VwGH 95/05/0293

VwGH95/05/029325.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 26. September 1995, Zl. 00/37/9d-1995/Mag.Gu./Hi.-, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Anton K, W, 2) Hermine K, ebendort,

3) Karl W, S, 4) Stephanie W, ebendort), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §100 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §96;
BauRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §100 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §96;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt St. Pölten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.280,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 25. August 1994 beantragte der Beschwerdeführer "die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines(r) Zuchtstalles, Lagerhalle, Düngerstätte, Güllegruben beim Haus K.Nr. 8 auf der Baufläche Nr. 83/3 der KG U".

Zur mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 1994 wurden mit Kundmachung vom 18. November 1994 die erst- und zweitmitbeteiligte Partei als Miteigentümer des südwestlich an das Grundstück Nr. 83/3 angrenzenden Grundstückes Nr. 88/3, und die viertmitbeteiligte Partei als Alleineigentümerin des nordöstlich an das Grundstück des Beschwerdeführers angrenzenden Grundstückes Nr. 82/2 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen.

Auf Grund der Projektsbeschreibung sollen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers bestehende Gebäude (Scheunen, Schweinestall) abgebrochen und ein Zuchtstall direkt an der südöstlichen bzw. nordwestlichen Grundgrenze im Ausmaß von ca. 40 m x 15 m in Massivbauweise errichtet werden. Der Abstand zur südwestlichen Grundgrenze soll ca. 1 m betragen. Nordöstlich soll an das Stallgebäude eine Lagerhalle im Ausmaß von ca. 300 m angebaut werden. In der nordwestlichen und südöstlichen Wand der Halle ist ein Schubtor vorgesehen und wird somit die Durchfahrt zum Schuppen im hinteren Bereich des Grundstückes ermöglicht. Nordwestlich und südöstlich der Lagerhalle ist je eine Güllegrube mit einem Fassungsvermögen von ca. 150 m3 in Massivbauweise vorgesehen, deren Durchmesser ca. 8 m und deren Tiefe ca. 3 m betragen soll. Nordwestlich der Lagerhalle soll direkt in der seitlichen Grundgrenze eine Düngerstätte im Ausmaß von ca. 50 m2 errichtet werden. Der Zuchtstall ist für 18 Abferkelbuchten, 3 Eber,

240 Ferkelaufzuchten, 14 Selbstfangbuchten und 60 Zuchten (Wartestall) ausgelegt. Der Zugang in die Zuchtstallungen soll vom Hof über eine Außenstiege und weiters einen Flur mit einer Breite von ca. 1,20 m erfolgen. Die Einmistung der Stallungen hat mittels einer Güllespülung und Häckseleinstreu im Abferkelstall zu erfolgen. Unterhalb der Betonroste bei den Buchten ist ein Güllekanal mit einer Höhe von ca. 64 cm vorgesehen, in dem Abluftrohre mit einem Durchmesser von 150 mm angeordnet werden. Für die Lüftung des Stalles ist eine mechanische Unterdruck- Unterflur-Entlüftung vorgesehen. Die Abluft soll durch Abluftrohre aus den Güllekanälen abgesogen werden und in die Abluftkanäle gelangen. Von dort wird sie von den 8 Ventilatoren mit einer Leistung von je 3490 m3 pro Stunde abgesogen und durch den Wärmetauscher und dessen PU-Rohre ins Freie geblasen. Die Austrittsgeschwindigkeit der Luft liegt projektsgemäß bei ca. 10 m pro Sekunde. Der Schallpegel der Ventilatoren beträgt an der Grundgrenze ca. 45 dB/A. Die Stallfenster dienen nur zur Belichtung des Stalles und müssen beim Betrieb der Lüftung geschlossen bleiben. Die Frischluft tritt durch die Öffungen in den einzelnen Kammern unter die Porenfrischluftdecke. Von dort fällt sie fein verteilt zu den Spaltböden. Die Fenster im Ausmaß von je 100/80 cm sollen nicht nur die Belichtung, sondern in Notfällen auch die Belüftung sichern.

Das Grundstück des Beschwerdeführers liegt im Bauland-Agrargebiet.

Die erst- und zweitmitbeteiligte Partei wendeten ein, daß sie "mit dem Vorhaben insoferne nicht einverstanden" seien, "weil die südliche Gebäudeflucht nur einen Abstand von 1 m aufweist". Sie forderten "im Bereich des Wartestalles (ca. 8 m) einen Abstand von 3 m zur Grundgrenze, damit ... für die Lüftung" ihres "Stalles keine Beeinträchtigung eintritt". Weiters soll im Zuge eines Neubaues an dieser Grenze für sie die Möglichkeit bestehen, den Abstand ebenfalls auf 1 m zur Grundgrenze zu beschränken.

Die viertmitbeteiligte Partei erklärte, "daß sie grundsätzlich mit der Düngerstätte direkt an der Grundgrenze nicht einverstanden ist, da durch die Geruchsbelästigung eine Wertminderung des Baugrundes zu erwarten ist und fordert einen Abstand von 20 m zur Grundgrenze".

Der Drittmitbeteiligte beantragte "Parteistellung, da sich seine Liegenschaft seiner Meinung nach im Einflußbereich des Stalles befindet. Durch den geplanten Stallneubau wird die Tierkonzentration auf kleinstem Raum so sehr erhöht, daß ein erhöhter Krankheitsdruck zu erwarten ist und daher unzumutbare Kosten entstehen".

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 7. März 1995 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt, die Einwendungen der erst-, zweit- und drittmitbeteiligten Partei wurden zur Gänze, die Einwendungen der viertmitbeteiligten Partei bezüglich der Verlegung der Düngerstätte abgewiesen; im übrigen wurde die viertmitbeteiligte Partei mit ihren Einwendungen bezüglich der befürchteten Wertminderung auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In der Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus, für den Ortsbereich von U liege kein Bebauungsplan vor. Das Vorhaben des Beschwerdeführers stehe nicht im Widerspruch mit der bestehenden Bebauung. Es entspräche der festgelegten Flächenwidmung Bauland-Agrargebiet und dem ortsüblichen Charakter. Aus diesem Grund könne einem Abstand von 1 m zugestimmt werden; ähnliche Abstände bestünden auch auf anderen Grundstücken der KG U. Bezüglich der Belüftung des anrainenden Stallgebäudes wurde auf das in der Verhandlungsschrift am 5. Dezember 1994 erstattete agrartechnische Sachverständigengutachten verwiesen. Durch das geplante Vorhaben sei mit keiner unzumutbaren Belästigung der Anrainer durch Lärm und Geruchsimmissionen zu rechnen.

Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 26. September 1995 wurde diesen Berufungen Folge gegeben "und der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 behoben. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1991 wird das Verfahren an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen, um anläßlich einer mündlichen Verhandlung das Verfahren zu ergänzen und neuerlich einen Bescheid zu erlassen".

In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, § 96 der NÖ. Bauordnung zähle jene Antragsbeilagen auf, die dem Ansuchen um Baubewilligung anzuschließen seien. Gemäß § 97 Abs. 1 leg. cit. hätten die Baupläne alle Angaben zu enthalten, die für die baubehördliche Beurteilung des Vorhabens notwendig seien. Gemäß § 62 Abs. 2 leg. cit. habe die Baubehörde zu beurteilen, ob durch das geplante Vorhaben Belästigungen der Nachbarn zu erwarten seien, die das örtlich zumutbare Ausmaß überstiegen. Zu dieser Beurteilung seien sämtliche Emissionsquellen darzustellen. Dem Ansuchen seien Unterlagen beigeschlossen, aus denen weder die Lage der Luftansaugung noch die genaue Lage der Luftausblasung entnommen werden könne. Auch der Lüftungsbeschreibung seien diese Angaben nicht zu entnehmen, vielmehr werde nur ausgeführt, daß die verbrauchte Luft durch Abluftrohre aus den Güllekanälen abgesogen werde und in die Abluftkanäle gelange. Von dort würde sie durch die am Ende der Abluftkanäle befindlichen Ventilatoren abgesogen und über den Wärmetauscher und dessen PU-Rohre ins Freie geblasen. Dieser Beschreibung sei nicht einmal zu entnehmen, ob die Abluft senkrecht nach oben ausgeblasen werden soll. Erfahrungsgemäß sei aber gerade die Lage der Ausblasöffnungen für die Beurteilung der allfälligen Emissionen, der Durchmischung mit der Luft und der daraus resultierenden Immissonen bei den Nachbarn relevant. Das bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren sei ergänzungsbedürftig geblieben, da sich die im Verfahren bislang eingeholten Gutachten ausschließlich auf das Stallgebäude bezögen, eine Aussage über die Düngerstätte jedoch lediglich in der Äußerung des medizinischen Sachverständigen zu finden sei, welcher ein Abrücken der Mistlagerstätte von der nächsten Wohnnachbarschaft zur Verminderung der Belästigung durch Geruch und Fliegen für wünschenswert erachtet habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Baubehörde erster Instanz bei Einholung von auf eingehende Befunde gestützten Gutachten zu einem anderen Verfahrensergebnis gelangt wäre. Auf Grund der Mangelhaftigkeit der Planunterlagen, insbesondere des Lüftungsprojektes, sei der Antragsteller aufzufordern, die Ausblasöffnungen der Lüftung planlich darzustellen, sodaß die Sachverständigen in der Lage seien, den Abstand zwischen Ausblasöffnung und Grundgrenze zu erkennen und die Annahme der Geruchsintensität sowie der Schadstoffbelastung der Abluft berechnen zu können. Des weiteren seien Erhebungen über die Emissionen der Düngerstätte anzustellen und habe der umwelttechnische Sachverständige das Maß der Immissionen, welche beim nächstgelegenen Anrainer ankämen, festzustellen. Daraufhin habe der medizinische Sachverständige die Wirkung dieser Immissionen auf den menschlichen Organismus zu beurteilen und auszusprechen, ob eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung der Nachbarn zu erwarten sei. Danach habe die Behörde sämtliche Gutachten auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen und einen neuerlichen Bescheid zu erlassen. Auf Grund der vorzulegenden Pläne über die Abluftführung sei ein Lokalaugenschein durchzuführen, weshalb gemäß § 66 Abs. 2 AVG das Verfahren an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen habe werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid seinem Vorbringen zufolge in dem Recht auf Erteilung der beantragten Baubewilligung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die erst- und zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat - außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall - die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Der Begründung des angefochtenen - in seinem Spruch auf die einander ausschließenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 66 Abs. 2 und 4 AVG gestützten - Bescheides läßt sich entnehmen, daß die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen hat. Die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens berechtigt die Berufungsbehörde aber nur dann zur Aufhebung des bekämpften Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es bedarf einer Begründung, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht durch die Berufungsbehörde, sondern im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0163).

Im vorliegenden Fall ist aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen, warum die belangte Behörde annimmt, daß die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG vorliegen und ihr eine Entscheidung in der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG selbst nicht möglich ist. Die Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung ist dann erforderlich - und daher die Aufhebung eines in Berufung gezogenen Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG zulässig -, wenn nicht nur zusätzliche Sachverständige beigezogen werden müssen, sondern wegen erkannter Notwendigkeit der Vorschreibung von Auflagen, die erst die Bewilligungsfähigkeit des Projektes ermöglichen, die gleichzeitige Anwesenheit von Sachverständigen und Parteien des Verfahrens erforderlich ist; auch - die Sache i.S. des § 66 Abs. 4 AVG nicht überschreitende - Projektsergänzungen bzw. -änderungen und die dadurch bedingte Einholung neuer Gutachten sowie die deshalb erforderlich gewordene Beiziehung von Sachverständigen und Parteien zu einer Verhandlung rechtfertigen ein Vorgehen der Berufungsbehörde i.S. des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1985, Slg. Nr. 11795/A, und das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 1986, Zl. 84/05/0097). Eine Änderung von Bauplänen ist auch im Zuge des Berufungsverfahrens nicht schlechthin unzulässig. Die Möglichkeit der Änderung von Bauvorhaben im Berufungsverfahren ist - wie oben angedeutet - nur insoweit durch § 66 Abs. 4 AVG beschränkt, als es sich noch um dieselbe "Sache" handeln muß. Die Modifikation darf nicht das Wesen (den Charakter) des Vorhabens treffen, sondern es muß der Bauwille ident sein. Änderungen, die die baurechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens gewährleisten bzw. die Betriebszeiten und den zulässigen Verwendungszweck der Räume im Sinne eines stärkeren Immissionsschutzes einschränken, wurden in diesem Sinne für zulässig erkannt (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 545 ff, dargestellte hg. Rechtsprechung). Ob die von der belangten Behörde für die abschließende Beurteilung der Baurechtssache als erforderlich angesehenen Planunterlagen über eine zulässige Projektsänderung im Berufungsverfahren hinausgehen und eine mündliche Verhandlung im oben aufgezeigten Sinne erforderlich machen, wurde im angefochtenen Bescheid nicht näher erörtert, und es ist für den Verwaltungsgerichtshof auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht erkennbar, warum diesbezüglich eine mündliche Verhandlung unbedingt erforderlich sein soll.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aber auch aus folgendem - vom Beschwerdeführer aufgezeigten - Grund als inhaltlich rechtswidrig.

Das Mitspracherecht der Parteien im baurechtlichen Bewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt. Es besteht einerseits insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, uva.).

Aus der beschränkten Parteistellung des Nachbarn folgt, daß die Berufungsbehörde in ihrer Prüfungsbefugnis überhaupt auf jenen Themenkreis beschränkt ist, in dem der Berufungswerber ein Mitspracherecht besitzt. Hinsichtlich solcher Einwendungen, die der Nachbar rechtzeitig erhoben hat, ist keine Präklusion eingetreten, hinsichtlich anderer Einwendungen, die nicht rechtzeitig vor oder bei der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz vorgebracht wurden, ist die Rechtsfolge der Präklusion eingetreten und ist die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde auf jenen Themenkreis eingeschränkt, in dem der Partei (noch) ein Mitspracherecht zusteht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 93/05/0262).

Diese Grundsätze hat die Berufungsbehörde im angefochtenen Bescheid nicht beachtet.

Gemäß § 118 Abs. 8 erster Satz Niederösterreichische Bauordnung (BO) genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Aus welchem Grund die belangte Behörde dem Drittmitbeteiligten Parteistellung und damit das Berufungsrecht zuerkannt hat, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar. (Auch die Behörde erster Instanz hat die Einwendungen des Drittmitbeteiligten in der Sache erledigt ohne eine Begründung dafür zu geben, welche - seine Parteistellung begründende - Liegenschaft in seinem Eigentum steht.)

Die Einwendungen der viertmitbeteiligten Partei bezüglich der behaupteten Geruchsbelästigung bezogen sich ausschließlich auf die "Düngerstätte". Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß die von der Behörde erster Instanz eingeholten Gutachten nicht den von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen entsprechen. Dem angefochtenen Bescheid kann jedoch nicht entnommen werden, warum der erstinstanzliche Bescheid hinsichtlich der - als Aufhebungsgrund genannten - Planunterlagen bezüglich der von der viertmitbeteiligten Partei geltend gemachten subjektiven Rechte mangelhaft sein soll.

Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien haben zwar Einwendungen bezüglich der Bebauungsweise (vgl. § 118 Abs. 9 Z. 4 BO) insoweit erhoben, als ihrer Ansicht nach die südliche Gebäudeflucht des zu beurteilenden Projektes nur einen Abstand von 1 m zu ihrem Grundstück aufweist; dies jedoch nur deshalb, weil ihrer Ansicht nach dadurch für die Lüftung ihres Stalles eine Beeinträchtigung eintritt. Gegen die Feststellung im erstinstanzlichen Bescheid, das Vorhaben stehe nicht in Widerspruch mit der bestehenden Bebauung, haben die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien in der Berufung nichts vorgebracht. Mit ihrem erstmals in der Berufung auf drohende Geruchs- und Staubbelästigung abgestellten Vorbringen sind jedoch die unter Androhung der Rechtsfolgen des § 42 AVG ordnungsgemäß geladenen erst- und zweitmitbeteiligten Parteien im Sinne der obzitierten hg. Rechtsprechung präkludiert.

Die Ergänzungsbedürftigkeit des erstinstanzlichen Bescheides kann sich somit - wie oben dargelegt - nur auf die zulässigen Einwendungen der mitbeteiligten Parteien beziehen. Die belangte Behörde hat dies im angefochtenen Bescheid nicht beachtet. Sie ging damit von einer für den Beschwerdeführer nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht aus und belastete damit den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Abschließend verweist der Verwaltungsgerichtshof noch darauf, daß der Nachbar grundsätzlich kein Recht darauf hat, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden. Haben die vom Bauwerber vorgelegten Planunterlagen ausgereicht, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht, dann steht ihm kein subjektiv-öffentliches Recht darauf zu, daß diese Unterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen. Geringfügige Mängel in Bauplänen bedeuten keine Beeinträchtigung der Nachbarn. Ist jedoch das Projekt unzureichend dargestellt, werden Nachbarrechte verletzt (vgl. hiezu die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, Seite 288, referierte hg. Rechtsprechung).

Aus diesen Gründen erweist sich der Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren ausgehend von der beschränkten Parteistellung der Berufungswerber (mitbeteiligte Parteien), zu prüfen haben, inwieweit das erstinstanzliche Verfahren ergänzungsbedürftig und hiefür eine mündliche Verhandlung erforderlich ist, welche ein Vorgehen im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG rechtfertigt. Sollten die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG nicht vorliegen, hat die belangte Behörde in der Sache selbst zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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