Normen
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stand als Kontrollorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre letzte Dienststelle war das Postamt XY.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz vom 18. Mai 1992 wurde die Beschwerdeführerin des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB unter Ausnützung einer Amtsstellung nach § 313 StGB für schuldig erkannt. Die Beschwerdeführerin habe in XY als Postbeamtin unter Ausnützung der ihr durch ihre Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit mit dem Vorsatz sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern zu nicht näher bestimmten Zeitpunkten im Sommer 1991 einen namentlich nicht bekannten Eilzusteller der Post durch die Vorgabe, die an ihre Wohnadresse adressierten Wertsendungen im Betrag von insgesamt S 26.720,-- nach Erhalt zu bezahlen, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Ausfolgung dieser Wertsendungen an ihrem Dienstort im Postamt XY, sohin zu Handlungen verleitet, wodurch die Post- und Telegrafenverwaltung an ihrem Vermögen im obgenannten Betrag geschädigt wurde. Die Beschwerdeführerin wurde deshalb zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen zweier Vergehen, als mildernd das Geständnis, die Unbescholtenheit und die Schadensgutmachung gewertet.
Im Disziplinarverfahren sprach daraufhin die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die Beschwerdeführerin nach durchgeführter mündlicher Verhandlung mit Erkenntnis vom 2. Oktober 1992 schuldig,
"im Rahmen ihrer Tätigkeit am Paketschalter des Postamtes XY in den Monaten August 1991 bis Oktober 1991 vier für sie bestimmte, von Fa. P aufgegebene Nachnahmepakete und zwar Nr. 66079, aufgegeben am 1.8.1991, NN-Betrag S 4022.-, Nr. 66773, aufgegeben am 8.8.1991, NN-Betrag S 2074.-, Nr. 69505, aufgegeben am 19.9.1991, NN-Betrag S 8192.-, und Nr. 70724, aufgegeben am 10.10.1991, NN-Betrag S 12432.- ohne Bezahlung der Nachnahmebeträge und ohne postordnungsmäßige Übernahmsbestätigung an sich genommen zu haben".
Die Beschwerdeführerin habe "durch die vorangeführten Tathandlungen die ihr gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 64 PVO II, § 74 Abs. 1 lt. c PVO I/D und § 264 PO obliegenden Dienstpflichten, nämlich ihre dienstlichen Aufgaben treu und gewissenhaft zu besorgen, somit Nachnahmepakete nur gegen Einziehung und unverzüglicher Überweisung des Nachnahmebetrages gegen Empfangsbestätigung in der Ausfolgekarte abzugeben, als auch die Verpflichtung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979, nämlich in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, im Sinne des § 91 BDG schuldhaft verletzt".
Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen sprach die Disziplinarbehörde gemäß § 126 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) i.V.m. § 92 Abs. 1 Z. 4 dieses Gesetzes die Disziplinarstrafe der Entlassung aus.
In der Begründung verwies die Disziplinarkommission auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen, wodurch die Dienstpflichtverletzungen erwiesen seien. Die an die Beschwerdeführerin adressierten Nachnahmepakete seien von der absendenden Firma beim Postamt 1150 Wien zur Aufgabe gebracht worden. Als Eilpakete hätte sie der zuständige Eilzusteller an der bezeichneten Abgabestelle zuzustellen und für den Fall, daß die Genannte (die Beschwerdeführerin) nicht anwesend gewesen wäre, sie beim Postamt zu "benachrichtigen gehabt". Nach Absprache zwischen der Beschwerdeführerin und dem Eilzusteller seien die Pakete jeweils zum Postamt XY gebracht worden, wo die Beschwerdeführerin Paketschalterdienst versehen habe. Somit sei es ihr möglich gewesen, die angeführten vier Nachnahmepakete an sich zu bringen, ohne die Nachnahmebeträge zu entrichten und ohne die postordnungsgemäße Übernahmsbestätigung zu leisten. Die Verfehlungen der Beschwerdeführerin seien erst durch die Nachforschung der absendenden Firma im November 1991 entdeckt worden und die Post- und Telegrafenverwaltung habe den Gesamtbetrag an Nachnahmen von S 26.720,-- unverzüglich an die absendende Firma zu überweisen gehabt, wobei der Post- und Telegrafenverwaltung zunächst ein Schaden in Höhe des angeführten Betrages entstanden sei. Die Schadensgutmachung sei erst kurz vor der gerichtlichen Hauptverhandlung am 18. Mai 1992 erfolgt. Die Disziplinarkommission sei an die im Spruch des Gerichtsurteils zugrundegelegten Tatsachenfeststellungen gebunden. Die vom Gerichtsurteil erfaßten Dienstpflichtverletzungen erschöpften sich jedoch nicht in der Verwirklichung der strafbaren Tatbestände, sondern verletzten das besondere Treueverhältnis des Beamten zu seinem Dienstgeber in einem überaus gewichtigen Ausmaß. Sie ließen auch die für die ordnungsgemäße Abwicklung des Dienstbetriebes unabdingbare Zuverlässigkeit vermissen und seien geeignet, das Vertrauen der Postkunden in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben schwerwiegend zu erschüttern. Als schwerste Dienstpflichtverletzung sei die Verletzung der Bestimmung des § 43 Abs. 1 BDG 1979 zu werten, weil die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten unter Ausnützung ihrer Amtsstellung die vom Dienstgeber zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Nachnahmeverkehrs aufgestellten Normen bewußt unterlaufen und zusätzlich einen anderen Dienstnehmer zur Verletzung der Zustellvorschriften verleitet habe. Wer sich an - wenn ihm auch auf nicht korrekte Weise zugekommenen - sodann jedoch dienstlich anvertrautem Gut vergreife, zerstöre grundsätzlich das erforderliche Vertrauensverhältnis und sei für den öffentlichen Dienst untragbar. Trotz der vorgesehenen Kontrollen sei die Verwaltung nicht in der Lage, jeden einzelnen Arbeitsvorgang zu überprüfen und daher auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Organwalter angewiesen, wobei es unerheblich sei, ob die Nachnahmesendungen an den Organwalter selbst oder an postfremde Personen adressiert seien. Als Erschwerungsgrund sei auch die Verletzung der Dienstpflicht nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu werten. Die Beschwerdeführerin sei bei ihrer Tätigkeit am Paketschalter mit der Einhebung und Einziehung von Geldbeträgen befaßt gewesen. Die Nichtzahlung der Nachnahmebeträge der für sie bestimmten Pakete sei geeignet, das Vertrauen der Postkunden in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben, nämlich ordnungsgemäßes Inkasso von Nachnahmebeträgen und umgehende Überweisung an den Absender, auf das Schwerste zu erschüttern. Die Verleitung eines anderen Beamten zur Verletzung von Dienstpflichten sowie die Fortsetzung der Tathandlungen über einen längeren Zeitraum, wobei diese Tathandlungen in reiflicher Überlegung und sorgfältiger Vorbereitung erfolgt seien, seien als weitere Erschwerungsgründe zu werten. Somit könne dem Milderungsgrund der bisherigen disziplinären Straffreiheit kein besonderes Gewicht bei der Strafbemessung zugemessen werden. Da der Beschwerdeführerin derzeit auch keine Sorgepflichten oblägen und sie durch ihre erst vor kurzem erfolgte Eheschließung auch nicht als unversorgt anzusehen sei, habe eine Rücksichtnahme auf das persönliche Fortkommen der Beschwerdeführerin entfallen können.
Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. März 1993 in nichtöffentlicher Sitzung (die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt) keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde nach ausführlicher Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung aus, mit Rücksicht auf die Bindung an das strafgerichtliche Urteil (§ 95 Abs. 2 BDG 1979) sei zunächst die Frage zu beurteilen, ob ein sogenannter "disziplinärer Überhang" im Sinne des § 95 Abs. 3 BDG 1979 gegeben sei. Ein derartiger disziplinärer Überhang sei zu bejahen, wenn eine Bedienstete der Post im Rahmen ihrer Tätigkeit am Paketschalter für sie bestimmte Nachnahmepakete ohne Bezahlung der Nachnahmebeträge und ohne postordnungsgemäße Übernahmsbestätigung mehrmals an sich nehme, weil das Strafgericht nicht den spezifisch dienstrechtlichen Aspekt der Tat zu beurteilen habe. Da der Sachverhalt von der Beschwerdeführerin im übrigen auch nicht bestritten worden sei, sei auf die Schuldfrage nicht mehr einzugehen und nur die Frage der Strafbemessung zu erörtern. Die Entlassung als schwerste Disziplinarstrafe bezwecke, daß sich der öffentliche Dienstgeber von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht habe (Untragbarkeitsgrundsatz), unter Auflösung des Beamtenverhältnisses trennen könne. Wenn unter Bedachtnahme auf die Schwere der Pflichtverletzung und daraus entstandener Nachteile die Untragbarkeit des Beamten für den Dienstgeber folge, könne anderen Strafzumessungsgründen, wie dem Grad des Verschuldens oder dem bisherigen Verhalten keine für die Frage der Strafbemessung ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Eine Entlassung sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur dann auszusprechen, wenn ein Beamter seine Dienstpflichten derart verletzt habe, daß er für den öffentlichen Dienst überhaupt untragbar geworden sei, sondern auch dann, wenn er nur in seiner bisherigen Verwendung untragbar geworden sei, auch wenn für die Dienstbehörde die Möglichkeit bestünde, dem Beamten im Rahmen einer Ordnungsmaßnahme andere Aufgaben zuzuweisen. Auch in dem Erkenntnis vom 18. Oktober 1990, 90/09/0088 (die Begrüdnung dieses Erkenntnisses wird im angefochtenen Bescheid sodann auszugsweise referiert), habe der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde eines ehemaligen Postbeamten gegen seine disziplinär erfolgte Entlassung als unbegründet abgewiesen. Ein Beamter, der unter Ausnützung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes und während eines Zeitraumes von einigen Monaten ihm dienstlich anvertraute Waren - hier an die Beschwerdeführerin aufgegebene Nachnahmepakete ohne Bezahlung der Nachnahmebeträge (insgesamt S 26.720,--) und ohne postordnungsgemäße Übernahmsbestätigung - an sich nehme, sei grundsätzlich als Beamter nicht mehr tragbar. Durch derartige Straftaten werde nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinem Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit völlig zerstört. Der entscheidende Gesichtspunkt sei hiebei, daß sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen müsse, weil die lückenlose Kontrolle eines Beamten nicht möglich sei. Die Post müsse besonders auf das Vertrauen ihrer Kunden achten, weil diese in der Regel auf kein anderes gleichartiges Unternehmen ausweichen könnten. Die Beschwerdeführerin habe durch ihre Verfehlungen eindeutig und mehrfach bekundet, daß sie nicht in der Lage sei, den ihr obliegenden elementarsten Dienstpflichten zu entsprechen. Sie habe damit die für das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung unabdingbare Vertrauensgrundlage in einem Maße zerstört, daß der Weiterbestand des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses unmöglich gemacht worden sei. Die Verletzung dieser wesentlichen Dienstpflichten lasse einen erheblichen charakterlichen und moralischen Mangel erkennen; hieraus könne nur der Schluß gezogen werden, daß es der Beschwerdeführerin an der für die verantwortungsvolle Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit unbedingt erforderlichen Verläßlichkeit fehle. Zu den Berufungsausführungen hinsichtlich der Auswirkungen der Disziplinarstrafe der Entlassung - nämlich der damit verbundenen Bedrohung ihrer Existenz -, sei davon auszugehen, daß die Entlassung nur die Folge des von der Beschwerdeführerin selbst zu verantwortenden Handelns sei. Im privatwirschaftlichen Bereich würden schon wesentlich geringere Verstöße zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Auch fände eine unangebrachte Milde der Disziplinarbehörde in der Öffentlichkeit und auch in der Beamtenschaft kein Verständnis, weil von einem Beamten als Gegenleistung für die ihm gebotene soziale Sicherheit u.a. auch ein besonderes Maß an Treue und Pflichtbewußtsein erwartet werde. Als erschwerdend sei - wie schon die erste Instanz zutreffend ausgeführt habe - zu berücksichtigen, daß die Beschwerdeführerin einen anderen Beamten, nämlich einen Postzusteller, zu Dienstpflichtverletzungen verleitet und damit in die Sache hineingezogen habe. Zum in der Berufung herangezogenen Milderungsgrund der Schadensgutmachung sei auf das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1990 zu verweisen, wonach diesem Milderungsgrund allenfalls bei Wiedergutmachung der Tat vor ihrer Entdeckung und nur bei einem einmaligen Zugriff Relevanz zukommen könnte.
Die Behandlung der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 23. Juni 1993, B 1064/93-3, abgelehnt; der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Rahmen der Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, im Disziplinarverfahren sei lediglich der Strafakt des Landesgerichtes verlesen worden. Eine Einvernahme der Beschwerdeführerin sei nicht erfolgt und ohne den persönlichen Eindruck, den die Disziplinarbehörde durch die Einvernahme erhalte, könne es keine "gerechte Entscheidung" treffen. Durch ein "reines Aktenverfahren" könne nicht die härteste Disiplinarstrafe, nämlich die Entlassung, verhängt werden.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß der Vorwurf des "reinen Aktenverfahrens" aktenwidrig ist, weil im Disziplinarverfahren erster Instanz entsprechend der Bestimmung des § 124 BDG 1979 eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, an der auch die Beschwerdeführerin teilgenommen und sich mündlich verantwortet hat. Unbestritten hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission nicht beantragt. Da der Sachverhalt aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils feststand (dieser in der Berufung auch nicht weiter bestritten wurde), ist auch den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift zu folgen, wonach gemäß § 125a Abs. 1 BDG 1979 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission nicht erforderlich erschien.
Gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 sind die Disziplinarbehörden an die in einem rechtskräftigen Strafurteil getroffenen Tatsachenfeststellungen gebunden (vgl. zu dieser Bindungswirkung beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1991, 90/09/0191, sowie weiters auch den im gegenständlichen Verfahren ergangenen Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 1993, B 1064/93-3). Aufgrund dieser Bindungswirkung gehen die - ohnedies nicht weiter begründeten - Beschwerdeausführungen, die auf die Behauptung einer Unrichtigkeit des Strafurteiles hinauslaufen, ins Leere.
Die bekämpfte Disziplinarstrafe der Entlassung der Beschwerdeführerin ist auf das vom Strafgericht geahndete Vergehen des schweren Betruges unter Ausnützung einer Amtsstellung nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 313 StGB gestützt.
Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, daß die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979 eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Die Disziplinarbehörden haben das Vorliegen eines "disziplinären Überhanges" im Sinne des § 95 Abs. 3 BDG 1979 aufgrund des dem Strafurteil zugrundeliegenden Sachverhaltes eingehend begründet. Entgegen den Beschwerdeausführungen war die belangte Behörde zur Annahme eines "disziplinären Überhanges" auch berechtigt, weil sich die Bindungswirkung des § 95 Abs. 2 BDG 1979 nur auf die Tatsachenfeststellungen, nicht jedoch auf die disziplinarrechtliche Beurteilung des Vergehens erstreckt.
Die belangte Behörde ist bei der Prüfung der Frage, ob über die Beschwerdeführerin zusätzlich zu der gerichtlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten (deren Vollzug unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde) noch eine Disziplinarstrafe zu verhängen war, zur Auffassung gelangt, daß wegen der Art des Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin und der besonderen Umstände, vor allem der engen Bindung ihrer dienstlichen Stellung mit der Tätigkeit, die ihr die Gelegenheit zur strafbaren Handlung geboten hat, die Voraussetzungen für die Verhängung der zusätzlichen Disziplinarstrafe der Entlassung gegeben sind.
Diese Auffassung der belangten Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig. Eine Beamtin, die, wie die Beschwerdeführerin, unter Ausnutzung ihrer dienstlichen Möglichkeiten unter Verleitung eines weiteren Postbediensteten durch Manipulationen bei der Empfangnahme von Nachnahmesendungen auf betrügerische Weise ihre Dienstbehörde schädigt, ist grundsätzlich als Beamtin nicht mehr tragbar, weil durch eine derartige Straftat nicht nur das Vertrauensverhältnis zu ihren Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zerstört wird. Daß die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten gerade im Bereich der Post bei dem dort gegebenen häufigen Umgang mit Geld und geldwerten Gegenständen ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in mehreren Erkenntnissen näher ausgeführt (vgl. die - jeweils Vermögensdelikte von Postbeamten betreffenden - Erkenntisse vom 28. März 1984, 83/09/0093, vom 15. Dezember 1989, 89/09/0092, vom 18. Oktober 1990, 90/09/0088 und vom 18. November 1993, 93/09/0361).
Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder der Vergeltung dient, sondern eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Wer die für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, macht sich in aller Regel für den öffentlichen Dienst untragbar. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise oder an einem anderen Dienstort oder in anderer dienstlicher Verwendung (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 94/09/0122 und 94/09/0174, m.w.N.).
Die belangte Behörde hat unter ausführlicher Begründung richtig erkannt, daß angesichts der Art und Schwere der begangenen Straftat auch im Beschwerdefall eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der Entlassung nicht in Betracht kam, weshalb alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe (so auch Unbescholtenheit und die ohnedies erst nach Tatentdeckung erfolgte Schadensgutmachung) und auch eine allfällige Existenzgefährdung nicht von entscheidendem Gewicht sein konnten (vgl. dazu wiederum das Erkenntnis vom 18. Oktober 1990, 90/09/0088, m.w.N.). Durch die mehrmaligen deliktischen Handlungen in einem Zeitraum von rund drei Monaten kann nicht - wie es in der Beschwerde darzustellen versucht wird - von einer einmaligen unbedachten Gelegenheitstat ("Augenblickstat") gesprochen werden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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