VwGH 95/03/0189

VwGH95/03/018926.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des Ing. Johann Muri in Eisenkappel, vertreten durch Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 30. Mai 1995, Zl. Agrar 11-307/11/95, betreffend Feststellung des Gemeindejagdgebietes Vellach I (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Eisenkappel-Vellach), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
JagdG Krnt 1978 §6 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §6 Abs3;
JagdG Krnt 1978 §7 Abs2;
JagdRallg;
AVG §52;
JagdG Krnt 1978 §6 Abs1;
JagdG Krnt 1978 §6 Abs3;
JagdG Krnt 1978 §7 Abs2;
JagdRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0131, sowie vom 14. Dezember 1994, Zl. 92/03/0148, verwiesen. Mit dem letztgenannten Erkenntnis wurde der Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. Mai 1992 aufgehoben, mit dem (erneut) gemäß § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 9 des Kärntner Jagdgesetzes 1978, LGBl. Nr. 76, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 104/1991 (JG), die in der Marktgemeinde Eisenkappel-Vellach, KG Bad Vellach, liegenden, nach Feststellung der angrenzenden Eigenjagdgebiete Muri-Zadnikar, Muri, Skaler-Hube, Pasterk, Kordesch, Thurn-Remschenig und Paulitsch verbleibenden, nicht zu einem anderen Jagdgebiet gehörenden Grundstücke im Ausmaß von 406,0026 ha für die Dauer von zehn Jahren, und zwar vom 1. Jänner 1991 bis 31. Dezember 2000, als Gemeindejagdgebiet "Vellach I" festgestellt wurden. In den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses vom 14. Dezember 1994 führte der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen aus, daß die belangte Behörde zu Unrecht vom Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 6. Dezember 1990 ausgegangen sei, durch welchen Teile der öffentlichen Grundstücke der Bundesstraße und des Vellachbaches an die Eigenjagd Skaler-Hube angeschlossen worden seien und Teile dieser öffentlichen Grundstücke als Bestandteil der Gemeindejagd Vellach I in der Weise verblieben seien, daß ein punktförmiger Zusammenhang zwischen diesen beiden Jagdrevieren entstanden sei. Die belangte Behörde sei damit bei der Feststellung des vorliegenden Gemeindejagdgebietes von einem vollzogenen Anschluß - von Teilen des Bundesstraßengrundes bzw. des Vellachbaches - ausgegangen. Indem die belangte Behörde zuerst durch eine Anschlußverfügung die Voraussetzungen für einen punktförmigen Zusammenhang geschaffen habe und damit der Zusammenhang von Grundstücken der Gemeindejagd hergestellt worden sei, habe sie die Rechtslage verkannt. Sei jedoch auf Grund dieser Überlegungen ein punktförmiger Zusammenhang nicht anzunehmen, sei gemäß § 7 Abs. 2 JG zu prüfen, ob die gegenständlichen öffentlichen Grundstücke, wenn sie Teile der Gemeindejagd durch ihre Länge verbänden und für sich allein keinen geordneten Jagdbetrieb ermöglichten, nicht geeignet seien, einen Zusammenhang der Jagdreviere herzustellen; verbänden die öffentlichen Grundstücke aber die Teilgebiete der Gemeindejagd durch ihre Breite, dann sei der Zusammenhang der Jagdreviere gegeben und es müsse nicht mehr geprüft werden, ob sie für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb ermöglichten. Die Konfiguration der öffentlichen Grundflächen im hier strittigen Bereich sei so gestaltet, daß es nicht auf die Breite des Baches allein zur Beurteilung der Frage des Zusammenhanges der Jagdreviere ankomme, sondern darauf Bedacht zu nehmen sei, in welcher Form das gesamte Gebilde aus Bach und Straße einschließlich der Böschungen die Verbindung bilde. Die belangte Behörde habe darauf abgestellt, daß die Breite des Vellachbaches den Zusammenhang nicht unterbreche, jedoch nicht hinreichend deutlich aufgeklärt, ob das gesamte beschriebene Gebilde eine Verbindung im Längenzug oder in der Breite herstelle, weshalb sie eine ergänzende und nachvollziehbare Klarstellung zur Frage der Verbindung vorzunehmen habe.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Mai 1995 wurden (wieder) gemäß § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 9 JG die in der Marktgemeinde Eisenkappel-Vellach, KG Bad Vellach, liegenden, nach Feststellung der angrenzenden Eigenjagdgebiete Muri-Zadnikar, Muri, Skaler-Hube, Pasterk, Kordesch, Thurn-Remschenig und Paulitsch verbleibenden, nicht zu einem anderen Jagdgebiet gehörenden Grundstücke im Ausmaß von 406,0026 ha für die Dauer von zehn Jahren, und zwar vom 1. Jänner 1991 bis 31. Dezember 2000, als Gemeindejagdgebiet "Vellach I" festgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und seine kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.

Die belangte behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift nicht erstattet.

Die belangte Behörde hatte im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens eine neuerliche gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen Dr. K (vom 10. Mai 1995) eingeholt und den Parteien des Verwaltungsverfahrens zur Stellungnahme zugestellt. Der Beschwerdeführer äußerte sich in seiner Stellungnahme vom 17. Mai 1995 zu den Ausführungen des Amtssachverständigen im ablehnenden Sinn, weshalb dieser erneut am 29. Mai 1995 eine Stellungnahme abgab.

Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde zur Begründung im wesentlichen aus, daß zur Frage, inwieweit ein Zusammenhang der Gemeindejagd Vellach I im strittigen Bereich bestehe, auch die öffentlichen Grundstücke, die sich im Besitz der "Republik Österreich Land-Forstwirtschaftsverwaltung (Wasserbau) und Bundesstraßenverwaltung" befinden, zu berücksichtigen seien. Dazu zählten die Grundstücke 1183/1, 1183/14, 1183/16 und 1185/1, alle KG Bad Vellach. In der Natur bestünden diese Grundflächen aus Vellachbach und Uferregion, den Böschungen und Stützmauern entlang des Vellachbaches sowie der Bundesstraße B 82, einschließlich Straßenböschungen, Straßengräben, Teilen von Wiese und Wald sowie Stützmauern entlang der B 82. Bei der Betrachtung der Engstelle der Gemeindejagd Vellach I im Bereich des Vellachbaches und der Bundesstraße B 82 sei davon auszugehen, daß die Gesamtheit der Grundstücke zur Gemeindejagd gehören.

Im wesentlichen bilde die öffentliche Parzelle 1183/16 das Zentrum der Engstelle. Die Konfiguration des Grundstückes entspreche annähernd einem Dreieck, südlich davon münde die Bachparzelle 1199 in die Vellach, wobei der Vellachbach eine leichte Krümmung bilde und in diesem Bereich die Brücke der B 82 im spitzen Winkel den Vellachbach quere. Die Straßenparzelle 1183/1 ende im Norden der Engstelle rechtsufrig des Vellachbaches, die Straßenparzelle 1183/14 ende im Süden rechtsufrig des Baches Grundstück 1199, KG Bad Vellach. Die Gesamtheit der drei Grundstücke bilde am Punkt der Engstelle - Parzelle 840 im Osten und Parzelle 459 im Westen - ein Dreieck. Es könne daher der Zusammenhang der zu bildenden Gemeindejagd Vellach I im noch strittigen Bereich angenommen werden. Die "Form des Dreieckes und der Verlauf der Grundstücksgrenzen im Bereich des Dreieckes zwischen den Grundstücken 1183/16, 1185/1 und 1199" lasse die Beurteilung zu, daß die genannten öffentlichen Grundstücke als gesamtes Gebilde die Teilgebiete der Gemeindejagd Vellach I durch ihre Breite miteinander verbinden.

Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber im wesentlichen ein, daß der Sachverständige Dr. K mehrere Gutachten erstattet habe und in jedem dieser Gutachten zu einer anderen Beurteilung in der wesentlichen Frage gekommen sei. Auch das nunmehr eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen sei unzureichend und hätte von der belangten Behörde ihrer Entscheidung nicht zugrundegelegt werden dürfen. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß die gegenständlichen Grundstücksflächen in ihrer Breite nicht den Zusammenhang des Gemeindejagdgebietes herstellen, sondern das strittige Flächengebilde der Breite nach zwischen den Teilflächen der Eigenjagd Skaler-Hube liege. Die belangte Behörde habe daher den Sachverhalt unrichtig beurteilt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 JG bilden die in einer Gemeinde liegenden, zusammenhängenden, jagdlich nutzbaren Grundstücke, welche nicht zu einem Eigenjagdgebiet gehören und ein Mindestausmaß von 500 ha erreichen, das Gemeindejagdgebiet. Gemäß Abs. 3 des § 6 JG kann auf Antrag der Gemeinde von der Landesregierung nach Anhören des Landesjagdbeirates und der Kärntner Jägerschaft in Fällen, in denen das Mindestausmaß von 500 ha (Abs. 1) nicht erreicht wird, ein Gemeindejagdgebiet dann festgestellt werden (§ 9), wenn die in der Gemeinde liegenden, jagdlich nutzbaren Grundstücke ein Ausmaß von mindestens 115 ha erreichen, zusammenhängen und einen geordneten Jagdbetrieb ermöglichen.

Gemäß § 7 Abs. 1 JG gelten als zusammenhängend im Sinne der §§ 5 und 6 Grundflächen, wenn man von einem Grundstück zum anderen gelangen kann, ohne fremden Grund zu betreten. Der Zusammenhang von Grundstücken ist auch dann gegeben, wenn sie nur in einem Punkt zusammenstoßen. Inseln gelten als mit den Ufergrundstücken zusammenhängend. Gemäß § 7 Abs. 2 JG bilden Wege, Eisenbahngrundstücke, fließende und stehende Gewässer und ähnliche Grundflächen, die nach Umfang oder Gestalt für sich allein einen geordneten Jagdbetrieb nicht gestatten, kein selbständiges Jagdgebiet; sie unterbrechen durch ihre Breite den Zusammenhang eines Jagdgebietes nicht; sie stellen durch ihre Länge den Zusammenhang eines Jagdgebietes (Abs. 1) zwischen getrennt liegenden Grundstücken nicht her. Werden diese Grundflächen nicht von einem Jagdgebiet umschlossen, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf das räumliche Naheverhältnis festzustellen, welchem Jagdausübungsberechtigten auf diesen Grundflächen das Recht nach § 15 Abs. 5 zusteht. Gemäß § 7 Abs. 3 JG liegt jagdliche Nutzbarkeit einer Grundfläche vor, wenn diese wenigstens einer Schalenwildart Einstands- oder Äsungsmöglichkeit bietet. Bei der Berechnung der Größe eines Jagdgebietes dürfen jedoch Grundstücke, die nicht wenigstens einer Schalenwildart Einstands- oder Äsungsmöglichkeiten bieten, nicht mitgerechnet werden, wenn ihr Flächenausmaß zusammengerechnet mehr als die Hälfte der Größe des Jagdgebietes beträgt.

Kern der Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid war, daß sie - entsprechend dem Amtssachverständigengutachten - davon ausging, daß die Parzelle 1183/16 das "Zentrum der Engstelle" bilde und die Konfiguration dieses Grundstückes annähernd einem Dreieck entspreche. Auch die Gesamtheit der hier zu beurteilenden drei Grundstücke bilde "im Bereich der Engstelle ... annähernd ein Dreieck, welches gegenüber dem Streckenverlauf der Grundstücksgrenzen leicht verschoben" erscheine. Von der Form des Dreieckes und dem Verlauf der Grundstücksgrenzen im Bereich des Dreiecks schloß die Behörde auf eine Verbindung der Teilgebiete der Gemeindejagd Vellach I durch die öffentlichen Grundstücke der Breite nach. Diese Beurteilung erscheint jedoch rechtlich verfehlt.

Die belangte Behörde hatte von den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 92/03/0148, auszugehen, wonach die Konfiguration der öffentlichen Grundflächen im hier strittigen Bereich so gestaltet sei, daß es bei Beurteilung der Frage des Zusammenhanges der Jagdreviere nicht auf die Breite des Baches allein - wie die Behörde bis dahin vermeinte - ankomme, sondern darauf Bedacht zu nehmen sei, in welcher Form das gesamte Gebilde aus Bach und Straße, einschließlich der Böschungen, die Verbindung bilde.

Die belangte Behörde verkannte jedoch nunmehr die Rechtslage insofern, als sie die Lage des Gebildes nur am "Zentrum der Engstelle" bzw. "am Punkt der Engstelle" beurteilte und lediglich in diesem engsten Bereich - unter Zuhilfenahme der Konstruktion eines Dreiecks - Rückschlüsse auf eine Verbindung herstellte.

Es kommt jedoch zur Beurteilung der sich hier stellenden Frage auf die Form des Gebildes nicht allein im Bereich der Engstelle an, - eine solche Eingrenzung ist weder aus § 7 Abs. 2 JG noch aus dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1994 abzuleiten -, sondern es ist, um die Verbindung der einzelnen Teile des Gemeindejagdgebietes beurteilen zu können, die Form des "Gebildes" aus Bach und Straße, einschließlich der Böschungen in seinem gesamten Verlauf im strittigen Bereich maßgeblich. Um, ausgehend von den Grenzen der Jagdgebietsteile, deren Zusammenhang strittig ist, einerseits und des dazwischenliegenden "Gebildes" andererseits, die Frage nach dem Zusammenhang lösen zu können, könnte wie folgt vorgegangen werden: Zunächst ist durch das oben beschriebene "Gebilde" eine Längsachse zu ziehen. Ist sodann durch ein (fiktives) Verschieben der beiden Teile des Gemeindejagdgebietes (nur) normal zur Längsachse eine Berührung dieser beiden Teile gegeben, liegt ein Breitenzug vor, der nach § 7 Abs. 2 JG den Zusammenhang des Gemeindejagdgebietes nicht unterbricht. Bedarf es für eine (fiktive) Berührung auch einer Verschiebung entlang der Längsachse des Gebildes, handelte es sich um eine Verbindung im Längenzug, sodaß ein Zusammenhang der Jagdgebietsteile der Gemeindejagd im Sinne des § 7 Abs. 2 JG nicht gegeben wäre, wenn die Flächen des "Gebildes" für sich allein keinen geordneten Jagdbetrieb ermöglichen.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde unter Zugrundelegung der dargelegten Rechtsauffassung vorzugehen haben, wobei allenfalls auch ein Zivilgeometer heranzuziehen sein wird. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft überhöht verzeichneten Stempelgebührenaufwand.

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