VwGH 95/08/0251

VwGH95/08/025120.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Juni 1995, Zl. MA 15-II-G 27/94, betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mP: WGKK), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §67 Abs10;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
ASVG §67 Abs10;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. September 1994 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer als ehemaligen Geschäftsführer, ihr gemäß § 67 Abs. 10 ASVG im Zusammenhang mit § 83 ASVG die auf dem Beitragskonto des Beitragsschuldners I-GesmbH, Erdarbeiten und Handel, rückständigen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 15. September 1994) im Betrage von S 125.617,86 zuzüglich Verzugszinsen seit 16. September 1994 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, das seien derzeit 10,5 %, berechnet von S 111.218,12, binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen. Nach der Begründung dieses Bescheides seien die in dem dem Bescheid beiliegenden Rückstandsausweis vom 16. September 1994 ausgewiesenen Beiträge samt Nebengebühren (ergänze: im Ausmaß von S 179.454,11) unbeglichen. Über das Vermögen des Beitragsschuldners sei der Konkurs eröffnet worden. Aufgrund des derzeitigen Standes des Konkursverfahrens könne festgestellt werden, daß die Beiträge samt Nebengebühren im Ausmaß von 70 % uneinbringlich seien. Es ergebe sich daher ein Haftungsbetrag von S 125.617,86. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge als Geschäftsführer zur Vertretung des Beitragsschuldners berufen gewesen. Zu seinen Pflichten gehöre es, dafür zu sorgen, daß die Beiträge ordnungsgemäß entrichtet würden. Da dies schuldhaft unterblieben sei und der Beitragsrückstand nicht zur Gänze habe eingebracht werden können, sei die Haftung des Beschwerdeführers im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG gemäß § 410 Abs. 1 Z. 4 ASVG auszusprechen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch. Darin wird zunächst die Divergenz zwischen rückständigen Beiträgen, die in einem Rückstandsausweis vom 12. Oktober 1993 im Verhältnis zu jenem (dem Bescheid angeschlossenen) Rückstandsausweis vom 16. September 1994 ausgewiesen würden, als aufklärungsbedürftig bezeichnet. Der Beschwerdeführer sei lediglich in der Zeit vom 30. Juni bis 13. September 1993 Geschäftsführer der genannten Handelsgesellschaft gewesen und sei danach durch einen anderen Geschäftsführer abgelöst worden. Wie bereits in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten "Nachweis der Schuldlosigkeit gemäß § 57 (10) ASVG" dargelegt worden sei, habe dieser in der Zeit, als er Geschäftsführer gewesen sei, keine wie immer gearteten Tätigkeiten entfaltet und auch keinerlei Dienstnehmer aufgenommen, sodaß während dieses von ihm zu verantwortenden Zeitraumes keine Beitragsrückstände hätten anwachsen können. Darüber hinaus werde im Sinne des "sogenannten Gleichbehandlungsgrundsatzes" eingewendet, daß die Forderungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im fraglichen Zeitraum nicht schlechter behandelt worden seien als die sonstigen Forderungen der Gläubiger der Handelsgesellschaft, sodaß aus diesen Erwägungen eine Beitragsverpflichtung des Beschwerdeführers zu verneinen sei.

Der Landeshauptmann beraumte eine mündliche Verhandlung an. Ausweislich der darüber angefertigten Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer in dieser Verhandlung vom 16. November 1994 aufgetragen, binnen vier Wochen den Nachweis darüber, "daß die Sozialversicherungsbeiträge nicht schlechter behandelt wurden als andere Verbindlichkeiten der Firma" vorzulegen. Dieser Nachweis sei für die Beitragszeiträume vom 20. Mai bis 19. Juni, vom 20. Juni bis 19. Juli, vom 20. Juli bis 19. August und vom 20. August bis 12. September 1993 zu erbringen. Der Beschwerdeführer übermittelte der Einspruchsbehörde nach der Aktenlage weder eine Stellungnahme noch Unterlagen.

Am 30. Juni 1995 erließ die belangte Behörde den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid, mit welchem - ausdrücklich in teilweiser Stattgebung des Einspruches des Beschwerdeführers - festgestellt wurde, daß dieser als ehemaliger Geschäftsführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtet sei, die auf dem Beitragskonto der Beitragsschuldnerin Ibeges Handelsgesellschaft m.b.H. rückständigen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 2. Juni 1995) im Betrag von S 132.458,25 zuzüglich Verzugszinsen seit 3. Juni 1995 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, berechnet von

S 108.316,47, an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu bezahlen. Nach der wesentlichen Begründung dieses Bescheides sei die Uneinbringlichkeit der Sozialversicherungsbeiträge dadurch nachgewiesen, daß über das Vermögen der Beitragsschuldnerin mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19. November 1993 der Konkurs eröffnet worden sei und nach Auskunft der Masseverwalterin eine Quote von 30 % voraussichtlich nicht überschritten werde. Nach Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verpflichtung des Geschäftsführers einer GesmbH die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe, führte die belangte Behörde weiter aus, daß der Beschwerdeführer einen solchen Nachweis trotz Aufforderung nicht erbracht habe. Zum Einwand, daß während seiner Geschäftsführertätigkeit keine Beitragsrückstände angefallen seien, da er keine Dienstnehmer aufgenommen habe, sei zu bemerken, daß nach der Rechtsprechung auch für die vor Eintritt in das Unternehmen bereits fälligen Beitragsrückstände zu haften sei, da diese weiterhin fällig blieben und der Geschäftsführer auch diesbezüglich zur Aliquotierung verpflichtet sei. Die Divergenz zwischen den Rückstandsausweisen vom 12. Oktober 1993 und vom 16. September 1994 gehe nach Mitteilung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse darauf zurück, daß dem Beschwerdeführer im Bescheid die Vorschreibung August 1993 zur Gänze sowie Nachträge nicht in voller Höhe vorgeschrieben worden seien, da er bereits am 13. September 1993 als Geschäftsführer ausgeschieden sei. Was nun die Haftung für den dritten Nachtrag 2/94 anbelange, der erst nach Konkurseröffnung vorgeschrieben worden sei, jedoch Zeiträume vor Konkurseröffnung betreffe, sei die belangte Behörde der Auffassung, daß dem Beschwerdeführer nur jene Beiträge angelastet werden könnten, die zu einem Zeitpunkt fällig gewesen seien, in dem er tatsächlich Geschäftsführer und daher für die ordnungsgemäße Erstattung von Meldungen verantwortlich gewesen sei. Somit reduziere sich die Haftung für den dritten Nachtrag 2/94 auf jene Beiträge, die in der Zeit vom 30. Juni 1993 bis 30. September 1993 fällig geworden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verleztung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften u.a. die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Da § 67 Abs. 10 ASVG den §§ 9 und 80 BAO nachgebildet wurde, können die zu diesen Bestimmungen von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf § 67 Abs. 10 ASVG übertragen werden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 14. April 1988, Zl. 88/08/0025, vom 25. April 1989, Zl. 89/08/0013, und vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/08/0044).

Die Haftung der gemäß § 67 Abs. 10 ASVG Verantwortlichen ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die daran anknüpft, daß die gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur rechtzeitigen Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen verletzt wurden. Eine solche Pflichtverletzung - für deren Beurteilung ebenfalls die von der Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100 mit weiteren Judikaturhinweisen) - kann darin liegen, daß der Verantwortliche die Beitragsschulden insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen des Sozialversicherungsträgers Sorge trägt (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/08/0055 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht seine Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 67 Abs. 10 ASVG aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer vom 30. Juni 1993 bis 13. September 1993.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers einer GesmbH die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Als schuldhaft im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG gilt jede Form des Verschuldens, somit auch die leichte Fahrlässigkeit (vgl. das Erkenntnis vom 25. April 1989, Slg. Nr. 12911/A mit weiteren Hinweisen).

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, er habe "mit Schriftsatz vom 6. Juli 1995 .. an die (mitbeteiligte Gebietskrankenkasse) zum gegenständlichen Beitragskonto ... hinsichtlich des Nachweises einer Schuldlosigkeit bzw. Nachweis der "Gleichbehandlung" einen Fristerstreckungsantrag bis zum 20. Juli 1995 eingebracht."

Innerhalb offener Frist habe der Beschwerdeführer zum Nachweis der Schuldlosigkeit ein Vorbringen erstattet sowie Urkunden beigelegt und die Einvernahme von Zeugen beantragt. Bereits am 14. Juli 1995 sei der angefochtene Bescheid zugestellt worden.

Damit übersieht der Beschwerdeführer, daß er innerhalb der ihm in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 1994 gesetzten Frist von vier Wochen an die belangte Behörde weder eine Stellungnahme gerichtet noch die erforderlichen Nachweise erbracht hat. Die belangte Behörde durfte daher den Bescheid vom 30. Juni 1995 (also etwa sieben Monate nach dieser mündlichen Verhandlung) ohne weiteres Zuwarten erlassen. Abgesehen davon, daß die dem Beschwerdeführer am 12. November 1994 gesetzte Frist von vier Wochen am 6. Juli 1995 somit längst abgelaufen war, hat sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben, wenn er einen Fristerstreckungsantrag statt bei der belangten Behörde bei der Gebietskrankenkasse eingebracht hat, wie er in seiner Beschwerde vorbringt. Damit zeigt er jedoch keinen der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangel auf.

Auch im "Nachweis der Schuldlosigkeit" vom 28. Juni 1994 (im Verfahren vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse) hat der Beschwerdeführer nicht jene Umstände vorgebracht und unter Beweis gestellt, auf die es nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ankommt. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt unsubstantiiert einzuwenden, er habe die Forderungen der Gebietskrankenkasse nicht schlechter behandelt als sonstige Forderungen anderer Gläubiger. Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde nach der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgehen, daß die (objektive) Verletzung von Verpflichtungen zur Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Beschwerdeführer auch schuldhaft (zumindest mit leichter Fahrlässigkeit) erfolgte.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist auch der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht rechtswidrig: Über welchen Prozeßgegenstand abgesprochen wird, ergibt sich nämlich nicht allein aus dem Spruch, wie der Beschwerdeführer meint, sondern - erforderlichenfalls - aus dem Spruch im Zusammenhalt mit der Begründung des Bescheides. Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1976, Slg. Nr. 9112/A, bringt - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers - zum Ausdruck, daß immer dann, wenn der Spruch eines rechtskräftigen Bescheides - für sich allein beurteilt - Zweifel an seinem Inhalt offenläßt, die Begründung als Auslegungsbehelf herangezogen werden kann. Nur in Ermangelung einer solchen Begründung bestimmt sich der Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß aus dem Gesamtzusammenhang der Begründung des angefochtenen Bescheides ersichtlich ist, daß die dem Beschwerdeführer zur Haftung auferlegten Beiträge aus dem Zeitraum vom 30. Juni 1993 bis 13. September 1993 stammen. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Spruches des angefochtenen Bescheides liegt daher insoweit nicht vor.

Die Behauptung des Beschwerdeführers in seinem Schriftsatz vom 28. Juni 1994, er habe "als Geschäftsführer keine wie immer gearteten Tätigkeiten entfaltet", enthält - den Beschwerdeausführungen zuwider - nicht die Behauptung, daß er keinerlei Zahlungen an irgendwelche Gläubiger getätigt habe, und schon gar nicht die - darüberhinaus erforderliche - weitere Behauptung, daß in den fraglichen Zeiträumen der Gesellschaft Geldmittel nicht zur Verfügung gestanden wären. Nur dann hätte er nämlich seine Schuldlosigkeit an der Nichtentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen im fraglichen Zeitraum dargetan.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt der Beschwerdeführer, die "objektive Uneinbringlichkeit" der Sozialversicherungsbeiträge beim Primärschuldner stehe nicht fest, da nach Auskunft der Masseverwalterin "eine Quote von 30 % voraussichtlich nicht überschritten" werde. Die Erlassung des angefochtenen Bescheides mit der bloßen Annahme der Haftung des Beschwerdeführers für 70 % der Sozialversicherungsbeiträge basiere sohin nicht auf den gesetzlich vorgesehenen sachlichen Voraussetzungen.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zwar nicht zum Erfolg, weil der Beschwerdeführer - in Kenntnis der diesbezüglichen Begründung im erstinstanzlichen Bescheid - in seinem Einspruch und auch im weiteren Einspruchsverfahren nicht bestritten hat, daß die dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Beiträge im Ausmaß von 70 % uneinbringlich sind. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, diesen Umstand - der auch durch ein Schreiben der Masseverwalterin dargetan ist - in Zweifel zu ziehen. Wenn aber zumindest schon eine teilweise ziffernmäßig bestimmbare Uneinbringlichkeit von Beiträgen beim Primärschuldner und in bezug auf diese Beiträge die an die Person des Haftungspflichtigen geknüpften Haftungsvoraussetzungen nach § 67 Abs. 10 ASVG feststellbar sind, dann kann (insoweit) ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. das Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 94/08/0248).

In diesem Zusammenhang leidet der angefochtene Bescheid jedoch an einer - in der Beschwerde nicht gerügten, im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes jedoch vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 20. September 1990, Zl. 89/06/0165) - Rechtswidrigkeit: Die belangte Behörde geht davon aus, daß die Beitragsschuldigkeiten der Gesellschaft zu 70 % uneinbringlich sind. Es ist aus dem angefochtenen Bescheid allerdings nicht erkennbar, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführer demgemäß nur für 70 % der Beitragsschuldigkeiten in Anspruch genommen hätte: die belangte Behörde hat zwar gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid den Beschwerdeführer für außerhalb des Haftungszeitraums liegende Beitragsschuldigkeiten nicht in Anspruch genommen, ist aber - möglicherweise aufgrund der Nichtbeachtung der bloß zu 70 % zulässigen Inanspruchnahme des Beschwerdeführers - dennoch zu einer höheren Haftungssume gelangt als der erstinstanzliche Bescheid, ohne daß dafür eine Begründung gegeben wird. Insoweit ist daher aufgrund dieser Begründungslücke die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht überprüfbar, wodurch die belangte Behörde ihre Begründungspflicht (§ 60 AVG) verletzt hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 3. Juli 1990, Zl. 85/08/0202 uva). Auf die erst in der Gegenschrift aufgestellte Behauptung der belangten Behörde, das Konkursverfahren sei mangels kostendeckenden Vermögens am 21. Juni 1995 aufgehoben worden, konnte nicht Bedacht genommen werden, weil dieser Umstand nicht aktenkundig ist und eine fehlende (nicht bloße Rechtsausführungen enthaltende) Begründung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden kann (vgl. nur das Erkenntnis vom 8. Oktober 1982, Zl. 81/08/0183 mit zahlreichen Hinweisen).

Da der aufgezeigte Begründungsmangel schon seiner Art nach geeignet war, auf das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens von Einfluß zu sein und den Beschwerdeführer in seiner Rechtsverfolgung zu behindern, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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