VwGH 96/05/0158

VwGH96/05/015829.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der W-AG in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. April 1996, Zl. 8 BauR1-165/4/1995, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei:

Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Krnt 1969 §14 Abs1;
BauO Krnt 1992 §16 Abs1;
BauO Krnt 1992 §37 Abs2;
BauO Krnt 1992 §38 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;
BauO Krnt 1969 §14 Abs1;
BauO Krnt 1992 §16 Abs1;
BauO Krnt 1992 §37 Abs2;
BauO Krnt 1992 §38 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 1. Oktober 1991 wurde über Antrag der Beschwerdeführerin gemäß §§ 74 ff GewO 1973 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die Errichtung der "Betriebsanlage zur Ausübung des KFZ-Mechanikers- und des Handelsgewerbes im Standort Klagenfurt, F-Straße 90, KG X, GstNr. 687/24, 689/1 und 687/2, nach Maßgabe der folgenden Betriebsbeschreibung und der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen, die einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilden, bei Einhaltung der nachstehend angeführten Auflagen" bewilligt.

Auflagepunkt 77. hat folgenden Wortlaut:

"Die Abluft aus der Lackierbox ist über eine Abluftreinigungsanlage, z.B. Aktivkohle, zu leiten. Der Grenzwert für organische Lösemittel von 150 mg/m3 muß in jedem Betriebszustand eingehalten werden."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 25. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführerin "gemäß den §§ 4, 13 und 14 Kärntner Bauordnung, Gesetz vom 30.6.1969, LGBl. Nr. 48, in Verbindung mit den Kärntner Bauvorschriften" ... "die Baubewilligung für die Errichtung eines Autoservice- und Verkaufsgebäudes, einer Lärmschutzwand und einer Pergola in Klagenfurt, F-Straße 90, auf dem Grundstück Nr. 687/24 der KG X nach Maßgabe des Bauplanes, der Baubeschreibung und der Berechnung" unter Auflagen erteilt.

Auflagepunkt 24. hat folgenden Wortlaut:

"Die Abluft aus der Lackierbox ist über eine Abluftreinigungsanlage (z.B. Aktivkohle) zu leiten, sodaß der Grenzwert für organische Lösemittel von 150 mg/m3 bei jedem Betriebszustand eingehalten werden kann."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 6. Oktober 1992 wurde gemäß § 20 Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64, die beantragte Abänderung der Baubewilligung vom 25. Oktober 1991 nach Maßgabe der eingereichten Baupläne sowie der Baubeschreibung bewilligt. Gleichzeitig wurden die eingereichten Änderungspläne und die Baubeschreibung unter Auflagen nach § 16 der Kärntner Bauordnung genehmigt. Unter Punkt 7. dieser Auflagen wurde angeordnet, daß die Auflagen des "Grundbescheides vom 25.10.1991 vollinhaltlich aufrecht" bleiben und zu erfüllen sind.

Mit Eingabe vom 24. November 1992 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Benützungsbewilligung für das vorgenannte bewilligte Bauvorhaben.

Der Beschwerdeführerin wurde hierauf vom Bürgermeister der mitbeteiligten Partei mit Schreiben vom 11. Dezember 1992 mitgeteilt, daß in das bewilligte Objekt "konsenslos eine Heizungs-, Lüftungs- und Hebeanlage" eingebaut worden sei. Dies stelle eine baubewilligungspflichtige Maßnahme dar.

Die Beschwerdeführerin beantragte in der Folge mit Ansuchen vom 4. Februar 1993 die Erteilung der Baubewilligung für diese eingebaute Anlage unter Hinweis auf die beigelegten Urkunden (technische Beschreibung und Pläne).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 15. April 1993 wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 4, 15 und 16 Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64, in Verbindung mit den Kärntner Bauvorschriften die Baubewilligung für den Einbau von Heizungs- und Lüftungsanlagen in Klagenfurt, F-Straße 90, auf den Grundstücken Nr. 687/24 und 689/1 der KG X nach Maßgabe des Bauplanes und der Baubeschreibung und der Berechnung unter Auflagen erteilt. Punkt 26. der Auflagen ist mit der obzitierten Auflage Punkt 77. des gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 1. Oktober 1991 ident.

In der gemäß § 33 der Kärntner Bauordnung durchgeführten Überprüfungsverhandlung vom 15. April 1993 wurde von der Beschwerdeführerin ein Schreiben der Firma T vorgelegt, in welchem bestätigt wird, daß die gegenständliche Lackieranlage mit Abluftfiltern der Type "Paint-Stop" ausgerüstet sei und die maximale Festkörperemission laut Angabe des Lieferwerkes 3,0 mg/m3 betrage. Ebenso wurde eine Emissionsberechnung dieses Unternehmens vorgelegt.

In ihrer gutächtlichen Stellungnahme führte die Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 26. April 1993 aus, daß die Auflage "Punkt 24. wegen Fehlens der Aktivkohle-Reinigungsanlage" nicht erfüllt sei. In der Lackieranlage würden herkömmliche Autolacke verwendet, welche einen Anteil an organischen Lösemitteln von 50 bis 70 % hätten, die den Klassen II und III gemäß TA-Luft- bzw. ÖNORM M 9485 zuzuordnen seien. Die geruchsintensivste Lösemittelkomponente sei Xylol mit einem Geruchsschwellenwert von 0,35 mg/m3. Nach der Berechnung lägen die Emissionskonzentrationen aus der Lackierbox zwischen 48 und 135 mg/m3. Die Lösemittelfrachten lägen zum Teil über 2 kg/h. Der in der ÖNORM M 9485 festgelegte Grenzwert für Lösemittel der Klassen II und III von 150 mg/m3, der erst ab einer Lösemittelfracht von mehr als 2 kg/h zur Anwendung komme, werde nicht überschritten. Die Immissionskonzentration bei den nächstgelegenen Nachbarn (Entfernung 40 bis 50 m) errechne sich nach dem Rechenmodell von Giebel (Windgeschwindigkeit 1 m/s) mit ca. 0,8 mg/m3. Bei diesem Wert seien Überschreitungen von Geruchsschwellwerten und MIK-Werten einzelner Lösemittelkomponenten nicht gegeben, da der Xylolanteil im Lösemittel bei den verwendeten Lacken höchstens 30 % betrage. Es müsse allerdings berücksichtigt werden, daß es sich bei dieser Berechnung um einen STUNDENMITTELWERT handle und daß während des Spritzvorganges kurzfristig Emissions- und somit Immissionskonzentrationen auftreten könnten, die die berechneten Werte um mehr als das 10-fache überstiegen. In solchen Fällen seien im Zusammenhang mit ungünstigen Witterungsbedingungen GERUCHSWAHRNEHMUNGEN in der Nachbarschaft nicht auszuschließen. Zur Vermeidung auch kurzfristiger Geruchswahrnehmungen von Lösemitteln in der Nachbarschaft sei daher die Installierung einer Aktivkohleanlage in der Lackierbox zur Abpufferung kurzfristiger EMISSIONSSPITZEN erforderlich. Ohne Aktivkohleanlage könne der Grenzwert für Lösemittel nicht in jedem Betriebszustand eingehalten werden. Es sei daher die rechtskräftig vorgeschriebene Abluftreinigungsanlage (Aktivkohle) zu errichten.

Mit dem - dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden - Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 14. Oktober 1993 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 38 der Kärntner Bauordnung 1992 die Benützungsbewilligung für das Autoservice- und Verkaufsgebäude sowie die Heizungs- und Lüftungsanlagen mit dem Auftrag gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. erteilt, die festgestellten Mängel durch nachstehende Maßnahmen zu beheben:

"...

4. Die Abluft aus der Lackierbox ist über eine Abluftreinigungsanlage (z.B. Aktivkohle) zu leiten, sodaß die Grenzwerte für organische Lösemittel von 150 mg/m3 bei jedem Betriebszustand eingehalten werden kann."

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Partei vom 10. März 1994 als unbegründet abgewiesen. Die Vorschreibung der hier zu beurteilenden Auflage, führte die Berufungsbehörde aus, enthalte einerseits eine zu erreichende Zielvorgabe hinsichtlich der maximal zulässigen Konzentration von organischen Lösemitteln (150 mg/m3), andererseits enthalte dieser Auftrag aber die - nicht erst von einem während des Betriebes der Anlage festzustellenden Nichterreichen dieser Zielvorgabe abhängig gemachte - Verpflichtung, daß die Abluft aus der Lackierbox über eine Abluftreinigungsanlage (z.B. Aktivkohle) zu leiten ist. Im Beisatz, "sodaß der Grenzwert für organische Lösemittel von 150 mg/m3 bei jedem Betriebszustand eingehalten werden kann", liege, abgesehen von der damit erfolgten Grenzwertfestlegung, die sachliche Begründung für die zuvor verpflichtend erfolgte Vorschreibung der Errichtung einer Abluftreinigungsanlage.

In ihrer gutächtlichen Stellungnahme vom 9. Mai 1994 zur dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin führte die Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt ergänzend aus, daß sich die beispielhafte bzw. alternative Vorschreibung in Punkt 24. der hier zu beurteilenden Auflage im Baubewilligungsbescheid jedenfalls nur auf Abluftreinigungsanlagen zur Reduzierung des Gehaltes an organischen Lösemitteln beziehe, wie auch aus der Vorschreibung eines Grenzwertes für organische Lösemittel hervorgehe. (Eine andere geeignete Filteranlage wäre beispielsweise eine katalytische Verbrennung.)

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 21. September 1994 wurde aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführerin der Berufungsbescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 10. März 1994 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen. In der Begründung führte die Vorstellungsbehörde hiezu aus, die in Punkt 24. des Baubewilligungsbescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 25. Oktober 1991 erfolgte Vorschreibung des Einbaues einer Abluftreinigungsanlage sei als projektsändernde Auflage zu qualifizieren, deren Mißachtung bei der Bauausführung die Konsenswidrigkeit des Baues bedeute; daraus folge, daß die Einhaltung dieser Auflage mit baupolizeilichem Auftrag und in der Folge mit Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen sei. Eine projektsändernde Auflage müsse so konkret sein, daß sie Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrages sein könne. Ergebe die Prüfung im Sinne des § 36 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1992 einen Grund zur Beanstandung, habe die Behörde die Behebung des Mangels binnen angemessen festzusetzender Frist gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. zu verfügen. Ein solcher Mängelbehebungsauftrag sei als baupolizeilicher Auftrag zu qualifizieren, welcher nach Eintritt der Rechtskraft im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden könne. Ein Widerspruch zu einem Baubewilligungsbescheid sei einem Mangel im Sinne des § 37 Abs. 2 leg. cit. gleichzuhalten. Ein Widerspruch zur Baubewilligung sei im gegenständlichen Fall in einem Sachverhalt zu erblicken, "welcher einem Grenzwert für organische Lösemittel von 150 mg/m3 nicht entspricht". Im durchgeführten Ermittlungsverfahren sei allerdings nicht klargestellt worden, ob mit dem eingebauten Abluftfilter der Type "Paint Stop" der "im Baubewilligungsbescheid vorgeschriebene Grenzwert eingehalten wird". Die Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt habe in ihren Stellungnahmen lediglich darauf hingewiesen, daß es sich bei der seitens der Beschwerdeführerin vorgelegten Berechnung der Emissionskonzentrationen aus der Lackierbox um einen Stundenmittelwert handle, jedoch während des Spritzvorganges kurzfristig Emissions- und auch Immissionskonzentrationen auftreten könnten, welche die berechneten Werte um mehr als das 10-fache übersteigen würden. Eine Überprüfung der durch die Beschwerdeführerin eingebauten Abluftreinigungsanlage an Ort und Stelle sowie Messungen dahingehend, ob es während des Betriebes der gegenständlichen Lackierbox tatsächlich durch kurzfristige Emissionskonzentrationen zu Überschreitungen des im Baubewilligungsbescheid vom 25. Oktober 1991 vorgeschriebenen Grenzwertes komme, sei seitens der Baubehörde nicht vorgenommen worden. Das auf Gemeindeebene durchgeführte Ermittlungsverfahren erweise sich somit als mangelhaft. Zudem sei der erstinstanzliche Mängelbehebungsauftrag in seiner Formulierung auch nicht so ausreichend bestimmt, daß aus ihm erkannt werden könnte, auf welche Weise vorgegangen werden müsse, um mit Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens den gesetzmäßigen Zustand herbeizuführen.

In der Folge hat die Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt aufgrund einer Emissionsmessung am 16. Mai 1994 in ihrem schriftlichen Gutachten vom 23. Juni 1995 ausgeführt, daß es tatsächlich häufig zu Überschreitungen des im Baubewilligungsbescheid vom 25. Oktober 1991 vorgeschriebenen Grenzwertes von 150 mg/m3 komme. Eine konkretisierende Maßnahme sei der Einbau eines Aktivkohlefilters. Weitere Alternativen wären katalytische oder thermische Nachverbrennung der Abluft oder ein Biofilter. Jedenfalls sei Art und Dimension der Abluftreinigungsanlage durch ein Fachunternehmen so zu projektieren, daß der Grenzwert für organische Lösemittel von 150 mg/m3 bei jedem Betriebszustand eingehalten werden könne. Die "Paint Stop-Anlage" sei nicht Projektsbestandteil gewesen. Sie sei offenbar in Erfüllung der Auflagen Punkt 25. des Baubewilligungsbescheides vom 25. Oktober 1991 sowie Punkt 27. des Baubewilligungsbescheides vom 15. April 1993 realisiert worden. In Reaktion auf die Stellungnahme der Beschwerdeführerin ergänzte die Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt am 30. August 1995 ihr Gutachten im wesentlichen dahingehend, daß zur Vermeidung auch nur kurzfristiger Geruchsbelästigungen der Nachbarschaft durch Lösemittel die Installierung einer Aktivkohleanlage in der Lackierbox zur Abpufferung von Emissionsspitzen notwendig sei. Es wäre daher eine Mittelwertbildung widersinnig. Bei Verwendung von wasserverdünnbaren Lacken stehe einer Anpassung des Grenzwertes nichts im Wege. Bei Verwendung wasserverdünnbarer Lacke sei der Grenzwert von 50 mg/m3 in jedem Betriebszustand einzuhalten.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Partei vom 23. Oktober 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 14. Oktober 1993 neuerlich als unbegründet abgewiesen, jedoch Punkt 4. des Mängelbehebungsauftrages im erstinstanzlichen Bescheid dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Die Abluft aus der Lackierbox ist über eine Aktivkohlereinigungsanlage zu leiten, sodaß der Grenzwert für organische Lösemittel von 150 mg/m3 bei jedem Betriebszustand eingehalten werden kann."

Aufgrund der tragenden Gründe des aufhebenden aufsichtsbehördlichen Bescheides der Kärntner Landesregierung vom 21. September 1994 sei unmißverständlich und für das weitere Verfahren mit bindender Wirkung rechtlich klargelegt, daß der angefochtene Mängelbehebungsauftrag in bezug auf organische Lösemittel nicht auf die Erreichung eines Mittelwertes von 150 mg/m3, sondern auf die Einhaltung von Spitzenwerten in der Höhe von 150 mg/m3 abstelle. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß bei Betrieb der gegenständlichen Lackieranlage Spitzenpegel von mehr als 150 mg/m3 org. C erreicht würden. Der festgestellte Sachverhalt stehe daher im Widerspruch zur projektsändernden Auflage Punkt 24. des Baubewilligungsbescheides, da der Grenzwert bei jedem Betriebszustand eingehalten werden müsse. Die Konkretisierung des Mängelbehebungsauftrages stehe nicht einem etwaigen Willen der Beschwerdeführerin entgegen, eine gleichwertige Anlage einzubauen, da der Einbau einer solchen Anlage vor Anordnung einer dem Mängelbehebungsauftrag entsprechenden Ersatzvornahme eine Änderung des Sachverhaltes dahingehend zur Folge hätte, daß das Vorhaben entsprechend der dem Mängelbehebungsauftrag zugrunde liegenden Auflage ausgeführt wäre und somit eine Vollstreckung des vorliegenden Mängelbehebungsauftrages gegenstandslos machen würde.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. April 1996 als unbegründet abgewiesen. Der Grenzwert für organische Lösemittel aufgrund der im Punkt 24. des Baubewilligungsbescheides vom 25. Oktober 1991 enthaltenen Auflage müsse bei jedem Betriebszustand eingehalten werden. Der umwelttechnische Amtssachverständige habe in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgehalten, daß die Bildung von Mittelwerten als widersinnig zu qualifizieren sei, da für Geruchswahrnehmungen nicht Halbstunden-Mittelwerte, sondern wesentlich kleinere Zeiträume maßgeblich seien. So könne nämlich auch bei mittleren Geruchsstoffkonzentrationen unter der Geruchsschwelle ein anhaltender Geruchseindruck entstehen, und zwar in Abhängigkeit davon, wie sehr die Konzentration um den Mittelwert schwanke. Es stehe somit zweifellos fest, daß der im Baubewilligungsbescheid vorgeschriebene Grenzwert für organische Lösemittel auch durch kurzfristige Emissionskonzentrationen jedenfalls nicht überschritten werden dürfe. Aus diesem Grund sei auch im Bescheid vom 21. September 1994 die Auffassung vertreten worden, daß das auf Gemeindeebene durchgeführte Ermittlungsverfahren mangels Vornahme einer Messung dahingehend, ob es während des Betriebes der Lackierbox durch kurzfristige Emissionskonzentrationen zu Überschreitungen des vorgeschriebenen Grenzwertes komme, als mangelhaft zu qualifizieren sei. Der Stadtsenat der mitbeteiligten Partei sei somit jedenfalls zu einer diesbezüglichen Überprüfung verpflichtet gewesen und sei aufgrund des für die Beschwerdeführerin negativen Meßergebnisses völlig zu Recht vom Vorliegen eines Mangels im Sinne des § 37 Abs. 2 der Kärntner Bauordnung 1992 ausgegangen. Zur Kritik an der Stellungnahme des im zweitinstanzlichen Verfahren beigezogenen umwelttechnischen Amtssachverständigen sei festzustellen, daß diese Ausführungen mangels fachlicher Untermauerung nicht dazu angetan seien, die schlüssige Sachverständigenäußerung zu widerlegen. Zudem könne eine auf einem ausreichenden Befund beruhende schlüssige Begutachtung eines Falles durch einen Amtssachverständigen nur durch ein Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und allenfalls erschüttert werden. Die im gegenständlichen Fall erfolgte Vorschreibung entspreche dem Erfordernis der Bestimmtheit, weil sich durch eine einmalige Messung feststellen lasse, ob mit der getroffenen Maßnahme dem vorgeschriebenen Ergebnis Rechnung getragen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, "aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes nicht mit einem Mängelbehebungsauftrag belastet zu werden, verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde, ebenso wie die Berufungsbehörde, bei Auslegung des Begriffes Grenzwert in der Auflage Punkt 26. des Bescheides vom 15. April 1993 nicht von einem Mittelwert, sondern davon ausgegangen sei, daß die in dieser Auflage genannten 150 mg/m3 als Emissionsspitzenwert anzusehen seien. Zur Stützung ihrer Rechtsansicht zitiert die Beschwerdeführerin beispielhaft mehrere, auf § 82 der Gewerbeordnung 1973 gestüzte Verordnungen.

Ob auf dieses Vorbringen eingegangen werden kann, hängt davon ab, ob die belangte Behörde in den tragenden Gründen ihres aufhebenden Bescheides vom 21. September 1994 dem Stadtsenat der mitbeteiligten Partei eine Rechtsansicht derart überbunden hat, daß der in dieser Auflage festgelegte "Grenzwert für organische Lösemittel" ein Spitzenwert ist, der bei jedem Betriebszustand nicht überschritten werden darf, wovon die Berufungsbehörde ausgegangen ist. Dies ist im Beschwerdefall deshalb von Bedeutung, weil hievon abhängt, ob eine Nebenbestimmung der hier zu beurteilenden Art überhaupt erforderlich und in der von der Behörde gewählten Form zulässig ist, und bejahendenfalls, ob damit im Rahmen der Erteilung einer Benützungsbewilligung gemäß § 38 der Kärntner Bauordnung die dort umschriebenen Interessen gewahrt werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof kommt aus folgenden Gründen zu dem Ergebnis, daß diesbezüglich kein tragender Aufhebungsgrund vorliegt:

Gemäß Art. 119a Abs. 5 erster Satz B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Liegt eine solche Rechtsverletzung vor, so hat die Aufsichtsbehörde nach Art. 119a Abs. 5 zweiter Satz B-VG den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen (vgl. auch § 92 des Klagenfurter Stadtrechtes 1993, LGBl. Nr. 112).

Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht aber auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen. Die Partei des Verfahrens kann gegen einen aufsichtsbehördlichen Bescheid auch dann, wenn ihrer Vorstellung stattgegeben worden ist, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wenn ihrem Rechtsstandpunkt nicht voll entsprochen worden ist, allerdings nur insoweit, als damit eine die Aufhebung tragende Rechtsansicht bekämpft wird. Soweit die Vorstellungsbehörde der Rechtsansicht der Gemeindebehörden beigetreten ist, stellen die Ausführungen der Vorstellungsbehörde keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar, sie können daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bekämpft werden. Nur dann, wenn die Aufsichtsbehörde einen die Aufhebung tragenden Grund anders beurteilt hat als der Vorstellungswerber, ist er berechtigt und zur Wahrung seines Rechtsstandpunktes genötigt, diesen Bescheid anzufechten, obwohl dem Spruch nach festgestellt wurde, daß der Vorstellungswerber in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0150, mwN). Die Bindung des aufsichtsbehördlichen Bescheides erstreckt sich somit nicht auf weitere - die Aufhebung nicht tragende - Ausführungen der Vorstellungsbehörde, so etwa auf Hinweise für die weitere Verfahrensführung. Die Vorstellungsbehörde muß in ihrem Bescheid klar und deutlich jene Gründe, die sie zur Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides bewogen haben, darlegen, um so der Gemeindebehörde die Möglichkeit zu geben, im fortgesetzten Verfahren einen der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde entsprechenden Bescheid zu erlassen. Durch eine stillschweigend vorausgesetzte Rechtsansicht ergibt sich eine solche Bindung nicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 96/05/0267).

Im aufhebenden Vorstellungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 21. September 1994 wurde als tragender Aufhebungsgrund ausdrücklich das mangelnde Ermittlungsverfahren der Baubehörden aus dem Grund genannt, daß nicht klargestellt worden ist, ob durch die seitens der Beschwerdeführerin eingebauten Abluftfilter der Type "Paint Stop" der im Baubewilligungsbescheid vorgeschriebene Grenzwert eingehalten wird.

Die Vorstellungsbehörde hat jedoch im Sinne der vorstehenden Ausführungen die Frage der Rechtmäßigkeit einer Nebenbestimmung der hier zu beurteilenden Art in einem nach § 38 Kärntner Bauordnung (BO) abgeführten Verfahren nicht behandelt. Diesbezüglich liegt somit kein tragender, (auch) den Verwaltungsgerichtshof bindender Aufhebungsgrund vor. In dem der hier zu beurteilenden Nebenbestimmung zugrundeliegenden Benützungsbewilligungsverfahren nach § 38 BO hat die Behörde gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die Benützungsbewilligung nur unter der Bedingung der Behebung der im Sinne des § 37 Abs. 2 BO festgestellten Mängel zu erteilen, wenn es Interessen der Sicherheit oder der Gesundheit erfordern. Selbst unter der Annahme des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 Abs. 2 BO i.V.m. § 37 Abs. 2 leg. cit. erweist sich die beschwerdegegenständliche Nebenbestimmung schon deshalb als rechtswidrig, weil damit nicht die Behebung eines im Vergleich zum Baubewilligungsbescheid festgestellten Mangels binnen angemessener Frist verfügt wird, sondern mit der Vorschreibung, "die Abluft aus der Lackierbox über eine Aktivkohlereinigungsanlage zu leiten", ohne Grund die im § 37 Abs. 2 BO eingeräumte Möglichkeit der Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages überschritten wird. Die beschwerdegegenständliche Anordnung stellt sich vielmehr als ein unzulässiges aliud zur bezughabenden Auflage im Baubewilligungsbescheid ("die Abluft aus der Lackierbox ist über eine Abluftreinigungsanlage, z.B. Aktivkohle, zu leiten") dar. Sie ist einschneidender, weil sie die Beschwerdeführerin in ihren - auch von der Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt aufgezeigten - bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten einschränkt und in dieser Form somit nicht erforderlich ist. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Im Hinblick auf die von den Behörden bisher vertretene Auffassung zum Begriff "Grenzwert" sieht sich der Verwaltungsgerichtshof veranlaßt, für das weitere Verfahren auf folgendes hinzuweisen:

Die Vorstellungsbehörde hat in ihrem aufhebenden Bescheid vom 21. September 1994 nicht klar und deutlich begründet, ob der in der beschwerdegegenständlichen Auflage genannte "Grenzwert für organische Lösemittel" einen Spitzenwert darstellt, dessen Einhaltung bei jedem Betriebszustand jedenfalls gewährleistet sein muß, oder ob dieser Grenzwert auch nach anderen Verfahrensweisen (z.B. Mittelwert) ermittelt werden kann, und bejahendenfalls nach welchen Methoden. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß der in der hier in Beschwerde gezogenen Anordnung enthaltene Begriff des Grenzwertes für organische Lösungsmittel durch die Vorstellungsbehörde im aufhebenden Bescheid vom 21. September 1994 nicht in einer auch den Verwaltungsgerichtshof bindenden Weise abschließend definiert wurde.

Um beurteilen zu können, welchen Regelungsinhalt der in der hier zu beurteilenden Auflage enthaltene Begriff "Grenzwert" hat, wird es daher einer entsprechenden Auslegung bedürfen.

Warum die in Rede stehende Auflage in den Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 25. Oktober 1991 aufgenommen worden ist, läßt sich den vorgelegten Akten nicht entnehmen. Offensichtlich sollte mit dieser Auflage eine unzumutbare Geruchsbelästigung der Nachbarn durch einen an sich zulässigen Betrieb verhindert werden (siehe hiezu auch den im hg. Erkenntnis vom 17. März 1987, Zl. 87/05/0043, behandelten Sachverhalt). Offenkundig gingen die Baubehörden davon aus, daß es sich hiebei um eine Auflage im Sinne des § 16 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1992 - welcher inhaltlich mit der Vorgängerbestimmung übereinstimmt - handelt. Eine solche Auflage stellt sich als pflichtenbegründende Nebenbestimmung eines begünstigenden Verwaltungsaktes dar. Die individuelle Norm der Auflage muß gleich generellen Normen ausgelegt werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1983, Slg. Nr. 11.196/A). Auch für die Auslegung einer Auflage gilt daher, daß nach Erschöpfung insbesondere der verbalen und grammatikalischen Methoden zur Ermittlung ihres Inhaltes auch der Zweck der Regelung in die Betrachtung miteinzubeziehen ist. Es muß also auch nach dem Grund und dem Zweck der Auflage geforscht werden (vgl. hiezu Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S. 106).

Dies ist im vorliegenden Fall deshalb von Bedeutung, weil gemäß § 37 Abs. 2 BO aufgrund einer in einem rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid enthaltenen Auflage ein Mängelbehebungsauftrag erteilt worden ist. Um daher im konkreten Fall beurteilen zu können, was unter dem in der Auflage enthaltenen Begriff "Grenzwert für organische Lösemittel" zu verstehen ist, bedarf es zunächst einer Feststellung darüber, warum die Auflage in den Baubewilligungsbescheid aufgenommen worden ist; dies unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die gleichlautende Auflage schon im Bescheid über die gewerberechtliche Bewilligung vom 1. Oktober 1991 enthalten ist. Bei Erforschung des Grundes und Zweckes dieser Auflage wird zu beachten sein, daß offensichtlich ein "Emissionsgrenzwert" festgesetzt worden ist. Solche Emissionsgrenzwerte sind grundsätzlich nach dem Stand der Technik festgelegte höchstzulässige Werte der betreffenden emittierten Stoffe, die an bestimmte Meß- und Betriebsbedingungen geknüpft sind. Welche Bedingungen die den Baubewilligungsbescheid erlassende Behörde für den in der hier zu beurteilenden Auflage festgesetzten Grenzwert angenommen hat, kann aber erst nach Anwendung der vorgenannten Interpretationsmethoden festgestellt werden. Einen Anhaltspunkt hiefür bietet möglicherweise die von den Baubehörden als "Sachverständige" beigezogene Abteilung Umweltschutz des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt in ihrer Stellungnahme vom 26. April 1993 selbst, in welcher sich ein Hinweis auf die ÖNORM M 9485 findet, in der der "Grenzwert für Lösemittel der Klassen II und III von 150 mg/m3, der erst ab einer Lösemittelfracht von mehr als 2 kg/h zur Anwendung kommen soll", enthalten sein soll.

Aus den oben angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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