VwGH 95/06/0132

VwGH95/06/013224.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Hall in Tirol, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. April 1995, Zl. Ve1-550-2294/1-1, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: E, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in H), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §828;
ABGB §833;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §44;
BauRallg;
VVG §4;
ABGB §828;
ABGB §833;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §44;
BauRallg;
VVG §4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 8. September 1993 wurde der Wohnungseigentümerin S (nach dem Wohnungseigentumsgesetz) der Wohnung Top 7 des Hauses X im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde baupolizeilich aufgetragen, den zu dieser Wohnung gehörenden Rauchabzug im Bereich des Austrittes aus dem Mauerwerk in Form einer wärmegedämmten Edelstahlausführung auf eine Höhe von 3,50 m ab bestehendem Kamin zu verlängern. Begründet wurde dies damit, daß durch die Situierung der Rauchabzugsmündung die Gefahr der Beeinträchtigung der angrenzenden Wohnung insbesondere durch Rauch- und Geruchsbelästigung bestehe. Nach der mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 24. November 1977 erteilten Bewilligung für die Wohnhausanlage sind für die einzelnen Wohnungen Notrauchfänge vorgesehen, die nach den Angaben der beschwerdeführenden Gemeinde auch tatsächlich errichtet wurden.

Der Mitbeteiligte erhob als Miteigentümer nach dem Wohnungseigentumsgesetz "Einspruch" gegen diesen Bescheid; dieser Einspruch wurde vom Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde als Berufung behandelt und die Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde diese Zurückweisung damit, daß der Berufungswerber als Miteigentümer nicht Nachbar im Sinne der Tiroler Bauordnung sei, weshalb ihm auch der gegenständliche Baubescheid nicht zugestellt worden sei. Die Erhebung einer Berufung setze zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus, wobei diese Voraussetzung auf seiten des Berufungswerbers nicht gegeben sei.

Aufgrund der Vorstellung des Mitbeteiligten erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem der Bescheid des Gemeindevorstandes aufgehoben wurde. Begründend führt die belangte Behörde aus, daß unvorgreiflich einer inhaltlichen Beurteilung dahingehend, ob die vorgenommene nachträgliche Vorschreibung einer heiztechnisch erforderlichen Ausstattung eines Kamins in Form eines baupolizeilichen Auftrages, der offenbar auf § 44 TBO gestützt werde, rechtlich zulässig sei, die Aberkennung der Parteistellung auf Grund der Aktenlage nicht zu Recht erfolgt sei. Adressat eines baupolizeilichen Auftrages sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Eigentümer der baulichen Anlage, im Falle des Miteigentums alle Miteigentümer. Eine Auftragserteilung ausschließlich an einen Miteigentümer sei durch die Rechtslage dann nicht gedeckt, wenn dies dazu führen würde, daß einer Person alleine eine Verpflichtung auferlegt werde, welche diese nur zusammen mit anderen Miteigentümern erfüllen könne. Eine Vollstreckung einer derartigen Verpflichtung würde zudem auch daran scheitern, daß gegenüber den übrigen Miteigentümern kein vollstreckbarer Titel vorliege, dem Leistungsbescheid also das wesentliche Merkmal seiner Vollstreckbarkeit fehle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht, der Eigentümerin der Wohneinheit Top 7 des Hauses X baupolizeilich aufzutragen, den zu dieser Wohnung gehörenden Rauchabzug im Bereich des Austrittes aus dem Mauerwerk in Form einer wärmegedämmten Edelstahlausführung auf eine Höhe von 3,50 m ab bestehendem Kamin zu verlängern, geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 44 Abs. 1 und 2 Tiroler Bauordnung 1989, LGBl. Nr. 33, in

der Fassung LGBl. Nr. 7/1994, lauten:

"(1) Der Eigentümer einer bewilligungspflichtigen baulichen Anlage hat dafür zu sorgen, daß diese Anlage in einem der Bewilligung entsprechenden Zustand erhalten wird. Baugebrechen, durch die die Standfestigkeit, die Feuersicherheit, die Sicherheit und Gesundheit von Menschen und die Sicherheit des Eigentums gefährdet oder das äußere Erscheinungsbild der baulichen Anlage beeinträchtigt wird, hat der Eigentümer zu beheben. Diese Verpflichtung des Eigentümers besteht unabhängig davon, wen das Verschulden am Baugebrechen trifft.

(2) Kommt der Eigentümer seinen Verpflichtungen nach Abs. 1 nicht nach, so hat ihm die Behörde die Instandsetzung innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, soweit die Voraussetzungen des Abs. 3 vorliegen, den Abbruch der baulichen Anlage anzuordnen."

Im Falle von Miteigentum ist bei der Erlassung von baupolizeilichen Aufträgen zwischen folgenden Fragen zu unterscheiden:

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