VwGH 95/06/0128

VwGH95/06/012829.8.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des J in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. März 1995, Zl. Ve1-550-2124/1-4, betreffend die Zustellung eines Baubewilligungsbescheides (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Reith, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
ZustG §1;
ZustG §16;
ZustG §7;
AVG §17 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
ZustG §1;
ZustG §16;
ZustG §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund eines Vertrages aus dem Jahre 1988 seit 1991 Miteigentümer des Grundstückes Gp 331/2, KG Reith. Mit Schreiben vom 25. Jänner 1989 suchte er um die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer zweiten Wohnung in dem sich auf der genannten Liegenschaft befindlichen Wohnhaus an. Die Bewilligung zur Errichtung dieses Einfamilienwohnhauses war der Mutter des Beschwerdeführers, die bis Ende 1988 grundbücherliche Alleineigentümerin war und nunmehrige Miteigentümerin der GP 331/2 ist, mit Bescheid vom 28. September 1988 erteilt worden. Am 8. Februar 1989 erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei als Baubehörde erster Instanz einen Änderungsbescheid, mit dem die Errichtung der zweiten Wohnung bewilligt wurde. Dieser Bescheid wurde außer den als Parteien beteiligten Nachbarn - entsprechend der in der Zustellverfügung enthaltenen Angabe "E und A, R" - dem Beschwerdeführer und seiner Mutter in einer einzigen Sendung, die an beide adressiert war, zugestellt. Nach dem im Akt erliegenden Rückschein übernahm die Mutter des Beschwerdeführers am 13. Februar 1989 die Postsendung. Eine weitere Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte nicht. Am 19. Juli 1989 zeigte der Beschwerdeführer der Baubehörde die Fertigstellung der zweiten Wohneinheit an und beantragte die Erteilung der Benützungsbewilligung. In weiterer Folge kam es zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter zu Unstimmigkeiten betreffend die Nutzung eines Sommerhäuschens auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Die Mutter des Beschwerdeführers suchte um die Baubewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Ölfeuerungsanlage und der damit verbundenen Lagerung von Heizöl sowie um die Baubewilligung für die Nutzung des Sommerhäuschens als Geräteschuppen an. Am 15. August 1994 stellte der Beschwerdeführer schriftlich den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren zur Genehmigung der Ölfeuerungsanlage, auf Erteilung der am 19. Juli 1989 beantragten Benützungsbewilligung für die zweite Wohneinheit sowie auf Zustellung des Baubescheides vom 8. Februar 1989. Der Erteilung der Benützungsbewilligung stünde nichts mehr im Wege, da die im Bauverfahren festgestellten Mängel bereits seit mehreren Jahren behoben seien. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei übersandte daraufhin dem Beschwerdeführer eine Kopie des Bescheides vom 8. Februar 1989, welche dem Beschwerdeführer am 14. September 1994 zugestellt wurde. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er darauf hinwies, daß die Berufungsfrist gewahrt sei, da ihm der Bescheid erst im September 1994, nicht aber bereits im Jahr 1989 zugestellt worden sei (die Berufung ging nach dem Eingangsstempel der mitbeteiligten Gemeinde am 19. September 1994 ein). Zum damaligen Zeitpunkt sei er an der Adresse in Reith auch nicht wohnhaft gewesen. Des weiteren wendete sich der Beschwerdeführer gegen die erteilte Bewilligung für die zweite Wohnung, die seiner Meinung nach in dieser Form nicht hätte erteilt werden dürfen, da es sich um keine zweite selbständige Wohneinheit handle. Sie verfüge etwa über keinen eigenen Eingang. Es hätte seitens der Behörde der Auftrag erteilt werden müssen, Plankorrekturen und Umbauten im Hause vorzunehmen, die tatsächlich den Bestand von zwei selbständigen Wohneinheiten garantierten.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 1994 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei die Berufung als verspätet zurück. Dies begründete die Berufungsbehörde damit, daß der verfahrensgegenständliche Bescheid auf den Beschwerdeführer und dessen Mutter ausgestellt und laut Zustellnachweis von der Mutter übernommen worden sei. Es sei zwar kein Zustellnachweis des Beschwerdeführers vorhanden, jedoch sei "mit Sicherheit anzunehmen, daß er den Bescheid erhalten hat, weil aufgrund dieser Bewilligung erst Wohnungseigentum begründet werden konnte". Insgesamt zeige die Aktenlage, daß der Beschwerdeführer den Bescheid bekommen habe.

Gegen diesen Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Die Rechtswidrigkeit der Zurückweisung der Berufung ergebe sich aus dem Umstand, daß zwar die Mutter des Beschwerdeführers den Bescheid vom 8. Februar 1989 übernommen habe, eine Zustellung an den Beschwerdeführer selbst jedoch nicht angenommen werden könne. Die Behauptung, es sei "mit Sicherheit anzunehmen", daß der Beschwerdeführer den Bescheid erhalten habe, sei durch nichts begründet und jedenfalls aktenwidrig. Der Beschwerdeführer wies abermals auf seine Abwesenheit zum fraglichen Zeitpunkt hin. Er habe seinen ordentlichen Wohnsitz in Oberösterreich gehabt und es hätte ihm der Bescheid auch dorthin zugestellt werden müssen. Abschließend stellte der Beschwerdeführer fest, daß nur die Zustellung des Originalbescheides einen allenfalls vorher bestehenden Zustellmangel heilen könne, die Ausfolgung von Kopien hingegen keine ordnungsgemäße Bescheidzustellung darstelle.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. März 1995 wies die belangte Behörde in Spruchpunkt 3 die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet ab; mit den beiden anderen vor dem Verwaltungsgerichtshof unbekämpft gebliebenen Spruchpunkten hob die belangte Behörde die bei ihr angefochtenen Gemeindebescheide bezüglich vom Beschwerdeführer gestellter Devolutionsanträge betreffend die Frage der Erteilung der Benützungsbewilligung und betreffend die beantragte Bescheidzustellung im Verfahren über die Ölfeuerungsanlage auf. Die belangte Behörde gestand zu, daß nach der Aktenlage tatsächlich nur von einer Übernahme des Bescheides durch die Mutter des Beschwerdeführers ausgegangen werden könne, "in Würdigung der Verfahrensgeschehnisse sowie des gesamten Akteninhaltes" jedoch davon auszugehen sei, daß dem Beschwerdeführer der Bescheid jedenfalls vor seiner Zustellung am 17. September 1994 (gemeint offenbar: 14. September 1994) tatsächlich zugekommen sei, "sodaß die dagegen eingebrachte Berufung jedenfalls verspätet war". In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Zustellung an ihn hätte vor allem auch aufgrund seiner Abwesenheit von Reith und seinem ordentlichen Wohnsitz in Oberösterreich nicht erfolgen können, den tatsächlichen Erhalt des Bescheides nicht glaubhaft auszuschließen vermöge. Daß dem Beschwerdeführer der Bescheid zugegangen sei, ergebe sich "weiters" aus dem Umstand der Aufforderung des Beschwerdeführers an die mitbeteiligte Partei, ihm als Miteigentümer der Liegenschaft die Bauunterlagen zur Verfügung zu stellen; auf einem Schreiben des Beschwerdeführers vom 2. November 1992 finde sich die Anmerkung, daß die Kopien nach Wunsch ausgefolgt worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer erst ca. fünf Jahre nach Bescheiderlassung eine erstmalige Zustellung des Bescheides begehre. Dies insbesondere im Hinblick auf alle vom Beschwerdeführer sonst gesetzten Verfahrenshandlungen, wie etwa die Betreibung der Wohnungseigentumsbegründung, vor allem aber das Ansuchen um Erteilung der Benützungsbewilligung. Gerade das Benützungsbewilligungsverfahren baue seiner Natur nach auf den Feststellungen eines rechtskräftigen Baubescheides auf. Ebenso sei der dem Beschwerdeführer persönlich zugestellte, auf einer Baubewilligung fußende Mängelbehebungsauftrag unwidersprochen geblieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die belangte Behörde erstattete unter Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bekämpft den die Frage der Zustellung betreffenden Spruchpunkt 3 des Bescheides der Tiroler Landesregierung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und begründet dies im wesentlichen damit, daß die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, daß eine Bescheidzustellung an den Beschwerdeführer (vor dem September 1994) nicht erfolgt und der Zustellmangel nicht geheilt worden sei. Der gesamte Bauakt enthalte weder einen Nachweis einer persönlichen Übernahme des verfahrensgegenständlichen Bescheides noch einer stattdessen erfolgten Hinterlegung beim zuständigen Postamt. Auf die von der belangten Behörde angeführten Plausibilitätsargumente betreffend die Frage des tatsächlichen Wohnsitzes des Beschwerdeführers und der Gründe der Antragstellung sowie des Zeitpunktes derselben käme es nicht an. Entscheidend sei ausschließlich, ob eine Bescheidzustellung nachweisbar bzw. eine nachträgliche Heilung eines allfälligen Zustellmangels eingetreten sei. Dies sei nach der Aktenlage nicht der Fall.

2. Darüber hinaus habe die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt, da sie zum einen von einem aktenwidrigen Bescheidinhalt, der sich aus der nicht nachweisbaren Annahme der erfolgten Zustellung ergebe, ausgehe. Zum andern bedürfe der von der belangten Behörde festgestellte und ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Bei korrekten Sachverhaltsfeststellungen wäre die belangte Behörde zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid gelangt. Des weiteren ergäbe sich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aus den darin enthaltenen entscheidungswesentlichen Begründungsmängeln. Die belangte Behörde gehe auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente, insbesondere auf den Umstand, daß die Übermittlung einer Bescheidkopie niemals einen Zustellmangel heilen könne, nicht entsprechend ein.

3. Aufgrund der vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß der Beschwerdeführer am 25. Jänner 1989 an den Bürgermeister der mitbeteiligten Partei ein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung für eine zweite Wohnung in dem sich auf Gp 231/2, KG R, befindlichen Wohnhaus richtete. Dieser Antrag wurde unter der Überschrift "Einverständniserklärung der Nachbarn" u.a. auch von der Mutter des Beschwerdeführers unterzeichnet. Mit Bescheid vom 8. Februar 1989 wurde die Bewilligung antragsgemäß unter der Auflage erteilt, daß sämtliche Bauausführungsmaßnahmen nach den gesetzlichen Bestimmungen "sach-und fachgerecht" von befugten Unternehmern durchgeführt werden. Dieser Bescheid wurde entsprechend der Zustellverfügung an den Beschwerdeführer und seine Mutter in einer einzigen Sendung zugestellt. Entsprechend dem Rückschein (und auch den Ausführungen der belangten Behörde) wurde diese Sendung von der Mutter des Beschwerdeführers übernommen.

4. Die belangte Behörde meint nun, aus bestimmten Indizien ableiten zu können, daß der Bescheid, wenn er auch nicht unmittelbar nach seiner Erlassung dem Beschwerdeführer wirksam zugestellt worden sei, diesem doch später zugekommen sei, sodaß von einer Heilung des Zustellmangels ausgegangen werden könne. Ungeachtet des Umstandes, daß die Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung im Beschwerdefall im Hinblick auf die unter

10. dargestellten Überlegungen für die Beurteilung der Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht ausschlaggebend ist (weil die Zurückweisung der Berufung jedenfalls im Ergebnis zu Recht erfolgte und daher keine Rechtsverletzung gegeben ist), sei im folgenden im Hinblick auf die grundsätzliche Problematik der Zustellfragen auf diese eingegangen.

5. Die belangte Behörde ist mit ihrer Auffassung bezüglich der Heilung des Zustellmangels nicht im Recht. Vor allem ist darauf hinzuweisen, daß es die belangte Behörde offen läßt, wodurch die Heilung des Zustellmangels konkret eingetreten wäre. In Frage kommt einerseits, daß die belangte Behörde eine Heilung durch Kenntnisnahme bzw. Zugehen der von der Mutter des Beschwerdeführers übernommenen Bescheidausfertigung annimmt, oder aber, daß sie die Heilung aufgrund der Übernahme von Kopien aus dem Akt, unter denen sich nach der Vermutung der belangten Behörde auch der angefochtene Bescheid befunden haben könnte, als gegeben annimmt. Die belangte Behörde stellt lediglich fest, der Umstand, daß der Beschwerdeführer nunmehr angibt, zum Zeitpunkt der Zustellung keine Abgabestelle an der betreffenden Adresse gehabt zu haben, schließe die Heilung nicht aus, und aus der Übernahme der Unterlagen aus dem Akt ergebe sich "weiters", daß dem Beschwerdeführer "nun tatsächlich" der Bescheid zugekommen sei.

Eine Heilung gemäß § 7 Zustellgesetz kann weder durch das Zugehen der von der Mutter des Beschwerdeführers übernommenen Ausfertigung an diesen eingetreten sein, noch vermag der von der belangten Behörde (sonst) festgestellte Sachverhalt ihre rechtliche Beurteilung, daß Heilung des Zustellmangels eingetreten sei, zu tragen.

6. Auszugehen ist zunächst davon, daß die Zustellung vom 13. Februar 1989 (Übernahme einer Ausfertigung des Bescheides, die an den Beschwerdeführer und seine Mutter adressiert wurde) keine wirksame Zustellung an den Beschwerdeführer darstellt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in verschiedenen Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht hat, sieht das Zustellgesetz zwar die Adressierung einer Sendung an verschiedene Adressaten nicht vor, doch hindert eine derartige Vorgangsweise noch nicht von Haus aus die Wirksamkeit der Zustellung an eine der in der Anschrift genannten Personen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/06/0090, vom 27. Juni 1995, Zl. 94/04/0206, und vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0320). In Anwendung der in diesen Erkenntnissen zum Ausdruck kommenden Grundgedanken kann im Beschwerdefall die Zustellung des Bescheides vom 8. Februar 1989 an die Mutter des Beschwerdeführers als wirksam angesehen werden, hat sie doch die Sendung persönlich übernommen und dies offensichtlich als Empfängerin und nicht etwa für den ebenfalls in der Anschrift genannten Beschwerdeführer als Ersatzempfängerin (vgl. zur Möglichkeit der Ersatzzustellung auch bei Doppeladressierung das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995). Insofern scheidet aber eine Heilung des Zustellmangels bezüglich der Zustellung der Sendung an den Beschwerdeführer aus, da die Sendung schon einem der darin genannten Adressaten zugekommen ist (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 24. Mai 1996, in dem die Möglichkeit der Heilung einer ursprünglich nicht wirksamen Zustellung angenommen wird, wobei aber diese Heilung bei einem einzigen Schriftstück nur einem der Adressaten gegenüber eintreten kann; in gleicher Weise kommt eine Heilung dem zweiten Empfänger gegenüber nicht in Betracht, wenn die Zustellung, wie im Beschwerdefall, bereits durch die Übernahme der Sendung durch einen der Adressaten als Empfänger diesem gegenüber wirksam geworden ist). Der Akt enthält keinen Nachweis für den Versuch einer weiteren Zustellung an den Beschwerdeführer, sodaß dem Beschwerdeführer darin zu folgen ist, daß eine Zustellung des Bescheides vom 8. Februar 1989 an ihn persönlich (vor dem September 1994) nicht erfolgt ist. Daß etwa die seinerzeitige, von der Mutter des Beschwerdeführers übernommene Sendung zwei Ausfertigungen des Bescheides enthalten hätte, sodaß man über die in den oben genannten Erkenntnissen angestellten Überlegungen hinaus der Frage nachgehen müßte, ob in einem solchen Fall eine Heilung durch Zugehen der zweiten Ausfertigung, die als an den Beschwerdeführer adressiert angesehen werden könnte, eintreten könnte, wird auch von der belangten Behörde nicht behauptet.

7. Die belangte Behörde geht jedoch, wie oben dargestellt, offenbar weiters davon aus, daß auch unabhängig vom Zugehen der am 13. Februar 1989 übermittelten Bescheidausfertigung eine Heilung des Zustellmangels eingetreten sei.

Für die Heilung eines Zustellmangels ist erforderlich, daß das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zukommt, weshalb die bloße Kenntnisnahme vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes einen unterlaufenen Zustellmangel nicht heilt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1969, Slg. Nr. 7569/A, vom 6. September 1977, Zl. 1423/76, vom 17. April 1978, Zl. 17/77, vom 29. Juni 1984, Zl. 83/02/0555, sowie vom 18. April 1988, Zl. 87/12/0043). Auch der Erhalt einer Kopie des fraglichen Bescheides heilt nach der Rechtsprechung einen Zustellmangel noch nicht. Umso weniger belegen die von der belangten Behörde genannten weiteren Verfahrenshandlungen des Beschwerdeführers (Antragstellung um Benützungsbewilligung, Bemühen um Einverleibung des Wohnungseigentums) zwingend eine wirksame Zustellung des in Rede stehenden Bescheides.

8. Eine wirksame Zustellung könnte zwar auch durch Übermittlung einer Kopie des ursprünglichen Originals des Bescheides nach den zustellrechtlichen Vorschriften erfolgen (in diese Richtung könnten die Ausführungen der belangten Behörde betreffend die Formerfordernisse eines Bescheides gedeutet werden; ob die Zustellung einer solchen Ausfertigung eine Bescheiderlassung darstellt, hängt davon ab, ob die zugestellte Ausfertigung den Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG entspricht). Eine solche bereits vorangegangene Zustellung einer Kopie konnte nach der Aktenlage jedoch nicht festgestellt werden. Insbesondere könnte die Anfertigung einer Kopie anläßlich einer Akteneinsicht nicht die formelle Zustellung des Bescheides bewirken (und nach dem Vorgesagten auch nicht den Zustellmangel hinsichtlich der Zustellung am 13. Februar 1989 heilen). Daran vermag auch der Hinweis der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, die Zustellung einer Kopie des Bescheides bewirke keine Rechtswidrigkeit, da die Unterschrift des Behördenvertreters auf dem Original eigenhändig beigesetzt sei, nichts zu ändern. Die belangte Behörde übersieht, daß der bloße Umstand, daß jemand in den Besitz einer Kopie eines ihm nicht wirksam zugestellten Bescheides kommt, von einer Zustellung nach dem Zustellgesetz zu unterscheiden ist (nach den Angaben in der Beschwerde gelangte der Beschwerdeführer aufgrund einer Akteneinsicht seines Vertreters in den Besitz einer Kopie des Bescheides vom 8. Februar 1989). Die belangte Behörde hat aber keine Zustellung einer Kopie des Bescheides festgestellt. Eine derartige Zustellung ist vielmehr nach der Aktenlage erst am 14. September 1994 erfolgt.

9. Es liegt somit weder die von der belangten Behörde angenommene Heilung des Zustellmangels nach § 7 Zustellgesetz bezüglich der ersten Zustellung am 13. Februar 1989 noch eine allfällige später erfolgte Zustellung des Bescheids vom 8. Februar 1989 vor der Übermittlung mit Schreiben vom 5. September 1994 vor. Die vom Beschwerdeführer aufgrund dieser Zustellung erhobene (am 19. September bei der mitbeteiligten Gemeinde eingegangene und somit offenbar rechtzeitige) Berufung hätte daher nicht mit der vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei gewählten Begründung wegen Verspätung zurückgewiesen werden dürfen.

10. Die Zurückweisung der Berufung hätte aber im Hinblick darauf erfolgen können, daß mit dem mit Berufung bekämpften Bescheid dem Bauansuchen des Beschwerdeführers vollinhaltlich Rechnung getragen wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 91/05/0037, ausgesprochen hat, ist die Berufung eines Antragstellers, dem mit der Erlassung eines Bescheides in erster Instanz voll entsprochen worden ist (und der Bescheid im übrigen gegenüber den anderen am Verfahren beteiligten Parteien bereits rechtskräftig geworden ist), unzulässig. Die Berufung des Beschwerdeführers wäre daher aus diesem Grunde zurückzuweisen gewesen. Der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende letztinstanzliche Gemeindebescheid wäre daher im Ergebnis nicht wegen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers aufzuheben gewesen. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung, derzufolge eine unrichtige Begründung die Rechtswidrigkeit eines dem Gesetz entsprechenden Bescheides nicht herbeizuführen vermag (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Mai 1951, Slg. Nr. 2087/A, und vom 30. Juni 1986, Zl. 84/15/0047, und die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 424 und 428 zitierte Judikatur), wurde der Beschwerdeführer daher durch die Abweisung seiner Vorstellung durch die belangte Behörde nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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