der Bauführung nicht begonnen oder der Bau nicht innerhalb zweier Jahre nach Baubeginn vollendet wird.

Gemäß § 134 Abs. 3 WBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 sind im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder nur durch Fahnen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. Gemäß § 134a WBO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, u.a. durch Bestimmungen über die Gebäudehöhe begründet, sofern sie ihrem Schutz dienen.

Gemäß dem Bebauungsplan ergibt sich für das verfahrensgegenständliche, im Wohngebiet gelegene Grundstück, die Bauklasse III und geschlossene Bauweise. Es gibt weiters u. a. folgende Bebauungsbeschränkung:

"Im gesamten Plangebiet darf der höchste Punkt des Daches der errichteten Gebäude nicht höher als 4,5 m über der oberen Deckenoberkante des obersten Hauptgeschosses liegen."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß für die Bewilligung der Anhebung des Dachfirstes um ca. 2,5 m kein berücksichtigungswürdiger Ausnahmefall im Sinne des § 69 WBO vorliege. Gemäß der zwischen den beiden Gebäuden befindlichen Straße in einer Breite von 11,38 m betrage die zulässige Gebäudehöhe entsprechend der vorgesehenen Bauklasse III 14,38 m. Im Verfahren sei festgestellt worden, daß das Gebäude die zulässige Gebäudehöhe um mehr als 4 m überschreite. Bei der Frage, ob ein berücksichtigungswürdiger Ausnahmefall im Sinne des § 69 WBO vorliege, müsse die Tatsache mitberücksichtigt werden, daß durch den verfahrensgegenständlichen Dachgeschoßausbau die zulässige Gebäudehöhe de facto zweimal zum Nachteil der Beschwerdeführerin überschritten werde. Die Richtigkeit des angeführten Gutachtens habe die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung bestritten. Es müsse im Rahmen des § 69 WBO auch berücksichtigt werden, daß durch das Bauvorhaben eine Verschlechterung des Lichteinfalles hinsichtlich des Gebäudes, in dem die Beschwerdeführerin wohne, bewirkt werde. Es sei nicht näher begründet, daß der vorliegende Dachgeschoßausbau bloß eine geringfügige Abweichung von den Bauvorschriften darstelle. Es liege schon deshalb keine geringfügige Abweichung von den Bebauungsvorschriften vor, weil der Altbestand die zulässige Gebäudehöhe im Sinne des § 81 Abs. 1 WBO um mehr als vier Meter überschreite.

Sofern eine Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 WBO vorliegt, kann der Nachbar in dieser Hinsicht in einem ihm allenfalls zustehenden subjektiven Recht nicht mehr verletzt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1958, Slg. Nr. 4.683/A). Es liegt allerdings dann eine Verletzung von Nachbarrechten vor, wenn die Ausnahme gemäß § 69 WBO gewährt wird, ohne daß die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0120). Voraussetzung dafür ist, daß der Nachbar im Bauverfahren jenes subjektiv-öffentliche Nachbarrecht, das ihm vor der Gewährung einer Abweichung gemäß § 69 WBO zugestanden ist, rechtzeitig und wirksam im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht hat.

Mit den wiedergegebenen Einwendungen hat sich die Beschwerdeführerin gegen die Anhebung des Dachfirstes, dessen Höhe im Bebauungsplan mit maximal 4,5 m über der oberen Deckenoberkante des Obersten Hauptgeschosses festgelegt war, gewendet. Auch die gemäß § 5 Abs. 4 lit. k WBO im Bebauungsplan getroffene Festlegung der zulässigen Höhe des Dachfirstes muß im Zusammenhalt mit der Regelung des § 81 Abs. 4 WBO als Bestimmung über die Gebäudehöhe gemäß § 134a lit. b WBO angesehen werden. Die Einwendung der Beschwerdeführerin, daß durch die Aufklappung des Daches der Lichteinfall auf der Liegenschaft G-Gasse 14 beeinträchtigt werde, kann nicht dahin reduziert verstanden werden, daß sich die Beschwerdeführerin nur gegen die Beeinträchtigung des Lichteinfalles durch das vorliegende Bauvorhaben gewendet hat. Die Beschwerdeführerin hat damit nur die für sie offensichtlich gravierendste Auswirkung der vorliegenden Anhebung des Dachfirstes angesprochen.

Gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0120, und vom 21. September 1993, Zl. 93/05/0208) ist bei dem Kriterium der nur unwesentlichen Abweichung von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nicht auf einen konsentierten, diesen Plänen allenfalls widersprechenden Altbestand abzustellen, sondern darauf, ob das zu bewilligende Bauvorhaben wesentlich oder unwesentlich von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes abweicht. Im vorliegenden Fall ist die Anordnung des Bebauungsplanes, daß im gesamten Plangebiet "der höchste Punkt des Daches der errichteten Gebäude nicht höher als 4,5 m über der oberen Deckenoberkante des obersten Hauptgeschosses" sein darf, von maßgeblicher Bedeutung. Da der Bebauungsplan an dieser Stelle von ERRICHTETEN und nicht von zu errichtenden Gebäuden spricht, ist von der jeweiligen Deckenoberkante des obersten Hauptgeschosses von im Zeitpunkt der Erlassung des Bebauungsplanes errichteten und konsentierten Gebäude auszugehen. Ausgehend von dieser Deckenoberkante des obersten Hauptgeschosses des verfahrensgegenständlichen Gebäudes wurde eine Erhöhung des Dachfirstes um 1,68 m bzw. eine Erhöhung der Dachneigung von 28 Grad auf 39,5 Grad im angefochtenen Bescheid bewilligt. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Erhöhung als unwesentliche Abweichung von den Bebauungsbestimmungen beurteilt hat, zumal die gemäß § 81 Abs. 4 WBO einzuhaltende Dachneigung von 45 Grad trotz Erhöhung der Dachneigung beachtet wird. Die belangte Behörde hat sich daher unter Berufung auf die Stellungnahme des Sachverständigen zutreffend auf die vorhandene Gebäudehöhe gemäß § 81 Abs. 1 WBO berufen, die nicht verändert wird und von der aus das Ausmaß der bewilligten Dachfirsterhöhung zu berechnen ist. Wegen der angeführten Sonderregelung hinsichtlich der Höhe des Dachfirstes im Bebauungsplan sowie im Hinblick darauf, daß sich die Beschwerdeführerin nicht gegen die Gebäudehöhe des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens gemäß § 81 Abs. 1 WBO gewendet hat, spielt der Umstand, daß der konsentierte Altbestand die gemäß dem Bebauungsplan in Verbindung mit § 75 Abs. 1 und 4 WBO vorgesehene Gebäudehöhe an sich überschreitet, im Zusammenhang mit der im Bebauungsplan geregelten Höhe des Dachfirstes keine Rolle. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, im Rahmen des § 69 WBO müsse eine Verschlechterung des Lichteinfalles berücksichtigt werden, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Lichteinfall im Sinne des § 78 Abs. 1 WBO nicht beeinträchtigt wird, da - ausgehend von der unverändert gebliebenen Gebäudehöhe (maßgeblicher Schnittpunkt) - wegen der Dachneigung von nunmehr 39,5 Grad (statt bisher 28 Grad, also noch immer unter 45 Grad) der erforderliche Lichteinfallswinkel von 45 Grad (§ 78 WBO) gewahrt bleibt und somit die Bebaubarkeit des Grundstückes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 69 Abs. 2 WBO nicht beeinträchtigt wird.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung war im Hinblick darauf, daß von der Beschwerdeführerin keine Sachverhaltsfragen aufgeworfen wurden, sondern nur die Rechtsfrage des Vorliegens einer unwesentlichen Abweichung von den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu beantworten war, gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG nicht stattzugeben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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