VwGH 96/02/0086

VwGH96/02/008610.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 27. November 1995, Zl. UVS-07/03/984/93, betreffend Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §62 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §51f Abs2;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
VStG §31 Abs3;
VStG §51f Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 10. September 1993 wurde die Beschwerdeführerin mehrerer Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften für schuldig befunden und hiefür bestraft. Der dagegen hinsichtlich der Höhe der Strafen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. November 1995 teilweise Folge. Dieser Bescheid wurde dem Arbeitsinspektorat und der Behörde erster Instanz innerhalb der Frist des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG zugestellt; die Zustellung an die Beschwerdeführerin erfolgte außerhalb dieser Frist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet den angefochtenen Becheid deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, weil er ihr entgegen der Strafbarkeitsbestimmung des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG nach Eintritt der "Strafbarkeitsverjährung" zugestellt worden sei. Sie ist damit im Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 94/09/0374, zu einem vergleichbaren Fall ausführlich dargelegt, daß die Frist des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG nur dann gewahrt wird, wenn das Straferkenntnis innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde und die Erlassung des Straferkenntnisses an eine andere Verfahrenspartei hingegen nicht geeignet ist, diese Wirkung herbeizuführen.

Was den Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0424, anlangt, ist zu bemerken: Der damalige Beschwerdefall ist mit dem vorliegenden insoweit nicht vergleichbar, als damals fristgemäß nicht nur die Zustellung an die Behörde erster Instanz, sondern auch die mündliche Verkündung des angefochtenen Bescheides erfolgte. Soweit sich dort für den Standpunkt der nunmehr belangten Behörde, es reiche die "Zustellung" des Bescheides an eine der Verfahrensparteien für die Wahrung der Frist des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG aus, Anhaltspunkte ergeben sollten, so handelt es sich für die damals getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes um keine tragenden Elemente der Entscheidungsgründe. Es bedarf daher im Beschwerdefall auch keines verstärkten Senates im Grunde des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1990, Slg. Nr. 13 142/A).

Vielmehr ist der vorliegende Beschwerdefall im Lichte des hg. Erkenntnisses vom 24. Mai 1995, Zl. 95/09/0061, zu sehen, in welchem dargelegt wurde, daß die rechtzeitige Verkündung des Bescheides ausreicht und - worauf zur Vermeidung von Mißverständnissen verwiesen wurde - kein Widerspruch zum hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 94/09/0374, vorliegt, weil in diesem letztzitierten Beschwerdefall keine mündliche Verkündung stattgefunden hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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