VwGH 95/21/0853

VwGH95/21/08534.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des A in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 10. Mai 1995, Zl. III 8-1/95, betreffend Feststellung gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1 impl;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54;
AsylG 1991 §1 Z1 impl;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) wurde gemäß § 54 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in Togo gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß stichhaltige Gründe, daß der Beschwerdeführer persönlich, konkret, aktuell, vom Staat ausgehend oder geduldet/gebilligt in Togo aus einem der in § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG angeführten Gründe bedroht sei, nicht vorlägen. Das einzige konkrete und durch eine Urkunde (Mitgliedsbuch für die CAR-Partei in Togo) belegte Vorbringen des Beschwerdeführers, warum er in Togo bei seiner Rückkehr dorthin vom Staat im Sinne des § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht werden sollte, nämlich wegen seiner Mitgliedschaft bei der politischen Partei, ziehe schon deshalb nicht, weil er laut seinen eigenen persönlichen niederschriftlichen Angaben in dieser Partei eher eine niedrige Funktionsstellung innegehabt habe. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß es ihm sozusagen an Wichtigkeit fehle, um durch den Staat bei seiner Rückkehr dorthin einer Behandlung im Sinne des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG ausgesetzt zu werden. Hiezu werde auf die Ausstellung eines Reisepasses der Republik Togo für den Beschwerdeführer am 23. November 1994 verwiesen. Erfahrungsgemäß würden sich einerseits Menschen nicht mit den Behörden ihres Staates zur Ausstellung eines Reisepasses in Verbindung setzen, vor denen sie sich derart fürchten, wie der Beschwerdeführer für sich glaubhaft zu machen versuche, und andererseits würden erfahrungsgemäß Staaten unliebsamen Menschen, die sie ohnehin los sein wollen, nicht gültige Reisepässe ausstellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist.

Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Nach § 37 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, i.d.F. des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Falle der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/21/0046).

Auf dem Boden dieser Rechtslage geht die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe keine nennenswerten Erhebungen in bezug auf die nach wie vor anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Republik Togo vorgenommen, ins Leere. Dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer nicht dartut, inwiefern sich aus den allgemein gehaltenen Situationsberichten für ihn eine konkrete Gefährdung oder Bedrohung ergeben könnte.

Nach Meinung des Beschwerdeführers stelle es einen eklatanten Verfahrensmangel dar, daß die Niederschrift des Beschwerdeführers vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18. Juli 1994 entgegen § 39a AVG ohne Beiziehung eines Dolmetschers vorgenommen worden sei.

Selbst wenn ein Verfahrensmangel im Grunde des § 39a AVG unterlaufen sein sollte, führte dieser die Beschwerde nicht zum Erfolg, hat sie es doch unterlassen, aufzuzeigen, inwieweit die Beiziehung eines Dolmetschers zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis geführt hätte.

Gegen die seinen Angaben keinen Glauben schenkende Beweiswürdigung führt der Beschwerdeführer aus, es sei unverständlich, daß davon ausgegangen werden könne, daß er aufgrund seiner niedrigeren Funktionsstellung in der Partei nicht den Gefahren/Bedrohungen nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG ausgesetzt sei.

Auch damit vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgehend von der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung der belangten Behörde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/21/0112) keine Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese hat nicht nur auf die Funktionsstellung des Beschwerdeführers abgestellt, sondern auch noch andere Gründe, insbesondere die Ausstellung eines Reisepasses auf seinen Antrag hin ins Treffen geführt. Diesen Umstand hat die belangte Behörde zu Recht als Indiz für das Nichtbestehen einer Verfolgungssituation gewertet. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß selbst dann, wenn die Ausstellung des Passes nur auf die Unerfahrenheit eines Beamten zurückzuführen sein sollte, die bloße Beantragung des Passes zeige, daß der Beschwerdeführer keine Bedenken hatte, mit den Behörden seines Heimatlandes in Kontakt zu treten und deren Leistungen in Anspruch zu nehmen.

Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher nicht vor.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes führt der Beschwerdeführer aus, daß man ausgehend von der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsansicht nur dann von einer aktuellen Gefahr sprechen könne, wenn sich der Antragsteller gerade in der Gewalt regierungsfreundlicher und zugleich terroristischer Truppen in seinem Heimatstaat befinde. Für den Fall jedoch, daß ihm aus diesen terroristischen Händen eine Flucht gelingen sollte, könne automatisch nicht mehr von einer solchen Gefahr gesprochen werden.

Damit verkennt der Beschwerdeführer den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine der oben wiedergegebenen Rechtsauffassung entsprechende Ansicht vertreten. Demnach bezieht sich das Bestehen einer aktuellen Gefahr für den Zeitpunkt einer Rückkehr in den vom Antrag bezeichneten Staat, wobei diese konkrete den Antragsteller persönlich betreffende Gefahr in diesem Zeitpunkt noch immer oder wieder bestehen muß. Eine solche Gefahrenlage hat der Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft gemacht. Eine solche kann durch den Hinweis auf die Berichte von Amnesty International aus den oben angeführten Gründen nicht abgeleitet werden.

Die belangte Behörde hat daher in rechtlich einwandfreier Weise den Angaben des Beschwerdeführers die Stichhaltigkeit im Grunde des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG abgesprochen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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