Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 2. April 1979 an die Bezirkshauptmannschaft St. Veit a. d. Glan (BH) führte die mitbeteiligte Partei Beschwerde darüber, daß ihr Grundeigentum durch das Wasser des Mühlbaches in F. infolge Fehlens eines Uferschutzes beeinträchtigt werde. Mit Bescheid vom 22. Juni 1982 erließ hierauf die BH als Wasserrechtsbehörde erster Instanz gegen die drei Wasserberechtigten am Mühlbach, u.a. auch gegen den Beschwerdeführer, gemäß § 50 Abs. 1 bis 4, § 2 Abs. 3 und § 98 WRG 1959 einen wasserpolizeilichen Auftrag. Den dagegen erhobenen Berufungen der drei Wasserberechtigten gab der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 keine Folge. Dieser Bescheid wurde infolge Beschwerde der Wasserberechtigten mit hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1984, Zlen. 83/07/0371, 84/07/0271, teils wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, teils wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
In dem vom Landeshauptmann von Kärnten fortgesetzten Verfahren behob dieser mit Bescheid vom 15. April 1985 gemäß § 66 Abs. 2 AVG den Bescheid der BH vom 22. Juni 1982 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurück, welche ihrerseits nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid vom 18. Oktober 1985 gemäß den §§ 50 und 98 WRG 1959 einen neuen Bescheid erließ.
Aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer und dem Wasserberechtigten K.R. erhobenen Berufung behob der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 24. Februar 1989 den Bescheid der BH vom 18. Oktober 1985 und entschied gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 59 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. sowie den §§ 27 Abs. 1 lit. g, 29 Abs. 1 und 50 Abs. 1 WRG 1959 wie folgt:
"I.
Herr K.R. und Herr G.H. (Beschwerdeführer) werden verpflichtet,
die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten am Mühlbachgerinne
in F. auf ihre Kosten vorzunehmen.
II.
...
III.
Die nach den Spruchpunkten I. ... zu treffenden konkreten Maßnahmen sowie die Aufteilung der Kosten zwischen den im Punkt I. des Spruches genannten Parteien wird einer gesonderten Entscheidung vorbehalten."
Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 13. November 1990, Zlen. 89/07/0079, 90/07/0069, im Umfang des Spruchpunktes I. und des Spruchpunktes III., hinsichtlich des letzteren, soweit sich dieser auf die dortigen Beschwerdeführer (d.s. der nunmehrige Beschwerdeführer und K.R.) bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Tragende Begründung dieses Erkenntnisses war, daß für den Ausgang des anhängigen Verwaltungsverfahrens wesentlich die Lösung der Frage sei, ob der Mühlbach ein natürliches oder ein künstliches Gerinne darstelle. Schon im Vorerkenntnis vom 4. Dezember 1984, Zlen. 83/07/0371, 84/07/0271, sei dargelegt worden, daß die dafür erforderliche sachverhaltsmäßige Grundlage in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben sei. Dem Landeshauptmann von Kärnten sei es auch im fortgesetzten Verfahren nicht gelungen, diesen wesentlichen Mangel zu beseitigen. Dies vor allem deshalb, weil das vom Beschwerdeführer vorgelegte ergänzende Gutachten Dris. K., in welchem ausgeführt werde, daß der Mühlbach usprünglich ein natürlicher Seitenarm der Metnitz gewesen sei, völlig außer acht gelassen worden sei (bezüglich der weiteren Begründungsdarlegungen wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf das vorzitierte hg. Erkenntnis verwiesen).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid behob der Landeshauptmann von Kärnten "aus Anlaß der Berufung 1. des G.H. (Beschwerdeführer) und 2. des K.R., ..., gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 i.d.g.F. den Bescheid der (BH) vom 18. Oktober 1985, ...," und verwies diese Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz. In der Begründung wird hiezu ausgeführt, unter Zugrundelegung der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. November 1990 vertretenen Rechtsmeinung sehe sich der Landeshauptmann von Kärnten als Berufungsbehörde "unter Hinweis auf die vielschichtige, fachbezogene Problematik der Entstehungsart bzw. rechtlichen Eigenschaft des Mühlbachgerinnes in F. unter Berücksichtigung des erforderlichen ausgedehnten Ermittlungsverfahrens seitens der Wasserrechtsbehörde erster Instanz im Hinblick auf einen konkret auszusprechenden Instandhaltungsauftrag veranlaßt", gemäß § 66 Abs. 2 AVG vorzugehen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem Vorbringen in der Beschwerde zufolge in dem Recht auf Sachentscheidung verletzt. Im gegenständlichen Fall bestünde keinerlei Notwendigkeit für eine mündliche Verhandlung in erster Instanz. Eine Rückverweisung der Verwaltungssache gemäß § 66 Abs. 2 AVG sei nur zulässig, wenn Ergänzungen des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens notwendig wären und die Behörde nach Prüfung zum Ergebnis komme, daß der für die Erledigung der Sache maßgebende Sachverhalt nur in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für seine Ermittlung in Betracht kommenden Personen festgestellt werden kann und diese Personen gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. November 1984, 84/06/0119).
Die belangte Behörde legte Aktenteile vor; sie machte von der Möglichkeit der Erstattung einer Gegenschrift keinen Gebrauch.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die Berufungsbehörde darf also eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt demnach die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Form von Rede und Gegenrede aller in der Sache beteiligten Personen und aller sonst für eine Ermittlung (Erhebung der Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise) in Betracht kommenden Personen, die daher gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen, beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden und die dafür notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung der Behörde erster Rechtsstufe oder selbst vorzunehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, 95/05/0123). Die Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat einen Rechtsanspruch darauf, daß nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG eine Behebung erfolgt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1985, 84/07/0252). Die Berufungsbehörde hat zu begründen, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht durch die Berufungsbehörde, sondern nur im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, 91/07/0117, mit weiteren Nachweisen).
Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Begründung für die von der Berufungsbehörde gewählte Vorgangsweise wird diesen Voraussetzungen nicht gerecht. In der Begründung des angefochtenen Bescheides fehlen Ausführungen darüber, warum nach Ansicht der belangten Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich sein soll. Auch für den Verwaltungsgerichtshof ist von vorneherein nicht erkennbar, warum die belangte Behörde eine neuerliche mündliche Verhandlung für erforderlich erachtet, zumal nach Zustellung des hg. Erkenntnisses vom 13. November 1990, Zlen. 89/07/0079, 90/07/0069, von der belangten Behörde keine weiteren Verfahrensschritte gesetzt worden sind und der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis die Aufhebung der Vorentscheidung der belangten Behörde (Bescheid vom 24. Februar 1989) im wesentlichen damit begründet hat, daß die belangte Behörde in ihre Beweiswürdigung das ergänzende (Privat-)Gutachten Dris. K. vom 25. August 1988 nicht einbezogen hat. Warum bei hinreichender Würdigung dieses Gutachtens die schon vorliegenden Ermittlungsergebnisse so mangelhaft wären, daß die Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, kann - mangels entsprechender Begründungsdarlegungen durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - nicht nachvollzogen werden.
Fehlt aber in einem auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Berufungsbescheid die Begründung dafür, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht im Zuge des Berufungsverfahrens, sondern nur im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann, hat die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, 90/07/0017).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand für die bereits in den früheren Beschwerdeverfahren vorgelegte schriftliche Vollmacht.
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