VwGH 95/20/0147

VwGH95/20/014726.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Februar 1995, Zl. 4.329.077/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 11. Dezember 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 7. Jänner 1992 Asyl.

Bei seiner Einvernahme am 30. April 1992 beschrieb er seine Fluchtgründe wie folgt:

"In meiner Heimat gehöre ich so wie meine Familie der kurdischen Minderheit an. Außerdem bin ich moslemischer Alewite. Ich gehörte in meiner Heimat weder einer politischen noch einer militärischen Organisation an. Ich bin jedoch Symphatisant der verbotenen kurdischen Organisation "Partisen". Durch meine Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe wurde ich in der Türkei diskriminiert. Ich durfte wie auch die anderen Kurden meine Muttersprache nicht öffentlich sprechen. Seit 1980 gibt es überall türkische Soldaten. Diese werfen uns vor, die kurdischen Freischärler zu unterstützen und mißhandeln uns aus diesem Grund. Ich unterstütze zwar die Kämpfer. Selbst war ich aber nie aktiv. Zwischen 1980 und 1981 wurde ich viermal festgenommen. An die genauen Daten kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Festnahmen erfolgten immer ohne Angaben von Gründen. Ich blieb jeweils zwei bis drei Tage in Haft. Die Soldaten versuchten mir irgendwelche Terroranschläge zur Last zu legen, welche ich jedoch nie begangen habe. Während den Vernehmungen wurde ich geschlagen. Ich wurde jedoch nie gefoltert. Die letzte Festnahme erfolgte im Oktober 1991 vor den Parlamentswahlen in der Türkei. Mehrere Soldaten kamen in meine Wohnung und nahmen mich fest. Ich wollte von den Soldaten den Grund der Festnahme erfahren. Ich erhielt jedoch von diesen keine Antwort. Ich wurde dann zwei Tage später freigelassen. Ich wollte nicht mehr den Schikanen der Soldaten ausgesetzt sein und beschloß nach Europa zu flüchten. Bei einer Rückkehr würde ich von den Soldaten sicherlich festgenommen werden. Bei dem letzten Erdbeben wurde mein Haus zerstört und ich weiß nicht was mit meiner Familie ist."

Mit Bescheid vom 7. Mai 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich fest, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling. Die formularmäßige Begründung enthielt keine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

In seiner Berufung vom 20. Mai 1992 führte der Beschwerdeführer aus, seine niederschriftlichen Erklärungen seien "nach wie vor gültig". Der Beschwerdeführer sei Kurde. Die Kurden seien in der Türkei unterdrückt und verfolgt. Auch der Beschwerdeführer sei in der Türkei unterdrückt und verfolgt gewesen. Er sei daher der Meinung, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention erfülle.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 1995 wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Dagegen richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt der Beschwerdeführer aus, die Behörde sei gemäß § 13a AVG zu seiner Anleitung verpflichtet gewesen. Die Anleitungspflicht erstrecke sich "vor allem bei Asylwerbern, die oftmals, wie im vorliegenden Fall, unter Todesangst ihre Heimat verlassen, auch darauf, daß Informationen über die Voraussetzungen für Asyl erteilt werden". Damit soll offenbar geltend gemacht werden, daß dies unterblieben sei.

Diese Rüge verkennt die verfahrensrechtliche Natur der in der zitierten Bestimmung verankerten Pflicht der Behörde, nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen Personen "die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren" (vgl. dazu auch die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 177, wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen). Eine Pflicht zu Belehrungen darüber, wie das Vorbringen gestaltet werden muß, damit einem Antrag stattgegeben werden kann, ist daraus nicht ableitbar (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., S. 178, E. 2 zu § 13a AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß dem Beschwerdeführer am Ende seiner Befragung nach dem Inhalt der darüber aufgenommenen Niederschrift zur Kenntnis gebracht wurde, daß "die Zugehörigkeit zur kurdischen Minderheit in der Türkei für sich allein keinen Grund zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft darstellt". Die Beschwerde zeigt aber auch gar nicht auf, was der Beschwerdeführer bei noch weitergehender Anleitung vorgebracht hätte.

Als zweiten und letzten Punkt seiner Verfahrensrüge führt der Beschwerdeführer aus, es sei "als überaus bedenklich zu bezeichnen, wenn einem Asylwerber ein Dolmetsch zur Verfügung gestellt wird, der nur unzureichend die Sprache des Asylwerbers beherrscht und der in der Folge zusammengefaßt mit eigenen Worten dessen Darstellungen wiedergibt". Daß sich dies bei der Einvernahme des Beschwerdeführers so zugetragen habe, ist diesen Ausführungen ihrem Wortlaut nach nicht entnehmbar. Es fehlt aber auch jeder Hinweis darauf, was in der Niederschrift des Beschwerdeführers im konkreten Fall falsch sein oder darin fehlen sollte. Einen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel zeigt der Beschwerdeführer daher nicht auf.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, es bestehe "sehr wohl ein kausaler Zusammenhang zwischen den Vorfällen 1980, 1981 und 1991", weil der Beschwerdeführer auch zwischen 1980 und 1981 viermal ohne Angabe von Gründen von Soldaten festgenommen und jeweils zwei bis drei Tage inhaftiert worden sei. Diese Ausführungen sind schon insofern nicht nachvollziehbar, als selbst die genaue Wiederholung eines Vorganges - 10 Jahre später - noch keinen "kausalen Zusammenhang" ergeben würde. Auf einen "kausalen Zusammenhang" kommt es im vorliegenden Fall aber auch nicht an, weil die vom Beschwerdeführer beschriebenen, von ihm zu Recht als "Schikanen" bezeichneten Vorgänge auch in ihrer Gesamtheit nicht das Maß an Intensität erreichen, dessen es bedürfte, um den weiteren Verbleib im Heimatland als unerträglich erscheinen zu lassen (vgl. dazu zuletzt etwa das Erkenntnis vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0323).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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