Normen
BDG 1979 §95 Abs2 impl;
DO Wr 1966 §19 Abs2 impl;
DO Wr 1966 §19 Abs2;
DO Wr 1966 §58 Abs1 Z6 impl;
DO Wr 1966 §62 Abs2;
DO Wr 1994 §109 Abs2 Z3;
DO Wr 1994 §18 Abs2;
DO Wr 1994 §76;
DO Wr 1994 §80 Abs2 impl;
SGG §16 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs2 impl;
DO Wr 1966 §19 Abs2 impl;
DO Wr 1966 §19 Abs2;
DO Wr 1966 §58 Abs1 Z6 impl;
DO Wr 1966 §62 Abs2;
DO Wr 1994 §109 Abs2 Z3;
DO Wr 1994 §18 Abs2;
DO Wr 1994 §76;
DO Wr 1994 §80 Abs2 impl;
SGG §16 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand als Arzt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien, er verrichtete seinen Dienst bei der Magistratsabteilung 15, Referat IV - Allgemeine Hygiene, Umweltmedizin, Institut für Umweltmedizin der Stadt Wien.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Liesing vom 28. Jänner 1993 wurde der Beschwerdeführer der Vergehen nach dem § 16 Abs. 1 des Suchtgiftgesetzes und nach § 36 Abs. 1 Z. 2 des Waffengesetzes dahingehend schuldig erkannt, er habe im zweiten Halbjahr 1992 (in Wien) synthetisches Suchtgift (Amphetamine) hergestellt und ein Fall- und Springmesser besessen. Über Strafberufung der Staatsanwaltschaft Wien wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15. Juli 1993 das über den Beschwerdeführer wegen der genannten Vergehen verhängte Ausmaß der Gesamtgeldstrafe (von S 42.000,--) auf S 60.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 50 Tage angehoben. Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz ist in Rechtskraft erwachsen.
In dem sachgleichen, die selbe Vorgangsweise des Beschwerdeführers betreffenden Disziplinarverfahren erkannte die Disziplinarkommission für Beamte der Bundeshauptstadt Wien (Senat 1) den Beschwerdeführer mit Disziplinarerkenntnis vom 21. November 1994 unter Spruchpunkt I. der Dienstpflichtverletzung nach § 19 Abs. 2 zweiter Satz der Dienstordnung 1966 (DO 1966) dahingehend schuldig, er habe im zweiten Halbjahr 1992 in Wien synthetisches Suchtgift hergestellt und somit außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung als Beamter entgegengebracht werden, untergraben könnte. Wegen dieser Dienstpflichtverletzung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 1 Z. 6 DO 1966 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. (Hinsichtlich der zur Last gelegten weiteren Dienstpflichtverletzung, er habe im zweiten Halbjahr 1992 ein Fall- und ein Springmesser besessen, wurde der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt II. freigesprochen.)
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Juni 1995 gab die belangte Behörde der (ausschließlich gegen den Spruchpunkt I. erhobenen) Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis mit der Maßgabe, daß im Spruchpunkt I. der letzte Satz zu lauten hat: "Gemäß § 109 Abs. 2 Z. 3 DO 1994 (§ 91 Abs. 2 Z. 3 DO 1966) wird wegen dieser Dienstpflichtverletzung über den Beschuldigten die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt." Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Art des Deliktes, weswegen der Beschwerdeführer strafgerichtlich verurteilt worden sei, stelle eine wesentliche Beeinträchtigung des Vertrauens dar. Insoweit der Beschwerdeführer seine Absicht, Suchtgifte herzustellen, in Frage stelle, seien diese Berufungsausführungen verfehlt, da die Disziplinarbehörde an die strafgerichtliche Verurteilung gebunden sei. Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gehöre zu den wesentlichsten Pflichten eines Arztes. Die Aufklärung über die mit dem Genuß von Suchtgiften verbundenen Gefahren und die Bekämpfung jeden Mißbrauches solcher Stoffe seien zunehmend von Bedeutung. Wenn ein Arzt im Kernbereich seines Pflichtenkreises versage und Suchtgifte herstelle, zeige er ein bedenkliches charakterliches und moralisches Versagen, das zur Folge habe, daß das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Dienstgeber schwer beeinträchtigt bzw. zerstört werde. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten auch das Ansehen der Ärzte der Stadt Wien stark geschädigt. Die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sei daher (im Sinne der bisherigen hg. Judikatur) gerechtfertigt. Der disziplinarrechtlich zu verfolgende Sachverhalt sei zu einem Zeitpunkt verwirklicht worden, zu dem der Beschwerdeführer noch Beamter des Dienststandes gewesen sei. Da der Beschwerdeführer mit Beschluß des Stadtsenates vom 1. Februar 1994 in den Ruhestand versetzt worden sei, habe der Strafausspruch gemäß § 109 DO 1994 zu erfolgen gehabt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf fehlerfreie Anwendung "der §§ 19 Abs. 2 zweiter Satz der DO 1966 (nunmehr § 18 Abs. 2 zweiter Satz DO 1994), 58 Abs. 1 Z. 6 DO 1966 sowie 80 DO 1994 iVm § 109 Abs. 2 Z. 3 DO 1994" verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht zunächst im wesentlichen geltend, er habe hobbymäßig chemische Versuche durchgeführt. Sein chemisches Interesse sei aber keineswegs auf die Erzeugung von Suchtgiften gerichtet gewesen. Die von ihm durchgeführten Versuche hätten dazu geführt, daß als eines der Zwischenprodukte eine Amphetaminbase entstanden sei. Die belangte Behörde habe auf die im Einzelfall gegebenen Detailfakten nicht Rücksicht genommen. Es bestünden nämlich keine Anhaltspunkt dafür, daß "mein Sinnen und Trachten von vornherein darauf abgestellt war, Suchtgift "in irgendeiner Form" herzustellen". Seine hobbymäßige Forschungstätigkeit sei jedenfalls nicht in Richtung Suchtgifterzeugung gegangen.
Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Nach § 62 Abs. 2 der für Beamte der Bundeshauptstadt Wien geltenden Dienstordnung 1966 (DO 1966, LGBl. für Wien Nr. 37/1967; wiederverlautbart mit Kundmachung der Wiener Landesregierung LGBl. Nr. 56/1994 als § 80 Abs. 2 DO 1994) ist die Disziplinarbehörde an die Tatsachenfeststellung, die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes (Straferkenntis einer Verwaltungsbehörde) zugrunde gelegt wurde, gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (die Verwaltungsbehörde) als nicht erweisbar angenommen hat.
Zu der inhaltlich vergleichbaren Bestimmung des § 95 Abs. 2 BDG 1979 hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, daß sich die Bindung der Disziplinarbehörden auch auf die Feststellungen zum inneren (subjektiven) Tatbestand erstreckt (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1982, Slg. NF Nr. 10.899/A, und vom 8. Februar 1996, Zl. 95/09/0146, u.a.). Von einer derartigen Bindungswirkung an die strafgerichtliche Verurteilung ist demnach auch nach der Bestimmung des § 62 Abs. 2 DO 1966 (§ 80 Abs. 2 DO 1994), die im Beschwerdefall anzuwenden ist, auszugehen (vgl. insoweit auch die zum Disziplinarrecht für Beamte der Bundeshauptstadt Wien ergangenen hg. Erkenntnisse vom 23. April 1992, Zl. 91/09/0235, und vom 21. Mai 1992, Zl. 92/09/0119).
Das Strafgericht hat als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer das Vergehen nach § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz (SGG) begangen hat. Nach § 16 Abs. 1 SGG ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer außer den Fällen der §§ 12 und 14a den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift erzeugt, einführt, ausführt, erwirbt oder besitzt, einem anderen überläßt oder verschafft. Die nach § 16 Abs. 1 SGG pönalisierte Tat setzt - anders als jene nach den §§ 12 und 14a SGG - keine "große Menge" voraus. Das Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG wird aber nur dann verwirklicht, wenn sich der zumindest bedingte Vorsatz des Täters auf alle Tatbildmerkmale bezieht. Mit anderen Worten: das Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG kann nur vorsätzlich begangen werden, bloß fahrlässiges Verhalten wäre hingegen straflos.
Das Strafgericht hat in sachverhaltsmäßiger Hinsicht angenommen, daß der Beschwerdeführer sich die für die Herstellung des Suchtgiftes erforderlichen Vorläufersubstanzen selbst besorgte, und daß er von seinem Sohn, der ihm einschlägige Fachliteratur zur Amphetamingewinnung beschaffte, unterstützt wurde. Von einer nicht auf vorsätzliche Herstellung des genannten Suchtgiftes (Amphetamin) gerichteten Handlungsweise des Beschwerdeführers kann nach den dem rechtskräftigen Strafurteil zugrundegelegten Tatsachenfeststellungen jedenfalls keine Rede sein. Mit den insoweit anders lautenden Beschwerdeausführungen entfernt sich der Beschwerdeführer demnach von diesen (auf seinem Geständnis im Strafverfahren beruhenden) Tatsachenfeststellungen. Diese Beschwerdeausführungen stehen somit in Widerspruch zu der Bindungswirkung nach § 62 Abs. 2 DO 1966 (§ 80 Abs. 2 DO 1994). Es war demnach nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde aufgrund des rechtskräftigen Strafurteiles davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer vorsätzlich synthetisches Suchtgift hergestellt hat.
Mit der sohin schon in sachverhaltsmäßiger Hinsicht unzutreffenden Behauptung, seine chemische Forschungstätigkeit könne nicht als Dienstverletzung angesehen werden, vermag der Beschwerdeführer demnach auch keine fehlerhafte Subsumtion der ihm angelasteten und als erwiesen angenommenen Dienstpflichtverletzung nach § 19 Abs. 2 zweiter Satz DO 1966 (nunmehr wiederverlautbart als § 18 Abs. 2 zweiter Satz DO 1994) darzulegen.
Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich dagegen, daß über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde. Er bringt dazu vor, die belangte Behörde hätte mehrfache Milderungsgründe berücksichtigen müssen. Bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand habe er seinen ärztlichen Dienst einwandfrei ausgeübt. Der Dienstgeber habe keinen Schaden durch seine Freizeittätigkeit erlitten. Diese Tätigkeit sei auch nicht geeignet, das Vertrauen des Dienstgebers in seine ärztliche Zuverlässigkeit wesentlich zu beeinträchtigen. Von einer Wiederholungsgefahr könne nicht gesprochen werden.
Gemäß § 19 Abs. 2 zweiter Satz DO 1966 hat der Beamte im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.
Für Beamte des Dienststandes sieht § 58 DO 1966 (wiederverlautbart als § 76 DO 1994) unter anderem die Disziplinarstrafe der Entlassung vor (Z. 6 leg. cit.). Auch für Beamte des Ruhestandes - die nach § 91 Abs. 1 DO 1966 (wiederverlautbart als § 109 Abs. 1 DO 1994) auch wegen einer im Dienststand begangenen Dienstpflichtverletzung zur Verantwortung zu ziehen sind - sieht die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendende DO 1994 (Wiederverlautbarung der Dienstordnung 1966 mit LGBl. Nr. 56/1994) unter anderem die Disziplinarstrafe der Entlassung gemäß § 109 Abs. 2 Z. 3 (inhaltsgleich mit § 91 Abs. 2 Z. 3 DO 1966) vor.
Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Wird der Beamte danach nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, dann fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen. Verträgt die Funktion der öffentlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Entscheidend ist die weitere Tragbarkeit des Beamten in einem besonderen Dienstverhältnis (vgl. in dieser Hinsicht das hg. Erkenntnis vom 23. April 1992, Zl. 91/09/0235, u.v.a.).
Um einen solchen Fall der Untragbarkeit handelt es sich nach der Begründung des angefochtenen Bescheides auch im vorliegenden Beschwerdefall.
Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, eine Disziplinarstrafe hätte nur ausgesprochen werden dürfen, wenn dies zusätzlich zur strafgerichtlichen Verurteilung notwendig sei, ist zu erwidern, daß bei dem nach den Umständen des Beschwerdefalles strafgerichtlich geahndeten Suchtgiftdelikt - das bei objektiver Betrachtung geeignet ist, bezogen auf die dienstliche Stellung des Beamten (hier: eines Arztes im Sanitätsdienst der Stadt Wien) nach allgemeiner gesellschaftlicher Auffassung die Achtung und das Vertrauen in die Person und damit in die Amtsstellung zu untergraben - ein disziplinärer Überhang im Sinne des dem Beschwerdeführer im Disziplinarverfahren angelasteten, spezifisch dienstrechtlichen Tatbestandes nach § 19 Abs. 2 zweiter Satz DO 1966 jedenfalls vorliegt.
Keine Rechtswidrigkeit kann auch darin gesehen werden, wenn die belangte Behörde zu der Auffassung gelangte, daß der Beschwerdeführer angesichts der Art und Schwere der von ihm begangenen Straftat (vorsätzliche Herstellung von synthetischem Suchtgift) im Hinblick auf seine Verantwortung als Arzt im Sanitätsdienst der Stadt Wien untragbar geworden ist. Konnte im Hinblick auf den (durch die begangene Straftat) eingetretenen Vertrauensverlust aber eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der (Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses durch) Entlassung nicht in Betracht kommen, dann können allenfalls sonst gegebene bzw. die in der Beschwerde vorgebrachten Milderungsgründe nicht zum Tagen kommen (vgl. in dieser Hinsicht etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0361, vom 23. März 1994, Zl. 93/09/0391, und vom 17. November 1994, Zl. 93/09/0316). Die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung kann unter diesen Umständen nicht als rechtswidrig angesehen werden.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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