Normen
ABGB §5;
ASVG §67 Abs1 idF 1989/642;
ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;
ASVG §67 Abs10;
AVG §56;
BAO §80;
BAO §9;
ABGB §5;
ASVG §67 Abs1 idF 1989/642;
ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;
ASVG §67 Abs10;
AVG §56;
BAO §80;
BAO §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse hat mit Bescheid vom 28. November 1990 ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 67 Abs. 10 in Verbindung mit § 83 ASVG den Betrag von S 517.761,98 schulde und verpflichtet sei, diese Schuld binnen vierzehn Tagen nach Zustellung des Bescheides zu bezahlen.
Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin aufgrund zur Sozialversicherung angemeldeter Dienstnehmer der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren für den Zeitraum Juli bis September 1989 sowie aus einer Beitragsprüfung für den Zeitraum von März bis September 1989 einschließlich Beitragszuschlägen in der genannten Höhe schulde und der Beschwerdeführer im bezeichneten Zeitraum Geschäftsführer dieser Gesellschaft und als solcher für die Abfuhr der vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch, dem mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1992 keine Folge gegeben wurde. Die belangte Behörde vertritt in der Begründung ihres Bescheides zunächst die Auffassung, daß § 67 Abs. 10 ASVG in der Fassung der "41. Novelle zum BSVG" (gemeint wohl: ASVG) anzuwenden sei, weil der dem Bescheid zugrundeliegende Tatbestand vor der am 1. Jänner 1990 in Kraft getretenen Neufassung des § 67 Abs. 10 durch die 48. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 642/1989, verwirklicht worden sei und es sich um keinen Anlaßfall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 1989, G 1643/88, handle, mit welchem diese Gesetzesbestimmung teilweise aufgehoben worden sei. Ungeachtet dessen werde aber festgestellt, daß die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den erstinstanzlichen Bescheid ohnedies erst erlassen habe, nachdem die Uneinbringlichkeit der aushaftenden Beiträge bei der vom Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft festgestanden sei.
Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt die belangte Behörde weiters aus, daß derjenige Geschäftsführer im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG hafte, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt und auch die Gründe nicht dargelegt habe, aus welchem ihm die Erfüllung dieser Verpflichtung unmöglich gewesen sei, sodaß angenommen werden dürfe, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Er hafte insbesondere auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Zahlung zur Verfügung gestanden seien, hiezu nicht ausgereicht hätten, es sei denn er könne beweisen, daß diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet und die Beitragsschulden im Verhältnis zu anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt worden seien. Es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen sei. Zur Stellungnahme aufgefordert, habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß er durch einen weiteren Gesellschafter "de facto von der Gesellschaft ausgeschlossen worden sei" und von diesem nur unzureichende bzw. falsche Auskünfte über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft erhalten habe. Erst mit September 1989 habe der Beschwerdeführer aufgrund einer vorliegenden Zwischenbilanz erkannt, daß Verluste ausgewiesen worden seien. Da diese jedoch unter dem Stammkapital gelegen seien, sei er von der Möglichkeit der Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten ausgegangen. Im Einspruch habe der Beschwerdeführer zusätzlich darauf hingewiesen, daß gegen diesen Gesellschafter offensichtlich diverse Erhebungen bei der zuständigen Kriminalabteilung anhängig seien und auch mit einem Strafverfahren gerechnet werden müsse. Ihm sei durch dessen Verhalten ein Schaden zugefügt worden, da er im Vertrauen darauf seine Funktion als Geschäftsführer in unzureichender Form ausgeübt habe.
Unter Hinweis auf widersprechende Angaben des Beschwerdeführers und eines weiteren Gesellschafters (und Mitgeschäftsführers) hinsichtlich der Frage, wer für die "buchhalterischen Arbeiten" bzw. die "Geschäftsgebarung" der Gesellschaft verantwortlich gewesen sei, vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß all dies den Beschwerdeführer aus der Geschäftsführerhaftung nicht befreie. Auch die Behauptung, daß mit der laufenden Buchhaltung eine Wirtschaftstreuhandkanzlei beauftragt worden sei, sei nicht geeignet, ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Nichtentrichtung der Abgaben der Gesellschaft auszuschließen, zumal er nicht einmal behauptet habe, daß der Steuerberater mit der Entrichtung der Abgaben (hier: der Sozialversicherungsbeiträge) betraut gewesen sei und über die entsprechenden Gesellschaftsmittel verfügen hätte können (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1979, Zl. 3196/78). Es gehöre zur Pflicht des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen dafür zu sorgen, daß die Erfüllung von abgabenrechtlichen Pflichten, die an sich die juristische Person treffen, tatsächlich erfolge. Dies ergebe sich für die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung schon aus § 22 Abs. 1 GesmbH-Gesetz, worin die Pflicht des Geschäftsführers verankert sei, für die Führung der erforderlichen Bücher Sorge zu tragen und § 25 Abs. 1 leg. cit., der die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichte, bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Selbst wenn die Behauptung zuträfe, wonach der Beschwerdeführer sich zur Gänze auf einen Angestellten verlassen und deshalb geglaubt habe, seine Aufmerksamkeit in kaufmännischen Belangen der Gesellschaft nicht mehr zuwenden zu müssen, so wäre damit das Verschulden des Beschwerdeführers bestätigt. Auch die weitere Behauptung, der zweite Geschäftsführer habe ohne Einverständnis des Beschwerdeführers einen Akontobetrag nicht der Gesellschaft zur Verfügung gestellt, sondern anderweitig (nach dessen Einvernahme zur Leistung von Vorschüssen und Restlöhnen an die Dienstnehmer) verwendet, so seien andererseits nach den Behauptungen des Beschwerdeführers die Mittel zur Begleichung der Abgaben "mit Sicherheit laufend vorhanden" gewesen; für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge seien jedoch keine Zahlungen getätigt worden.
Aufgrund der (von der belangten Behörde unter Hinweis auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes näher dargelegten) Rechtslage sei der Beschwerdeführer ständig aufgefordert worden, den Entlastungsbeweis durch Beibringung von Unterlagen anzutreten, aus denen die Gleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge mit anderen Verbindlichkeiten der Gesellschaft in bezug auf ihre Bezahlung hervorgehe. Derartige Unterlagen seien jedoch nicht vorgelegt worden. Die Verantwortung des Beschwerdeführers habe sich in all seinen Stellungnahmen auf die bereits in seinem Einspruch dargelegte Sachverhaltsschilderung beschränkt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorausgeschickt sei, daß den Ausführungen der belangten Behörde, daß im Hinblick auf die vor dem 1. Jänner 1990 liegenden Zeiträume, für welche Beiträge nicht entrichtet worden seien, § 67 Abs. 10 ASVG noch in der Fassung der 41. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 111/1986, anzuwenden sei, nicht gefolgt werden kann: Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0177, ausgesprochen und näher begründet hat, ist § 67 Abs. 10 ASVG in der Fassung der 41. Novelle zwar dann (weiterhin) anzuwenden, wenn der die Haftung des Geschäftsführers begründende erstinstanzliche Bescheid (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1988, Zl. 88/08/0252) vor dem 1. Jänner 1990 erlassen wurde. Im Beschwerdefall wurde jedoch der erstinstanzliche Bescheid erst nach dem 1. Jänner 1990, und damit bereits nach der durch die 48. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 642/1989, mit Wirkung vom 1. Jänner 1990 vorgenommene Abänderung dieser Gesetzesbestimmung erlassen. Schon deshalb ist im vorliegenden Beschwerdefall § 67 Abs. 10 in der durch Art. I Z. 4 der 48. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 642/1989, gegebenen Fassung anzuwenden; diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflicht nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."
Dieser Rechtsirrtum der belangten Behörde führt aber - wie noch darzulegen sein wird - weder zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides noch zur Ergänzungsbedürftigkeit des Verfahrens, zumal die belangte Behörde - ohnehin - die Feststellung getroffen hat, daß der Haftungsbescheid gegenüber dem Beschwerdeführer erst zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, als die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden der Gesellschaft, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum unbestritten gewesen ist, feststand und sich der Beschwerdeführer gegen diese Feststellung mit keinem Wort wendet.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat, ist die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung - für deren Beurteilung die von der Rechtsprechung zu den §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100, mit weiteren Judikaturhinweisen) - kann darin liegen, daß der Geschäftsführer die Beitragsschulden insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt (vgl. das Erkenntis vom 10. Juni 1980, Slg. Nr. 5494/F, und vom 25. April 1989, Zl. 89/08/0013) bzw. - im Falle des FEHLENS AUSREICHENDER MITTEL - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen des Sozialversicherungsträgers Sorge trägt (vgl. das Erkenntnis vom 17. September 1986, Zl. 84/13/0198, und vom 25. Juni 1990, Zl. 89/15/0063). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft einen Geschäftsführer in diesem Zusammenhang die Verpflichtung, darzulegen, aus welchen Gründen er gegebenenfalls die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat, widrigenfalls angenommen werden kann, daß er seine Pflichten SCHULDHAFT verletzt hat (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Februar 1983, Zl. 81/17/0079, und vom 13. November 1987, Zl. 85/17/0035, jeweils mit zahlreichen Hinweisen sowie die Erkenntnisse vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0217, und vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0290, zuletzt etwa das Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 90/08/0202).
In diesem rechtlichen Zusammenhang sind die Feststellungen der belangten Behörde von Bedeutung, wonach die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer gewesen ist, hinsichtlich der fraglichen Beitragsschulden KEINE ZAHLUNGEN an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse geleistet hat und der Beschwerdeführer trotz wiederholter Aufforderungen den Beweis dafür, daß insoweit die Verbindlichkeiten gegenüber der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit anderen Verbindlichkeiten gleich behandelt worden seien, nicht angetreten hat. Diese Feststellungen läßt der Beschwerdeführer ebenso unbestritten, wie die Richtigkeit der Wiedergabe seines Einspruchsvorbringens im angefochtenen Bescheid, er habe im Vertrauen auf den wiederholt genannten Angestellten (einen Mitgesellschafter) seine Funktion als Geschäftsführer in unzureichender Form ausgeübt.
Schon diese Umstände reichen aus, um die Haftung des Beschwerdeführers als Gesellschafter gemäß § 67 Abs. 10 ASVG im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu begründen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100, überdies ausgeführt hat, kann in jenen Fällen, in denen fällige Sozialversicherungsbeiträge nicht einmal teilweise bezahlt wurden, sondern zur Gänze unberichtigt geblieben sind, nur der Einwand des Mangels jeglicher Mittel, die zur (auch nur teilweisen) Befriedigung offener Forderungen zur Verfügung gestanden wären, die Annahme eines haftungsbegründenden Verschuldens des Geschäftsführers ausschließen. Eine solche Behauptung stellt der Beschwerdeführer aber nicht einmal in seiner Beschwerde auf. Darin führt er vielmehr weitwendig aus, auf welche Weise er - aus seiner Sicht des Ablaufes der Ereignisse - von seinen Mitgesellschaftern über die wahre wirtschaftliche Lage der Gesellschaft getäuscht worden sei und daß gegen einen der Gesellschafter sogar wegen Betrugsverdachtes ermittelt würde. Die daraus gezogenen Schlußfolgerungen des Beschwerdeführers, er habe sich nicht einer besonderen Sorglosigkeit schuldig gemacht und sich ohnehin regelmäßig über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens erkundigt, treffen - wie aus obigen Darlegungen hervorgeht - nicht den Kern der Sache und vermögen den Beschwerdeführer daher auch nicht zu entschuldigen. Auch der Hinweis auf einen durch (nach den Behauptungen des Beschwerdeführers: eigenmächtige) Maßnahmen des Mitgeschäftsführers verursachten Liquiditätsengpaß der Gesellschaft ist keine hinreichende Behauptung in der Richtung, daß im Zeitpunkt der Fälligkeit der fraglichen Beitragsschulden der Gesellschaft überhaupt keine Mittel zu deren (auch nur teilweiser Abdeckung) zur Verfügung standen und (demzufolge) auch keine andere Verbindlichkeit der Gesellschaft bezahlt werden konnte.
Es bedarf daher auch keiner Erörterung des Beschwerdevorbringens, wonach der Beschwerdeführer "nicht sorglos" vorgegangen sei, weil für die Begründung der Haftung im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit genügt und die belangte Behörde - im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und den Umstand, daß dieser gegebenenfalls gegen sein Verschulden sprechende Umstände nicht vorgetragen oder unter Beweis gestellt hat - vom Vorliegen eines Verschuldens in diesem Sinne jedenfalls ausgehen durfte.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
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