Normen
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
ROG Tir 1994 §35;
ROG Tir 1994 §39;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs4;
BauRallg;
ROG Tir 1994 §35;
ROG Tir 1994 §39;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 10. Jänner 1994 wurde der erstmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Heizhauses auf dem Grundstück Nr. 531/4 erteilt.
Der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Partei vom 1. August 1994 teilweise Folge gegeben, indem die "Stellungnahme der Landesstelle für Brandverhütung" im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides gestrichen wurde und besondere Vorkehrungen zur Brandverhütung in 13 Punkten vorgeschrieben wurden. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.
Die dagegen erhobene Vorstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe bei der mündlichen Bauverhandlung, zu der sie unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen worden sei, konkrete Einwendungen nur hinsichtlich der nicht widmungsgemäßen Verwendung, der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und hinsichtlich einer Beeinträchtigung durch Immissionen durch den künftigen Betrieb der Heizanlage erhoben, "indem unzumutbar und gesundheitsgefährdend Rauch, Staub und Geruch" emittiert würden. Hinsichtlich aller übrigen Einwendungen, insbesondere des erstmals in der Vorstellung begründet vorgebrachten Einwandes des Brandschutzes sei die beschwerdeführende Gesellschaft als präkludiert im Sinne des § 42 AVG anzusehen. Durch die wirksam erhobenen Einwendungen sei jener Bereich abgesteckt, innerhalb dessen die belangte Behörde zu einer Rechtmäßigkeitskontrolle berechtigt sei. § 30 Abs. 4 Tiroler Bauordnung räume einen Schutz vor Immissionen betreffend die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken ein. Dies bedeute, daß dem Nachbarn kein direkter, sondern nur insoweit ein Immissionsschutz gewährt werde, als sich ein solcher aus anderen Bestimmungen ergebe, wie dies insbesondere hinsichtlich der Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken zutreffe. Im vorliegenden Fall liege die verfahrensgegenständliche Grundparzelle im Gewerbegebiet. Daß ein Heizraum mit Spänelager in dieser Widmungskategorie nicht zulässig sei, sei nicht einmal von der beschwerdeführenden Gesellschaft behauptet worden. Das Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 (wie auch das Tiroler Raumordnungsgesetz 1984) gewähre in der Widmungskategorie Gewerbegebiet keinen darüber hinausgehenden Immissionsschutz für den Nachbarn. Daher komme dem Einwand, die Baubehörde hätte in bezug auf die Ergebnisse des gewerberechtlichen Verfahrens der beschwerdeführenden Gesellschaft Parteiengehör gewähren müssen, keine Berechtigung zu, da formelle Rechte nicht weiter reichten als die materiell eingeräumten Rechte. In bezug auf den Einwand betreffend die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes stehe der beschwerdeführenden Gesellschaft kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zu. Betreffend die brandschutzrechtlichen Einwendungen sei - mangels rechtzeitiger Erhebung - Präklusion gemäß § 42 AVG eingetreten. Im übrigen seien die ergänzenden Vorschreibungen der Landesstelle für Brandverhütung ungekürzt in den Berufungsbescheid aufgenommen worden und sei diesbezüglich der Berufung teilweise Folge gegeben worden. Eine Verletzung des Parteiengehörs sei in dieser Hinsicht nicht erfolgt. In bezug auf § 31 Abs. 8 Tiroler Bauordnung werde darauf hingewiesen, daß diese auf den Bewilligungstatbestand des § 25 lit. j Tiroler Bauordnung Bezug nehme. Ein derartiger Bewilligungstatbestand sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Gegenstand der baubehördlichen Bewilligung sei vielmehr nur das Heizhaus mit Lagerhütte, während die Holzfeuerungsanlage als gewerbliche Betriebsanlage gewerberechtlich bewilligt worden sei. § 25 lit. j Tiroler Bauordnung sei nicht heranzuziehen gewesen. Aus § 31 Abs. 8 Tiroler Bauordnung könne daher kein Nachbarschutz im vorliegenden Fall abgeleitet werden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und eine kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung (im folgenden: BO), sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung der Tiroler Bauordnung oder einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde gemäß § 30 Abs. 4 leg. cit. über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16 b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.
Gemäß § 39 Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 81/1993 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung (im folgenden: TROG 1994), dürfen im Gewerbe- und Industriegebiet errichtet werden:
- a) Gebäude für Gewerbebetriebe mit Ausnahme von Gastgewerbebetrieben zur Beherbergung von Gästen;
- b) Gebäude für Industriebetriebe;
- c) betriebstechnisch notwendige Wohnungen;
- d) Gebäude für Einrichtungen, die der Versorgung oder den sozialen Bedürfnissen der Personen, die sich im Gewerbe- und Industriegebiet aufhalten, dienen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft macht zunächst geltend, daß sie in mehrfacher Weise im Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Der Hinweis im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides auf eine gewerberechtliche Verhandlung und die Stellungnahme der Landesstelle für Brandverhütung in dieser Verhandlung entspreche nicht den § 40 ff AVG. Es sei im vorliegenden Bauverfahren ein gewerberechtliches Verfahren als Entscheidungsgrundlage herangezogen worden. Zu diesem sei die beschwerdeführende Gesellschaft nicht geladen worden. Die Baubehörde beziehe sich einzig und allein auf dieses Verfahren, ohne Akteneinsicht zu gewähren oder das Ergebnis in der Verhandlung verlesen zu haben. Wäre der Beschwerdeführerin rechtliches Gehör eingeräumt worden, so hätte sie in der Verhandlung in bezug auf die Immissionen Einwände erhoben, sodaß die Baubehörde zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können.
Zunächst ist festzustellen, daß die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, daß der Gegenstand der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Bescheides durch die Berufungsbehörde in bezug auf die Berufung eines Nachbarn durch die wirksam erhobenen Einwendungen im Sinne des § 42 AVG bestimmt wird. Ein Nachbar im Bauverfahren, der unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen zur mündlichen Bauverhandlung geladen wurde, hat seine Einwendungen bis spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorzubringen. Später erhobene Einwendungen finden keine Berücksichtigung und es wird die Partei als dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bildet, zustimmend angesehen. Die Einwendungen betreffend die Immissionen wurden von der beschwerdeführenden Gesellschaft in diesem Sinne wirksam erhoben. Zutreffend hat die belangte Behörde ausgeführt, daß das Tiroler Raumordnungsgesetz dem Nachbarn im Rahmen seines Rechtes auf widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken nur dann einen Immissionsschutz einräumt, wenn die entsprechenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen auf Immissionen Rücksicht nehmen. Unbestritten war die verfahrensgegenständliche Liegenschaft im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides als Gewerbegebiet gewidmet. Der angeführte § 39 TROG 1994 sieht keinen Immissionsschutz für Nachbarn vor (vgl. das
hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1984, Zlen. 83/06/0111, 0112, BauSlg. Nr. 288). Da dem Nachbarn in dieser Hinsicht somit kein materielles Recht im Bauverfahren zusteht, konnte die beschwerdeführende Gesellschaft in diesem Zusammenhang auch in den von ihr geltend gemachten formellen Rechten nicht verletzt sein, da formelle Rechte des Nachbarn nie weiter reichen können, als seine materiellen Rechte.
Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft insofern eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, als sie zu einem Lokalaugenschein, der die Beurteilung des Brandschutzes des verfahrensgegenständlichen Bauobjektes betroffen habe, nicht geladen worden sei, hat ihr die belangte Behörde zutreffend entgegengehalten, daß sie im Hinblick auf Einwendungen betreffend den Brandschutz gemäß § 42 AVG präkludiert sei und daher in diesem Zusammenhang auch keine Verfahrensverletzung der beschwerdeführenden Gesellschaft in Betracht kommen konnte.
Weiters macht die beschwerdeführende Gesellschaft geltend, es sei von der erstmitbeteiligten Partei ein Antrag auf Bewilligung gemäß § 31 Abs. 8 BO gestellt worden. Nach dieser Bestimmung sei den Nachbarn ein unmittelbarer Immissionsschutz eingeräumt. Ob eine Gefahr oder eine Belästigung im Sinne des § 31 Abs. 8 BO vorliege, wäre von der Behörde unter Mithilfe eines technischen und eines medizinischen Sachverständigen zu klären. Hätte die Behörde die genannten Gutachten eingeholt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, daß sehr wohl Immissionen für die Nachbarn zu befürchten seien.
Auch mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Gesellschaft nicht im Recht. Gegenstand des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens war gemäß dem entsprechenden Antrag der erstmitbeteiligten Partei ein Heizhaus mit angeschlossenem Spänelager auf dem Grundstück Nr. 531/4. Für die Bewilligung dieses Projektes kam daher die Heranziehung des § 31 Abs. 8 leg. cit., der für Ansuchen betreffend die Bewilligung des Aufstellens einer Maschine oder einer sonstigen Einrichtung in oder auf einer baulichen Anlage oder für deren Anbringung an einer baulichen Anlage eine Regelung trifft, nicht in Betracht.
§ 31 Abs. 8 in Verbindung mit § 25j leg. cit. kommt im übrigen nur dann zur Anwendung, wenn das Vorhaben nicht einer gewerberechtlichen Genehmigung bedarf.
Sofern die beschwerdeführende Gesellschaft auch eine Verfahrensverletzung in bezug auf die Beurteilung, ob sich das geplante Objekt harmonisch in das Landschaftsbild einfüge, geltend macht, genügt es, darauf hinzuweisen, daß eine Bestimmung über den Schutz des Landschaftsbildes keine Bestimmung im Sinne des § 30 Abs. 4 BO ist, die dem Schutz des Nachbarn dient (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1969, Zl. 4/68 u.a., betreffend die Wahrung des örtlichen Stadtbildes).
Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft in diesem Zusammenhang zutreffend einwendet, die erstinstanzliche Behörde habe sich auf § 31 Abs. 8 BO gestützt, was auch vom Berufungsbescheid bestätigt worden sei, kann dies der Beschwerde dennoch nicht zum Erfolg verhelfen, da maßgeblich ist, ob diese Bestimmung für das beantragte Projekt von rechts wegen anzuwenden war. Daß dies für das genannte Projekt nicht der Fall war, wurde von der belangten Behörde zu Recht angenommen.
Sofern die beschwerdeführende Gesellschaft meint, das im vorliegenden Fall bewilligte Bauwerk widerspreche eindeutig den Intentionen der Tiroler Raumordnung, ist sie darauf zu verweisen, daß der für die Widmung im Gebiet der zweitmitbeteiligten Partei zuständige Gemeinderat in Vollziehung des Tiroler Raumordnungsgesetzes, das verfahrensgegenständliche Grundstück als Gewerbegebiet gewidmet hat. Daß gegen diese Widmung gesetzliche oder verfassungsrechtliche Bedenken sprächen, wird won der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht behauptet. Auch für den Verwaltungsgerichtshof sind solche aufgrund der Beschwerde und des vorliegenden Bauaktes nicht ersichtlich.
Da die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid somit nicht in Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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