VwGH 95/12/0337

VwGH95/12/033711.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der L in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 12. Oktober 1995, Zl. MD/I-412/1995, betreffend Zurückforderung von nachgezahlter Lohnsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art137;
GehG 1956 §13a Abs1;
PG 1965 §39 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art137;
GehG 1956 §13a Abs1;
PG 1965 §39 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Kindergartendirektorin in Ruhe seit 1. September 1983 in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Landeshauptstadt Innsbruck.

Mit Schreiben vom 11. Jänner 1995 teilte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck (belangte Behörde) der Beschwerdeführerin folgendes mit:

"Mit Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 7. Feber 1991, Steuer Nr. 927/7062, wurde die Stadtgemeinde Innsbruck für den Prüfungszeitraum vom 1. Jänner 1983 bis 31. Dezember 1988 für zuwenig einbehaltene Lohnsteuer bei der Auszahlung und Versteuerung der in diesem Zeitraum gemäß § 7a der Verordnung über die Nebengebühren der Beamten der Landeshauptstadt Innsbruck, Gemeinderatsbeschluß vom 18.5.1972, zuletzt geändert durch Gemeinderatsbeschluß vom 27.1.1994, ausgezahlten Treuegelder durch Nachzahlung der auf diese Treuegelder nach Feststellung des Finanzamtes entfallenden Lohnsteuer in Anspruch genommen. Die entsprechenden Nachzahlungen durch die Stadtgemeinde Innsbruck erfolgten am 21. Oktober 1993. Der Berufung gegen den genannten Bescheid und den nachfolgenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof (Zl. 92/14/0094/6 und 92/14/0124/7) blieb ein Erfolg leider versagt.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck hat in der Folge in seiner Sitzung vom 9. November 1994 nachstehenden Beschluß gefaßt:

"Dem Bürgermeister wird empfohlen, die in den Jahren 1983 bis 1988 anläßlich der Auszahlung der Treuegelder zu wenig abgezogene Lohnsteuer nach den gegebenen rechtlichen Möglichkeiten von den betroffenen Beamten des Ruhestandes der Landeshauptstadt Innsbruck (Hoheitsverwaltung und "ehemalige Stadtwerke") rückzufordern. Hiebei sollen bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe angemessene sozialverträgliche Ratenzahlungen ermöglicht werden. In besonders berücksichtigungswürdigen sozialen Härtefällen sollen auch Anträge auf Erlassung gestellt werden können."

Zur Rechtslage wird folgendes ausgeführt:

Beim Einbehalt und bei der Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer haftet der Arbeitgeber dem Bund für diesen Einbehalt und für die Abfuhr. Der Dienstnehmer (Arbeitnehmer) selbst ist jedoch Steuerpflichtiger, Steuerschuldner und Träger der Lohnsteuer. Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Dienstnehmer) haften gemäß §§ 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 BAO gemeinsam als Gesamtschuldner nach § 891 ABGB. Daher zahlt der Arbeitgeber bei Abfuhr der gegenüber dem Arbeitnehmer (Dienstnehmer) einbehaltenen Lohnsteuer eine fremde Schuld nach § 1358 ABGB, für die er persönlich haftet. Wenn daher der Arbeitgeber vom Finanzamt wegen zuwenig abgezogener Lohnsteuer in Anspruch genommen wird, tritt er gemäß § 1358 ABGB insoweit in die Rechte des Gläubigers ein und ist befugt, vom Arbeitnehmer (Dienstnehmer) den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern (OGH vom 17.6.1987, 14 Ob A 80/87). Der Eintritt des Arbeitgebers in die Gläubigerrechte erfolgt mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung (Nachzahlung an Lohnsteuer). Mit diesem Zeitpunkt entsteht sein Rückforderungsanspruch und beginnt auch der Lauf der Verjährungsfrist. Es könne daher vom Arbeitnehmer (Dienstnehmer) Lohnsteuernachzahlungen auch für mehr als drei Jahre zurückliegende Lohnzahlungszeiträume gefordert werden.

Die Nachzahlung an Lohnsteuer für Ihr seinerzeit ausgezahltes Treuegeld (S 40.844,--) betrug nach Feststellung des Finanzamtes Innsbruck S 13.086,08.

Dieser Betrag wird hiemit von Ihnen rückgefordert, wobei hiefür beginnend mit 1. Feber 1995 eine Ersatzrate von S 486,08 und weitere Raten von je S 360,-- festgesetzt werden. Die zur Realisierung der Rückforderung festgesetzten Ratenbeträge werden jeweils von den Ihnen zukünftig monatlich gebührenden Ruhebezügen einbehalten.

Sollten Sie einen Erlassungsantrag stellen wollen, wäre dieser angemessen zu begründen."

Die Beschwerdeführerin erhob daraufhin mit Schreiben vom 27. Jänner 1995 Widerspruch gegen diese Vorgangsweise. Sie stellte "vorsorglich" den Antrag auf Erlassung der Rückforderung und begründete dies unter anderem damit, sie habe die ausgezahlten Beträge längst im guten Glauben, daß sie ihr endgültig zustünden, verbraucht.

Dem hielt die belangte Behörde in ihrem Schreiben vom 1. Februar 1995 im wesentlichen entgegen, es handle sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zum Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen gemäß § 39 des Pensionsgesetzes 1965, sondern um den Ersatz einer gemäß § 1358 ABGB bezahlten fremden Schuld, für die das Zivilrecht maßgebend sei. Ein allfälliger Rechtsstreit müßte daher von der Beschwerdeführerin bei Gericht anhängig gemacht werden. Unter Anwendung der zivilrechtlichen Grundsätze der Kompensation sei mit der Einbehaltung begonnen worden.

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin (mit anderen Betroffenen) bei der belangten Behörde mit Schreiben vom 23. August 1995 den Antrag "auf Erlassung eines Bescheides über Ihr Rückforderungsbegehren".

Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 12. Oktober 1995 wies die belangte Behörde diesen Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines Bescheides über den von der Stadt Innsbruck geltend gemachten Rückforderungsanspruch hinsichtlich nachgezahlter Lohnsteuer zurück. Sie begründete dies im wesentlichen mit ihrer Rechtsauffassung, bei der strittigen Rückforderung handle es sich nicht um einen Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis (Ruhestandsverhältnis) nach § 39 PG 1965, sondern um nachzuzahlende Lohnsteuer, für die die Stadtgemeinde in Vorlage getreten sei. Es bestehe ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch der Stadtgemeinde, für den auch formelle Liquidität gegeben und daher Kompensation mit fälligen oder fällig werdenden Ansprüchen der Beschwerdeführerin möglich sei. Da kein Ersatz zu Unrecht empfangener Leistungen vorliege, der durch Bescheid festzustellen wäre, insbesondere kein Übergenuß, könne über den Antrag nicht bescheidmäßig abgesprochen werden. Nach Ansicht der Stadtgemeinde hätte sich die Beschwerdeführerin an das Gericht zu wenden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, Schmälerungen ihres Ruhegenusses bzw. eine Kompensation ihres Ruhegenußanspruches mit allfälligen zivilrechtlichen Rückersatzforderungen bzw. von der Stadtgemeinde Innsbruck bezahlten Steuerschulden nicht dulden zu müssen, verletzt. Sie vertrat unter anderem hiezu die Auffassung, durch Zahlung der Steuerschuld sei die öffentlich-rechtliche Rechtsnatur der übergegangenen Forderung erhalten geblieben. Die belangte Behörde hätte über ihren Rückforderungsanspruch öffentlich-rechtlich im Verwaltungsweg unter Beachtung des § 13a GG 1956 absprechen müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem zu A 7/96 ergangenen Erkenntnis vom 2. Oktober 1996 mit ausführlicher Begründung in einem völlig vergleichbaren Fall dargelegt hat, daß der Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Ruhegenußbestandteile vom Beamten im Verfahren gemäß Art. 137 B-VG geltend gemacht werden kann. Außerdem ist der in Rede stehende Rückforderungsanspruch der Stadtgemeinde Innsbruck ein zivilrechtlicher, über den zu entscheiden daher den ordentlichen Gerichten obliegt. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes an. Eine Ablichtung des zitierten Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses ist diesem Erkenntnis angeschlossen.

Der von der Beschwerdeführerin (im Ergebnis) begehrte meritorische Abspruch über ihren Antrag ist daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 59 Abs. 1 VwGG (die belangte Behörde hat ihren Kostenantrag ausdrücklich auf die im Zeitpunkt der Erstattung ihrer Gegenschrift nicht mehr geltende frühere Pauschalierungsverordnung aus 1991 gestützt) in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

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